BFH-Urteil vom 4.12.1979 (VIII R 125/78) BStBl. 1980 II S. 97

BFH-Urteil vom 4.12.1979 (VIII R 125/78) BStBl. 1980 II S. 97

§ 7 b EStG i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung der Absetzungen für Abnutzung bei Gebäuden vom 16. Juni 1964 (BGBl I 1964, 353, BStBl I 1964, 384) gilt nur für im Inland belegene Gebäude.

EStG 1965 § 7b.

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die für 1973 zusammenveranlagt wurden.

Der Kläger – Ehemann – erwarb im Oktober 1972 eine in der Schweiz belegene Eigentumswohnung und machte dafür in der Einkommensteuererklärung für 1973 unter Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt – FA -) ließ bei der Veranlagung für 1973 diesen Verlust unberücksichtigt, weil Einkünfte aus der in der Schweiz belegenen Eigentumswohnung nicht der inländischen Besteuerung unterlägen. Im Einspruchsverfahren kam das FA zu der Auffassung, daß zwar die Besteuerung von Einkünften aus der Vermietung von in der Schweiz belegenen Grundstücksobjekten nach Art. 24 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (DBA-Schweiz 1971) nicht ausgeschlossen sei, erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG 1965 für eine im Ausland belegene Eigentumswohnung aber nicht zulässig seien. Dementsprechend änderte das FA in der Einspruchsentscheidung die Steuerfestsetzung zum Nachteil der Kläger.

Die Klage hiergegen blieb erfolglos; das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Die Kläger unterlägen mit ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der in der Schweiz belegenen Eigentumswohnung der inländischen Besteuerung, erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG dürften sie aber nicht vornehmen. Zwar könne der Wortlaut des § 7 b EStG 1965 eine Ausdehnung der Vorschrift auf Auslandsobjekte nahelegen, weil in dieser Gesetzesfassung im Gegensatz zu der bis zum Gesetz zur Neuregelung der Absetzungen für Abnutzung bei Gebäuden vom 16. Juni 1964 – AfA-Neuregelungsgesetz 1964 – (BGBl I 1964, 353, BStBl I 1964, 384) maßgebenden Fassung eine Beschränkung auf Gebäude, die im Geltungsbereich des Einkommensteuergesetzes errichtet wurden, fehle. Eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung werde aber dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht gerecht. Die historische Entwicklung des § 7 b EStG und der dabei zutage getretene Wille des Gesetzgebers führten zu dem Ergebnis, daß der Anwendungsbereich der Vorschrift auch i. d. F. des AfA-Neuregelungsgesetzes 1964 auf Inlandsobjekte zu beschränken sei, wie bereits das FG Nürnberg im Urteil vom 4. Juli 1973 V 136/71 (Entscheidungen der Finanzgerichte 1973 S. 533 – EFG 1973, 533 -) ausgeführt habe. Hinzu komme, daß sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs zum AfA-Neuregelungsgesetz 1964 (Bundestags[BT]-Drucksache IV/2008) ergebe, daß der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 7 b EStG nicht auf Auslandsobjekte habe ausdehnen wollen; dazu sei an keiner Stelle der Begründung ein Hinweis zu finden. Entgegen der Meinung der Kläger sei auch die Vermögensbildung nicht der ausschließliche Gesetzeszweck des § 7 b EStG in seiner Neufassung gewesen; in der Gesetzesbegründung werde ausgeführt, daß auf eine Förderung des Wohnungsbaus durch die Zubilligung erhöhter Absetzungen nicht verzichtet werden könne. Schließlich komme der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) auf dem Gebiet des Wohnungsbau-Prämienrechts in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu; im Urteil vom 11. Februar 1972 VI R 307/68 (BFHE 104, 405, BStBl II 1972, 304) sei ebenso wie im Urteil vom 1. März 1963 VI 269/61 U (BFHE 76, 550, BStBl III 1963, 200) ausgesprochen worden, daß die Vorschriften des Wohnungsbau-Prämienrechts nur die Förderung des inländischen Wohnungsbaus zum Ziel hätten, obwohl im Wohnungsbau-Prämiengesetz (WoPG) eine ausdrückliche Beschränkung auf inländische Objekte fehle und das Prämienrecht neben der Förderung des Wohnungsbaus der Vermögensbildung diene. Schließlich sei auch in der Neufassung des § 7 b EStG durch das Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung und Anschaffung bestimmter Wohngebäude vom 11. Juli 1977 eine ausdrückliche Einschränkung auf im Inland belegene Objekte enthalten, was nach der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 8/286) der Klarstellung gedient habe.

