|
II. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–). |
|
|
1. Die Revision führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils. Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens war der geänderte Einkommensteuerbescheid vom 8. Juli 2004, an dessen Stelle während des Revisionsverfahrens die Änderungsbescheide vom 26. Juni und 6. August 2009 getreten sind. Damit liegt dem Urteil insoweit ein nicht mehr existierender Bescheid zu Grunde, so dass auch das Urteil des FG insoweit keinen Bestand haben kann (§ 127 FGO; vgl. z.B. Senatsurteil vom 20. Juli 2006 VI R 22/03, BFH/NV 2006, 2109). |
|
|
2. Die Vorentscheidung ist auch deshalb aufzuheben, weil das FG zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangte, dass der Erlös aus der Veräußerung des Wandeldarlehens zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit führt. |
|
|
Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen. |
|
|
a) Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist. Auch die Zuwendung durch einen Dritten kann Arbeitslohn sein. Dies ist aber nur der Fall, wenn die Zuwendung ein Entgelt für eine Leistung des Arbeitnehmers ist, die er im Hinblick auf ein Dienstverhältnis erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Der Arbeitnehmer muss den gewährten Vorteil des Dritten wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung für den Arbeitgeber ansehen können (Urteile des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826; vom 5. Juli 1996 VI R 10/96, BFHE 180, 441, BStBl II 1996, 545; vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382). |
|
|
b) Kein Arbeitslohn liegt allerdings u.a. vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteile vom 22. März 1985 VI R 170/82, BFHE 143, 544, BStBl II 1985, 529; vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69; vom 1. Februar 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898, jeweils m.w.N.; Schneider, Der Betrieb 2006, Beilage Nr. 6, 51 ff.). Als derartige Sonderrechtsbeziehungen kommen insbesondere entgeltlich auf Zeit übertragene Sachen oder Rechte in Betracht. Dazu gehören neben direkten Beteiligungen am Unternehmen des Arbeitgebers auch Darlehen der Arbeitnehmer. Der Veräußerungsgewinn einer solchen Kapitalbeteiligung führt jedenfalls nicht allein deswegen zu Arbeitslohn, weil der Beteiligte oder der Darlehnsgeber Arbeitnehmer des Unternehmens war und der Abschluss der Verträge auch nur Arbeitnehmern angeboten worden war (BFH-Urteil in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69). |
|
|
c) Ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nichtsteuerbaren Bereich zuzurechnen ist, ist aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden (BFH-Urteile in BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382; in BFH/NV 2007, 898). Die Tatsachenwürdigung durch das FG ist, wenn sie verfahrensrechtlich ordnungsgemäß durchgeführt wurde und nicht gegen Denkgesetze verstößt oder Erfahrungssätze verletzt, revisionsrechtlich bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). |
|
|
Allerdings sind in diese tatrichterliche Würdigung alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen. Einzelne Gesichtspunkte, die für die Frage, ob der Vorteil für das Dienstverhältnis oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung gewährt wurde, wesentlich sind, hat der Senat in seinen Urteilen vom 23. Juni 2005 VI R 10/03 (BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770), vom 23. Juni 2005 VI R 124/99 (BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766) und in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69 herausgearbeitet. Jeder dieser Aspekte hat für sich betrachtet nur indizielle Wirkung. Gleichwohl müssen alle –entsprechend ihrer Bedeutung– in die Gesamtwürdigung einfließen. |
|
|
3. Nach Maßgabe dieser Grundsätze tragen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht dessen Würdigung, dass der Gewinn aus der Veräußerung des Wandeldarlehens ein durch das Arbeitsverhältnis veranlasster geldwerter Vorteil des Klägers war. |
|
|
a) Zu Recht ist das FG davon ausgegangen, dass erst die Übertragung eines Wandeldarlehens zu einem geldwerten Vorteil führt. Die Einräumung des Wandlungsrechts selbst eröffnet lediglich die Chance zu einem preisgünstigen Vermögenserwerb und führt erst zu einem Zufluss und damit zu einer Einnahme, wenn der Berechtigte die Wandlung vollzieht (BFH-Urteile in BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770). Im Zeitpunkt der Darlehensveräußerung realisiert sich die bis dahin latent bestehende Möglichkeit zum verbilligten Aktienerwerb zu einem festgelegten Wandlungspreis (BFH-Urteile in BFHE 209, 559, BStBl II 2005, 770 unter 4.; in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69). Die Höhe des gewährten Vorteils ergibt sich aus dem vom Darlehenserwerber gezahlten Kaufpreis. |
|
|
