Zuteilung von Aktien im Rahmen eines ausländischen „Spin-Off“ – ertragsteuerliche Folgen für den inländischen Privatanleger. Urteil vom 01. Juli 2021, VIII R 28/19

Im Wesentlichen inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom 01.07.2021 VIII R 9/19

ECLI:DE:BFH:2021:U.010721.VIIIR28.19.0

BFH VIII. Senat

EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 1 , EStG § 20 Abs 4a S 7 , UmwG § 123 Abs 2 , AEUV Art 63 , EWGRL 891/82 Art 17 Abs 1 Buchst a , EWGRL 891/82 Art 17 Abs 1 Buchst b , EURL 2017/1132 Art 151 Abs 1 Buchst a , EURL 2017/1132 Art 151 Abs 1 Buchst b , EStG VZ 2015 , AEUmwStG 2006 Tziff 01.36

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 21. August 2019, Az: 1 K 2295/17

Leitsätze

1. NV: Teilt eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. „Spin-Off“ Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zu, kann dies grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen, soweit keine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegt.

2. NV: Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen „Spin-Off“ ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die „wesentlichen Strukturmerkmale“ einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge.

3. NV: Der Begriff der „Abspaltung“ i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich (entgegen BMF-Scheiben vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, Rz 115 i.V.m. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36). Entscheidend bei einer „Abspaltung“ i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen „zeitlichen und sachlichen Zusammenhang“ mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 21.08.2019 – 1 K 2295/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Behandlung der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. „Spin-Off“ nach US-amerikanischem Recht.
  2. Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten in 2015 (Streitjahr) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Über ihre Depotbank hielten der Kläger … Aktien und die Klägerin … Aktien der Hewlett-Packard Company (HPC), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Nachdem die HPC in Hewlett-Packard Inc. (HPI) umbenannt worden war, übertrug die HPI das Unternehmenskundengeschäft auf die Hewlett-Packard Enterprise Company (HPE), eine Tochtergesellschaft und ebenfalls Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Die Aktionäre erhielten sodann für eine alte Aktie der HPC eine Aktie der umbenannten HPI. Zusätzlich teilte ihnen die HPI ihre bereits an der HPE gehaltenen Anteile zu, so dass sie fortan im selben Verhältnis an den beiden Gesellschaften –der HPI und der HPE– beteiligt waren.
  3. Die Depotbank der Kläger behielt –ausgehend von dem maßgeblichen Börsenkurs im Zeitpunkt der Einbuchung in Höhe von 13,019 € je HPE-Aktie– bei einem Börsenwert der neu zugeteilten HPE-Aktien des Klägers in Höhe von insgesamt … € Kapitalertragsteuer in Höhe von … € sowie der neu zugeteilten HPE-Aktien der Klägerin in Höhe von insgesamt … € Kapitalertragsteuer in Höhe von … € ein. Für die neu zugeteilten HPI-Aktien behielt die Depotbank hingegen keine Steuerbeträge ein.
  4. In den jeweiligen Jahressteuerbescheinigungen der Depotbank für das Streitjahr waren entsprechende Beträge als Kapitalerträge enthalten. Die Kläger, nach deren Auffassung die Zuteilungen der HPE-Aktien steuerneutral zu behandeln seien, beantragten die Überprüfung des Steuereinbehalts für Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) sowie die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt –FA–) folgte dem nicht, sondern rechnete die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an, der die strittigen Kapitaleinkünfte zugrunde gelegt worden waren. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos; die Klage hatte hingegen aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2019, 1824 mitgeteilten Gründen Erfolg.
  5. Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Zuteilung der HPE-Aktien sei nicht nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral zu behandeln, da die Voraussetzungen einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nicht erfüllt seien. Die vorliegend streitige Kapitalmaßnahme sei auch nicht mit einer Abspaltung in diesem Sinne vergleichbar. Erforderlich sei hierfür ein Vermögensübergang im Wege der „Gesamtrechtsnachfolge“. Eine solche kenne das hier maßgebliche Recht des US-Bundesstaats Delaware jedoch nicht. Zudem sei der Vorgang auch nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG steuerneutral. Für die Annahme einer nicht steuerbaren Einlagenrückgewähr fehlten Feststellungen des Finanzgerichts (FG). Einen Nachweis hierfür müssten zudem die Kläger erbringen.
  6. Das FA beantragt,
    die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
  7. Die Kläger beantragen,
    die Revision zurückzuweisen.
