Unternehmereigenschaft einer Ärztekammer im Hinblick auf ihre Tätigkeiten für die Qualitätssicherung in Krankenhäusern

Finanzgericht Münster, 15 K 227/10 U

Datum:
16.04.2013
Gericht:
Finanzgericht Münster
Spruchkörper:
15. Senat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 K 227/10 U
Sachgebiet:
Finanz- und Abgaberecht
Tenor:

Der Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 17.12.2009 wird dahingehend geändert, dass die USt auf xxx € festgesetzt wird.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

1Tatbestand:

2Streitig ist im Rahmen der Umsatzsteuer(USt)-Festsetzung für 2004, ob die Klägerin (Klin.) hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. externen Qualitätssicherung Krankenhaus Unternehmerin im Sinne des § 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) ist.

3Die Klin., eine Ärztekammer, ist eine nach Landesrecht gebildete Körperschaft des öffentlichen Rechts, deren Aufgaben sich nach dem Heilberufsgesetz NRW (HeilBerG) bestimmen. Ihr gehören kraft Gesetzes grundsätzlich alle Ärztinnen und Ärzte an, die in ihrem Zuständigkeitsbereich, […], ihren Beruf ausüben oder, falls sie ihren Beruf nicht ausüben, dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (sog. Zwangsmitgliedschaft; vgl. § 1 Satz 1 Nr. 1 und § 2 Abs. 1 HeilBerG). Aufgaben der Klin. sind nach § 6 Abs. 1 HeilBerG in der im Streitjahr geltenden Fassung u.a.:

4       Nr. 5: die Qualitätssicherung im Gesundheits- und im Veterinärwesen zu fördern – insbesondere Zertifizierungen vorzunehmen – und mit den Beteiligten abzustimmen,

5       Nr. 6: für die Erhaltung eines hoch stehenden Berufsstandes zu sorgen und die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu überwachen sowie die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände zu treffen; hierzu kann sie auch belastende Verwaltungsakte erlassen.

6Mit dem Gesetz zur Änderung des HeilBerG vom 01.03.2005 wurde § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG dahingehend geändert, dass nach dem Wort „fördern“ die Wörter „und zu betreiben“ eingefügt wurden (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Ausgabe 2005 Nr. 9 vom 16. März 2005 Seite 149). Laut der Gesetzesbegründung diente diese Änderung der Klarstellung, dass die Kammern Qualitätssicherung im Gesundheits- und im Veterinärwesen nicht nur fördern, sondern auch betreiben (Landtagsdrucksache 13/5739 Seite 31).

7Im Streitjahr war die Klin. u.a. im Rahmen der externen Qualitätssicherung Krankenhaus tätig, wobei die betreffenden Qualitätssicherungsmaßnahmen in Leistungsbereichen durchgeführt wurden, bei denen die Qualitätssicherung durch eine Zusammenarbeit von Institutionen der Bundes- und Landesebene erfolgte (sog. indirektes Verfahren, vgl. hierzu insbesondere die §§ 7, 8 der zum 31.12.2003 in Kraft getretenen „Vereinbarung über Maßnahmen für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser gemäß § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 135a SGB V“ – im Folgenden: Vereinbarung auf Bundesebene – ).

8Zur Durchführung ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. externen Qualitätssicherung Krankenhaus unterhielt die Klin. eine der zwei in Nordrhein-Westfalen bestehenden regionalen Vertretungen/Einrichtungen der sog. Projektgeschäftsstelle. Diese Projektgeschäftsstelle war aufgrund eines von der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW) und den Verbänden der Kostenträger (im Vertrag als „Vertragsparteien“ bezeichnet) im Einvernehmen mit der Klin. und der Ärztekammer B   (im Vertrag als „Vertragsbeteiligte“ bezeichnet) am 22.03.2002 mit Wirkung zum 01.01.2002 geschlossenen „Vertrag[s] über die Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen“ (im Folgenden: Umsetzungsvertrag NRW) gegründet worden. In dem Umsetzungsvertrag NRW heißt es hierzu u.a wie folgt:

9Präambel

10Die nach § 137 SGB V vereinbarten externen Qualitätssicherungsmaßnahmen werden von den Partnern dieses Vertrages einvernehmlich umgesetzt. Sie sind darauf gerichtet, die Qualität der Versorgung zu beurteilen, zu sichern und zu verbessern. Der nachstehende Vertrag regelt die Zusammenarbeit der Vertragsparteien und der Vertragsbeteiligten (Vertragspartner).

11§ 1 Ziele

12(1)    Die Vertragspartner setzen die externe Qualitätssicherung mit dem Ziel ein, für den Patienten eine qualitätsgesicherte und wirtschaftliche Krankenhausleistung zu erbringen: Das Ziel kann insbesondere durch folgende Maßnahmen erreicht werden: (…).

13§ 2 Zusammenarbeit mit der Bundesebene

14(1)    Die Bundesvertragspartner beschließen die einzelnen umzusetzenden Qualitätssicherungsmaßnahmen. Die Landes- und Bundesebene sind Kooperationspartner (…). Die mit der Qualitätssicherung befassten Institutionen auf Landes- und Bundesebene arbeiten gemäß § 8 des Kuratoriumsvertrages eng zusammen. Die Landesebene strebt mit der Bundesebene eine wechselseitige Rückkoppelung über die Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen an. Hierzu schaffen die Partner dieses Vertrages funktionsfähige Strukturen.

15§ 3 Aufgaben der Vertragsparteien und -beteiligten

16(1)    Die KGNW (…) fördert die Beteiligung der Krankenhäuser an der Qualitätssicherung nachhaltig. Dabei weist sie auf die Beteiligungspflicht der Krankenhäuser an der Qualitätssicherung (§ 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V) hin.

17(2)    Die Verbände der Kostenträger informieren (…). Sie stellen die Finanzierung der vereinbarten Qualitätssicherungsmaßnahmen über die ihnen angeschlossenen Krankenkassen sicher. (…).

18(3)    Die beteiligten Ärztekammern bringen ihre Kenntnisse in allen Fragen der Bewertung einer qualifizierten ärztlichen Tätigkeit, die organisatorischen Voraussetzungen sowie ihr Wissen und ihre Erfahrungen für die Einführung neuer und die Durchführung bislang schon praktizierter externer Qualitätssicherungsmaßnahmen ein. (…).

