Zu § 234 – Stundungszinsen:

Zu § 234 – Stundungszinsen:

1. 

1Stundungszinsen werden für die Dauer der gewährten Stundung erhoben. 2Ihre Höhe ändert sich nicht, wenn der Steuerpflichtige vor oder nach dem Zahlungstermin zahlt, der in der Stundungsverfügung festgelegt ist (Sollverzinsung).

3Eine vorzeitige Tilgung führt nicht automatisch zu einer Ermäßigung der Stundungszinsen. 4Soweit der gestundete Anspruch allerdings mehr als ein Monat vor Fälligkeit getilgt wird, kann auf bereits festgesetzte Stundungszinsen für den Zeitraum ab Eingang der Leistung auf Antrag verzichtet werden (§ 234 Abs. 2). 5Eine verspätete Zahlung löst zusätzlich Säumniszuschläge aus.

2.

1Wird die gestundete Steuerforderung vor Ablauf des Stundungszeitraums herabgesetzt, ist der Zinsbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 entsprechend zu ändern. 2Eine Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Steuerfestsetzung nach Ablauf der Stundung hat keine Auswirkungen auf die Stundungszinsen (§ 234 Abs. 1 Satz 2). 3Werden Vorauszahlungen gestundet, sind Stundungszinsen nur im Hinblick auf eine Änderung der Vorauszahlungsfestsetzung, nicht aber im Hinblick auf die Festsetzung der Jahressteuer herabzusetzen.

3.

1Die Stundungszinsen werden regelmäßig zusammen mit der Stundungsverfügung durch Zinsbescheid festgesetzt. 2Die Formvorschriften für Steuerbescheide (§ 157 Abs. 1, ggf. § 87a Abs. 4) gelten entsprechend.

3Sofern nicht besondere Umstände des Einzelfalls eine andere Regelung erfordern, sind die Stundungszinsen zusammen mit der letzten Rate zu erheben. 4Bei einer Aufhebung der Stundungsverfügung (Rücknahme oder Widerruf) sind auch die auf ihr beruhenden Zinsbescheide aufzuheben oder zu ändern; §§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 171 Abs. 10 gelten gemäß § 239 Abs. 1 Satz 1 entsprechend.

Praxis-Beispiel

Beispiel:

Das Finanzamt hat am 10.3.2004 eine am 25.2.2004 fällige Einkommensteuerforderung von 3.600 EUR ab Fälligkeit gestundet. Der Betrag ist in 12 gleichen Monatsraten von 300 EUR, beginnend am 1.4.2004, zu zahlen. Die Zinsen von 117 EUR sind zusammen mit der letzten Rate am 1. März 2005 zu erheben.

Das Finanzamt erfährt im August 2004, dass eine wesentliche Verbesserung der Vermögensverhältnisse des Schuldners eingetreten ist. Es widerruft deshalb die Stundung nach § 131 Abs. 2 Nr. 3 und stellt den gesamten Restbetrag von 2.100 EUR zum 1.9.2004 fällig.

Der Zinsbescheid ist nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 zu ändern. Die Zinsen i.H.v. insgesamt 85 EUR (gerundet nach § 239 Abs. 2 Satz 1) sind zum 1.9.2004 zu erheben.

4.

1Der Zinslauf beginnt bei den Stundungszinsen an dem ersten Tag, für den die Stundung wirksam wird (§ 238 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 234 Abs. 1 Satz 1). 2Bei einer Stundung ab Fälligkeit beginnt der Zinslauf am Tag nach Ablauf der ggf. nach § 108 Abs. 3 verlängerten Zahlungsfrist.

Praxis-Beispiel

Beispiele:

  1. Fälligkeitstag ist der 12.3.2004 (Freitag). Der Zinslauf beginnt am 13.3.2004 (Sonnabend).
  2. Fälligkeitstag ist der 13.3.2004 (Sonnabend). Die Zahlungsfrist endet nach § 108 Abs. 3 erst am 15.3.2004 (Montag). Der Zinslauf beginnt am 16.3.2004 (Dienstag).

3Wegen der Fälligkeit der Anmeldungssteuern vgl. zu § 240, Nr. 1 Satz 2.

5.

1Der Zinslauf endet mit Ablauf des letzten Tages, für den die Stundung ausgesprochen worden ist. 2Ist dieser Tag ein Sonnabend, ein Sonntag oder ein gesetzlicher Feiertag, endet der Zinslauf erst am nächstfolgenden Werktag. 3Wegen der Berechnung vgl. zu § 238, Nr. 1.

Praxis-Beispiel

Beispiele:

  1. Die Steuer ist bis zum 26.3.2004 (Freitag) gestundet. Der Zinslauf endet am 26.3.2004.
  2. Die Steuer ist bis zum 27.3.2004 (Sonnabend) gestundet. Der Zinslauf endet nach § 108 Abs. 3 am 29.3.2004 (Montag).

