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II. 1. Das angefochtene Urteil ist, soweit es das Streitjahr 2006 betrifft, aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, da die während des Revisionsverfahrens ergangenen Änderungsbescheide –zuletzt vom 10. Februar 2011– an die Stelle des ursprünglichen Einkommensteuerbescheids getreten sind. Damit liegt dem Urteil des Finanzgerichts (FG) ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde mit der Folge, dass auch das angefochtene Urteil insoweit keinen Bestand haben kann (s. dazu BFH-Urteil vom 23. Januar 2003 IV R 71/00, BFHE 201, 269, BStBl II 2004, 43). |
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Der Bescheid vom 10. Februar 2011 wurde nach § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Revisionsverfahrens. Da die vom FG festgestellten tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs durch die Änderung der angefochtenen Verwaltungsakte unberührt geblieben sind, bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache gemäß § 127 FGO (vgl. Senatsurteile vom 18. November 2009 X R 34/07, BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414, und vom 18. Januar 2011 X R 63/08, BFHE 232, 441). Das finanzgerichtliche Verfahren leidet nicht an einem Verfahrensmangel, so dass die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen durch die Aufhebung des Urteils nicht weggefallen sind; sie bilden daher nach wie vor die Grundlage für die Entscheidung des Senats (vgl. Senatsurteil in BFHE 227, 99, BStBl II 2010, 414). |
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2. Hinsichtlich des Streitjahres 2005 ist die Revision unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Soweit das Streitjahr 2006 betroffen ist entscheidet der Senat in der Sache selbst; die Klage, die sich nunmehr gegen den im Laufe des Revisionsverfahrens ergangenen geänderten Bescheid richtet, wird als unbegründet abgewiesen. Das FG hat im Rahmen der Günstigerprüfung gemäß § 10 Abs. 4a EStG n.F. zu Recht entschieden, dass der Kläger zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. gehört. |
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a) Nach § 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG a.F. steht zusammenveranlagten Ehegatten für sog. Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 2 Satz 1 EStG) als Höchstbetrag ein Vorwegabzug von 6.136 EUR zu. Der Vorwegabzug ist nach § 10 Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 Buchst. a EStG a.F. i.V.m. § 10c Abs. 3 Nr. 2 EStG a.F. u.a. dann um 16 % der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.S. des § 19 EStG –ohne Versorgungsbezüge i.S. des § 19 Abs. 2 EStG– zu kürzen, wenn der Steuerpflichtige während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unterliegt, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammenhang damit aufgrund vertraglicher Vereinbarungen Anwartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung erworben hat. |
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b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt, da der Kläger seine Altersversorgung nicht vollständig durch eigene Beitragsleistung erworben hat. |
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aa) Nach der Rechtsprechung des BFH ist unter dem Begriff der "Beitragsleistung" für den Erwerb von Anwartschaftsrechten auf eine (eigene) Altersversorgung nicht nur eine Geldzahlung, sondern jede Minderung eines Vermögensanspruchs zu verstehen (Senatsurteil vom 25. März 1992 X R 121/90, BFH/NV 1992, 596; BFH-Urteil vom 16. Oktober 2002 XI R 25/01, BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546). Der XI. Senat des BFH hat –ausgehend von diesem Grundsatz– mit seinen Urteilen in BFHE 200, 554, BStBl II 2004, 546, und vom 28. Juli 2004 XI R 9/04 (BFH/NV 2005, 196) entschieden, dass dem Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH der Vorwegabzug für Vorsorgeaufwendungen ungekürzt zu belassen ist, weil dieser –wirtschaftlich betrachtet– eine ihm von der GmbH zugesagte Altersversorgung durch Verzicht auf entsprechende gesellschaftsrechtliche Ansprüche (§§ 29, 72 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung) und damit letztlich ausschließlich durch eigene Beitragsleistungen erwirbt. In seinem Urteil in BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634 hat der XI. Senat dann dargelegt, dieselben Grundsätze seien auch