19(4)    Zur Umsetzung der Qualitätssicherung richten die Vertragspartner einen Lenkungsausschuss, eine Projektgeschäftsstelle mit jeweils einer regionalen Vertretung für den Landesteil B   und den Landesteil A   sowie Arbeitsgruppen ein.

20§ 6 Projektgeschäftsstelle

21(1)    Die organisatorische und fachliche Durchführung der Qualitätssicherungsmaßnahmen im Land Nordrhein-Westfalen erfolgt durch eine Projektgeschäftsstelle mit je einer Einrichtung bei der Ärztekammer B   und der Ärztekammer A   . Der Sitz der Projektgeschäftsstelle wechselt alle zwei Jahre zu Beginn eines Kalenderjahres. (…). Die beiden regionalen Vertretungen der Projektgeschäftsstelle arbeiten nach einem einheitlichen Verfahren einvernehmlich zusammen und stellen die Aufgabenerfüllung in ihrer Region sowie gemeinsam landesweit sicher.

22(2)    Voraussetzung für die Tätigkeit der Projektgeschäftsstelle ist ein im Lenkungsausschuss zu beschließendes Konzept zur Umsetzung der Qualitätssicherungsmaßnahmen. (…).

23(3)    Die Projektgeschäftsstelle stellt die Annahme der Datensätze zur Qualitätssicherung von Krankenhäusern und Weiterleitung an die von der Bundesebene benannte Stelle sicher. Sie prüft die Vollständigkeit und Plausibilität der Daten. Sie erstellt quartalsweise Übersichten über (…)

24(4)    Die Projektgeschäftsstelle nimmt insbesondere folgende Aufgaben wahr: (…).

25(5)    Die Projektgeschäftsstelle erstellt für die Vertragspartner und die Mitglieder des Lenkungsausschusses einen jährlichen Bericht über das Ergebnis der Qualitätssicherungsmaßnahmen im Land Nordrhein-Westfalen und in den Landesteilen B   und A   . (…).

26(7)    Zur Erfüllung von Dienstleistungen kann die Projektgeschäftsstelle nach Zustimmung der Vertragsparteien Vereinbarungen mit externen Dienstleistern treffen. Bei solchen Vereinbarungen nimmt die Projektgeschäftsstelle die erforderliche Außenvertretung wahr.

27Die aufgrund des Umsetzungsvertrags NRW errichtete Projektgeschäftsstelle führte die Bezeichnung „Geschäftsstelle Qualitätssicherung NRW“ (Kürzel: „QS-NRW“), ihre beiden regionalen Vertretungen die Bezeichnung „Regionalvertretung B   “ und „Regionalvertretung A   “. Wesentliche Aufgabe der Projektgeschäftsstelle bzw. ihrer beiden regionalen Vertretungen war nach dem Umsetzungsvertrag NRW und dem auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 des Umsetzungsvertrags NRW durch den sog. Lenkungsausschuss (vgl. § 4 des Umsetzungsvertrags NRW) beschlossenen „Umsetzungskonzept der Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung NRW“ vom 11.03.2004 (im Folgenden: Umsetzungskonzept NRW) die Entgegennahme, Überprüfung, Aufbereitung, Auswertung und Weiterleitung der ihr von den Krankenhäusern übersandten Datensätze sowie die Steuerung der Qualitätsentwicklung durch ein sog. Stufenkonzept bei festgestellten statistischen Auffälligkeiten und Qualitätsdefiziten (vgl. zum Stufenkonzept = strukturierter Dialog Abschnitt 6 des Umsetzungskonzepts NRW). Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu den vorgesehenen Qualitätssicherungsmaßnahmen, dem Zusammenwirken von Bundes- und Landesebene sowie zur Umsetzung der Qualitätssicherung in Nordrhein-Westfalen wird auf den „Vertrag über die Entwicklung geeigneter Qualitätssicherungsmaßnahmen in Krankenhäusern nach § 137 SGB V sowie über das Zustandekommen entsprechender Umsetzungsvereinbarungen (Kuratoriumsvertrag)“  vom 20.07.2000 (im Folgenden: Kuratoriumsvertrag), auf die Vereinbarung auf Bundesebene, auf den zum 31.12.02003 in Kraft getretenen „Vertrag über die Beauftragung der Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH (BQS) zur Entwicklung und Umsetzung von Qualitätssicherungsmaßnahmen im Krankenhaus“, auf den Umsetzungsvertrag NRW, auf das Umsetzungskonzept NRW, auf die von der Klin. im vorliegenden Verfahren eingereichte „Abbildung eines strukturierten Dialogs“ sowie die von der Klin. im Klageverfahren 15 K 2188/05 U vorgelegte „Darstellung der Arbeitserledigung nach § 8 Abs. 3 der Vereinbarung über Maßnahmen der Qualitätssicherung für nach § 108 V zugelassene Krankenhäuser durch die Ärztekammer A   “ verwiesen.

28Die Finanzierung der Qualitätssicherungsmaßnahmen erfolgte über einen von den Krankenhäusern erhobenen Zuschlag auf die von ihnen abgerechneten Pauschalen je sog. DRG (Diagnosis Related Group = diagnosebezogene Fallgruppe), wobei der Zuschlag unabhängig davon erhoben wurde, ob der betreffende Leistungsbereich Gegenstand von Qualitätssicherungsmaßnahmen war (Rechtsgrundlage für die Erhebung des Zuschlages war im Streitjahr § 17b Abs. 1 Satz 5 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Nr. 7 des Krankenhausentgeltgesetzes; die in § 7 Abs. 1 des Umsetzungsvertrags NRW als Finanzierungsgrundlage genannte Vorschrift, § 11 Abs. 4 BPflV, ist zum 1.1.2004 aufgehoben worden). Der Zuschlag setzte sich aus drei Komponenten zusammen: dem Zuschlagsanteil Krankenhaus, dem Zuschlagsanteil Bund und dem Zuschlagsanteil Land (vgl. §§ 16, 17 der Vereinbarung auf Bundesebene). Die Höhe des Zuschlagsanteils Land legte in Nordrhein-Westfalen der sog. Lenkungsausschuss (vgl. § 4 des Umsetzungsvertrags NRW) fest (§ 7 Abs. 2 des Umsetzungsvertrags NRW). Im Zuständigkeitsbereich A   erstellte die Klin. sodann auf der Grundlage der von den Krankenhäusern gemeldeten Fälle Abrechnungen über den von den Krankenhäusern jeweils zu entrichtenden Zuschlagsanteil Land (vgl. § 7 Abs. 3 des Umsetzungsvertrags NRW), wobei für die Abrechnungen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, folgender Briefkopf verwendet wurde: „Geschäftsstelle QS NRW c/o […] (…)“. Die Krankenhäuser überwiesen die abgerechneten Beträge (Zuschlagsanteil Land) jeweils an die Klin. (vgl. § 7 Abs. 5 des Umsetzungsvertrags NRW). Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N    (FA GKBP) erzielte die Klin. durch ihre Tätigkeit im Rahmen der externen Qualitätssicherung Krankenhaus in den vom FA GKBP geprüften Jahren 2004 bis 2008 jeweils Verluste, und zwar in 2004 in Höhe von xxx €, in 2005 in Höhe von xxx €, in 2006 in Höhe von xxx €, in 2007 in Höhe von xxx € und in 2008 in Höhe von xxx € (Seite 36 der mit Schriftsatz des Beklagten vom 10.10.2012 übersandten Sachverhaltsdarstellung des FA GKBP).

