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Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das Urteil entspricht Bundesrecht, soweit es noch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist. Der Senat legt den Antrag der Klägerin dahingehend aus, dass er sich nur auf die Positionen 1 und 2 des Einfuhrabgabenbescheids vom 20.11.2015 bezieht, weil die Klägerin hinsichtlich dessen Positionen 3 bis 6 bereits in der ersten Instanz obsiegt hat. |
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1. Das FG hat die mit Zollanmeldungen vom 10.12.2012 und 15.01.2013 (Positionen 1 und 2 des Einfuhrabgabenbescheids vom 20.11.2015) zum zollrechtlich freien Verkehr angemeldeten Katzenkratzbäume des Modells mit der Art.-Nr. 80002 sowie der Modelle Indira, Lucky, Lilly, Kim, Sammy, Kimba, Robby, Benny, Bella, Betty, Simba, Sasu, Kira, Tom und Pascha zu Recht in die Unterpos. 6307 90 10 KN (Zollsatz 12 %) in der für die Einfuhr im Jahr 2012 maßgeblichen Fassung nach der Verordnung (EU) Nr. 1006/2011 der Kommission vom 27.09.2011 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEU Nr. L 282/1) bzw. in der für die Einfuhr im Jahr 2013 maßgeblichen Fassung nach der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 927/2012 der Kommission vom 09.10.2012 zur Änderung des Anhangs I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABlEU Nr. L 304/1) eingereiht. |
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a) Das entscheidende Kriterium für die zollrechtliche Tarifierung von Waren ist allgemein in deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften zu suchen, wie sie im Wortlaut der Positionen und Unterpositionen der KN und in den Anmerkungen zu den Abschnitten oder Kapiteln festgelegt sind, und nach den AV (Senatsurteile vom 26.09.2017 – VII R 17/16, ZfZ 2018, 139, und vom 15.01.2019 – VII R 16/17, BFH/NV 2019, 600; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union –EuGH– GROFA u.a. vom 22.03.2017 – C-435/15 und C-666/15, EU:C:2017:232, ZfZ 2017, 163). Nach AV 1 sind für die Einreihung in erster Linie der Wortlaut der Positionen und der Anmerkungen zu den Abschnitten und Kapiteln maßgebend. Nur wenn nach diesen Kriterien kein eindeutiges Einreihungsergebnis erzielt werden kann, darf auf die AV 2 bis 5 zurückgegriffen werden. |
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Daneben gibt es Erläuterungen und Einreihungsavise, die ein wichtiges, wenn auch nicht verbindliches Erkenntnismittel für die Auslegung der einzelnen Tarifpositionen sind (vgl. Senatsurteile in ZfZ 2018, 139, und in BFH/NV 2019, 600; EuGH-Urteil GROFA u.a., EU:C:2017:232, ZfZ 2017, 163). Auf den Verwendungszweck einer Ware darf abgestellt werden, wenn im Wortlaut der Bestimmungen oder in den Erläuterungen auf dieses Kriterium Bezug genommen wird (Senatsurteil vom 08.11.2016 – VII R 9/15, BFHE 256, 286, ZfZ 2017, 103). Entscheidend ist dabei, ob sich der Verwendungszweck in den objektiven Eigenschaften und Merkmalen der Ware niedergeschlagen hat (vgl. Senatsurteile vom 31.05.2005 – VII R 49/04, ZfZ 2006, 262, und in ZfZ 2018, 139). |
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b) Die Katzenkratzbäume können nicht bereits nach AV 1 eindeutig einer Position der KN zugeordnet werden, weil diese Waren von keiner Position (insbesondere Pos. 4823 KN, 9403 KN und 9503 KN) nach deren Wortlaut erfasst werden. Dabei hat die Tatsache, dass die Waren im Zeitpunkt der Einfuhr noch nicht zusammengebaut waren, keine Auswirkungen auf die zolltarifliche Einreihung, weil nach AV 2 Buchst. a Satz 2 jede Anführung einer Ware in einer Position auch dann gilt, wenn die Ware zerlegt gestellt wird. |
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Auch eine Einreihung nach AV 3 Buchst. a ist nicht möglich, weil keine der in Frage kommenden Positionen (u.a. Pos. 4421, 5609, 6307 KN) die Ware genauer bezeichnet als die anderen. |
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c) Die von der Revision erfassten Modelle von Katzenkratzbäumen sind vielmehr gemäß AV 3 Buchst. b in die Unterpos. 6307 90 10 KN (Zollsatz 12 %) einzureihen. |
