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II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, des streitigen Zinsbescheids und der darauf bezogenen Einspruchsentscheidung. Der Zinsbescheid ist rechtswidrig, da in dem Einkommensteuerbescheid vom 20. Juli 1983 die Steuer nicht wirksam festgesetzt worden ist. |
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1. Nach § 237 Abs. 1 Satz 1 AO ist, soweit ein Einspruch oder eine Anfechtungsklage gegen einen Steuerbescheid endgültig keinen Erfolg gehabt hat, der geschuldete Betrag, hinsichtlich dessen die Vollziehung ausgesetzt wurde, zu verzinsen. Ein solcher Zinsanspruch entsteht indessen nur dann, wenn sich die Aussetzung der Vollziehung auf eine wirksam festgesetzte Steuer bezieht. Fehlt es an einer wirksamen Steuerfestsetzung, so geht die Aussetzung der Vollziehung ins Leere; sie löst dann keine Wirkungen und insbesondere nicht das Entstehen der in § 237 AO genannten Aussetzungszinsen aus. In diesem Sinne hängt die Entstehung der Zinsschuld vom Bestehen der Hauptschuld ab (vgl. dazu auch Bundesfinanzhof –BFH–, Urteil vom 12. Dezember 2007 XI R 25/07, BFH/NV 2008, 339, m.w.N.). |
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2. Im Streitfall bezog sich die Aussetzung der Vollziehung, aus der das FA nunmehr einen Zinsanspruch ableitet, auf den Einkommensteuerbescheid gegenüber dem Kläger vom 20. Juli 1983. Dieser Bescheid hat nicht zu einer wirksamen Steuerfestsetzung geführt, da in ihm die festgesetzte Steuer nicht mit hinreichender Klarheit angegeben war. |
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a) Ein Einkommensteuerbescheid muss schriftlich erteilt werden (§ 157 Abs. 1 Satz 1 AO). Er muss u.a. die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen (§ 157 Abs. 1 Satz 2 AO). Er ist unwirksam, wenn er den festgesetzten Betrag nicht genau und eindeutig zum Ausdruck bringt (BFH-Beschluss vom 3. April 2007 VIII B 110/06, BFH/NV 2007, 1273; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 157 AO Rz 7, m.w.N.; vgl. auch BFH-Urteil vom 9. Dezember 1998 II R 6/97, BFH/NV 1999, 1091). |
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b) Die von § 157 Abs. 1 Satz 2 AO geforderte Bestimmung der festgesetzten Steuer muss nicht stets in dem Steuerbescheid selbst erfolgen. Es genügt vielmehr, wenn sich durch eine Auslegung jenes Bescheids eindeutig ermitteln lässt, welcher Betrag festgesetzt sein soll (BFH-Urteil vom 9. August 1991 III R 41/88, BFHE 166, 1, BStBl II 1992, 219; BFH-Beschluss vom 15. März 1994 IX R 6/91, BFHE 174, 4, BStBl II 1994, 599). In diesem Zusammenhang kann u.a. auf den Steuerbescheid begleitende Unterlagen zurückgegriffen werden; das gilt insbesondere für einen Prüfungsbericht, der dem Adressaten des Bescheids schon vor dem Bescheid zugegangen war oder zeitgleich mit ihm zugeht (BFH-Beschluss vom 1. August 1985 VI R 28/79, BFHE 144, 244, 253, BStBl II 1985, 664, 668; BFH-Urteil vom 15. März 2007 II R 5/04, BFHE 215, 540, BStBl II 2007, 472, m.w.N.). Die Angabe in einem solchen Bericht kann namentlich dann eine entsprechende Angabe im Steuerbescheid selbst ersetzen, wenn der Bescheid auf den Bericht Bezug nimmt. |
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c) Im Streitfall ist in dem Steuerbescheid, auf den sich die Aussetzung der Vollziehung bezieht, die festgesetzte Steuer nicht benannt. Der Bescheid verweist dazu zwar auf Anlagen zu einem Prüfungsbericht, von dem nach Aktenlage nicht ausgeschlossen werden kann, dass er dem Kläger entweder vor oder zusammen mit dem Bescheid zugegangen ist. Das reicht aber zur Bestimmung der im Bescheid festgesetzten Steuer nicht aus, da die genannten Anlagen den Betrag der Steuerfestsetzung ebenfalls nicht eindeutig erkennen lassen: |
