|
II. Die Revision des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Das Urteil des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Der Klägerin steht der geltend gemachte Auskunftsanspruch zu, soweit er noch im Streit ist. |
|
|
1. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil in BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243 entschieden, das FA sei verpflichtet, einem Steuerpflichtigen eine Auskunft über die Besteuerung eines Konkurrenten zu erteilen, wenn diese für ihn unerlässlich sei, wolle er sein vermeintliches Recht auf Schutz vor einer unzutreffenden Besteuerung der Umsätze des Konkurrenten unter zumutbaren Bedingungen effektiv wahrnehmen. Anderes gelte nur, wenn feststehe, dass das behauptete Recht dem Antragsteller unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zustehen könne, das von ihm angestrebte Konkurrentenschutzverfahren also von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg sei. Das gelte unbeschadet des Steuergeheimnisses, weil die Auskunftserteilung in diesem Fall der Durchführung eines Verfahrens in Steuersachen diene (§ 30 Abs. 4 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO). |
|
|
Mit dieser rechtlichen Würdigung hat der Senat dem Urteil des EuGH in Slg 2006, I-4999 Rechnung getragen. Danach kann sich ein Einzelner gegenüber seinem Mitgliedstaat auf die Bestimmungen einer Richtlinie der Union berufen, die ihrem Inhalt nach unbedingt und hinreichend genau erscheinen, wenn die nationalen Maßnahmen, mit denen die Richtlinie ordnungsgemäß umgesetzt wird, nicht so angewandt werden, dass das mit der Richtlinie verfolgte Ziel erreicht wird. Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG entspreche diesen Kriterien der unmittelbaren Wirkung. Darin seien die Einrichtungen und Tätigkeiten, für die die Regel der Behandlung als Nichtsteuerpflichtige gelte, klar bezeichnet. Folglich könne sich ein Einzelner, der mit einer Einrichtung des öffentlichen Rechts im Wettbewerb stehe und der geltend mache, diese Einrichtung werde für die Tätigkeiten, die sie im Rahmen der öffentlichen Gewalt ausübe, nicht oder zu niedrig zur Mehrwertsteuer herangezogen, vor Gericht im Rahmen eines Rechtsstreits gegen die Steuerverwaltung auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG berufen. |
|
|
Der erkennende Senat, der sich an diese Beurteilung gebunden gesehen hat, hatte bereits in seinem Vorabentscheidungsersuchen vom 8. Juli 2004 VII R 24/03 (BFHE 206, 521, BStBl II 2004, 1034) einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung eines entsprechenden Rechtsschutzverfahrens unterstellt und diesen in dem nachfolgenden Urteil in BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243 unter Hinweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 2. Juli 2003 3 C 46.02 (BVerwGE 118, 270) als einen verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch gekennzeichnet. Der Dritte könne im Allgemeinen nicht darauf verwiesen werden, er solle, obwohl er nicht sicher wisse, ob überhaupt und ggf. wann seine Rechte berührende Steuerverwaltungsakte gegen seinen Konkurrenten überhaupt ergangen seien, gleichsam mehr oder weniger ins Blaue hinein erst einmal Einspruch einlegen und dann abwarten, ob das FA diesen als gegenstandslos verwerfen oder anderweit bescheiden werde. |
|
|
Kommt die Erhebung einer Konkurrentenklage bzw. die Geltendmachung der betreffenden Drittschutzrechte im Verwaltungsverfahren zumindest ernstlich in Betracht, kann der Dritte Auskunft darüber beanspruchen, ob sein Konkurrent zur Umsatzsteuer veranlagt worden ist und ob dabei eine möglicherweise ungerechtfertigte Steuerermäßigung zum Zuge gekommen ist, sofern er substantiiert und glaubhaft darlegt, dass er durch eine aufgrund von Tatsachen zu vermutende oder zumindest nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auszuschließende unzutreffende Besteuerung bzw. Nichtbesteuerung seines Konkurrenten konkret feststellbare, ebenfalls durch Tatsachen belegte Wettbewerbsnachteile zu erleiden befürchten muss. Einer solchen Auskunft steht dann auch § 30 Abs. 1 AO nicht entgegen, weil das Steuergeheimnis insofern aufgrund des § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO durchbrochen ist. |
|
|
2. Dies gilt auch im Streitfall. Die Klägerin ist zwar nicht –wie in dem dem Urteil in BFHE 215, 32, BStBl II 2007, 243 zugrunde liegenden Verfahren– durch die aufgrund des Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie 77/388/EWG möglicherweise unzutreffende Besteuerung eines Konkurrenten (nämlich eines Betriebes einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft) betroffen. Sie sieht sich aber im Wettbewerb zu einem privaten Konkurrenten, dessen Besteuerung mit einem reduzierten Umsatzsteuersatz, welchen Art. 98 Abs. 1 MwStSystRL i.V.m. deren Anh. III Nr. 15 an sich grundsätzlich zulässt, § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG widerspricht. Denn wenn nach Maßgabe des EuGH-Urteils in Slg 2006, I-4999 ein subjektives Recht auf Schutz gegenüber der Konkurrenz eines Betriebes der öffentlichen Hand anzunehmen ist, kann die Möglichkeit einer Konkurrentenklage wegen der Besteuerung des Betriebes eines gemeinnützigen Vereins aufgrund vorgenannter Vorschrift ebenso wenig ausgeschlossen werden (vgl. im Übrigen schon BFH-Beschluss in BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126). |
