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II. Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, der die Zulassung der Revision oder jedenfalls die Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und Zurückverweisung erfordert, liegt nicht vor. |
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Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist es ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, wenn über eine zulässige Klage nicht zur Sache, sondern durch Prozessurteil entschieden wird. In einem solchen Fall wird zugleich der Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 8. April 2004 VII B 181/03, BFH/NV 2004, 1284; vom 8. Juni 2004 XI B 46/02, BFH/NV 2004, 1417, m.w.N.; vom 16. April 2007 VII B 98/04, BFH/NV 2007, 1345; vom 23. April 2009 X B 43/08, BFH/NV 2009, 1443). |
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Anders als der Kläger meint, hat das FG die Klage zu Recht als unzulässig verworfen. |
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Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass der maßgebliche, vom Kläger noch in der mündlichen Verhandlung des Klageverfahrens (Aktenzeichen 12 K 3080/12 AO) wiederholte Klageantrag eine Klageänderung i.S. des § 67 Abs. 1 FGO beinhaltet. |
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Eine Klageänderung liegt vor, wenn während der Rechtshängigkeit das Klagebegehren geändert, d.h. anstelle des ursprünglichen Begehrens oder auch neben ihm ein weiterer Klageantrag gestellt wird (BFH-Urteil vom 19. Mai 2004 III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980, m.w.N.). |
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Im finanzgerichtlichen Verfahren hat der Kläger seinen Klageantrag zweimal umformuliert. Bei Klageerhebung beantragte er die Aufhebung des Bescheids vom 29. Oktober 2009 und der Einspruchsentscheidung vom 30. Juli 2012, in der ersten mündlichen Verhandlung und dem klarstellenden Folgeschriftsatz die Verpflichtung des FA, einen Abrechnungsbescheid zur Umsatzsteuer 2002 zu erlassen, und in der zweiten mündlichen Verhandlung die Aufhebung des Abrechnungsbescheids vom 3. Dezember 2008 und des zwischenzeitlich ergangenen Bescheids vom 17. Juni 2013. |
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Es bedarf keiner näheren Begründung, dass der Übergang von einer Anfechtungs- zu einer Verpflichtungsklage und nochmals zu einer Anfechtungsklage im Streitfall jeweils eine Klageänderung ist. Gerade hier wird deutlich, dass der Kläger mit dem jeweils neuen Klageantrag bezweckte, sein Klagebegehren dem veränderten Verfahrensstand anzupassen. |
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Nach § 67 Abs. 1 FGO ist eine Klageänderung zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Bei fristgebundenen Klagen wie der Anfechtungs- und der Verpflichtungsklage ist eine Klageänderung, unabhängig von den im Wortlaut des § 67 Abs. 1 FGO genannten Voraussetzungen, nur statthaft, wenn für jeden Klageantrag, also sowohl für das ursprüngliche als auch für das geänderte Klagebegehren, die einschlägigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen (BFH-Urteile vom 9. Februar 2011 IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764; in BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). Zu den Fällen der Klageänderung gehören auch die Fälle, in denen im Wege der Klagehäufung ein weiterer Klagegegenstand in das Verfahren eingeführt wird (BFH-Urteile vom 5. Juni 1991 II R 83/88, BFH/NV 1992, 267; vom 9. August 1989 II R 145/86, BFHE 158, 11, BStBl II 1989, 981; Seer in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 67 FGO Rz 2, m.w.N.). Auch in Form der Klagehäufung ist eine Klageänderung nur zulässig, wenn sowohl das ursprüngliche Klagebegehren als auch das geänderte (neue) Klagebegehren die übrigen Sachentscheidungsvoraussetzungen erfüllt (z.B. BFH-Urteil vom 19. April 2007 V R 48/04, BFHE 217, 194, BStBl II 2009, 315, m.w.N.). |