Mit der Revision wird unrichtige Anwendung des § 7 b EStG in den Fassungen 1965 bis 1977 gerügt und dazu vorgebracht: Bei wörtlicher Auslegung sei § 7 b EStG 1965 auch auf im Ausland belegene Objekte anwendbar. Eine gegenteilige Auslegung sei nur möglich, wenn die wortgetreue Auslegung zu einem so unverständlichen Ergebnis führe, daß ein verständiger Steuerpflichtiger das Gesetz nicht so habe auffassen dürfen. Dieser Grundsatz sei vom FG nicht beachtet worden. Die wortgetreue Auslegung führe zu keinem unsinnigen und vom Gesetzgeber nicht gewollten Ergebnis. Wenn auch zum erklärten Sinn und Zweck des § 7 b EStG 1965 die Vermögensbildung gehöre, so komme man doch zwangsläufig zu dem Ergebnis, daß die Anwendung der Vorschrift auf Auslandsobjekte nicht zu einem offensichtlich sinnwidrigen Ergebnis führe, weil Vermögensbildung gleichermaßen im Inland und im Ausland angestrebt werden könne. Im Streitfall könne auch der Gesichtspunkt nicht eingreifen, der Gesetzgeber habe nicht sozial stärkeren Schichten den steuerbegünstigten Erwerb von Zweitwohnungen im Ausland ermöglichen wollen. Der Kläger sei Schweizer und wolle die zunächst fremdvermietete Wohnung später als Altersruhesitz nutzen. Aus der später geänderten Gesetzesfassung könnten keine zuverlässigen Schlüsse für die Auslegung der hier maßgebenden Gesetzesfassung gezogen werden.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer für 1973 unter Berücksichtigung eines Verlustes aus Vermietung und Verpachtung der Eigentumswohnung von ./. 8.136 DM festzusetzen.

Das FA beantragt Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Der Kläger unterliegt mit seinen Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der in der Schweiz belegenen Eigentumswohnung der inländischen Besteuerung. Er war im Streitjahr mit Wohnsitz im Inland unbeschränkt steuerpflichtig; die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckte sich auf sämtliche Einkünfte, damit auch auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung eines im Ausland belegenen Grundstücks (§ 1 Abs. 1, § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für diese Einkünfte wird durch das im Streitfall einschlägige Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen nicht ausgeschlossen (Art. 6 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971). Die Voraussetzungen für die Anrechnung ausländischer Steuern sind nicht dargetan (Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1971 i. V. m. § 34 c Abs. 6 Nr. 5 EStG, § 68 g der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung – EStDV -).

2. Der Kläger kann aber erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG für seine in der Schweiz belegene Eigentumswohnung nicht in Anspruch nehmen, weil die Steuervergünstigung nur für im Inland belegene Objekte zu gewähren ist.

§ 7 b EStG in der für das Streitjahr 1973 anzuwendenden Fassung – Neufassung durch das AfA-Neuregelungsgesetz 1964 – enthält zwar im Gegensatz zu den Fassungen davor – ab Einkommensteuergesetz 1958/59 (BGBl I 1958, 473, BStBl I 1958, 412) – und danach – ab Einkommensteuergesetz 1977 (BGBl I 1977, 1213, BStBl I 1977, 360) – keine ausdrückliche Beschränkung der Steuervergünstigung auf im Inland belegene Gebäude. Gleichwohl ergibt sich eine derartige Begrenzung aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, wie er sich bei der Auslegung erschließt.

Der Wortlaut des § 7 b EStG ist – entgegen der Meinung der Kläger – mehrdeutig. Er läßt sowohl eine Anwendung der Vorschrift auf im Inland wie auch auf nicht im Inland belegene Gebäude zu. Damit gehen die von den Klägern angestellten Überlegungen für eine Auslegung gegen den Wortlaut ins Leere. Im Rahmen des möglichen Wortsinns ist auf den erkennbar gewordenen Zweck des Gesetzes abzustellen.

