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II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen. |
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Da die Klägerin kein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes betreibt, hat das HZA die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom zu Recht widerrufen. |
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1. Nach § 9 Abs. 3 StromStG in der in den Streitjahren geltenden Fassung unterliegt Strom einem ermäßigten Steuersatz, wenn er u.a. von Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für betriebliche Zwecke entnommen wird. Unternehmen des Produzierenden Gewerbes sind Unternehmen, die dem Abschnitt C (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden), D (Verarbeitendes Gewerbe), E (Energie- und Wasserversorgung) oder F (Baugewerbe) der vom Statistischen Bundesamt herausgegebenen Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2003 (WZ 2003) zuzuordnen sind (§ 2 Nrn. 2a und 3 StromStG). Wie der Senat wiederholt entschieden hat, handelt es sich bei der Verweisung auf die Klassifikation der Wirtschaftszweige um eine an das Unionsrecht angelehnte und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Typisierung (Senatsurteil vom 24. August 2004 VII R 23/03, BFHE 207, 88, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern –ZfZ– 2005, 88). |
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Übt das Unternehmen unterschiedliche Tätigkeiten aus, hat der Antragsteller nach § 15 Abs. 2 Satz 3 der Stromsteuer-Durchführungsverordnung (StromStV) die Wahl, den Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit und den entsprechenden Abschnitt der Klassifikation der Wirtschaftszweige anhand der in dieser Vorschrift alternativ genannten Kriterien zu bestimmen. Von ihrem Wahlrecht hat die Klägerin dahingehend Gebrauch gemacht, dass sie den Abschnitt benannt hat, in dessen Tätigkeiten im letzten Kalenderjahr vor der Antragstellung im Durchschnitt die meisten Personen tätig waren (§ 15 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 StromStV). |
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2. Zu Recht hat das FG entschieden, dass die Klägerin unter Berücksichtigung der in den einzelnen Tätigkeitsbereichen beschäftigten Personen nicht als Unternehmen des Produzierenden Gewerbes i.S. des § 9 Abs. 3 i.V.m. § 2 Nrn. 2a und 3 StromStG eingestuft werden kann. Vielmehr liegt der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit in der Abfallbeseitigung (Klasse 90.02 WZ 2003), die dem Abschnitt O WZ 2003 zuzuordnen ist. |
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a) Soweit die Klägerin aus Kunststoffen Ersatzbrennstoffe herstellt, die u.a. in der Zementindustrie verwendet werden, handelt es sich bei dieser Tätigkeit nicht um eine solche, die als in Klasse 37.20 WZ 2003 einzuordnendes Recycling nicht metallischer Altmaterialien und Reststoffe angesehen werden könnte, sondern um eine sonstige Abfallbehandlung zum Zwecke der Entsorgung, die in die Unterklasse 90.02.5 WZ 2003 gehört. |
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aa) Nach den Erläuterungen zu Abteilung 37 WZ 2003 (Recycling) handelt es sich beim Recycling um das Verarbeiten von Altmaterialien und Reststoffen und anderen gebrauchten oder ungebrauchten Artikeln zu Sekundärrohstoffen. Kennzeichnend für den mechanischen oder chemischen Verarbeitungsprozess ist das Bestehen des Inputs aus sortierten oder unsortierten Altmaterialien und Reststoffen, der für die weitere direkte Verwendung in einem industriellen Verarbeitungsprozess normalerweise ungeeignet ist, während der Output für den direkten Einsatz in einem industriellen Verarbeitungsprozess