29Am 22.02.2005 gab die Klin. nach Aufforderung durch den Beklagten (Bekl.) eine USt-Erklärung für 2004 ab, in der sie unter Name des Unternehmens „Ärztekammer A   “ sowie unter Art des Unternehmens „Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung“ angab und in der sie keine Umsätze und keine Vorsteuerbeträge erklärte. Beigefügt war der USt-Erklärung ein Schreiben, in dem die Klin. ausführte, dass sie ihrer Auffassung nach im Rahmen der Qualitätssicherung nach § 137 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) hoheitlich tätig werde und mit dieser Tätigkeit keine steuerbaren Umsätze erziele. Der Bekl. folgte dieser Auffassung nicht und erließ am 28.04.2005 einen USt-Bescheid für 2004, in dem er die USt auf xxx € festsetzte. Hierbei ging er – entsprechend den Angaben der Klin. in dem Begleitschreiben zur USt-Erklärung – von (Netto-)Umsätzen zu 16% in Höhe von xxx € und Vorsteuerbeträgen aus Rechnungen von anderen Unternehmern in Höhe von xxx € aus. Inhaltsadressat des USt-Bescheides, der gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, war die „Ärztekammer A   – BgA Qualitätssicherung“. ln den Erläuterungen zu dem Bescheid führte der Beklagte aus, dass die von der Klin. benannten Besteuerungsgrundlagen der USt unterworfen worden seien, da die Geschäftsstelle Qualitätssicherung als Betrieb gewerblicher Art anzusehen und nicht dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen sei. Die Klin. erhob daraufhin am 25.05.2005 Sprungklage (Aktenzeichen: 15 K 2188/05 U), der der Bekl. zugestimmte. Während des Klageverfahrens erließ der Bekl. am 06.11.2008 einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten USt-Bescheid für 2004, der ebenfalls unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging. Inhaltsadressat des Bescheides war die „Ärztekammer A   “. ln dem geänderten Bescheid erfasste der Bekl. sämtliche Umsätze der Betriebe gewerblicher Art der Klin. (zuvor nur Umsätze aus dem Betrieb gewerblicher Art Qualitätssicherung). Mit Schriftsatz vom 04.12.2009 hob der Bekl. die USt-Bescheide für 2004 vom 28.04.2005 und vom 06.11.2008 auf, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit 15 K 2188/05 U in der Hauptsache für erledigt erklärten.

30Am 17.12.2009 erließ der Bekl. einen USt-Bescheid für 2004, in dem er die USt auf xxx € festsetzte. Inhaltsadressat dieses Bescheides war die „Ärztekammer A   “. Laut den Erläuterungen zu dem Bescheid legte der Bekl. bei der USt-Festsetzung, die gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erfolgte, im Bereich Qualitätssicherung Umsätze in Höhe von xxx € und abziehbare Vorsteuern in Höhe von xxx € zu Grunde. Unter dem 12.01.2010 erließ der Bekl. eine an die Klin. adressierte Abrechnung zur USt für 2004.

31Die Klin. hat am 19.01.2010 die vorliegende Sprungklage erhoben, der der Bekl. mit Schriftsatz vom 12.02.2010 zugestimmt hat. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klin. Folgendes vor:

32Ihre Tätigkeit im Bereich der Qualitätssicherung Krankenhaus unterliege nicht der USt, da sie diese nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art ausgeübt habe. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH sei eine Tätigkeit als nichtunternehmerisch anzusehen, wenn sie auf der Grundlage einer öffentlich rechtlichen Sondernorm erbracht werde und keine größeren Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten seien. Diese Voraussetzungen lägen im Streitfall vor. Sie habe ihre Leistungen im Bereich der Qualitätssicherung auf der Grundlage der landegesetzlichen Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Nr. 5 und 6 HeilBerG erbracht.

33Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG habe sie die Aufgabe, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben. Es bestehe demnach eine klare gesetzliche Aufgabenzuweisung, wonach sie für die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen im Allgemeinen und damit auch für die Qualitätssicherung in Krankenhäusern zuständig sei. Sie führe auf der Grundlage des § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG und der landesgesetzlichen Regelung zur Qualitätssicherung in Krankenhäusern, § 7 des Krankenhausgesetzes NRW (KHG NRW), bereits seit 1982 Maßnahmen der Qualitätssicherung in den Bereichen der Perinatalogie (Geburtshilfe), der Neonatalogie (Früh- und Frühstgeborenenversorgung) und der Chirurgie durch. Der Umsetzungsvertrag NRW stelle keine eigen-ständige Grundlage für ihre Tätigkeit im Bereich der Qualitätssicherung dar, sondern diene lediglich der Abstimmung mit den weiteren Beteiligten und dem Informationsaustausch.