Zweck der Steuervergünstigung nach § 7 b EStG war, wie der Senat im Urteil vom 8. November 1977 VIII R 110/76 (BFHE 123, 560, BStBl II 1978, 82) im einzelnen ausgeführt hat, ursprünglich die uneingeschränkte Förderung des Wohnungsbaus, später nach der hier in Rede stehenden Gesetzesfassung eine Förderung sowohl der Schaffung von Wohnraum als auch der Bildung von Vermögen in privater Hand, und ist jetzt seit dem Einkommensteuergesetz 1977 – soweit eine Förderung des Wohnungsbaus von der Vermögensbildung abzugrenzen ist – nur noch die Vermögensbildung oder die Erhaltung von gebildetem Vermögen, daneben auch die Verfolgung wohnungspolitischer, städtebaulicher und arbeitsmarktpolitischer Zielsetzungen. Aus dieser Entwicklung ist ersichtlich, daß die Förderung des Wohnungsbaus auch nach Änderung der Zielsetzung durch das AfA-Neuregelungsgesetz 1964 mitbestimmend geblieben und keineswegs hinter einer Förderung der Vermögensbildung zurückgetreten ist. Ist aber die Förderung des Wohnungsbaus nach der hier maßgebenden Gesetzesfassung eine der Zielsetzungen geblieben, dann konnte sie sich, wie in den früheren Gesetzesfassungen wörtlich zum Ausdruck gebracht, auch in der Neufassung auf eine Förderung des inländischen Wohnungsbaus beschränken, solange etwas Gegenteiliges nicht erklärt wurde. Daran vermag das Hinzutreten eines weiteren Gesetzeszwecks, nämlich die Förderung von Eigentumsbildung in privater Hand, nichts zu ändern, weil diese veränderte Zielsetzung nicht zu einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Steuervergünstigung auf nicht im Inland belegene Gebäude zwang. Bestand hiernach keine Notwendigkeit, den Anwendungsbereich der Steuervergünstigung auszudehnen, dann hätte, um einen weiteren Anwendungsbereich annehmen zu können, ein Anlaß oder ein Interesse des Gesetzgebers dafür erkennbar sein müssen, daß er die bisherige Begrenzung wegfallen lassen und Wohnungsbau im Ausland fördern wollte. Es ist jedoch kein Anhalt dafür gegeben, daß nunmehr der Wohnungsbau und die Eigentumsbildung auch durch eine Steuervergünstigung für nicht im Inland belegene Gebäude hätte gefördert werden sollen. Gegen das Vorliegen einer solchen Absicht sprechen vielmehr die mit der Gesetzesneufassung eingeführte Beschränkung der Steuervergünstigung auf Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen, die Begrenzung der Bemessungsgrundlage für die erhöhten Absetzungen auf 150.000 DM oder 200.000 DM und die Beschränkung der Inanspruchnahme der Begünstigung auf ein Objekt des Steuerpflichtigen. Denn daraus läßt sich entnehmen, daß die Schaffung von Wohnraum und die Eigentumsbildung daran bei einem Personenkreis gefördert werden sollte, der nach seinen Lebensgewohnheiten und Einkommensverhältnissen üblicherweise im Inland belegene Objekte baut oder kauft.

Für die Richtigkeit dieser Auslegung lassen sich auch die Entstehungsgeschichten der hier für 1973 maßgebenden Gesetzesfassung sowie der durch das Einkommensteuergesetz 1977 geänderten Fassung des § 7 b EStG anführen. Die Gesetzesmaterialien zu § 7 b EStG 1965 enthalten keinen Hinweis auf einen gegenüber den früheren Fassungen veränderten räumlichen Anwendungsbereich der Vorschrift. Bei einer so weitreichenden Änderung, wie sie mit einer Erweiterung des Anwendungsbereichs auf das Ausland verbunden gewesen wäre, hätte es nahegelegen, dafür eine Begründung zu geben. Das Fehlen einer Begründung erlaubt den Schluß, daß ein Wegfall der räumlichen Begrenzung nicht gewollt war. In den Gesetzesmaterialien zu § 7 b EStG 1977, der in der Gesetz gewordenen Neufassung den Anwendungsbereich der Vorschrift wieder ausdrücklich auf im Inland belegene Objekte beschränkt, ist in der Begründung des Regierungsentwurfs (BT-Drucksache 8/286) ausgeführt, es werde klargestellt, daß die begünstigten Gebäude und Eigentumswohnungen im Inland belegen sein müssen. Daraus ist zu entnehmen, daß bei der Gesetzgebung von einer insoweit unverändert bestehenden Rechtslage ausgegangen wurde.