anzuwenden, wenn eine GmbH mehreren GF, die zu gleichen Teilen an der GmbH beteiligt sind, eine Altersversorgung zugesagt und der einzelne GF bei typisierender und wirtschaftlicher Betrachtung sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung auf Dauer gesehen ausschließlich durch einen seiner Beteiligungsquote entsprechenden Verzicht auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche erworben hat. Die Frage, ob bei mehreren GF der einzelne sein Anwartschaftsrecht auf Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistung –d.h. auch zu Lasten der gesellschaftsrechtlichen Ansprüche seiner Mitgesellschafter– erwirbt, beantwortet sich danach, ob der Aufwand der GmbH für die Altersversorgung des jeweiligen GF dessen quotaler Beteiligung an der GmbH entspricht. Im Wege einer vorausschauenden Betrachtung ist zu ermitteln, ob danach jeder GF für seine Versorgung wirtschaftlich betrachtet letztlich selbst aufkommen soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass selbst zu gleichen Teilen beteiligte fremde Gesellschafter typischerweise nicht bereit sind, zugunsten von Mitgesellschaftern auf ihre Gewinnansprüche zu verzichten; auch das Gesetz geht von der Gleichbehandlung der Gesellschafter aus (BFH-Urteil in BFHE 209, 256, BStBl II 2005, 634, unter II.3.b). |
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Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung des XI. Senats im Grundsatz angeschlossen und in mehreren Urteilen (vom 26. September 2006 X R 3/05, BFHE 215, 165, BStBl II 2007, 452; vom 8. November 2006 X R 11/05, BFH/NV 2007, 673; vom 17. Januar 2007 X R 10/06, BFH/NV 2007, 1289, und vom 2. September 2008 X R 17/08, BFH/NV 2009, 141) klargestellt, dass der von dem Geschäftsführer einer GmbH bezogene Arbeitslohn nur dann von der Kürzung des Vorwegabzugs auszunehmen ist, wenn die gegen die Gesellschaft erworbenen Ansprüche auf eine eigene Altersversorgung vollständig mit dem (gegebenenfalls wechselseitigen) Verzicht auf die dem Steuerpflichtigen in seiner Eigenschaft als (Mit-)Gesellschafter zustehenden Ansprüche in Verbindung gebracht werden können. |
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bb) Im Streitfall hat der Kläger die Versorgungszusage durch die T-GmbH nicht ausschließlich durch eigene Beitragsleistung, sondern auch zu Lasten seines Bruders und Mitgesellschafters erworben. Der Umstand, dass der Kläger seinerseits bei der W-GmbH auf seine gesellschaftsrechtlichen Ansprüche verzichtet hatte, führt zu keinem anderen Ergebnis. |
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Der Senat hat bereits mit Urteil in BFH/NV 2009, 141 (unter II.2.d) entschieden, der Verzicht des GF auf gesellschaftsrechtliche Ansprüche bei einer anderen, nicht die Versorgungszusage gewährenden Kapitalgesellschaft führe auch bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise nicht dazu, dass die Versorgungszusage durch eigene Beitragsleistung erworben werde. Eine Kapitalgesellschaft ist ein selbständiges Steuersubjekt (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG), das die von ihr aus der Beteiligung erzielten Einkünfte unabhängig vom Gesellschafter zu versteuern hat (sog. Trennungsprinzip). Ein Durchgriff durch die Gesellschaft kommt grundsätzlich nicht in Betracht (BFH-Urteil vom 27. März 2007 VIII R 64/05, BFHE 217, 497, BStBl II 2007, 639). Auch eine "wirtschaftliche Betrachtungsweise", die die Rechtsprechung zur Kürzung des Vorwegabzugs bei einem Alleingesellschafter-Geschäftsführer oder bei identischen Beteiligungsquoten bei Mehrpersonengesellschaften prägt, kann daher wegen des "Trennungsprinzips" nicht dazu führen, dass Pensionszusagen zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung gegenüber ihren jeweiligen Gesellschaftern wie die Pensionszusage einer GmbH gegenüber ihren jeweils mit 50 % beteiligten Gesellschaftern behandelt werden. Wie das FG richtig ausgeführt hat, können unterschiedliche Gesellschaften verschiedene rechtliche Wege z.B. im Hinblick auf eine Auflösung oder Insolvenz gehen. Unter Umständen können sie dann den Pflichten gegenüber ihren GF –wie beispielsweise Pensionszusagen– auch nur auf unterschiedliche Weise nachkommen. Auch aus diesem Grund ist eine (wirtschaftliche) Gesamtbetrachtung unter Einbeziehung aller in einem Konzern befindlichen Kapitalgesellschaften nicht möglich. |
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