4In Insolvenzverfahren endet der Zinslauf spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, da zu diesem Zeitpunkt die gestundete Steuerforderung fällig wird (§ 41 Abs. 1 InsO). 5Eine bereits erfolgte Festsetzung von Stundungszinsen ist ggf. zu korrigieren.

6.

Stundungszinsen sind nur für volle Monate zu zahlen; angefangene Monate bleiben außer Ansatz (§ 238 Abs. 1 Satz 2); vgl. auch zu § 238, Nr. 1.

Praxis-Beispiel

Beispiele:

Ende der ursprünglichen Zahlungsfrist Beginn des Zinslaufs Ablauf der Stundung nach Stundungsverfügung Ende des Zinslaufs Voller Monat
13.05.2004 (Do) 14.05.2004 (Fr) 13.06.2004 (So) 14.06.2004 (Mo) ja
13.05.2004 (Do) 14.05.2004 (Fr) 11.06.2004 (Fr) 11.06.2004 (Fr) nein
31.01.2005 (Mo) 01.02.2005 (Di) 28.02.2005 (Mo) 28.02.2003 (Mo) ja

7.

1Zu verzinsen ist der jeweils gestundete Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37) mit Ausnahme der Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen (§ 233 Satz 2). 2Die Zinsen sind für jeden Anspruch (Einzelforderung) besonders zu berechnen.3Bei der Zinsberechnung sind die Ansprüche zu trennen, wenn Steuerart, Zeitraum (Teilzeitraum) oder der Tag des Beginns des Zinslaufs voneinander abweichen.

Praxis-Beispiel

Beispiele für gesondert zu verzinsende Ansprüche:

  1. Einkommensteuervorauszahlungen I/04 und II/04;
  2. die erstmalige Festsetzung der Einkommensteuer 2004 durch Bescheid vom 3.5.2006 führt zu einer Abschlusszahlung i.H.v. 4.290 EUR; nach Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 129) durch Steuerbescheid vom 1.6.2006 fordert das Finanzamt weitere 850 EUR.
8. 

Die Kleinbetragsregelung des § 239 Abs. 2 Satz 2 (Zinsen unter zehn EUR werden nicht festgesetzt) ist auf die für eine Einzelforderung berechneten Zinsen anzuwenden.

Praxis-Beispiel

Beispiel:

Es werden ab Fälligkeit jeweils für einen Monat folgende Einzelforderungen gestundet: Zinsen: abgerundet (§ 239 Abs. 2 Satz 1)
Einkommensteuervorauszahlung 1.950,00 EUR 9,75 EUR 9,00 EUR
Solidaritätszuschlag 200,00 EUR 1,00 EUR 1,00 EUR
Umsatzsteuerabschlusszahlung 600,00 EUR 3,00 EUR 3,00 EUR

Zinsen werden nicht festgesetzt, da sie für keine der Einzelforderungen zehn Euro erreichen.

9.

1Bei Gewährung von Ratenzahlungen sind Stundungszinsen nach § 238 Abs. 2 wie folgt zu berechnen:

2Der zu verzinsende Betrag jeder Steuerart ist auf den nächsten durch fünfzig Euro zu teilenden Betrag abzurunden. 3Ein sich durch die Abrundung ergebender Spitzenbetrag (Abrundungsrest) ist für Zwecke der Zinsberechnung bei der letzten Rate abzuziehen. 4Bei höheren Beträgen soll die Stundung i.d.R. so ausgesprochen werden, dass die Raten mit Ausnahme der letzten Rate auf durch fünfzig Euro ohne Rest teilbare Beträge festgesetzt werden.

Praxis-Beispiel

Beispiel:

1. Variante:

Ein Anspruch i.H.v. 4.215 EUR wird in drei Monatsraten zu 1.400 EUR, 1.400 EUR und 1.415 EUR gestundet.

Raten:   Zinsen:
1. Rate 1.400 EUR 7,00 EUR
2. Rate 1.400 EUR 14,00 EUR
3. Rate 1.415 EUR *) 21,00 EUR
festzusetzende Zinsen   42,00 EUR

* Die Zinsberechnung erfolgt von 1.415 EUR ./. 15 EUR = 1400 EUR.

2. Variante:

Ein Anspruch i.H.v. 4.215 EUR wird in drei gleichen Monatsraten zu jeweils 1.405 EUR gestundet.

Raten:   Zinsen:
1. Rate 1.405 EUR 7,02 EUR
2. Rate 1.405 EUR 14,05 EUR
3. Rate 1.405 EUR *) 20,85 EUR
Summe   41,92 EUR
festzusetzende Zinsen (abgerundet nach § 239 Abs. 2 Satz 1)   41,00 EUR

* Die Zinsberechnung erfolgt von 1.405 EUR ./. 15 EUR = 1390 EUR

10.

1Sollen mehrere Ansprüche in Raten gestundet werden, so ist bei der Festlegung der Raten möglichst zunächst die Tilgung der Ansprüche anzuordnen, für die keine Stundungszinsen erhoben werden. 2Sodann sind die Forderungen in der Reihenfolge ihrer Fälligkeit zu ordnen; bei gleichzeitig fällig gewordenen Forderungen soll die niedrigere Forderung zuerst getilgt werden.3Dies gilt nicht, wenn die Sicherung der Ansprüche eine andere Tilgungsreihenfolge erfordert.

