ECLI:DE:BFH:2024:B.020824.IVB1.24.0
BFH IV. Senat
KraftStG § 3 Nr 7 S 1 Buchst a, KraftStG § 3 Nr 7 S 1 Buchst b, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1
vorgehend Hessisches Finanzgericht , 31. Oktober 2023, Az: 5 K 568/21
Leitsätze
1. NV: Unter den Befreiungstatbestand des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) fällt die (ausschließliche) Fahrzeugverwendung zur Durchführung aller Arten von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe; begünstigt ist das Halten auch von Fahrzeugen von Gewerbetreibenden, sofern die Arbeiten nur für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, nicht ‑‑auch‑‑ im Rahmen des Gewerbebetriebs ausgeführt werden. Die Arbeiten des Lohnunternehmers müssen unmittelbar ‑‑nicht nur mittelbar‑‑ einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zugutekommen (Bestätigung der Rechtsprechung).
2. NV: Ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ist eine Wirtschaftseinheit, in der die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind und ‑‑aufeinander abgestimmt‑‑ planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen und zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen. Insoweit können die Vorschriften des Bewertungsrechts herangezogen werden. Die bewertungsrechtlichen Festlegungen sind kraftfahrzeugsteuerrechtlich zwar nicht bindend; es können aber auch für die Auslegung des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung des bewertungsrechtlichen Begriffs eines Betriebs der Landwirtschaft zugrunde gelegt werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 31.10.2023 – 5 K 568/21 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
- Die Beschwerde ist unbegründet.
- Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑, dazu 1.) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO, dazu 2.) zuzulassen. Daher kann dahinstehen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.
- 1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO.
- a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den Bundesfinanzhof (BFH) aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig ist. Ein im allgemeinen Interesse liegendes Bedürfnis nach Klärung einer Rechtsfrage ist gegeben, wenn sich diese Frage nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt, wenn sie nicht bereits durch die höchstrichterliche Rechtsprechung hinreichend geklärt ist oder wenn neue Gesichtspunkte zu Unsicherheiten in der Beantwortung der Rechtsfrage führen und eine erneute Prüfung und Entscheidung durch den BFH erforderlich machen (vgl. nur BFH-Beschluss vom 05.10.2017 – IV B 59/16, Rz 4).
- b) Daran gemessen kommt der vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) aufgeworfenen Rechtsfrage nach den Abgrenzungskriterien zwischen der mittelbaren und der unmittelbaren Förderung von Land- und Forstwirtschaft bei der Durchführung von Lohnarbeiten für landwirtschaftliche Betriebe im Sinne des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) keine grundsätzliche Bedeutung zu.
- Gemäß § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. b KraftStG ist das Halten unter anderem von Zugmaschinen von der Steuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich zur Durchführung von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH fällt die (ausschließliche) Fahrzeugverwendung zur Durchführung aller Arten von Lohnarbeiten für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe unter den Befreiungstatbestand; begünstigt ist das Halten auch von Fahrzeugen von Gewerbetreibenden, sofern die Arbeiten nur für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe, nicht ‑‑auch‑‑ im Rahmen des Gewerbebetriebs ausgeführt werden (BFH-Urteil vom 26.11.1991 – VII R 71/90, BFH/NV 1992, 566 [Rz 7], m.w.N.; Leingärtner/Stephany, Besteuerung der Landwirte, Kap. 116 Rz 13). Die Arbeiten des Lohnunternehmers müssen unmittelbar ‑‑nicht nur mittelbar‑‑ einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb zugutekommen (BFH-Urteil vom 23.01.1980 – II R 93/76, BFHE 129, 510, BStBl II 1980, 253 [Rz 8]). Es genügt nicht, dass das Fahrzeug „wie von einem Land- oder Forstwirt“ genutzt wird (BFH-Urteil vom 23.05.1989 – VII R 110/86, BFHE 157, 451, BStBl II 1989, 907, unter II.1. [Rz 8]; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 KraftStG Rz 95).
- Die bei der Beurteilung einer Verwendung des Fahrzeugs für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe erforderliche Abgrenzung (zwischen einer unmittelbaren und einer nur mittelbaren Förderung) hat nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu erfolgen. Fehler des Finanzgerichts (FG) bei der Feststellung oder Würdigung von Tatsachen können regelmäßig nur aufgrund einer Verfahrensrüge (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) oder bei greifbar gesetzwidriger Beweiswürdigung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zur Zulassung der Revision führen (Gräber/Ratschow, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 115 Rz 113). Eine grundsätzliche Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage nach abstrakten Abgrenzungskriterien ist hingegen nicht erkennbar.