  8. Die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG, der auch anwendbar sei, wenn ausschließlich Rechtsträger aus Drittstaaten an dem Abspaltungsvorgang beteiligt seien, lägen bei dem streitigen „Spin-Off“ vor. Hierzu müssten lediglich die vom FG herausgearbeiteten Merkmale erfüllt werden. Die vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) im Schreiben vom 18.01.2016 – IV C 1-S 2252/08/10004:017 (BStBl I 2016, 85, Rz 115) darüber hinaus aufgestellten Kriterien könnten allenfalls als weitere Indizien für eine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG herangezogen werden; keinesfalls dürfe jedoch eine Abspaltung nur dann angenommen werden, wenn diese Kriterien kumulativ vorlägen. Anderenfalls käme es zu einer verfassungsrechtlich problematischen Vermischung von Tatbestandsmerkmalen und Indizien. Hierfür spreche auch der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Wille, wonach im „Zweifelsfall“ im Zeitpunkt der Zuteilung von Anteilen noch keine Besteuerung vorzunehmen sei. Der streitige „Spin-Off“ nach US-amerikanischem Recht entspreche wirtschaftlich einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG. Auf das Merkmal der „Gesamtrechtsnachfolge“ komme es daher nicht an. Schließlich hätten die Kläger im finanzgerichtlichen Verfahren zudem nachgewiesen, dass es sich um eine nicht steuerbare Einlagenrückgewähr gehandelt habe.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). Die Entscheidung des FG, dass die Zuteilung der HPE-Aktien –isoliert betrachtet– als Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist (unter 1.), jedoch nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG letztlich steuerneutral erfolgt (unter 2.), hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
  2. 1. Zwar führt die Zuteilung der HPE-Aktien von der HPI an die Kläger bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) das Besteuerungsrecht zusteht.
  3. a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische handelt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 20.10.2010 – I R 117/08, BFHE 232, 15, Rz 13, m.w.N.). Dementsprechend ist den Klägern mit der Einbuchung der HPE-Aktien auf ihrem Depot ein Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.
  4. b) Für diesen als Sachausschüttung steuerbaren Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ansässigen HPI steht Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. Die Kläger waren im Streitjahr im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 (BGBl I 2008, 612, BStBl I 2008, 784) –DBA-USA 1989/2008– weist das Besteuerungsrecht für Dividenden aus Aktien, die eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 dem Ansässigkeitsstaat des Aktieninhabers und damit Deutschland zu.
  5. 2. Da die HPE-Aktien jedoch im Rahmen einer Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zugeteilt wurden, löst der Vorgang bei den Klägern im Streitjahr keine Besteuerung aus. Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gelten abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht. Die Anwendung der Regelung hat im Streitjahr zur Folge, dass die Anteilszuteilung steuerneutral erfolgt.
  6. a) Zwar war vorliegend eine Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 UmwG wegen der Beteiligung ausschließlich ausländischer Rechtsträger nicht möglich (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG). Allerdings ist die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG grundsätzlich auch auf ausländische Vorgänge anwendbar. Erforderlich ist, dass der ausländische Vorgang „seinem Wesen nach“ einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG entspricht, was wiederum der Fall ist, wenn die „wesentlichen Strukturmerkmale“ einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Senatsurteil vom 01.07.2021 – VIII R 9/19 (zur amtlichen Veröffentlichung vorgesehen, unter II.2.c) verwiesen.
  7. b) Kennzeichnend für eine Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG ist –wie vom FG zutreffend erkannt– die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Rechtsträgers aufgrund eines Rechtsgeschäfts gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ohne liquidationslose Auflösung des übertragenden Rechtsträgers (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011 – IV C 2-S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36; Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 1 Rz 73; Maetz in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz 44; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 123 UmwG Rz 5; Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 1 Rz 28). Diese Voraussetzungen sind nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall erfüllt.
  8. aa) Die HPI (übertragende Rechtsträgerin) übertrug im Streitjahr Vermögen in Gestalt des Unternehmenskundengeschäfts auf die HPE (übernehmende Rechtsträgerin). Ob es sich bei dem Unternehmenskundengeschäft der HPI um einen Teilbetrieb i.S. des § 15 UmwStG handelt, ist für die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nach dessen Wortlaut ohne Bedeutung. Zudem wurde die übertragende Rechtsträgerin nicht aufgelöst. Vielmehr bestand die HPI als übertragende Rechtsträgerin weiterhin fort. Infolge der Umbenennung der HPC in HPI kam es zwar zur Vergabe einer neuen Wertpapierkennnummer, nicht aber zu einer liquidationslosen Auflösung.
  9. bb) Des Weiteren erhielten die Aktionäre der übertragenden HPI Anteile an der übernehmenden HPE. Insofern ist auch nach nationalem Recht die Abspaltung von Vermögen einer Muttergesellschaft auf eine bereits bestehende Tochtergesellschaft möglich (sog. „Abwärtsabspaltung“), wobei die Pflicht zur Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger durch Zuteilung der bereits bestehenden, von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft erfüllt werden kann (vgl. Mayer in Widmann/Mayer, a.a.O., § 126 UmwG Rz 81; Priester in Lutter, Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 126 Rz 24; Weiler in Widmann/Mayer, a.a.O., § 123 UmwG Rz 72). Dies ist vorliegend durch Zuteilung der von der HPI bereits an der HPE gehaltenen Anteile an die Kläger geschehen. Die Zuteilung neu ausgegebener Anteile an der übernehmenden HPE war demgegenüber nicht erforderlich.