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Nach AV Nr. 3 Buchst. b sind Waren, die aus verschiedenen Stoffen oder Bestandteilen bestehen, nach dem Stoff bzw. Bestandteil einzureihen, der ihnen ihren wesentlichen Charakter verleiht, wenn dieser Stoff oder Bestandteil ermittelt werden kann. Dabei sind als ein wichtiges Erkenntnismittel die Erläuterungen zum Harmonisierten System (ErlHS) zur AV 3 Buchst. b Rz 19.1 zu berücksichtigen, denen zufolge sich das charakterbestimmende Merkmal einer Ware aus der Art und Beschaffenheit der Bestandteile, aus ihrem Umfang, Menge, Gewicht, dem Wert oder der Bedeutung für die Verwendung der Ware sowie auch aus dem Erscheinungsbild der Ware ergeben kann; welches dieser nicht abschließend aufzählbaren Merkmale im Einzelfall zu berücksichtigen ist, hängt von der Art der Ware ab (vgl. Senatsurteile vom 19.12.2006 – VII R 8/06, BFH/NV 2007, 1368, ZfZ 2007, 192; vom 18.09.2018 – VII R 3/18, BFH/NV 2019, 136). |
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Die auf dieser Grundlage vorzunehmende Gesamtwürdigung und Gewichtung der festgestellten objektiven Merkmale der zu vergleichenden Stoffe oder Bestandteile ist eine dem Tatsachengericht vorbehaltene Würdigung, die auf tatsächlichem Gebiet liegt und daher einer revisionsrechtlichen Überprüfung nur eingeschränkt zugänglich ist (Senatsbeschluss vom 23.09.2014 – VII B 202/13, BFH/NV 2015, 69; Senatsurteil in BFH/NV 2019, 136). |
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aa) Vor diesem Hintergrund und mangels geltend gemachter und durchgreifender Verfahrensrügen ist es nicht zu beanstanden, dass das FG nicht das Holz und die Pappe, aus denen die Stützkonstruktion der Katzenkratzbäume besteht, sondern die für die Oberflächenbeschaffenheit maßgeblichen Stoffe als charakterbestimmend angesehen hat, da diese ausschlaggebend ist für die Nutzung der Katzenkratzbäume als Sitz-, Liege- oder Schlafplatz, als Beobachtungsposten und zum Schärfen der Krallen sowie für die Möglichkeit, den eigenen Geruch auszusenden. Zugleich hat das FG das Spielzeug, die Plastikkappen und die Muttern in nicht zu beanstandender Weise für untergeordnet gehalten. |
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Diese tatsächliche Würdigung des FG steht im Einklang mit der Einschätzung der Europäischen Kommission in der DVO 350/2014, mit der diese einen Katzenkratzbaum, der in seinen objektiven Beschaffenheitsmerkmalen teilweise denjenigen des Streitfalls gleicht, in die Unterpos. 6307 90 98 KN eingereiht hat. Diese Verordnung ist zwar erst am 28.04.2014 in Kraft getreten und somit auf die mit den Zollanmeldungen vom 10.12.2012 und vom 15.01.2013 angemeldeten Waren in zeitlicher Hinsicht nicht unmittelbar anwendbar. Gleiches gilt für die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1229/2013 der Kommission vom 28.11.2013 –DVO 1229/2013– zur Einreihung bestimmter Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABlEU Nr. L 322/8), mit der eine Art Katzenkratzsäule bestehend aus einer mit einem Gewebe bezogenen Holzplattform und einer mit Sisal bezogenen Röhre der Unterpos. 6307 90 98 KN zugewiesen wurde. Darüber hinaus gelten Einreihungsverordnungen stets nur für die begutachtete Ware, die Anlass zu der Verordnung gegeben hat. Sofern Einreihungsverordnungen jedoch wie im Regelfall lediglich zur Klarstellung der Rechtslage zum Zweck der einheitlichen Anwendung der KN und nicht zur Änderung des bestehenden Rechts ergehen, bestehen keine Bedenken, solche Verordnungen als Indiz zur Bestätigung tariflicher Einreihungen heranzuziehen, sofern die Warenbeschreibung in ihren wesentlichen Punkten mit derjenigen der einzureihenden Ware übereinstimmt (Senatsurteil vom 12.04.2011 – VII R 20/07, BFHE 233, 561, ZfZ 2011, 177; Senatsbeschluss vom 10.02.2014 – VII R 39/12, ZfZ 2014, 132). Damit wird dem mit einer verbindlichen Einreihungsverordnung verbundenen Ziel der kohärenten Auslegung der KN und der Gleichbehandlung der Wirtschaftsteilnehmer Rechnung getragen (vgl. EuGH-Urteil GROFA u.a., EU:C:2017:232, Rz 37, ZfZ 2017, 163; vgl. auch Senatsurteil in BFH/NV 2019, 136). |
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Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der erkennende Senat mangels zulässiger und begründeter Revisionsgründe gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), stimmen die Beschaffenheitsmerkmale der Einfuhrwaren des Streitfalls teilweise mit denen des im Anhang der DVO 350/2014 beschriebenen Katzenkratzbaums überein. Soweit solche Übereinstimmungen der Beschaffenheitsmerkmale bestehen, lassen sich der DVO 350/2014 Indizien für die zutreffende zolltarifliche Einreihung der im vorliegenden Fall eingeführten Waren entnehmen, auch wenn die Ware der DVO 350/2014 und diejenigen des Streitfalls nicht in jeder Hinsicht identisch sind. |
