|
|
|
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
|
|
Das HZA hat die Änderung der angefochtenen Steuerbescheide zu Recht abgelehnt. Die Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Anlagebegriffs durch das FG erweist sich als zutreffend. Die Klägerin betreibt lediglich zwei KWK-Anlagen, nämlich das BHKW-X und das BHKW-Y. |
|
|
1. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist Strom unter der Voraussetzung von der Steuer befreit, dass er in Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 MW erzeugt und in räumlichem Zusammenhang zu dieser Anlage entnommen und von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, geleistet wird. Das StromStG setzt den Begriff der Anlage voraus, ohne ihn näher zu definieren. In § 2 StromStG hat der Gesetzgeber nähere Bestimmungen lediglich für die Begriffe Versorger, Eigenerzeuger, Unternehmen des Produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft sowie für Strom aus erneuerbaren Energieträgern getroffen. Zur näheren Konkretisierung des Anlagebegriffs finden sich im StromStG auch keine ausdrücklichen Bezugnahmen auf außerhalb des Stromsteuerrechts liegende Rechtsvorschriften. Somit bedarf es einer Auslegung des Anlagebegriffs, die sich an dem im Befreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zum Ausdruck gekommenen objektivierten Willen des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, zu orientieren hat. |
|
|
a) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch wird unter einer Anlage eine Gesamtheit technischer Einrichtungen verstanden, die einem bestimmten Zweck dient. Dieser Zweck kann in der Herstellung oder in der Ver- bzw. Bearbeitung von Waren, in der Erzeugung von Energie oder im Transport von Gütern liegen. Diese Auslegung führt indes nicht weiter, wenn es um die konkrete Festlegung der räumlichen Ausdehnung einer Sachgesamtheit technischer Einrichtungen zur Bestimmung der Anlageeigenschaft geht. Denn welche technischen Bestandteile als zur Sachgesamtheit zugehörend zu betrachten sind, so dass sie als eine einzige Anlage anzusehen sind, lässt sich nicht abstrakt ohne Berücksichtigung des mit der Verwendung des Anlagebegriffs verfolgten Zwecks festlegen. Vielmehr erschließt sich die Bedeutung des Anlagebegriffs erst aus dem jeweiligen Kontext, in den er z.B. durch den Gesetzgeber gestellt worden ist. |
|
|
b) Der Gesetzesbegründung zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG lässt sich entnehmen, dass die durch das Gesetz zur Fortführung der ökologischen Steuerreform vom 16. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2432) mit Wirkung vom 1. Januar 2000 vorgenommene Anhebung der Erzeugergrenze von ursprünglich 0,7 MW auf 2 MW in Zusammenhang mit der Änderung der Definition des Eigenerzeugers (§ 2 Nr. 2 StromStG) und der Regelung von sog. Contracting-Fällen stand. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Fälle, in denen der Betreiber der Anlage den Strom nicht selbst verbraucht, sondern ihn aufgrund vertraglicher Beziehungen einem Letztverbraucher, bei dem die Anlage installiert wird, zur Verfügung stellt. Der Vertragspartner erspart sich durch diese Konstruktion, bei der der Strom objektbezogen erzeugt und geleistet wird, den Bau von Energieversorgungsanlagen und die damit verbundenen hohen Investitionen. Durch die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG wird erreicht, dass die Steuerbefreiung für Kleinanlagen selbst dann gewährt wird, wenn der Strom vom Anlagebetreiber nicht selbst entnommen und verbraucht, sondern an andere Letztverbraucher geleistet wird. Ohne den Befreiungstatbestand wäre der Betreiber der Energieerzeugungsanlage als Versorger anzusehen, so dass er den erzeugten Strom nach § 5 StromStG versteuern müsste (Senatsurteil vom 20. April 2004 VII R 44/03, BFHE 205, 566). Die steuerliche Förderung der objektbezogenen Stromerzeugung im Rahmen des Contractings soll nach der gesetzgeberischen Zielsetzung zur Dezentralisierung der Stromversorgung beitragen (BTDrucks 14/2044). |