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aa) Die Anlage 1 zum Prüfungsbericht, auf die der Bescheid vom 20. Juli 1983 verweist, enthält nur Angaben und Berechnungen zu Besteuerungsgrundlagen. Die festgesetzte Steuer weist er nicht aus. Die an die Anlage 1 anschließende Anlage 2 zum Bericht führt die dortigen Berechnungen zwar fort, wobei sie mit dem Ausweis einer verbleibenden Steuerschuld in Höhe von 1 524 905 DM abschließt. Dieser Betrag bezeichnet aber erneut nicht die festgesetzte Steuer; er bezieht sich vielmehr auf eine Differenz zwischen jener Steuer und mehreren darauf anzurechnenden Beträgen. Eine solche Angabe genügt den Anforderungen des § 157 Abs. 1 Satz 2 AO nicht. Das folgt aus dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift, die die Bezeichnung der „festgesetzten“ Steuer verlangt. Zudem wäre jede andere Handhabung schon deshalb verfehlt, weil es z.B. im Zusammenhang mit der Frage nach bestehenden Änderungsmöglichkeiten oder nach dem Ablauf einer Festsetzungsfrist nicht auf den noch zu zahlenden, sondern nur auf den festgesetzten Betrag ankommt und der Steuerbescheid deshalb darüber Klarheit schaffen muss (vgl. dazu BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1273). |
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bb) Der Senat vermag schließlich nicht der Ansicht des FG zu folgen, dass der festgesetzte Steuerbetrag sich aus dem sonstigen Inhalt der Anlage 2 zum Prüfungsbericht mit der notwendigen Klarheit ergebe. |
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aaa) Das FG hat angenommen, dass in dem genannten Bescheid die Steuer auf 1 525 000 DM festgesetzt worden sei. Dieser Wert ergibt sich, wenn man den unter der Bezeichnung „Steuersatz wie vor“ ausgewiesenen Betrag von 1 555 505 DM um 30 170 DM (nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AStG anzurechnende Steuer) sowie um weitere 335 DM (Ermäßigung nach § 14 Abs. 1 des Vermögensbildungsgesetzes –VermBG–) vermindert. Dazu hat das FG ausgeführt, dass sowohl nach den gesetzlichen Vorgaben als auch nach den einschlägigen Verwaltungsanweisungen die Abzugsbeträge nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AStG und nach § 14 VermBG nicht im Rahmen des steuerlichen Erhebungsverfahrens, sondern im Steuerfestsetzungsverfahren zu berücksichtigen seien. Der steuerlich beratene Kläger habe erkennen können, dass hinsichtlich beider genannten Abzugsbeträge das FA in diesem Sinne habe vorgehen wollen. Daraus wiederum hat das FG geschlossen, dass nach dem Verständnis sowohl des FA als auch des Klägers jene Beträge nicht erst die im Erhebungsverfahren auszuweisende Zahllast, sondern schon die festgesetzte Steuer gemindert haben. In diesem Sinne sei der Bescheid vom 20. Juli 1983 daher auszulegen. |
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bbb) Die Auslegung eines Verwaltungsakts durch das FG ist im Revisionsverfahren überprüfbar (BFH-Urteile vom 12. Juni 1997 I R 72/96, BFHE 183, 30, BStBl II 1997, 660; vom 24. August 2005 II R 16/02, BFHE 210, 515, BStBl II 2006, 36; Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 118 Rz 25, m.w.N.). In diesem Zusammenhang muss das Revisionsgericht nicht nur der Frage nachgehen, welchen Inhalt der auszulegende Verwaltungsakt hat (Senatsurteil vom 24. März 1998 I R 83/97, BFHE 186, 67, 68, BStBl II 1998, 601, 602). Es muss vielmehr ggf. auch prüfen, ob der Verwaltungsakt überhaupt einer Auslegung zugänglich oder ob er mangels hinreichender Bestimmtheit unwirksam ist. Dieser Prüfung hält der im Streitfall maßgebliche Bescheid nicht stand. |