34Die Aufgabenzuweisung in § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG werde auch nicht durch § 137 SGB V berührt. § 137 SGB V enthalte Rahmenvorgaben, die von den Beteiligten des Gesundheitswesens im Wege der kooperativen Gesetzeskonkretisierung auszufüllen gewesen seien. Der Umsetzung dieses Auftrags aus § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB V (in der Fassung bis zum 31.12.2003) seien die Beteiligten, das sog. „Bundeskuratorium“, durch die Vereinbarung auf Bundesebene nachgekommen. Allerdings habe sich insoweit die begrenzte Gesetzgebungskompetenz des Bundes als problematisch erwiesen, denn die Länder seien zuständig für alle Fragen der Berufsausübung und damit auch der Qualitätssicherung. Dem Bund stehe lediglich die Zuständigkeit für Berufszulassungsregelungen und die Sozialversicherung (einschließlich Krankenversicherung) zu. Bei der Qualitätssicherung handele es sich aber um einen Bereich, der der Berufsausübung zuzuordnen sei. Der Bundesgesetzgeber sei daher nicht dazu berechtigt z.B. die sachliche Zuständigkeit zur Qualitätssicherung oder eine diesbezügliche Verwaltungsaktbefugnis zu normieren. Dementsprechend habe der Gemeinsame Bundesausschuss (vgl. § 91 Abs. 1 SGB V), der ab dem 01.01.2004 die Aufgaben des Bundeskuratoriums übernommen habe, keine tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf die Durchführung der Qualitätssicherung durch die Ärztekammern auf Landesebene gehabt. Eine direkte Einwirkung auf die Ärztekammern sei schon wegen des Fehlens entsprechender Vorschriften über die Rechts- und Fachaufsicht ausgeschlossen gewesen. Mittelbare Kon-troll- und Einwirkungsmöglichkeiten hätten ebenfalls gefehlt. Es verwundere daher nicht, dass die Kodifikation der Qualitätssicherung Krankenhaus nach dem SGB V torsoartig geblieben sei und das Primärrecht der Qualitätssicherung weiterhin dem HeilberG entstamme. Das SGB V trete lediglich flankierend hinzu, soweit die Materie dem Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung zuzuordnen sei. Überdies bestimme der Bundesgesetzgeber die „Maßnahmen der Qualitätssicherung“, auch soweit der Bereich der gesetzlichen Sozialversicherung betroffen sei, nicht selbst, sondern überlasse die Konkretisierung den Beteiligten im Gesundheitswesen. Diese seien nach § 137 Abs. 2 SGB V berechtigt, unmittelbar verbindlich Vereinbarungen zu treffen. Diese Formulierung begründe eine Ermächtigung zur vertraglichen Normsetzung. Mit der Vereinbarung auf Bundesebene sei demnach ein Normsatzungsvertrag geschlossen worden, dem Gesetzesqualität zukomme. Dieser Normsatzungsvertrag enthalte aber keine Regelung über die sachliche Zuständigkeit zur Qualitätssicherung in den Ländern. Auch seien nach § 19 Abs. 2 der Vereinbarung auf Bundesebene Vergütungsabschläge nach § 137 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 SGB V nur für nicht dokumentierte aber dokumentationspflichtige Datensätze vorgesehen. Die Sanktionsmöglichkeiten der Kassen beschränkten sich mithin auf den Teilbereich der Datenerhebung durch die Krankenhäuser; für die Qualitätskontrolle und Maßnahmen der Qualitätssicherung habe das Bundesrecht dagegen keine Zugriffsmöglichkeiten/Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen, diese blieben der Landesgesetzgebung vorbehalten. Eine entsprechende Verwaltungsaktbefugnis ergebe sich für sie – die Klin. – aus § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG. Durch diese sei es ihr möglich, die Einhaltung der Berufspflichten durch die Kammerangehörigen zu überwachen und die notwendigen Maßnahmen zur Beseitigung berufsrechtswidriger Zustände zu treffen. Zu einem Handeln durch Verwaltungsakt komme es ferner bei den Abrechnungen gegenüber den Krankenhäusern. Sie stelle den von den einzelnen Krankenhäusern zu zahlenden Betrag (Zuschlagsanteil Land) jeweils durch Verwaltungsakt fest. Entweder würden nach Meldung der vereinbarten DRG´s feststellende Verwaltungsakte erlassen oder die stillschweigende Entgegennahme der Meldung stelle einen konkludenten Verwaltungsakt dar. Die Rechtsprechung habe bereits entschieden, dass in der stillschweigenden Entgegennahme einer Mitteilung ein Feststellungsbescheid liegen könne (BFH-Beschluss vom 25.03.1986 VII B 164/85, BFHE 146, 188). Die Möglichkeit in öffentlich-rechtlicher Form (insbesondere durch Verwaltungsakt) handeln zu können, werde auch vom System der Qualitätssicherung nach § 137 SGB V vorausgesetzt. Da keine schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Ärztekammern und den Krankenhäusern bestünden, wäre es sonst nicht möglich, die zur Finanzierung der Qualitätssicherung erforderlichen Zuschläge rechtsverbindlich festzusetzen. Neben dem verwaltungsrechtlichen Zugriff auf Ärzte und Krankenhäuser (vgl. die ausdrückliche Verwaltungsaktbefugnis in § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG) habe sie die Möglichkeit, im Wege des Berufsrechts disziplinarisch einzugreifen. Die Durchsetzung der Beteiligung am Qualitätssicherungsverfahren wie auch der Befolgung hieraus abgeleiteter Erkenntnisse werde berufsrechtlich durch zwei Schritte gewährleistet: 1. durch die Festschreibung der Mitwirkung an der Qualitätssicherung als Berufspflicht der Ärzte und 2. durch die Sanktionsmöglichkeiten der Ärztekammern im Falle eines Verstoßes gegen die Berufspflichten über die Berufsgerichtsbarkeit. Die Festschreibung der Mitwirkung an der Qualitätssicherung als Berufspflicht sei durch § 5 der Berufsordnung erfolgt, wonach die Ärztinnen und Ärzte verpflichtet seien, an den von der Ärztekammer eingeführten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit teilzunehmen und der Ärztekammer die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die Sanktionsmöglichkeiten der Kammer im berufsgerichtlichen Verfahren (§ 59 HeilBerG) ergäben sich unter anderem aus § 60 HeilBerG.

