|
II. Die zulässige Klage ist unbegründet. |
|
|
1. Die Beurteilung der Frage der Zulässigkeit der vorliegenden Entschädigungsklage erfordert keine Entscheidung darüber, ob der Kläger im Ausgangsfall eine Verzögerungsrüge i.S. des Art. 23 ÜberlVfRSchG unverzüglich nach Inkrafttreten dieses Gesetzes erhoben hat. Die nicht unverzügliche Erhebung einer solchen Rüge bewirkt nicht die Unzulässigkeit der Klage. Sie ist lediglich materielle Voraussetzung eines Anspruchs auf Geldentschädigung (Senatsurteil vom 7. November 2013 X K 13/12, BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 unter II.1.a). |
|
|
2. Die Dauer des Verfahrens war nicht unangemessen i.S. des § 198 GVG. |
|
|
Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter. Vorbehaltlich etwaiger Besonderheiten des konkreten Einzelfalls spricht allerdings bei einem finanzgerichtlichen Verfahren, das im Vergleich zu dem bei derartigen Verfahren typischen Ablauf keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, eine Vermutung dafür, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene Phase der gerichtlichen Aktivität nicht durch nennenswerte Umstände unterbrochen wird, in denen das Gericht das Verfahren unbearbeitet lässt. Zur näheren Begründung verweist der Senat auf sein Urteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179 (insbesondere unter II.2.c, d cc und dd). Dies gilt dann nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf Umstände hinweist, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgt. |
|
|
a) Nach diesen Grundsätzen war die Dauer des Ausgangsverfahrens auch unter Berücksichtigung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien nicht unangemessen. |
|
|
aa) Der Schwierigkeitsgrad des Verfahrens war in rechtlicher Hinsicht jedenfalls nicht unterdurchschnittlich. Der Kläger begehrte nämlich die Ermittlung des geldwerten Vorteils in der Weise, dass vom Listenpreis des Händlers der durchschnittlich in den letzten drei Monaten vor dem Fahrzeugerwerb gewährte Rabatt in vollem Umfang abgezogen wurde. Er hielt es nicht für erforderlich, danach zu differenzieren, ob dieser Rabatt im allgemeinen Geschäftsverkehr fremden Letztverbrauchern gewährt wurde, oder ob es sich auch um Rabatte handelte, die als Ergebnis individueller Verhandlungen eingeräumt wurden. Das FA hatte bestritten, dass die vom Kläger mitgeteilten durchschnittlichen Rabattsätze in tatsächlicher Hinsicht den Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Urteil des BFH in BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687 und der Verwaltungsauffassung entsprachen, weil auch individuell vereinbarte Rabatte erfasst waren. |
|
|
Entgegen der Auffassung des Klägers betraf auch das Urteil des FG Baden-Württemberg in EFG 2011, 441 nicht lediglich einen für das Ausgangsverfahren nicht einschlägigen Sonderfall. Zwar ging es vordergründig darum, dass das FG Baden-Württemberg mittels Zeugenvernehmungen Feststellungen dazu getroffen hat, in welcher Höhe bezogen auf Fahrzeuge eines anderen Kfz-Herstellers Preisnachlässe auf individuellen Preisverhandlungen beruhten. Entscheidend war indessen, dass nach der Rechtsansicht des FG solche individuell vereinbarten Preisnachlässe nicht mindernd bei der Ermittlung des Endpreises i.S. des § 8 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen waren. Es betraf exakt die auch im Streitfall des Klägers zu entscheidende Rechtsfrage. Im Verlauf des Ausgangsverfahrens wurde zudem erkennbar, dass die Rechtsprechung im Fluss war. So hatte das FG Düsseldorf durch Urteil vom 30. April 2009 15 K 4357/08 E (EFG 2009, 1288) bei der Ermittlung des Endpreises den gesamten Händlerrabatt in Abzug gebracht. Dies stand in dem sich anschließenden Revisionsverfahren zur Überprüfung. In diesem Revisionsverfahren VI R 30/09 hat der BFH in Abkehr von dem BFH-Urteil in BFHE 171, 74, BStBl II 1993, 687 die Auffassung des FG Düsseldorf bestätigt. |
|
|