- 2. Ebenso wenig erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
- a) Bei der Rechtsfortbildungsrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) handelt es sich um einen speziellen Tatbestand der Grundsatzrevision (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). In den Fällen, in denen eine Entscheidung des Revisionsgerichts der Rechtsfortbildung dient, liegt deshalb regelmäßig auch eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung vor (vgl. nur BFH-Beschluss vom 05.10.2017 – IV B 59/16, Rz 3).
- b) Die durch den Kläger herausgearbeiteten Fragen, welche Mindestvoraussetzungen an einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ‑‑in Abgrenzung zu einer hobbymäßigen Tätigkeit‑‑ gestellt werden und ab wann diese bei einer Tierhaltung beziehungsweise -zucht im Aufbau vorliegen müssen, rechtfertigen keine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung.
- Nach § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG ist das Halten unter anderem von Zugmaschinen von der Steuer befreit, solange diese Fahrzeuge ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden. Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb im Sinne des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG eine Wirtschaftseinheit, in der die Produktionsfaktoren Boden, Betriebsmittel und menschliche Arbeit zusammengefasst sind und ‑‑aufeinander abgestimmt‑‑ planmäßig eingesetzt werden, um Güter zu erzeugen und zu verwerten oder Dienstleistungen bereitzustellen. Da keine Anhaltspunkte für eine spezifisch kraftfahrzeugsteuerrechtliche Bestimmung des Begriffs „landwirtschaftlicher Betrieb“ bestehen, können insoweit die Vorschriften des Bewertungsrechts herangezogen werden. Die bewertungsrechtlichen Festlegungen sind kraftfahrzeugsteuerrechtlich zwar nicht bindend; es können aber auch für die Auslegung des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG die allgemeinen Grundsätze zur Bestimmung des bewertungsrechtlichen Begriffs eines Betriebs der Landwirtschaft zugrunde gelegt werden (vgl. nur BFH-Urteil vom 06.03.2013 – II R 55/11, BFHE 240, 418, BStBl II 2013, 518, Rz 11, m.w.N.; Leingärtner/Stephany, Besteuerung der Landwirte, Kap. 116 Rz 6).
- Bewertungsrechtlich setzt ein Betrieb der Landwirtschaft weder eine Mindestgröße noch ein Betreiben mit Gewinnabsicht voraus, weshalb auch Liebhabereibetriebe bewertungsrechtlich als landwirtschaftliche Betriebe in Betracht kommen. Der Betrieb braucht keinen Mindestrohertrag abzuwerfen. Erforderlich ist aber eine tatsächliche nachhaltige Nutzung von Grundstücksflächen und deren Zweckbestimmung durch den Eigentümer (BFH-Urteil vom 22.09.1992 – VII R 45/92, BFHE 169, 478, BStBl II 1993, 200 [Rz 6]; Leingärtner/Stephany, Besteuerung der Landwirte, Kap. 116 Rz 8).
- Ob die Voraussetzungen des auf den Bereich der Land- und Forstwirtschaft eng begrenzten Ausnahmetatbestands des § 3 Nr. 7 Satz 1 Buchst. a KraftStG (vgl. BFH-Urteil vom 06.03.2013 – II R 55/11, BFHE 240, 418, BStBl II 2013, 518, Rz 17; Strodthoff, Kraftfahrzeugsteuer, § 3 KraftStG Rz 86) erfüllt sind, hat das FG anhand der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Ein Bedürfnis für die Festlegung (abschließender) abstrakter Mindestvoraussetzungen für einen landwirtschaftlichen Betrieb in sachlicher oder zeitlicher Hinsicht besteht nicht. Der Kläger geht daher zu Unrecht davon aus, dass die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Kriterien zu grobmaschig seien.
- 3. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Kläger im Kern gegen die inhaltliche Richtigkeit der Vorentscheidung. Damit kann die Zulassung der Revision jedoch grundsätzlich nicht erreicht werden (vgl. nur BFH-Beschluss vom 22.04.2021 – IV B 16/20, Rz 3). Darauf hat der Beklagte und Beschwerdegegner (Hauptzollamt) zu Recht hingewiesen.
- 4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
- 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.