35Die von ihr im Rahmen der externen Qualitätssicherung Krankenhaus ausgeübte Tätigkeit führe auch nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen. Ein Wettbewerb mit privaten Unternehmen sei im Streitfall sogar ausgeschlossen. Gemäß § 137 SGB V seien (auch nach dem Verständnis der in § 137 Abs. 1 Satz 1 SGB V benannten Spitzenorganisationen) nur die dort genannten Spitzenorganisationen bzw. deren Träger zur Wahrnehmung der Qualitätssicherung Krankenhaus bzw. zur Vereinbarung von Maßnahmen zur Qualitätssicherung berechtigt. Diese Konstruktion sei – wie ausgeführt – Ausfluss des Auftrags des Bundesgesetzgebers an die am Gesundheitswesen Beteiligten, im Wege der kooperativen Gesetzeskonkretisierung die Einzelheiten des Verfahrens der Qualitätssicherung Krankenhaus zu bestimmen. Ein privater Unternehmer sei daher von der Qualitätssicherung Krankenhaus aus Rechtsgründen von vornherein ausgeschlossen. Eine Wahrnehmung der Qualitätssicherung durch einen privaten Unternehmer sei auch tatsächlich ausgeschlossen, weil das System der Qualitätssicherung –wie bereits ausgeführt– den Erlass von Verwaltungsakten voraussetze, zum einen um die Finanzierung auf eine Rechtsgrundlage zu stellen und zum anderen, um im Fall von Qualitätsmängeln einen Zugriff auf die Krankenhäuser bzw. die dahinter stehenden Ärzte zu haben. Schließlich stünden auch Regelungen zum Datenschutz einer Übertragung auf private Unternehmer entgegen, da eine Verarbeitung der Daten der Versicherten nur unter den Voraussetzungen des § 299 SGB V zulässig sei. Dass in anderen Bundesländern zum Teil weitere Beteiligte in die Qualitätssicherung Krankenhaus miteinbezogen worden seien, ändere nichts daran, dass die jeweilige Ärztekammer alleinzuständig bleibe. ln Nordrhein-Westfalen beteilige sich vor dem Hintergrund der Aufgabenzuweisung durch das HeilBerG – verstanden als exklusive Zuständigkeit – keiner der übrigen Vertragspartner der Vereinbarung auf Bundesebene (bzw. von deren Trägern) an der Geschäftsstelle Qualitätssicherung. Die Träger der Vertragspartner aus anderen Bundesländern dürften in ihrem – der Klin. – Einzugsbereich nicht im Rahmen der Qualitätssicherung tätig werden, da insoweit das Territorialitätsprinzip gelte. Gefundene Durchführungswege gälten stets nur für das jeweilige Bundesland. Dies entspreche auch dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner. Ein Wettbewerb mit privaten Unternehmern sei im Streitfall im Übrigen auch deshalb nicht vorstellbar, weil die Qualitätssicherung Krankenhaus defizitär sei. Die DRG-Zuschläge sollten die Geschäftsstelle Qualitätssicherung lediglich in die Lage versetzen, die Gemeinwohlförderung durch die Qualitätssicherung personell (jedenfalls ansatzweise) abbilden zu können. Für das Jahr 2004 sei gleichwohl ein Verlust in Höhe von xxx € entstanden. Auf der Grundlage des erforderlichen Personaleinsatzes sei davon auszugehen, dass die Qualitätssicherung dauerhaft defizitär bleibe. Vom Bild eines homo oeconomicus ausgehend sei daher ein Wettbewerb mit einem Privaten nicht vorstellbar, da der Private nur bei der Möglichkeit zur Gewinnerzielung tätig werde und nicht, wie sie, als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Interesse an der Wahrnehmung einer Staatsaufgabe zur gemeinwohlorientierten Versorgung der Bevölkerung habe. Die durch die Zuschlagsanteile nicht gedeckten Kosten gingen zu Lasten des Kammerhaushalts, der durch Abgaben der Kammerangehörigen getragen werde. Schließlich sei noch zu berücksichtigen, dass es bei einer USt-Pflicht der von ihr ausgeübten Tätigkeit zu einer Selbstbesteuerung des Staates (verstanden als Summe der Körperschaften des öffentlichen Rechts) käme. Der ohnehin defizitäre Bereich des Gesundheitswesens (und damit auch der Qualitätssicherung) würde noch defizitärer. Die USt würde an Bund, Länder und Gemeinden abgeführt und die (gesetzlichen) Krankenkassen müssten zur Kompensation ihr Beitragsaufkommen erhöhen.

36Die von ihr im Bereich der Qualitätssicherung Krankenhaus erzielten Einnahmen unterlägen aber auch unabhängig von den vorgenannten Erwägungen nicht der USt, da sie – die Klin. – auf der Grundlage der ihr nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 und 6 HeilBerG zugewiesenen Aufgaben und nicht im Rahmen eines umsatzsteuerlichen Leistungsaustausches tätig geworden sei.

37Für einen Leistungsaustausch seien zwei Parteien erforderlich. Diese seien hier aber nicht erkennbar. Insbesondere sei sie nicht als Beauftragte der Bundesebene, sondern allein auf der Grundlage des HeilBerG tätig geworden sei. Dies komme auch in dem vertraglichen Geflecht, das im Bereich der Qualitätssicherung für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser geschaffen worden sei, zum Ausdruck. Ziel der Vereinbarung auf Bundesebene sei es gewesen, eine vereinheitlichende Struktur für die Qualitätssicherung zu etablieren, die auf den bereits bestehenden Systemen der Qualitätssicherung auf Landesebene aufbaue, ohne deren Charakter zu verändern und ohne den bisher die Qualitätssicherung durchführenden Ärztekammern die Verantwortung für die Qualitätssicherung ärztlicher Leistungen zu entziehen. Die Präambel der Vereinbarung auf Bundesebene spreche in diesem Zusammenhang davon, dass die Vertragspartner und die Vertragsbeteiligten sich ihrer Verantwortung bewusst seien, die ihnen durch die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben gemacht würden. Jeder Seite seien also die Aufgabenbereiche zugewiesen worden, für die sie gemäß der gesetzlichen Vorgaben im SGB V und im HeilBerG zuständig gewesen sei. Diese Verantwortlichkeitsstruktur spiegle sich auch auf Landesebene wider. Ausweislich des Umsetzungsvertrags NRW bestünden zwar unterschiedliche Gremien, jedoch hätten diese faktisch keinen Einfluss auf ihre Tätigkeit im Bereich der Qualitätssicherung. So habe der Lenkungsausschuss nach § 4 Abs. 5 zwar über Grundsatzfragen zu entscheiden, jedoch könnten diese Entscheidungen nicht ohne die Ärztekammern getroffen werden, da nach § 4 Abs. 2 des Umsetzungsvertrages NRW alle Beschlüsse einvernehmlich zu treffen seien. Davon ausgenommen sei nur die Entscheidung über die zur Verfügung zu stellenden Mittel. Im Übrigen stellten die zwischen den an den der Qualitätssicherung Beteiligten geschlossenen Vereinbarungen keine schuldrechtlichen Verträge dar, sondern untergesetzliche öffentlich-rechtliche Normen, die nicht als Grundlage für einen Leistungsaustausch herangezogen werden könnten.