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Ebenso wie der im Anhang der DVO 350/2014 beschriebene Katzenkratzbaum bestehen die Kratzbäume des Streitfalls aus mit Stoff –wenn auch im Streitfall mit Plüschgewirken und in der Einreihungsverordnung mit Plüschgewebe– überzogenen Holzkästen mit Einstiegsöffnungen und mit Stoff überzogenen Holzplatten. Die verschiedenen Ebenen der Kratzbäume werden durch Pappröhren miteinander verbunden, die mit Sisalseil mit einem Titer von mehr als 20 000 dtex umwickelt sind. In beiden Fällen handelt es sich um Konstruktionen, die nach ihren objektiven Beschaffenheitsmerkmalen so gestaltet sind, dass Katzen darauf schlafen oder liegen können. Außerdem sollten die Waren in beiden Fällen den Katzen als Spielgerät und zum Schärfen der Krallen dienen. |
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Genau wie das FG hat die Kommission in der DVO 350/2014 auf den erkennbaren und nach seinen Beschaffenheitsmerkmalen dem Kratzbaum innewohnenden Verwendungszweck abgestellt und das Gewebe aus Spinnstoff und die Sisalschnur, nicht jedoch das Holz oder die Pappe als wesentlich angesehen. Auch bei der in der DVO 1229/2013 beschriebenen Ware hat die Kommission den Bezugsstoff und nicht die stützenden Bestandteile Holz, Karton und Kunststoff für charakterbestimmend gehalten. |
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Dass die Waren des Streitfalls mit Plüschgewirken überzogen sind, während die von der DVO 350/2014 erfassten Waren mit Plüschgewebe versehen waren, ist für die Beantwortung der Frage, ob die Innenkonstruktion des Katzenkratzbaums oder die Außenfläche charakterbestimmend ist, nicht von Bedeutung. |
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bb) Im Ergebnis ist es auch nicht zu beanstanden, dass das FG bei der Bewertung der für die Oberfläche verwendeten Stoffe das Plüschgewirke für charakterbestimmend gehalten und die von der Revision umfassten Modelle in die Unterpos. 6307 90 10 KN eingereiht hat. |
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Soweit das FG bei der Bestimmung des charakterbestimmenden Stoffes zunächst die Vorlieben, Bedürfnisse, Fähigkeiten und Lebensumstände der Hauskatzen als für die Tarifierung relevant gehalten zu haben scheint, stünde einer solchen Betrachtung zwar die eingangs dargestellte Rechtsprechung des EuGH entgegen, wonach die Tarifierung einer Ware anhand deren objektiven Merkmalen und Eigenschaften vorzunehmen ist. |
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Allerdings war für das FG bei der Bestimmung des charakterbestimmenden Stoffes tatsächlich die Fläche des jeweils verwendeten Oberflächenmaterials ausschlaggebend, die in ErlHS 19.1 zu AV 3 Buchst. b als mögliches Kriterium genannt ist. Diese tatsächliche Würdigung des FG hält einer revisionsrechtlichen Prüfung stand. Etwaige Rechtsfehler des FG oder Fehler bei der Ermittlung der Oberflächenanteile wurden seitens der Beteiligten nicht gerügt (§ 118 Abs. 2 FGO). |
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Dass das FG anders als das FG München in seinem Urteil in ZfZ Beilage 2018 Nr. 3, 37 nicht die Sisalseile als charakterbestimmend angesehen hat, führt nicht dazu, dass die Vorentscheidung gegen Bundesrecht verstößt, sondern ist Ausfluss der dem jeweiligen Tatsachengericht vorbehaltenen tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts. |
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2. Der Hilfsantrag der Klägerin ist unzulässig, weil es insoweit an einer Vorentscheidung des FG fehlt (§ 115 Abs. 1 FGO). |
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. |
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Soweit die Klägerin zunächst mit Schriftsatz vom 20.03.2018 ohne Beschränkung gegen die Vorentscheidung Revision eingelegt und damit auch die Positionen 7 und 8 des Einfuhrabgabenbescheids vom 20.11.2015 einbezogen hatte, wird gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes von der Erhebung der Gerichtskosten abgesehen. Insoweit hat das FG zu Unrecht in der Sache entschieden, weil für diese Positionen kein Vorverfahren durchgeführt worden war und daher die Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht vorgelegen hatten (vgl. § 44 Abs. 1 FGO). Aus denselben Gründen werden auch für die zunächst erhobene unselbständige Anschlussrevision des HZA, die infolge der Rücknahme der Revision in den genannten Punkten gegenstandslos geworden ist, keine Gerichtskosten erhoben. |
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