Im Streitfall des Klägers war deshalb darüber zu befinden, ob in Abweichung von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung der gesamte Rabatt zu berücksichtigen war. Im Falle der Anwendung dieser Rechtsprechung war hingegen in Betracht zu ziehen, Beweis darüber zu erheben, in welchem Umfang die vom Kläger mitgeteilten Rabatte durchschnittlich auf individuell vereinbarten Rabattverhandlungen beruhten. |
|
|
bb) Die Bedeutung des Verfahrens für den Kläger ist als gering einzuschätzen. Der Streitwert für die beiden Streitjahre in Relation zur festgesetzten Einkommensteuer für das einzelne Streitjahr betrug jeweils weniger als 3 %. Hinzu kommt, dass eine positive Entscheidung des FG über die Klage den Rechtsstreit wahrscheinlich nicht beendet hätte. Wäre das FG im Ausgangsverfahren von den tragenden rechtlichen Erwägungen des Urteils des FG Baden-Württemberg in EFG 2011, 441 abgewichen, hätte es wegen Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) die Revision zulassen müssen, die im Hinblick auf die Bedeutung der Problematik, wie ein geldwerter Vorteil i.S. des § 8 Abs. 3 EStG zu berechnen ist, vom FA voraussichtlich auch eingelegt worden wäre. |
|
|
cc) Besonderheiten hinsichtlich des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten sind im Ausgangsfall nicht festzustellen. |
|
|
dd) Gründe für eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens hat der Kläger vor dem FG nicht geltend gemacht. Solche sind auch nicht ersichtlich. |
|
|
Dass der Kläger einem Ruhen des Verfahrens nicht zugestimmt hat, berechtigte zwar das FG nicht, das Verfahren gleichwohl entgegen dem Willen des Klägers ruhen zu lassen, weil die Anordnung des Ruhens des Verfahrens gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 251 der Zivilprozessordnung das Einverständnis des Klägers und des Beklagten voraussetzt (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 74 Rz 23). Das fehlende Einverständnis eines Beteiligten bedeutet aber umgekehrt nicht, dass das Verfahren allein schon wegen der verweigerten Zustimmung zur Verfahrensruhe als Eilfall zu behandeln ist. Vielmehr ist eine Behandlung im normalen Geschäftsgang geboten. |
|
|
b) Die Frist, wonach das Gericht im Regelfall gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnen muss, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, war am 21. August 2012 noch nicht überschritten. Das Klageverfahren war zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre und drei Monate und damit gut zwei Jahre beim FG anhängig. |
|
|
Dass das FG am 21. August 2012 weitere gerichtliche Maßnahmen und insbesondere eine Terminierung erst nach dem Zeitpunkt des Bekanntwerdens der Begründung des BFH-Urteils im Verfahren VI R 27/11 angekündigt hat, ist nicht als eine unangemessene Verfahrensverzögerung zu beurteilen. Das Zuwarten mit der Terminierung ist nicht etwa nur eine ohne Einverständnis des Klägers bewirkte weitere Verfahrensruhe. Da die abzuwartende Entscheidung des BFH bereits gefallen und die Terminierung ab dem Bekanntwerden der Begründung dieses Urteils angekündigt war, war dies eine ohne weiteres vertretbare Maßnahme, welche den Gesichtspunkt der Prozessfürsorge sachgerecht umsetzte. Das Abwarten bis zum Bekanntwerden der Begründung des bereits ergangenen BFH-Urteils diente dazu, dem Gericht und den Verfahrensbeteiligten zu ermöglichen, die Erwägungen des BFH im vorliegenden Klageverfahren berücksichtigen zu können. Demgegenüber hätte eine vorherige Terminierung und Entscheidung des Rechtsstreits den unterlegenen Beteiligten in ein Rechtsmittelverfahren gedrängt, um den Eintritt der Rechtskraft bis zum Bekanntwerden der Begründung des BFH zu verhindern. |
|
|
Nach Bekanntwerden dieser Urteilsgründe ist das finanzgerichtliche Verfahren zügig und einvernehmlich zu Ende gebracht worden. |
|
|
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. |
|
|
4. Mit Einverständnis der Beteiligten (§ 90 Abs. 2 i.V.m. § 155 Satz 2 FGO) hat der erkennende Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden. |
|