38Selbst wenn eine Beauftragung durch die Bundesebene angenommen würde, seien die von ihr erbrachten Leistungen nach der Rechtsprechung des BFH als sog. Beistandsleistungen gegenüber dem Bundeskuratorium/Gemeinsamen Bundesausschuss nicht steuerbar, da sie – die Klin. –, wie dargelegt, auf der Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Sondernorm tätig geworden sei und ihre Tätigkeit nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen geführt habe.

39Die Klin. beantragt,

40den USt-Bescheid für 2004 vom 17.12.2009 dahingehend zu ändern, dass die USt auf xxx € festgesetzt wird,

41hilfsweise, die Revision zuzulassen.

42Der Beklagte beantragt,

43                            die Klage abzuweisen,

44                            hilfsweise, die Revision zuzulassen.

45Der Beklagte trägt zur Begründung, auch unter Bezugnahme auf den mit Schreiben vom 10.10.2012 übersandten Bericht des FA GKBP von September 2012, Folgendes vor:

46Die Klägerin übe ihre Tätigkeit im Bereich der Qualitätssicherung Krankenhaus im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art aus. Es handele sich nicht um einen Hoheitsbetrieb, der der Ausübung öffentlicher Gewalt diene. Zur hoheitlichen Tätigkeit bzw. zur Ausübung öffentlicher Gewalt i.S. von § 4 Abs. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) gehörten nach ständiger Rechtsprechung des BFH (vgl. BFH-Beschluss vom 03.02.2010 I R 8/09, BFHE 228, 273, BStBl. II 2010, 502) nur solche Tätigkeiten, die der juristischen Person des öffentlichen Rechts „eigentümlich und vorbehalten“ seien. Im Streitfall habe die Klin. zwar nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben, jedoch habe sie sich dabei mit den Beteiligten abzustimmen und könne diesen gegenüber dementsprechend keine Anordnungen durch Verwaltungsakt treffen. Eine solche Verwaltungsaktbefugnis werde ihr in § 6 Abs. 1 Nr. 6 HeilBerG nur gegenüber den Kammermitgliedern eingeräumt. Darüber hinaus ergebe sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG keine alleinige und uneingeschränkte Kompetenz der Klin., in ihrem Kammerbezirk Qualitätssicherungsmaßnahmen im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben. So enthalte etwa das SGB V für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung Bestimmungen zur Qualitätssicherung, die anderweitige Zuständigkeiten vorsähen.

47Auch aus den Grundlagen des Verfahrens zur externen vergleichenden Qualitätssicherung nach §§ 135a Abs. 2, 137 SGB V könne nicht abgeleitet werden, dass die Klin. mit ihrer Einbindung auf der Landesebene eine ihr vorbehaltene und eigentümlich Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 KStG ausgeübt habe. Die aufgrund der §§ 135a Abs. 2, 137 SGB V auf der Bundesebene getroffenen Beschlüsse und Richtlinien hätten den Charakter untergesetzlicher Rechtsnormen und seien für die an der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß dem SGB V Beteiligten, d.h. die gesetzlichen Krankenkassen, deren Versicherte, die behandelnden Ärzte sowie andere Leistungserbringer, verbindlich. Nicht verbindlich seien sie dagegen für die Landesärztekammern, da deren Beteiligung im SGB V nicht vorgesehen sei. Eine gesetzlich begründete Beteiligung an dem Verfahren zur externen vergleichenden Qualitätssicherung nach §§ 135a Abs. 2, 137 SGB V ergebe sich auch nicht aus landesrechtlichen Bestimmungen. Zwar sähen die Vereinbarungen auf der Bundesebene vor, dass die externe Qualitätssicherung auf Landesebene unter Nutzung der in den Ländern bereits vorhandenen Institutionen durchgeführt werden solle. Aus dieser Sollvorgabe könne jedoch kein gesetzlich begründeter Anspruch der Klin. hergeleitet werden, an der Abwicklung des Verfahrens auf der Landesebene (auf jeden Fall) beteiligt zu werden. Der Beauftragung eines (privaten) Dritten an Stelle der Klin. sei –wie bereits dargelegt– auch nicht durch 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG ausgeschlossen gewesen. Auch seien für die Durchführung des Umsetzungsvertrags NRW –anders als die Klin. ausführe– keine hoheitlichen Befugnisse notwendig gewesen. So ende die Stufe 3 des strukturierten Dialogs mit der Option für den Lenkungsausschuss, beim Vorstand der Klin. den Antrag zu stellen, die Einleitung eines berufsrechtlichen Verfahrens prüfen zu lassen. Auch aus § 7 KHG NRW ergebe sich kein (ausschließlicher) Anspruch der Klin. in das Verfahren eingebunden zu werden. Gemäß § 7 KHG NRW hätten die Krankenhäuser die ihnen obliegenden Aufgaben der externen Qualitätssicherung nach Maßgabe der aufgrund von Bundes- und Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten auszuführen. Im Streitfall fehle es jedoch an einer entsprechenden „Maßgabe“ der Ärztekammern, da die streitige Tätigkeit im Rahmen der Projektgeschäftsstelle nicht aufgrund einer von den Ärztekammern selbst eingeführten externen Qualitätssicherung erfolgt sei. Vielmehr seien die Ärztekammern durch den Umsetzungsvertrag NRW in die Erfüllung von Aufgaben eingeschaltet worden, die von den dazu berufenen Institutionen nach den Bestimmungen des SGB V festgelegt worden seien. Auch das direkte Verfahren, das über die BQS abgewickelt worden sei, zeige, dass eine Einbeziehung der Landesärztekammern in das Verfahren zur externen Qualitätssicherung nach §§ 135 Abs. 2, 137 SGB V nicht zwingend notwendig gewesen sei und es hoheitlicher Befugnisse zur Beteiligung am Verfahren nicht bedurft habe.

48Hinsichtlich der Abrechnung gegenüber den Krankenhäusern gehe die Klin. zu Unrecht davon aus, dass sie den Landesanteil im eigenen Namen und auf eigene Rechnung durch Verwaltungsakt erhebe. Nach § 7 Abs. 5 des Umsetzungsvertrags NRW sei der Zuschlagsanteil Land an die jeweils zuständige Vertretung der Projektgeschäftsstelle abzuführen. Diese sei auch berechtigt gewesen, die erhaltenen Beträge einzubehalten und zu verwenden. Die Einziehung der Landesanteile sei jedoch im Auftragswege für die allein anspruchsberechtigte Landesebene erfolgt. Es sei, was sich aus den Abrechnungen ergebe, lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg gewählt worden.