|
|
Die Regelung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG korrespondiert mit § 2 Nr. 2 StromStG. Durch die Beschränkung des Eigenerzeugerbegriffs wird erreicht, dass Betreiber von Kleinanlagen mit einer Nennleistung von bis zu 2 MW keiner Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 StromStG bedürfen und nicht Steuerschuldner werden (§ 5 Abs. 1 Satz 2 StromStG). Die durch § 2 Nr. 2 und § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG bewirkte steuerliche Freistellung von Anlagen mit geringer Stromerzeugung dient insbesondere der Verwaltungsvereinfachung und der Begünstigung der dezentralen Stromerzeugung in Kleinanlagen (Teichner/Alexander/Reiche, Mineralölsteuer und Erdgassteuer, Stromsteuer, Mineralölzoll, § 2 StromStG Rz 3 und § 9 StromStG Rz 6). Bei einer engen Auslegung des Anlagebegriffs, der zu einer isolierten Betrachtung jedes einzelnen stromerzeugenden Moduls führt, würden diese gesetzgeberischen Ziele unterlaufen. Denn stünde es Stromerzeugern zur Erlangung der Steuerbefreiung frei, an einem Standort beliebig viele KWK-Anlagen mit einer jeweiligen Nennleistung von bis zu 2 MW zu errichten und zusammen zu betreiben, könnte dies der vom Gesetzgeber angestrebten Dezentralisierung der Stromversorgung gerade entgegenwirken. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine Anlage mit einer Nennleistung von 2 MW geeignet wäre, den Strombedarf von ca. 2 000 bis 3 000 Haushalten abzudecken (vgl. Siebold/Otto, Der Stromsteuerbefreiungstatbestand des § 9 Abs. 1 Nr. 3 Stromsteuergesetz, Zeitschrift für Neues Energierecht, 2002, S. 14, 16 Fn. 21). Eine steuerliche Begünstigung mehrerer miteinander verbundener KWK-Anlagen, die zusammen eine Nennleistung von weit mehr als 2 MW aufweisen, ließe sich mit der Zielsetzung des Gesetzgebers nicht vereinbaren, die objektbezogene Stromerzeugung in Kleinanlagen im Rahmen des sog. Contractings zu fördern. |
|
|
Darüber hinaus sprechen auch fiskalpolitische Gründe gegen eine Ausweitung des als Ausnahmeregelung konzipierten Befreiungstatbestands. Denn neben den mit einigen stromsteuerrechtlichen Bestimmungen verfolgten Regelungszwecken, wie z.B. der steuerlichen Förderung von hocheffizienten KWK-Anlagen oder der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern, dient das StromStG insbesondere der Einnahmenerzielung. Die Verwirklichung dieses gesetzgeberischen Anliegens wäre jedoch durch die extensive Auslegung eines Begünstigungstatbestands gefährdet, die zu einer in ihrem Umfang nicht abzuschätzenden Ausweitung des Steuervorteils und damit zu einer unkalkulierbaren Schmälerung des erwarteten Steueraufkommens führte. |
|
|
Nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist daher von einem funktionsbezogenen Anlagebegriff auszugehen, der eine isolierte Betrachtung einzelner Module verbietet. Vielmehr ist auf die Gesamtheit der einzelnen technischen Einrichtungen und auf den Funktionszusammenhang abzustellen. Als Kriterien können u.a. die räumliche Anordnung und Unterbringung der Module, die messtechnische Erfassung der eingesetzten Energieträger und des erzeugten Stroms sowie der erzeugten Wärme, die Steuerungsmöglichkeiten oder die Leitungsführung herangezogen werden. Starke, wenn auch nicht allein ausschlaggebende Indizien für das Vorliegen einer Gesamtanlage sind die räumliche Zusammenfassung mehrerer Aggregate an einem Standort, z.B. in einem Gebäude, sowie der Betrieb eines BHKW durch einen Betreiber und die Versorgung eines bestimmten Abnehmerkreises mit Strom und Wärme. |
|
|