|
|
So schließt § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.d.F. der Bekanntmachung des Umsatzsteuergesetzes vom 9. Juni 1999 (BGBl I 1999, 1270) nämlich die Anwendung eines ermäßigten Steuersatzes auf Leistungen aus, die im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs von Körperschaften erbracht werden, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke i.S. der §§ 51 bis 68 AO verfolgen. Dabei wird in diesem Zusammenhang u.a. § 65 AO in Bezug genommenen, wonach ein gemäß § 64 Abs. 1 AO von der steuerlichen Begünstigung nicht ausgeschlossener sog. Zweckbetrieb nur dann gegeben ist, wenn der Betrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist. Es sollen dadurch ersichtlich nicht anders als bei einem Konkurrenzverhältnis zu einem Betrieb der öffentlichen Hand Wettbewerbsnachteile verhindert werden, die sonst für die mit jenem Betrieb in Wettbewerb stehenden Konkurrenten durch eine ungerechtfertigte steuerliche Begünstigung des Betriebes der gemeinnützig, mildtätig oder in Verfolgung kirchlicher Zwecke tätigen Körperschaft entstünden (vgl. BFH-Urteil in BFHE 184, 212, BStBl II 1998, 63). Dass der reduzierte Steuersatz als solcher nicht irgendwelche Dritte schützen soll, liegt auf der Hand, ist aber in diesem Zusammenhang belanglos. |
|
|
3. Der erkennende Senat kann offenlassen, ob schon allein die vorgenannte Schutzrichtung dem einzelnen Konkurrenten ein klagefähiges Recht verschafft, eine begünstigte Besteuerung der Umsätze jenes wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes zu Fall zu bringen, oder ob hinzutreten muss, dass der Konkurrent eines solchen Schutzes bedarf, um sein Unternehmen ohne Wettbewerbsnachteile betreiben zu können, welche nach Umfang und Gewicht zu einem spürbaren Verlust von Marktanteilen führen oder nur durch eine seine Gewinnerwartungen erheblich verschlechternde Angebotsgestaltung oder sonstige Marktstrategien kompensiert werden könnten (vgl. dazu Englisch, Die negative Konkurrentenklage im Unternehmenssteuerrecht, Steuer und Wirtschaft 2008, 43, 52 f.). Dem Urteil des FG entnimmt der Senat verbindliche Feststellungen (§ 118 Abs. 1 FGO), die es zumindest ernstlich in Betracht kommen lassen –und dies ist nach der Rechtsprechung des Senats für den hier zu prüfenden Auskunftsanspruch ausreichend–, dass die Klägerin durch die Besteuerung der strittigen Leistungen des Beigeladenen mit einem ermäßigten Steuersatz im Sinne der vorstehenden Ausführungen Wettbewerbsnachteile von erheblichem Gewicht erleidet. Das FG hat zwar die von ihm angenommenen Beeinträchtigungen der Klägerin nur allgemein als "Wettbewerbsnachteile" gekennzeichnet, jedoch keine Zweifel an den Angaben der Klägerin zu deren Höhe angemeldet. Wenn es danach zutrifft, dass die Umsätze des Beigeladenen in den hier maßgeblichen Jahren "mindestens ein Drittel und möglicherweise bis zur Hälfte" des Umsatzes der Klägerin betrugen und die steuerliche Belastung der Umsätze der Klägerin –wovon das FG des Weiteren ausgegangen ist– "im Wesentlichen" von den Empfängern der hier strittigen Leistungen nicht abgewälzt werden können, kann davon ausgegangen werden, dass die vermeintlich ungerechtfertigte umsatzsteuerliche Entlastung der Umsätze des Beigeladenen um damals 9 Prozentpunkte erhebliche Wettbewerbsnachteile zur Folge haben kann, welche geeignet sind, einen Drittschutzanspruch der Klägerin zu begründen. Daran kann –anders als der Beigeladene offenbar geltend machen will– auch der Umstand nichts ändern, dass dessen Satzung in dem strittigen Angebot von Transportleistungen eine gemeinnützige Tätigkeit sieht, die von einem Zweckbetrieb ausgeführt wird. |
|
|
Damit ist nicht entschieden und es ist in diesem Verfahren auch nicht zu entscheiden, ob die Umsätze des Beigeladenen deshalb mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz zu belegen sind, weil es sich unbeschadet des § 65 Nr. 3 AO aufgrund des § 66 AO um einen Zweckbetrieb handelt. Da die Annahme eines Zweckbetriebes aufgrund dieser Vorschrift nur in Betracht kommen dürfte, wenn der strittigen Tätigkeit des Beigeladenen ein eigenes karitatives Element eigen sein sollte, so dass diese als selbstlose Förderung der Allgemeinheit angesehen werden kann, dürfte dies bei einer Tätigkeit, die sich ihrem äußeren Bild nach nicht von gewerblichen Tätigkeiten unterscheidet, wie sie die Klägerin anbietet, im Allgemeinen nicht der Fall sein (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFHE 219, 184, BStBl II 2009, 126, sowie Heger, Die Steuerpflicht des Krankentransports und Rettungsdienstes – Möglichkeiten einer Konkurrentenklage, Deutsches Steuerrecht 2008, 807). Deshalb erscheint die Anwendbarkeit des § 66 AO zwar nicht von vornherein ausgeschlossen; sie ist jedoch nicht so naheliegend, dass der streitige Auskunftsanspruch von einer vorherigen Prüfung der Voraussetzungen des § 66 AO abhängig zu machen wäre. Im Übrigen hat der Beigeladene im tatrichterlichen Verfahren in tatsächlicher Hinsicht zu § 66 AO ebenso wenig wie das FA substantiiert vorgetragen. |
|