49Entgegen der Auffassung der Klin. sei zudem ein Wettbewerb mit Dritten durchaus denkbar. So sei die BQS mit der Unterhaltung der Geschäftsstelle im direkten Verfahren beauftragt worden. In mehreren Ländern sei auch die Landesgeschäftsstelle von privatrechtlichen Einrichtungen betrieben worden. Es sei daher zweifelhaft, dass die Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung NRW nicht ebenso durch einen privaten Anbieter, z.B. den TÜV, hätte betrieben werden können.

50Es fehle im Streitfall, anders als die Klin. meine, auch nicht an einem umsatzsteuerlichen Leistungsaustausch. Die Klin. sei auf Grund der Aufgabenzuweisung im HeilBerG zwar befugt gewesen, die Qualitätssicherung zu betreiben. Ihre Tätigkeit im Rahmen der Projektgeschäftsstelle habe sie aber nicht auf Grund der Aufgabenzuweisung im HeilBerG erbracht, sondern weil sie in ein von dritter Seite vorgegebenes Verfahren eingebunden worden sei. Die nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäuser seien nach §§ 135a Abs. 2 und 137 SGB V verpflichtet gewesen, sich an einrichtungsübergreifenden Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen. Zur Umsetzung dieser gesetzlichen Vorgaben seien auf der Bundesebene von den hierzu vorgesehenen Spitzengremien entsprechende Vereinbarungen getroffen worden. Zu der Abwicklung des Verfahrens auf der Landesebene seien dabei aber nur Sollvorgaben gemacht worden. Aus diesem Grund und im Hinblick auf die sich aus § 112 Abs. 2 Nr. 3 SGB V ergebende Regelungsbefugnis seien die in § 112 Abs. 1 SGB V genannten Landesverbände der Krankenkassen und Landesvereinigungen der Krankenhäuser gehalten gewesen, vertragliche Regelungen zur Umsetzung des Verfahrens auf Landeseben zu treffen. Dieser Verpflichtung seien sie mit dem Umsetzungsvertrag NRW nachgekommen. Zugleich seien die beiden Landesärztekammern – nach Maßgabe der festgelegten Strukturen und Verfahrensgrundsätze – damit beauftragt worden, die Projektgeschäftsstelle Qualitätssicherung zu betreiben. Eine Verpflichtung der in §§ 112 SGB V genannten Institutionen, ausschließlich die beiden Landesärztekammern in das Verfahren einzubinden, habe aber weder nach bundes- noch nach landesgesetzlichen Bestimmungen bestanden. Dass die Klin. von der ärztlichen Qualitätssicherung im Bereich der Krankenhäuser durchaus hätte ausgeschlossen werden können, zeige die Umsetzung des direkten Verfahrens, an dem die Klin. nicht beteiligt sei.

51Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass die Klin. nicht aufgrund eines untergesetzlichen Normsetzungsvertrages, sondern auf schuldrechtlicher Grundlage tätig geworden sei. Die auf Bundesebene geschlossenen Vereinbarungen hätten nur für die gesetzlichen Krankenkassen, deren Versicherte und die behandelnden Ärzte und andere Leistungserbringer gegolten.

52Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogenen Gerichtsakten des Klageverfahren 15 K 2188/05 U und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Bekl. Bezug genommen.

53Entscheidungsgründe:

54Die Klage ist begründet.

55Der USt-Bescheid für 2004 vom 17.12.2009 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig und verletzt die Klin. in ihren Rechten. Der Bescheid war daher antragsgemäß zu ändern (§ 100 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).

56Der Bekl. ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klin. hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. externen Qualitätssicherung Krankenhaus Unternehmerin war und in Höhe der gegenüber den Krankenhäusern im Landesteil A   abgerechneten Zuschlagsanteile Land steuerbare Umsätze erzielt hat.

57Unternehmer ist gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt.

58Juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie die Klin. (§ 1 Abs. 1 Satz 2 HeilBerG), sind allerdings gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art gewerblich oder beruflich und somit unternehmerisch tätig. Betriebe gewerblicher Art sind nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich (§ 4 Abs. 1 Satz 2 KStG). Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 KStG nicht zu den Betrieben gewerblicher Art.

59§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG und § 1 Abs. 1 Nr. 6 i.V.m. § 4 KStG sind unter Berücksichtigung von Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG richtlinienkonform auszulegen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 14.03.2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667 m.w.N.). Nach Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG gelten Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Leistungen Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Falls sie jedoch solche Tätigkeiten ausüben oder Leistungen erbringen, gelten sie hierfür als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nicht-Steuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG).

60Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts danach Unternehmerin, wenn sie eine wirtschaftliche und damit nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen ausübt, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handelt sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit dagegen auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, ist sie nur Unternehmerin, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. BFH-Urteile vom 10.11.2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670, vom 03.03.2011 V R 23/10, BFHE 233, 274, BStBl II 2012, 74, vom 15.04.2010 V R 10/09, BFHE 229, 416, BFH/NV 2010, 2088, jeweils m.w.N.).

61Ausgehend von diesen Grundsätzen war die Klin. im Streitjahr hinsichtlich ihrer Tätigkeit im Rahmen der sog. externen Qualitätssicherung Krankenhaus nicht Unternehmerin im Sinne des § 2 UStG, da diese Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erfolgte und ihre Behandlung als Nichtunternehmerin nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen geführt hat bzw. führen konnte.

62Die Klin. hat ihre Tätigkeit im Rahmen der sog. externen Qualitätssicherung Krankenhaus auf der Grundlage des Umsetzungsvertrags NRW und des Umsetzungskonzepts NRW ausgeübt. Bei dem Umsetzungsvertrag NRW handelt es sich entgegen der Auffassung des Bekl. nicht um einen privatrechtlichen, sondern um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag (im Sinne des § 53 SGB X). Die Abgrenzung von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen erfolgt nach dem Gegenstand und dem Zweck der vertraglichen Regelung. Entscheidend ist, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10.04.1986 GmS – OGB 1/85, BVerwGE 74, 368, NJW 1986, 2359). Ein Vertrag ist danach insbesondere dann als öffentlich-rechtlich einzustufen, wenn eine öffentlich-rechtliche Norm zum Abschluss eines solchen berechtigt, wenn öffentlich-rechtliche Normen bestehen, welche die Leistungspflichten regeln, wenn er in Vollzug einer öffentlich-rechtlichen Norm geschlossen wird, wenn er die Verpflichtung eines Vertragspartners zum Erlass einer hoheitlichen Handlung enthält, wenn er an die Stelle einer sonst möglichen Regelung durch Verwaltungsakt tritt oder wenn er sich auf eine öffentlich-rechtliche Berechtigung oder Verpflichtung des Bürgers bezieht (vgl. z.B. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen – OVG NRW, Beschluss vom 14.03.2013 2 E 182/13, juris; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 54 Rn. 27 ff.).