Praxis-Beispiel

Beispiel:

Das Finanzamt stundet die Einkommensteuervorauszahlung IV/04 i.H.v. 850 EUR (erstmals fällig am 10.12.2004), die Einkommensteuervorauszahlung I/05 i.H.v. 300 EUR (erstmals fällig am 10.3.2005), die Einkommensteuer-Abschlusszahlung für 2003 i.H.v. 11.150 EUR (erstmals fällig 20.5.2005), die Umsatzsteuer-Abschlusszahlung für 2003 i.H.v. 7.800 EUR (erstmals fällig am 20.5.2005) sowie Verspätungszuschläge i.H.v. 650 EUR (erstmals fällig am 10.6.2005) in insgesamt drei Raten.

      1. Rate   2. Rate   3. Rate  
      in EUR   in EUR   in EUR  
gestundeter erstmals Betrag (14.07. Rest (14.08. Rest in (14.09. Rest in
Anspruch fällig am in EUR 2005) in EUR 2005) EUR 2005) EUR
ESt IV/04 10.12.2004 850 850 0
ESt I/05 10.03.2005 300 300 0
ESt 2003 18.05.2005 11.150 0 11.150 0 11.150 11.150 0
USt 2003 18.05.2005 7.800 800 7.000 3.000 4.000 4.000 0
Verspätungs-                
zuschlag 10.06.2005 650 650 0
Summen   20.750 2.600 18.150 3.000 15.150 15.150 0

Zinsberechnung:

              festzu-
gestundeter   Zahlungs- Betrag in Zinsmonate v.H. Zinsen setzende
Anspruch Fällig am termin EUR     in EUR Zinsen in
              EUR
ESt IV/04 10.12.2004 14.07.2005 850 7 3,5 29,75 29,00¹)
ESt I/05 10.03.2005 14.07.2005 300 4 2,0 6,00 0,00²)
ESt 2003 18.05.2005 14.09.2005 11.150 3 1,5 167,25 167,00¹)
USt 2003 18.05.2005 14.07.2005 850 1 0,5 4,00  
USt 2003 18.05.2005 14.08.2005 3.000 2 1,0 30,00 94,00
USt 2003 18.05.2005 14.09.2005 4.000 3 1,5 60,00  
Verspätungs-              
zuschlag 10.06.2005 14.07.2005 650 -³)
1) 29,75 EUR werden auf 29,00 EUR und 167,25 EUR werden auf 167 EUR zugunsten des Steuerpflichtigen gerundet (§ 239 Abs. 2 Satz 1).
2) Kleinbetrag unter 10 EUR (§ 239 Abs. 2 Satz 2 ).
3) Ansprüche auf steuerliche Nebenleistungen werden nicht verzinst (§ 233 Satz 2).

11. 

1Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann gemäß § 234 Abs. 2 im Einzelfall aus Billigkeitsgründen verzichtet werden. 2Ein solcher Verzicht kann z.B. in Betracht kommen bei Katastrophenfällen, bei länger dauernder Arbeitslosigkeit des Steuerschuldners, bei Liquiditätsschwierigkeiten allein infolge nachweislicher Forderungsausfälle im Konkurs-/Insolvenzverfahren und in ähnlichen Fällen, im Rahmen einer Sanierung, sofern allgemein ein Zinsmoratorium gewährt wird, sowie im Hinblick auf belegbare, demnächst fällig werdende Ansprüche des Steuerschuldners aus einem Steuerschuldverhältnis, soweit hierfür innerhalb des Stundungszeitraums keine Erstattungszinsen gemäß § 233 a anfallen.3Auch wird eine Stundung i.d.R. dann zinslos bewilligt werden können, wenn sie einem Steuerpflichtigen gewährt wird, der bisher seinen steuerlichen Pflichten, insbesondere seinen Zahlungspflichten, pünktlich nachgekommen ist und der in der Vergangenheit nicht wiederholt Stundungen in Anspruch genommen hat; in diesen Fällen kommt ein Verzicht auf Stundungszinsen i.d.R. nur in Betracht, wenn für einen Zeitraum von nicht mehr als drei Monaten gestundet wird und der insgesamt zu stundende Betrag 5.000 EUR nicht übersteigt. 4Zum Rechtsbehelfsverfahren gegen die Entscheidung über eine Billigkeitsmaßnahme vgl. zu § 347, Nr. 4.

12.

Wird ein Anspruch auf Rückforderung von Arbeitnehmer-Sparzulage, Eigenheimzulage, Investitionszulage, Wohnungsbau-Prämie oder Bergmanns-Prämie gestundet, so sind – da die Vorschriften über die Steuervergütung entsprechend gelten – Stundungszinsen zu erheben (§ 234 i.V.m. § 37 Abs. 1).