b) Jedoch hält die Würdigung des FG, dass der geldwerte Vorteil durch das künftige Arbeitsverhältnis des Klägers zur I-GmbH veranlasst war, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. In der Würdigung des FG fehlen wichtige Aspekte, die geeignet sind, die tatrichterliche Gesamtwürdigung zu beeinflussen. Zudem sind entscheidende Gesichtspunkte nicht ihrer Bedeutung entsprechend in die Abwägung eingeflossen. |
|
|
Zwischen dem Kläger und der E-AG bestand ein Darlehensvertrag. Dieser war Grundlage für die Kapitalüberlassung des Klägers an die E-AG. Es ist nicht erkennbar, auf Basis welcher Feststellungen das FG trotz dieser Sonderrechtsbeziehung zu der Würdigung gelangen konnte, dass der vom Kläger erzielte Veräußerungsgewinn durch das (spätere) Arbeitsverhältnis zur I-GmbH veranlasst gewesen sein soll. Gerade wenn ein Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der angenommenen Lohnzahlung noch gar nicht besteht, ist ein erhöhter Erklärungsbedarf für die arbeitsvertragliche Veranlassung erforderlich. Wie der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 226, 47, BStBl II 2010, 69 ausgeführt hat, ist nicht einmal im Fall eines bereits bestehenden Arbeitsverhältnisses für die Annahme von Arbeitslohn ausreichend, dass der Kapitalgeber Arbeitnehmer des Unternehmens ist. Selbst in diesem Fall müssten weitere Indizien hinzukommen. Solche sind nicht allein aus einem Sonderkündigungsrecht im Falle des Verlustes der Arbeitnehmerstellung zu gewinnen. Vorliegend können daher allein die Tatsachen, dass der Kläger später Arbeitnehmer eines verbundenen Unternehmens war und zudem das Wandlungsrecht im Falle der Beendigung des Dienstverhältnisses erlöschen sollte, nicht genügen, um einen Vorteil dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Es müssen weitere Anhaltspunkte hinzutreten. Das FG hat keine Feststellungen zur Motivation der E-AG zum Vertragsabschluss mit dem Kläger getroffen. Es hat ohne die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen angenommen, dass die Darlehen das besondere Engagement der späteren leitenden Mitarbeiter der I-GmbH befördern sollte. |
|
|
Es steht insbesondere nicht fest, ob allen Mitarbeitern der I-KG ein gleichartiger Darlehensvertrag angeboten worden ist. Sollte die Möglichkeit der Darlehensgewährung ausschließlich den Gesellschaftern der I-KG angeboten worden sein, würde sich eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung für den Darlehensvertrag aufdrängen. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses war der Kläger Kommanditist und damit als Gesellschafter Entscheidungsträger für die Umwandlung der I-KG. An dieser Umwandlung und der späteren Übernahme der I-GmbH hatte die E-AG ein herausragendes Interesse. Das FG hätte deshalb prüfen müssen, ob das Wandeldarlehen für den Kläger und die anderen Gesellschafter als Anreiz verstanden werden konnte, der Umwandlung zuzustimmen. Eine solche Prüfung hat das FG nicht vorgenommen, obwohl der BFH in einem Parallelverfahren dieser Problematik eine maßgebliche Bedeutung beigemessen hatte (BFH-Beschluss vom 23. Januar 2006 VIII B 116/05, BFH/NV 2006, 1081). Im Ergebnis hat das FG den Gesichtspunkt, ob die Gesellschafterstellung des Klägers für die Einräumung des Wandeldarlehens ursächlich war, nicht in die Gesamtwürdigung einbezogen. |
|
|
Das FG ist zudem dem Einwand des Klägers, dass auch Aufsichtsräte, die keine Arbeitnehmer im Unternehmensverbund der E-AG waren, das gleiche Vertragsformular für ihre Darlehensverträge erhalten haben, nicht nachgegangen. Dieser Einwand ist beachtlich, da er zum einen in Frage stellt, dass nur Arbeitnehmern der Darlehensvertrag angeboten wurde. Zum anderen würde deutlich, dass der Regelung über das Erlöschen des Wandlungsrechts bei Beendigung des Dienstverhältnisses jedenfalls eine geringere Bedeutung zukommen würde. Damit wäre eines der tragenden Argumente des FG entkräftet. |
|
|
4. Im zweiten Rechtsgang wird das FG Gelegenheit haben, entsprechende Feststellungen nachzuholen und auf deren Grundlage erneut und umfassend zu würdigen, ob der Darlehensvertrag und damit letztlich der Gewinn aus dessen Veräußerung durch das Arbeitsverhältnis oder die Gesellschafterstellung des Klägers veranlasst war. Zur Frage, ob der Gewinn als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu erfassen ist, wird auf den BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1081 verwiesen. |
|
|
5. Über den Antrag auf Berichtigung des Urteils nach § 107 FGO ist nicht zu entscheiden. Zwar ist der BFH wegen der Anhängigkeit der Sache in der Rechtsmittelinstanz für die Berichtigung zuständig (vgl. BFH-Urteile vom 23. Januar 1969 IV R 36/68, BFHE 95, 97, BStBl II 1969, 340; vom 21. Juli 1981 VIII R 128/76, BFHE 134, 119, BStBl II 1982, 36; BFH-Beschluss vom 12. Januar 1993 IV R 86-88/91, BFH/NV 1993, 426). Jedoch ist dies zwingend nur für den Fall einer das FG bestätigenden Entscheidung erforderlich. Das FG-Urteil wird vorliegend aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung zurückverwiesen. Das FG kann im zweiten Rechtsgang über den Berichtigungsantrag selbst entscheiden. |
|