63Hiervon ausgehend ist der Umsetzungsvertrag NRW als öffentlich rechtlicher Vertrag anzusehen. Zweck des Vertrages war nach dessen Präambel, die auf der Bundesebene nach § 137 Abs. 1 SGB V, einer öffentlich-rechtlichen Norm, vereinbarten und für die Krankenhäuser nach § 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V unmittelbar verbindlichen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen einvernehmlich umzusetzen. Die Krankenhäuser in Nordrhein Westfalen waren hierzu nicht nur wegen der auf der Grundlage von § 137 Abs. 1 SGB V getroffenen Vereinbarungen auf Bundesebene (zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses insbesondere des Kuratoriumsvertrags) verpflichtet, sondern auch im Hinblick auf die landesgesetzliche Regelung in § 7 Satz 2 KHG NRW. Nach dieser Vorschrift hatten die Krankenhäuser die ihnen obliegenden Aufgaben der externen Qualitätssicherung nach Maßgabe der Festlegungen der auf Grund von Bundes- und Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten zu erfüllen. Zu den an der Qualitätssicherung auf Grund von Bundes- und Landesrecht Beteiligten zählten neben den Krankenhäusern und den an den Vereinbarungen nach § 137 Abs. 1 SGB V (teilweise über ihre Bundesverbände) beteiligten Kostenträgern auch die Klin. und die Ärztekammer B   , da es nach nordrhein-westfälischem Landesrecht zu den Aufgaben der Ärztekammern gehörte, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG) und die Erfüllung der Berufspflichten der Kammerangehörigen zu überwachen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilBerG). Zu den Berufspflichten der Ärztinnen und Ärzte zählte dabei nach § 5 der Berufsordnung der Klin. auch die Verpflichtung, an den von der Ärztekammer eingeführten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit teilzunehmen und der Ärztekammer die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Gegenstand des Umsetzungsvertrages NRW war damit die einvernehmliche Umsetzung der auf der Bundesebene vereinbarten und für die Krankenhäuser nach § 137 Abs. 2 Satz 1 SGB V unmittelbar verbindlichen externen Qualitätssicherungsmaßnahmen auf Landesebene durch die im Land Nordrhein-Westfalen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften an der Qualitätssicherung Krankenhaus Beteiligten, nämlich die Klin., die Ärztekammer B   , die Verbände der Kostenträger und die KGNW für die Krankenhäuser (sog. „Gemeinsame Selbstverwaltung“).

64Die Tätigkeit der Klin. hat nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen geführt und konnte dies auch nicht.

65Nach dem EuGH-Urteil vom 16.09.2008 C-288/07, Isle of Wight Council (Slg. 2008, I-7203), auf das der BFH auch in seinem Urteil vom 10.11.2011 V R 41/10, BFHE 235, 554, BFH/NV 2012, 670, zum Betrieb einer Sporthalle und Freizeithalle durch eine Gemeinde abstellt, kommt es für die Frage, ob die Tätigkeit einer juristischen Person zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, auf folgende Kriterien an:

66

  • 671 Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, dass die Frage, ob die Behandlung von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die im Rahmen der öffentlichen Gewalt tätig werden, als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, mit Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen ist, ohne dass sich diese Beurteilung auf einen lokalen Markt im Besonderen bezieht.

68

  • 692 Der Begriff „führen würde“ im Sinne des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin auszulegen, dass er nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch den potenziellen Wettbewerb umfasst, sofern die Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, real und nicht rein hypothetisch ist.

70

  • 713 Der Begriff „größere“ im Sinne des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/388 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ist dahin zu verstehen, dass die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen mehr als unbedeutend sein müssen.

72Diesen Ausführungen schließt sich der erkennende Senat an. Danach konnte und kann es im Streitfall nicht zu (größeren) Wettbewerbsverzerrungen kommen.

73Ein privater Wirtschaftsteilnehmer hatte im Streitfall keine reale Möglichkeit, in den relevanten Markt einzutreten. Die Krankenhäuser sind landegesetzlich nach § 7 Satz 2 KHG NRW verpflichtet, die ihnen obliegenden Aufgaben der externen Qualitätssicherung nach Maßgabe der Festlegungen der auf Grund von Bundes- und Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten zu erfüllen. Ein privater Wirtschaftsteilnehmer gehört aber nicht zu den auf Grund von Bundes- und Landesrecht an der Qualitätssicherung Beteiligten und kann deshalb keine entsprechenden, für alle Krankenhäuser verbindlichen Festlegungen treffen. Insbesondere haben die Ärzte nach § 5 der Berufsordnung nur die Verpflichtung, an den von der Klin. eingeführten Maßnahmen zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Tätigkeit teilzunehmen und der Klin. die hierzu erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Einem privaten Dritten gegenüber wären die Ärzte, ohne die Qualitätssicherungsmaßnahmen im Krankenhaus nicht durchführbar sind, nicht verpflichtet und auch insbesondere nicht berechtigt, erforderliche geschützte Daten mitzuteilen und weitere Auskünfte dazu zu geben.

74Da der angefochtene Bescheid bereits aus den dargelegten Gründen rechtswidrig und im beantragten Umfang aufzuheben ist, kann dahingestellt bleiben, ob – was seitens des Bekl. und dem FA GKBP (vgl. Bl. 303 GA 15 K 2188/05 U) vorübergehend infrage gestellt worden ist – die Klin. oder etwa die Projektgeschäftsstelle im Falle der Umsatzsteuerpflicht in Anspruch zu nehmen wäre. Der Senat neigt allerdings zu der Auffassung, dass die Klin. als Trägerin der hier streitigen Qualitätssicherungsmaßnahmen richtige Adressatin des angefochtenen USt-Bescheides ist.

75Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

76Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung.

77Die Revision war nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.