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Im Streitfall war danach bereits die erste Klageänderung unzulässig. Die ursprünglich erhobene Klage betraf bei zutreffender Auslegung allein die mit der Umsatzsteuerfestsetzung 2002 verbundene Abrechnungsverfügung, die als rein kassenmäßige Abrechnung keine positive oder negative Rechtsposition im Hinblick auf später erkannte Abrechnungsfehler begründet (BFH-Beschlüsse vom 13. Januar 2005 VII B 147/04, BFHE 208, 404, BStBl II 2005, 457, und vom 19. Oktober 2006 VII B 78/06, BFH/NV 2007, 200) und deshalb abzuweisen gewesen wäre. Der Übergang zu der vom Kläger beabsichtigten Verpflichtungsklage scheitert an dem fehlenden Vorverfahren. Nach § 44 Abs. 1 FGO ist eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 Halbsatz 2 FGO) –vorbehaltlich der §§ 45 und 46 FGO– nur zulässig, wenn das Vorverfahren über einen außergerichtlichen Rechtsbehelf ganz oder zum Teil erfolglos geblieben ist. Da der Kläger zu diesem Zeitpunkt keinen Antrag auf Erlass eines (weiteren) Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) beim FA gestellt hatte, war das Vorverfahren auch nicht als Sprungverpflichtungsklage nach § 45 Abs. 1 FGO entbehrlich (BFH-Urteile in BFHE 158, 11, BStBl II 1989, 981, und in BFH/NV 1992, 267). Aber selbst wenn das FA die wiederholten Aufforderungen des Klägers zur Klärung der Abrechnungsfragen als Antrag auf Erlass eines Abrechnungsbescheids hätte verstehen müssen und mangels Entscheidung des FA ebenfalls weder eine Sprungverpflichtungsklage noch ein Einspruch erhoben werden konnte, wäre die Verpflichtungsklage unzulässig. Denn der Kläger hätte in diesem Fall Untätigkeitseinspruch gemäß § 347 Abs. 1 Satz 2 AO einlegen müssen. Erst wenn dieser erfolglos geblieben ist, kann eine Verpflichtungsklage wegen Unterlassens eines beantragten Verwaltungsaktes (§ 40 Abs. 1 Alternative 2 FGO) erhoben werden (vgl. auch BFH-Urteil vom 29. Oktober 1981 I R 89/80, BFHE 134, 245, BStBl II 1982, 150). |
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An alledem ändert auch nichts, dass das FA unter dem 3. Dezember 2008 bereits einen vom Kläger mit Einspruch angefochtenen Abrechnungsbescheid erlassen hat. Denn mit dem Verpflichtungsbegehren sollte ein neuer Abrechnungsbescheid erstritten werden, während dieser "alte" Bescheid später ausdrücklich –im Wege der Klagehäufung unzulässigerweise (s.o.)– in die Anfechtungsklage einbezogen worden ist. |
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Schließlich ändert an der Unzulässigkeit der Verpflichtungsklage auch nichts, dass das FA den angestrebten –wenn auch inhaltlich vom Kläger nicht akzeptierten– Abrechnungsbescheid vom 17. Juni 2013 erlassen hat. Denn der nachträgliche Erlass des beantragten Verwaltungsaktes heilt die Unzulässigkeit der Klage nicht (BFH-Urteil in BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). |
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Aus der Unzulässigkeit der zwischenzeitlich erhobenen Verpflichtungsklage hat das FG die zutreffende Schlussfolgerung gezogen, dass auch die zweite Änderung des Klagebegehrens zu einer Anfechtung der Abrechnungsbescheide vom 17. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2008 unzulässig ist. Ob bei einer zulässigen Verpflichtungsklage ein Fall des § 68 FGO vorgelegen hätte, braucht im Streitfall nicht entschieden zu werden. |
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Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger sein –im Grunde verständliches– Ziel, abschließende Klarheit über die Abrechnung des FA zu bekommen, ohne Weiteres durch Weiterverfolgen seines Einspruchs gegen den Abrechnungsbescheid vom 3. Dezember 2008 hätte erreichen können. |
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. |
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