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Denn es mag zwar zutreffen, dass nach der damaligen Sach- und Rechtslage –und unter Berücksichtigung der seinerzeitigen Prüfungsfeststellungen– die vom FG befürwortete Handhabung geboten war. Für die Beurteilung des Streitfalls ist aber entscheidend, ob sich diese Handhabung in der Anlage zum Prüfungsbericht –und damit in dem hier maßgeblichen Steuerbescheid– mit ausreichender Klarheit niederschlägt. Daran fehlt es indessen: Der vom FG für festgesetzt erachtete Betrag von 1 525 000 DM ist in den einschlägigen Unterlagen an keiner Stelle erwähnt. Das gilt auch für die Anlage 2 zum Prüfungsbericht. Ebenso sind dort die Bestimmung der festgesetzten Steuer einerseits und die Anrechnung von Steuerbeträgen auf die festgesetzte Steuer andererseits nicht in einer Weise voneinander unterschieden, die erkennen ließe, dass die Anrechnung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 AStG und nach § 14 VermBG dem Festsetzungsverfahren zugeordnet ist. Vielmehr werden dort zunächst das zu versteuernde Einkommen sowie der anzuwendende Steuersatz benannt und sodann unter der Bezeichnung „Steuersatz wie vor“ der Betrag von 1 555 505 DM ausgeworfen; anschließend sind in einer mit „anzurechnen“ überschriebenen Rubrik –ohne weitere Unterscheidung– mehrere Beträge aufgeführt, von denen zumindest einige (Körperschaftsteuer und Kapitalertragsteuer) zweifelsfrei nicht den Bereich der Steuerfestsetzung betreffen. Diese vom FA angestellte Berechnung lässt nicht erkennen, dass von den genannten Beträgen einzelne im Rahmen der Steuerfestsetzung und andere erst im Anschluss daran berücksichtigt sind; nach ihrem äußeren Erscheinungsbild weist sie vielmehr eher darauf hin, dass eine Steuer in Höhe von 1 555 505 DM festgesetzt werden sollte und alle unter „anzurechnen“ aufgeführten Beträge der dem nachfolgenden Steueranrechnung zugeordnet wurden. Insoweit ist der Bescheid –auch unter Berücksichtigung der dort in Bezug genommenen weiteren Unterlagen– zumindest objektiv unklar. |
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Eine abweichende Beurteilung lässt sich entgegen der Ansicht des FG weder aus der Systematik des Gesetzes noch aus einschlägigen Verwaltungsanweisungen ableiten. Das FG hat hierzu auf § 2 Abs. 6 EStG sowie darauf verwiesen, dass nach den für das Streitjahr maßgeblichen Einkommensteuer-Richtlinien 1976 sowohl die Anrechnung nach § 12 AStG als auch die Steuerermäßigung nach § 14 Abs. 3 VermBG die tarifliche Einkommensteuer minderten, also im Rahmen der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen seien. Überlegungen dieser Art können indessen zwar im Einzelfall für die Auslegung eines Verwaltungsakts bedeutsam sein. Sie sind aber für sich genommen nicht geeignet, einen Verwaltungsakt als in einem Sinne eindeutig erscheinen zu lassen, für den das äußere Erscheinungsbild des Verwaltungsakts keinen Anhaltspunkt liefert. So liegen die Dinge im Streitfall. |
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3. Im Ergebnis hat deshalb der Bescheid vom 20. Juli 1983 nicht zu einer wirksamen Steuerfestsetzung gegenüber dem Kläger geführt. Dass in der Zeit zwischen dem Erlass dieses Bescheids und der Zahlung der Steuer weitere Einkommensteuerbescheide für das Streitjahr ergangen sind, auf die sich die vom FA verfügte Aussetzung der Vollziehung in der Folge bezogen haben könnte, ist weder vom FG festgestellt noch vom FA vorgetragen worden. Angesichts dessen war die Aussetzung der Vollziehung gegenstandslos, was dazu führt, dass Aussetzungszinsen nicht entstanden sind. Der angefochtene Zinsbescheid und die ihn bestätigende Einspruchsentscheidung müssen daher –dem Antrag des Klägers entsprechend– aufgehoben werden, ohne dass auf das sonstige Revisionsvorbringen näher einzugehen wäre. |
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