aufbereitet wird. Unter Hinweis auf Abteilung 90 WZ 2003 wird aus der Abteilung 37 WZ 2003 ausdrücklich die Abfallaufbereitung ausgewiesen, die nicht zum Zwecke der Wiederverwendung in einem industriellen Herstellungsprozess, sondern zum Zwecke der Entsorgung erfolgt. Somit unterscheiden die statistischen Vorgaben zwischen der Herstellung eines Produkts, das zur Herstellung eines anderen Erzeugnisses wiederverwendet wird, und der Herstellung eines Produkts, das zum Zwecke der endgültigen Beseitigung aufgearbeitet wird. Entscheidend für die Annahme eines Recyclings ist danach, ob das hergestellte Erzeugnis dazu bestimmt ist, in einem industriellen Herstellungsprozess dahingehend weiter verwendet zu werden, dass es in einem neuen Produkt aufgeht bzw. zu dessen Bestandteil wird (so auch Urteil des FG Hamburg vom 8. Juli 2010 4 K 5/10, Steuern in der Energiewirtschaft 2011, 22). |
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Dies ist jedoch bei den von der Klägerin hergestellten Ersatzbrennstoffen nicht der Fall. Sie werden selbst nicht weiterverarbeitet, vielmehr erschöpft sich ihre bestimmungsgemäße Verwendung in einer thermischen und eliminierenden Nutzung, durch die Wärme freigesetzt wird. Nicht die Ersatzbrennstoffe selbst werden in einem industriellen Verfahren zu neuen Produkten verarbeitet, sondern es wird die durch ihre Beseitigung entstandene Energie nutzbar gemacht. Zutreffend ist das FG daher zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin keine Sekundärrohstoffe herstellt, die als Output in einem industriellen Verarbeitungsprozess zum Einsatz kommen. |
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bb) Daran ändert auch nichts, dass die Klägerin nach den Vorgaben ihrer Kunden bei der Auswahl und Zusammenstellung der Ausgangsmaterialien darauf achtet, dass der durch den Verbrennungsprozess entstehende Ascheanteil einen bestimmten Wert nicht überschreitet. Durch die Erfüllung der verwendungsspezifischen Anforderungen werden die Ersatzbrennstoffe noch nicht zu Sekundärrohstoffen, die unmittelbar in einem Verarbeitungsprozess zur Herstellung eines neuen Produkts Verwendung finden. Vielmehr bleibt der Zweck ihrer Verbrennung, nämlich die Entsorgung, unverändert, wobei die infolge des Verbrennungsvorgangs entstehende Asche als notwendige Folge der thermischen Verwendung und nicht etwa als neues Produkt anzusehen ist. |
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cc) Bei dieser Betrachtung kommt es auf die im Unionsrecht getroffenen Festlegungen nicht an. Die in Art. 3 Nr. 17 Richtlinie 2008/98/EG angeführte Definition, nach der ein als „Recycling“ zu bezeichnendes Verwertungsverfahren nicht die Aufbereitung zu Materialien einschließt, die für die Verwendung als Brennstoff bestimmt sind, stützt zwar die vom erkennenden Senat vertretene Auffassung, doch entspricht es inzwischen gefestigter Rechtsprechung, dass in anderen Rechtsvorschriften als denen des StromStG angelegte Definitionen, die die Tätigkeit einzelner Unternehmen oder Unternehmensgruppen charakterisieren und damit dem Produzierenden Gewerbe zuweisen, für das Energie- und Stromsteuerrecht nicht bindend sind (vgl. zum Arzneimittelgesetz Senatsurteil vom 23. Februar 2005 VII R 27/04, BFHE 208, 372, ZfZ 2005, 200, und zum Energiewirtschaftsgesetz Senatsurteil vom 21. April 2009 VII R 25/07, BFH/NV 2009, 1669). Entgegen der Auffassung des HZA lassen sich auch die in § 3 des am 1. Juni 2012 in Kraft getretenen Gesetzes zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen vom 24. Februar 2012 (BGBl I 2012, 212) festgelegten Begriffsbestimmungen nicht ohne weiteres für die Deutung der streitgegenständlichen Vorschriften nutzbar machen. |