  10. cc) Schließlich erfolgte die Zuteilung der HPE-Aktien an die Aktionäre der HPI auch „gegen“ Übertragung des Unternehmenskundengeschäfts von der HPI auf die HPE. Bei der Anteilszuteilung handelte es sich lediglich um den letzten Schritt hin zu der von Anfang an beabsichtigten –sowie durch im Vorfeld abgegebene Pressemeldungen von Hewlett-Packard öffentlich bekanntgemachten– Zielstruktur, nach der zwei selbständige Unternehmen entstehen sollten, an denen die bisherigen Aktionäre beteiligt sind. Die hierfür erforderliche Zuteilung der HPE-Aktien vollzog sich daher in einem einheitlichen „zeitlichen und sachlichen Zusammenhang“ mit der Übertragung des Unternehmenskundengeschäfts und insofern „gegen“ Vermögensübertragung von der HPI auf die HPE. Anders als das FA meint, ist dieser einheitliche Vorgang nicht in eine isoliert zu betrachtende Übertragung des Unternehmenskundengeschäfts von der HPI auf die HPE einerseits und eine davon unabhängige, ebenfalls isoliert zu betrachtende Anteilszuteilung von HPE-Aktien durch die HPI an ihre Aktionäre andererseits zu zerlegen. Aus diesem Grund sind auch die Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG im Streitfall nicht erfüllt.
  11. c) Zwar ist darüber hinaus –worauf das FA zu Recht hinweist– nach nationalem Recht allen Spaltungsarten gemeinsam, dass sich der Vermögensübergang „kraft Gesetzes“ durch „partielle Gesamtrechtsnachfolge“ vollzieht (vgl. BTDrucks 16/2710, S. 35; BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36; Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 1 Rz 73; Maetz in Widmann/Mayer, a.a.O., §  1 UmwStG Rz 44; Schmitt/Hörtnagl, a.a.O., § 123 UmwG Rz 5). Im Streitfall erfolgten die Übertragungen des Unternehmenskundengeschäfts von der HPI auf die HPE und auch der Anteile an der HPE von der HPI auf ihre Aktionäre nach den Feststellungen des FG hingegen im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen.
  12. d) Jedoch ist die partielle Gesamtrechtsnachfolge „uno actu“ beim Abspaltungsvorgang i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG kein bloß formeller Selbstzweck, sondern dient der Erleichterung der am Abspaltungsvorgang beteiligten Rechtsträger, weil sie gesonderte Übertragungsakte entbehrlich macht. Die Vermögensübertragung erfolgt dabei –auf Grundlage des Spaltungsvertrags bzw. Spaltungsplans– automatisch mit Eintragung der Spaltung im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers (Weiler in Widmann/Mayer, a.a.O., § 123 UmwG Rz 20). Auf dieses vornehmlich zu Gunsten der am Abspaltungsvorgang beteiligten Rechtsträger wirkende und überdies an nationale Voraussetzungen (Festlegung im Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan, Registereintragung) anknüpfende Rechtsinstitut der partiellen Gesamtrechtsnachfolge kann daher –jedenfalls in Drittstaatenfällen– im Rahmen einer typusorientierten Auslegung der „Abspaltung“ i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verzichtet werden. Anderenfalls wäre die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf Anteilsinhaber derjenigen (ausländischen) Gesellschaften, deren Rechtssystem einen Vermögensübergang kraft Gesetzes im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt, von vornherein –und in mit der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) unvereinbarer Weise– nicht anwendbar. Ob sich für Abspaltungen innerhalb der Europäischen Union aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. a und b der Sechsten Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17.12.1982 gemäß Art. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1982, Nr. L 378, 47) –jetzt: Art. 151 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Amtsblatt der Europäischen Union 2017, Nr. L 169, 46)– etwas anderes ergeben könnte (so etwa Möhlenbrock in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Kommentar zum KStG, § 1 UmwStG Rz 104), ist hier nicht entscheidungserheblich.
  13. e) Schließlich ist –wie es § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 (am Ende) EStG weiter voraussetzt– auch das Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile an der HPE nicht ausgeschlossen oder beschränkt. Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989/2008 weist das ausschließliche Besteuerungsrecht des Gewinns aus der Veräußerung der zugeteilten Aktien dem Ansässigkeitsstaat des Aktieninhabers und damit vorliegend Deutschland zu (vgl. BFH-Urteil vom 30.05.2018 – I R 35/16, BFH/NV 2019, 46, Rz 24).
  14. f) Rechtsfolge gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG ist, dass der „Spin-Off“ und die damit verbundene Zuteilung der HPE-Aktien an die Kläger im Streitjahr nicht als isolierte Sachausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu behandeln ist und bei den Klägern insgesamt keine Besteuerung auslöst. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der HPE-Aktien oder der HPI-Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (ggf. i.V.m. Abs. 2 Satz 2) EStG sind etwaige Veräußerungsgewinne zu besteuern. Hierbei ist zu beachten, dass die HPE-Aktien aufgrund der Abspaltung steuerlich –anteilig– an die Stelle der bereits gehaltenen HPI-Aktien treten (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 54) und deren Anschaffungskosten –anteilig– übernehmen. Über den Aufteilungsmaßstab für die Anschaffungskosten der Kläger an den HPI-Aktien ist im Streitfall nicht zu entscheiden.
  15. 3. Das Urteil ergeht nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
  16. 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.