Gleitzone
§ 20 Abs. 2 SGB IV
Inhaltsübersicht
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1. Allgemeines
Die mit Eintritt der vollen Sozialversicherungspflicht bzw. der individuellen Steuerpflicht eintretenden Nachteile werden sozialversicherungsrechtlich aus Sicht der Arbeitnehmers abgemildert. Die vom Arbeitnehmer zu zahlenden Sozialbeiträge steigen für Teil- oder Vollzeitbeschäftigte mit einem Einkommen oberhalb von 400 bis 800 EUR (ab 2013 oberhalb von 450 EUR bis 850 EUR) progressiv an, während der Arbeitgeber die normalen Sozialbeiträge zu zahlen hat (Gleitzone - § 20 Abs. 2 SGB IV). Die Gleitzonenregelung gilt nicht für Ausbildungsverhältnisse (§ 344 Abs. 4 SGB III, § 226 Abs. 4 SGB V, § 163 Abs. 10 SGB VI). Oberhalb von Arbeitsentgelten von 400 EUR bzw. 450 EUR besteht ohnehin grundsätzlich Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der Arbeitgeber muss in diesem Fall den vollen Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung für das gesamte Arbeitsentgelt entrichten.
Zur Glättung des Übergangs in die Gleitzone geht der Arbeitnehmeranteil von einem Startpunkt aus, der sich aus der Differenz der Hälfte des durchschnittlichen Gesamtsozialversicherungsbeitragssatzes (ca. 21 %) zum Pauschalbeitrag (25 %) ergibt (zurzeit also rund 4 %). Damit der Arbeitnehmer die Entlastung an den Sozialversicherungsbeiträgen erhält, wurde bezogen auf den von ihm zu tragenden Arbeitnehmeranteil eine Formel des für die Beitragsberechnung zu errechnenden Ausgangswert eingeführt, über die ausgehend vom tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt das für ihn beitragspflichtige Arbeitsentgelt zu ermitteln ist (§ 344d Abs. 4 SGB III; § 226 Abs. 4 SGB V; § 163 Abs. 10 SGB VI).
Hinweis:
Wird eine Nebenbeschäftigung im Gleitzeitrahmen neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung von mehr als 800 EUR bzw. ab 2013 850 EUR ausgeübt, so gelten die Regelungen für die Gleitzone für die Nebenbeschäftigung nicht. Insoweit werden Beiträge auf das zusammengerechnete Entgelt erhoben.
Überblick: Gleitzone bis 2012
Entgelt aus allen Beschäftigungen |
Arbeitnehmerbelastung Sozialversicherung |
Arbeitgeberbelastung Sozialversicherung |
---|---|---|
Bis 400 EUR |
------------ |
Pauschale Sozialversicherung |
400 - 800 EUR |
Gleitzone |
Gesetzliche Sozialversicherung 50 % |
Über 800 EUR |
Gesetzliche |
Gesetzliche Sozialversicherung 50 % |
In steuerlicher Hinsicht ist je Arbeitsverhältnis bei einem Arbeitsentgelt ab 400,01 EUR die individuelle Besteuerung erforderlich. Eine Lohnsteuerpauschalierung ist nicht (mehr) möglich.
2. Gleitzonenformel bis 2012
Das Bemessungsentgelt für Arbeitnehmer ist in der Gleitzone wie folgt zu ermitteln: F x 400 + (2 ./. F) x (AE ./. 400)
Hierbei ist F ein Faktor der sich ergibt, wenn die Pauschalabgabe bei geringfügiger Beschäftigung in Höhe von 25 v.H. mit dem durchschnittlichen Sozialversicherungsbeitrag aller Versicherten (z. Zt. 41,9 v.H.) dividiert wird und AE das monatliche Arbeitsentgelt des Arbeitnehmers aus der Beschäftigung.
Hinweis:
Für das Jahr 2006 betrug F: 25 v.H./41,9 v.H. = 0,5967. Die Formel für die Ermittlung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts für Beschäftigte in der Gleitzone wurde mehrmals angepasst: Der Faktor F beträgt
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ab 01.07.2006: 0,7160,
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ab 01.01.2007: 0,7673,
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ab 01.01.2008: 0,7732,
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ab 01.01.2009: 0,7472.
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ab 01.01.2010: 0,7585
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ab 01.01.2011: 0,7435
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ab 01.01.2012: 0,7491
Praxistipp:
Die Daten sind vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziales bis zum 31.12. eines Jahres für das folgende Kalenderjahr im Bundesanzeiger bekanntzugeben.
Bei Beschäftigungen mit Entgelten außerhalb der Gleitzone, in denen zwar das regelmäßige Entgelt in der Gleitzone liegt, das tatsächliche mtl. Entgelt jedoch (zeitweise) die Gleitzone über- oder unterschreitet, entfällt die Anwendung der Formel: Entgelt < 400,01 EUR: Tatsächliches Entgelt x F = beitragspflichtige Einnahme;
Entgelt > 800,00 EUR: Tatsächliches Entgelt = beitragspflichtige Einnahme.
3. Änderung der Gleitzonenformel ab 2013
Ab 2013 wird wegen der Anhebung des Grenzbetrags für geringfügige Beschäftigungsverhältnisse auf 450 EUR die Gleitzone entsprechend angepasst (450 EUR bis 850 EUR).
Die geänderte Gleitzone führt zu einer neuen Gleitzonenformel:
F x 450 + ([850/(850-450)] - [450/(850-450)] x F) x (AE - 450).
Der Gleitzonenfaktor 2013 lautet; 0,7605.
Für Bestandsfälle kommt auch die Gleitzonenformel nach dem bis Ende 2012 gültigen Muster noch für 2 Jahre weiter zum Einsatz.
4. Nichtanwendung der sog. Gleitzone bei Auszubildenden
Die gesetzliche Regelung, wonach Auszubildende im Vergleich zu den geringfügig Beschäftigten bzw. Beschäftigten mit einem Arbeitsentgelt im Bereich der Gleitzone weder vollständig von der eigenen Beitragszahlung befreit sind noch den Vorteil der verminderten Arbeitnehmerbelastung genießen, stellt nach Auffassung des LSG Baden-Württemberg keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Gruppe der Auszubildenden dar. Zur Begründung führt das LSG aus, dass die Gruppe der Auszubildenden in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht besonders schutzbedürftig sei, weshalb die Auszubildenden der Sozialversicherungspflicht selbst dann unterstellt seien, wenn keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde. Auch die Anwendung der Gleitzonenregelung könne nicht verlangt werden. Zweck der Gleitzonenregelung sei es, im sog. Niedriglohnsektor für Arbeitnehmer einen Anreiz zur Aufnahme einer Arbeit zu setzen. Eines solchen Anreizes bedürfe es bei Ausbildungsverhältnissen nicht (BSG, 15.07.2009 - B 12 KR 14/08 R).