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dd) Da eine Zuweisung der Herstellung der Ersatzbrennstoffe in die Abteilung 37 WZ 2003 nicht in Betracht kommt, muss es für die vom FG vorgenommene Einordnung in die Unterklasse 90.02.5 WZ 2003 (Abfallbeseitigung) verbleiben. Nach den Feststellungen des FG werden die gesammelten Abfälle zerkleinert, mechanisch getrennt und pelletiert. Dabei handelt es sich um Vorgänge, die in Unterklasse 90.02.5 WZ 2003 ausdrücklich als sonstige Abfallbehandlung zum Zwecke der Entsorgung angesprochen werden (Behandlung z.B. durch Shredderanlagen, chemisch-physikalische Behandlung usw.). Da die Tätigkeit Abschnitt O WZ 2003 zuzuordnen ist, steht der Klägerin eine den Unternehmen des Produzierenden Gewerbes vorbehaltene Begünstigung nicht zu. |
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b) Soweit die Klägerin Altholz für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk aufbereitet, handelt es sich auch bei dieser Tätigkeit aus stromsteuerrechtlicher Sicht um die Beseitigung von Abfall und nicht um eine Tätigkeit, die die Klägerin als ein Unternehmen des Produzierenden Gewerbes ausweist. Daher hat das FG zu Recht die Auffassung des HZA bestätigt und die Tätigkeit in die Klasse 90.02 WZ 2003 eingeordnet. |
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aa) Nach den Feststellungen des FG besteht die Tätigkeit der Klägerin aus dem Zerkleinern von Altholz aller Art und aus dem mehrmaligen Ausschleusen von Fremdbestandteilen und Eisenmetallen. Der zur Gewährleistung der Förderfähigkeit und Luftdurchlässigkeit auf ein bestimmtes Endmaß zerkleinerte Brennstoff wird sodann gelagert und später zur Verbrennung an ein Biomassekraftwerk weitergegeben. Dort wird das zerkleinerte Holz als Sonderbrennstoff zur Erzeugung von elektrischer Energie und Wärme eingesetzt. Da das Altholz gebraucht und für die unmittelbare Verwendung in einem Fertigungsprozess ungeeignet ist, handelt es sich um Abfall, der durch die Tätigkeit der Klägerin zur Verbrennung in einer bestimmten Anlage vorbereitet wird. Mit seiner Verbrennung wird das Altholz zugleich entsorgt. Im Ergebnis entspricht die Verwendung des zerkleinerten und von Fremdbestandteilen befreiten Altholzes der Verwendung des aus Kunststoff-Abfällen hergestellten Ersatzbrennstoffs. Es ist daher kein Grund ersichtlich, die Herstellung von Ersatzbrennstoffen und die Herstellung eines aus Altholzbestandteilen bestehenden Sonderbrennstoffs mit der Folge stromsteuerrechtlich unterschiedlich einzustufen, dass nur dem Hersteller von Sonderbrennstoffen auf Altholzbasis eine Steuerbegünstigung gewährt wird. In beiden Fällen handelt es sich um die Behandlung von Abfällen und die Herstellung von Substitutionsheizstoffen, durch deren eliminierende Nutzung die vorbehandelten Abfälle zugleich entsorgt werden. Daher scheint es naheliegend, auch die Herstellung zur thermischen Nutzung bestimmter Holzschnitzel unter stromsteuerrechtlichen Gesichtspunkten der Klasse 90.02 WZ 2003 zuzuordnen. |
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bb) Zwar hat das Statistische Bundesamt die Auffassung vertreten, die Herstellung von Holzschnitzeln aus Altholz zur Verwendung als Brennstoff sei der Unterklasse 20.10.0 WZ 2003 (Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke) und damit dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnen, doch sind die Finanzbehörden an eine solche Einordnung nicht gebunden (Senatsurteil vom 28. Oktober 2008 VII R 38/07, BFHE 223, 287, ZfZ 2009, 79). Vielmehr entscheidet das Hauptzollamt über die Gewährung einer energiesteuerrechtlichen Begünstigung nach § 9 Abs. 3 StromStG, die mit der jeweiligen Einordnung eines Unternehmens in die Klassifikation