2. Einem solchen Verständnis des Anlagebegriffs steht der Wortlaut des § 2 Nr. 7 StromStG nicht entgegen. Diese Vorschrift nimmt Wasserkraftwerke von der Steuerbefreiung für aus erneuerbaren Energieträgern erzeugten Strom aus, die eine installierte Generatorleistung von über 10 MW aufweisen. Die Regelung trägt den besonderen Verhältnissen bei der Stromerzeugung durch Wasserkraft Rechnung. Da in diesem Bereich ein einzelnes Aggregat bei der Erzeugung großer Strommengen für gewöhnlich nicht eingesetzt wird, hat der Gesetzgeber eine realitätsgerechte Formulierung des speziellen Ausschlusstatbestands gewählt. Für die Auslegung des in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG verwendeten Begriffs der Anlage lässt sich daraus nichts entnehmen. |
|
|
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Anlagebegriff in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG aus verbrauchsteuerrechtlicher Sicht eigenständig auszulegen, so dass Begriffsbestimmungen in außersteuerrechtlichen Vorschriften zur Deutung des stromsteuerrechtlichen Anlagebegriffs nicht herangezogen werden können. Dies gilt insbesondere für die Anlage-Definitionen in § 3 Abs. 2 des am 1. August 2004 in Kraft getretenen EEG und in § 3 Abs. 3 KWKG. Aufgrund der unterschiedlichen Zielsetzungen der gesetzlichen Regelungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtsordnung nur einen einzigen Anlagebegriff kennt. Ziel des EEG ist es, im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung zu ermöglichen und den Beitrag erneuerbarer Energien an der Stromversorgung deutlich zu erhöhen (§ 1 EEG). Zweck des KWKG ist es, durch den befristeten Schutz und die Modernisierung von KWK-Anlagen einen Beitrag zur Minderung der jährlichen Kohlendioxid-Emissionen zu leisten (§ 1 Abs. 2 KWKG). Wie bereits ausgeführt, war die Einführung der Stromsteuer in erster Linie fiskalpolitisch motiviert (u.a. sollte die Stromsteuer einen Ausgleich für den Wegfall des sog. Kohlepfennigs schaffen). Demgegenüber können die zugleich verfolgten umweltschutzdienlichen Regelungszwecke nicht als Hauptanliegen des Gesetzgebers angesehen werden. Aus diesen Gründen verbietet sich eine unbesehene Übernahme der Begriffsbestimmungen des EEG und des KWKG auf das StromStG. Dies gilt auch für die Regelungen in § 3 Abs. 2 EEG und § 3 Abs. 3 KWKG, nach denen mehrere Anlagen, die unmittelbar verbunden sind, als eine Anlage gelten. Der Umstand, dass der Gesetzgeber in das StromStG keine derartige Fiktion aufgenommen hat, bedeutet allerdings nicht, dass sich bei der Auslegung des stromsteuerrechtlichen Anlagebegriffs eine im Ergebnis gleiche Wertung verbietet. |
|
|
4. Unter Berücksichtigung ihres Gesamtbildes und der Funktion stellen sich die von der Klägerin betriebenen BHKW als zwei KWK-Anlagen mit vier bzw. drei KWK-Modulen dar. Für diese Einstufung sprechen die Existenz eines einzigen Betreibers, die räumliche Unterbringung der Module in jeweils einem Gebäude, also an einem Standort, die Zuführung des Erdgases aus einer Hochdruck-Versorgungsleitung sowie die einheitliche Abgabe der erzeugten Kraft und Wärme an Letztverbraucher in einem nahen Wohngebiet. Demgegenüber fällt nicht entscheidend ins Gewicht, dass die Steuerung der Anlagen einen separaten Betrieb jedes einzelnen Moduls ermöglicht. Insgesamt folgt aus der Gesamtbetrachtung, dass für die Ermittlung der Nennleistung des BHKW-X und des BHKW-Y die Leistungen der an den beiden Standorten installierten KWK-Module zusammenzurechnen sind. Für jedes BHKW ergibt sich somit eine Nennleistung von über 2 MW, so dass das HZA eine Begünstigung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG und eine Änderung der Steuerfestsetzungen zu Recht versagt hat. Auch die Entscheidung des FG erweist sich als zutreffend, so dass die Revision als unbegründet zurückzuweisen war. |
|