der Wirtschaftszweige zusammenhängt, in eigener Zuständigkeit (vgl. § 15 Abs. 1 und 8 StromStV); dabei ist es nach den stromsteuerrechtlichen Vorschriften nicht verpflichtet, die Betreiber in die Klassifikation der Wirtschaftszweige in Abstimmung mit den Statistikbehörden einzustufen. Wie der Senat entschieden hat, gilt dies selbst in den Fällen, in denen sich die Tätigkeit des Antragstellers einer eindeutigen und daher ohne Schwierigkeiten vorzunehmenden Klassifizierung entzieht, so dass Unsicherheiten hinsichtlich der zutreffenden Einordnung in die Klassifikation der Wirtschaftszweige bestehen und gegebenenfalls verbleiben (Senatsbeschluss vom 31. Januar 2008 VII B 88/07, BFH/NV 2008, 991). Selbst in diesen Fällen liegt die Entscheidungskompetenz bei den Hauptzollämtern, denn ein formalisiertes Konsultationsverfahren hat der Gesetzgeber bewusst nicht vorgesehen. Im Streitfall ist der erkennende Senat der Auffassung, dass sich die Ausweisung der Abfallaufbereitung zum Zwecke der Entsorgung aus der Abteilung 37 WZ 2003 auf den Unterabschnitt DD (Holzgewerbe) WZ 2003 übertragen lässt. Von der Unterklasse 20.10.0 WZ 2003 werden ausdrücklich nur Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke erfasst, zu deren Tätigkeiten auch die Herstellung von Holzwolle, -mehl, -schnitzeln und -spänen gehört. Dagegen werden Unternehmen, die Altholz aufbereiten, um dieses zur thermischen Verwertung und damit zur Entsorgung nutzbar zu machen, nicht erfasst. Es besteht somit hinsichtlich der Aufbereitung von Altholz in anderen Unternehmen als Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerken eine Lücke, die durch analoge Anwendung der im Bereich der Aufbereitung von Abfällen getroffenen Regelungen zu schließen ist. |
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Im Übrigen lassen sich die zum Investitionszulagengesetz 1993 ergangenen Entscheidungen (z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 7. März 2002 III R 44/97, BFHE 198, 169, BStBl II 2002, 545, und vom 29. Januar 1991 III R 55/89, BFH/NV 1991, 559), nach denen das Finanzamt in aller Regel eine Einordnung durch das Statistische Landesamt zu übernehmen hat, sofern diese nicht offensichtlich unzutreffend ist, auf das Energie- und Stromsteuerrecht nicht übertragen. Gegen eine solche Übertragung spricht bereits der Umstand, dass der Gesetzgeber den Hauptzollämtern eine eigenständige Entscheidungsbefugnis zuerkannt hat (BFH-Urteil in BFHE 223, 287, ZfZ 2009, 79). |
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3. Da die Herstellung von Ersatzbrennstoffen aus Kunststoffen und die Altholzaufbereitung für die thermische Verwertung im Altholzkraftwerk dem Abschnitt O WZ 2003 zuzuordnen ist, übersteigt die Zahl der in den nicht dem Produzierenden Gewerbe zuzuordnenden Tätigkeitsbereichen Beschäftigten die Zahl der in den anderen beiden Tätigkeitsfeldern Beschäftigten in dem vom FG festgestellten Umfang, so dass das Unternehmen der Klägerin im Ganzen dem Abschnitt O WZ 2003 zuzuordnen ist. Dabei kann der erkennende Senat die Frage offenlassen, wie die Herstellung von Ersatzbrennstoffen für die Schwefelsäureherstellung zu klassifizieren ist. Denn selbst wenn diese Tätigkeit der Klasse 37.20 WZ 2003 zugeordnet werden könnte, änderte sich aufgrund des relativ geringen Personaleinsatzes in diesem Bereich an der Zuordnung der Haupttätigkeit der Klägerin zum Abschnitt O WZ 2003 nichts. |
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Eine Begünstigung nach § 9 Abs. 3 StromStG kommt somit nicht in Betracht, so dass das HZA die Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme von Strom zu Recht widerrufen hat. |
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