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Inhaltsverzeichnis

Ausländische Arbeitnehmer

§ 1 Abs. 4 EStG

§ 1a EStG

§ 39d Abs. 1 EStG

Die Besteuerung ausländischer Arbeitnehmer ist durch das Jahressteuergesetz 1996 grundlegend neu geregelt worden. Im Wesentlichen wird damit den Forderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im so genannten Schumacker-Urteil Rechnung getragen. Der EuGH hatte in seiner Entscheidung vom 14.02.1995 gefordert, dass beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer, die in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässig sind, mit unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern materiellrechtlich zumindest dann gleichzustellen sind, wenn sie ihr Einkommen ganz oder zumindest fast ausschließlich in der Bundesrepublik erzielen (EuGH, 14.02.1995 - C 279/93; DB 1995, 438).

Der wesentliche Vorteil, den die Neuregelung für diesen Personenkreis mit sich bringt, ist die Möglichkeit der familiengerechten Besteuerung Verheirateter nach der Steuerklasse III und dem Splittingtarif (Besonderheiten bei Grenzgängern). Darüber hinaus können seit 1996 auch Arbeitnehmer mit Wohnsitz außerhalb der EU, die in der Bundesrepublik weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden.

Bei ausländischen Arbeitnehmern im privaten Dienst sind seit 1996 folgende Fallvarianten zu unterscheiden:

1. Arbeitnehmer mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik

Ausländische Arbeitnehmer, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt steuerpflichtig. Sie erhalten von der zuständigen Wohnsitzgemeinde grundsätzlich eine Lohnsteuerkarte mit der Steuerklasse I. Auf Grund der Neuregelung des Familienleistungsausgleichs entfällt die bisher mögliche Eintragung eines besonderen Freibetrags zur Berücksichtigung der im Ausland lebenden Kinder. Ob ein Anspruch auf die familiengerechte Steuerklasse III oder IV besteht, hängt davon ab, ob der Arbeitnehmer und sein Ehegatte Angehörige eines Staates der EU oder des EWR sind (Einzelheiten siehe unten).

Der gewöhnliche Aufenthalt im Inland wird stets angenommen, wenn sich ein Arbeitnehmer mindestens sechs Monate im Inland aufhält. Dabei ist grundsätzlich auf die dem Arbeitnehmer erteilte Aufenthaltsgenehmigung abzustellen. Ist die Aufenthaltsgenehmigung zunächst für eine Zeit von weniger als sechs Monaten erteilt worden und wird sie während des Aufenthalts auf mehr als sechs Monate verlängert, so wird der Arbeitnehmer von Anfang an unbeschränkt steuerpflichtig. Unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer erhalten von der Gemeindebehörde eine Lohnsteuerkarte und sind für den Lohnsteuerabzug einem deutschen Arbeitnehmer gleichgestellt.

Die gesamten Einnahmen sind Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit, und zwar auch im Heimatland in ausländischer Währung ausgezahlte Teile des Arbeitslohns. Falls der Arbeitnehmer auf die im Heimatland ausgezahlten Beträge auch eine ausländische Steuer zu entrichten hat, die der deutschen Lohn- oder Einkommensteuer entspricht, kommt eine Anrechnung dieser auf die deutsche Einkommensteuer in Betracht. Dazu muss allerdings ein Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gestellt werden. Selbst wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, wird die Lohnsteuer in der Regel im Tätigkeitsstaat erhoben; Ausnahmen enthalten die Doppelbesteuerungsabkommen z.B. für eine vorübergehende Auslandstätigkeit (weniger als 183 Tage). Falls der ausländische Arbeitnehmer der Meinung ist, dass nach den Doppelbesteuerungsabkommen keine Lohnsteuerpflicht besteht, erteilt das Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers eine entsprechende Freistellungsbescheinigung, die der Arbeitgeber zum Lohnkonto nehmen muss. Den Antrag beim Betriebsstättenfinanzamt kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer stellen.

2. Arbeitnehmer ohne Staatsangehörigkeit eines Staates der EU/EWR / Ledige Arbeitnehmer aus einem EU-/EWR-Staat, die weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik haben

Grundsätzlich sind Arbeitnehmer dieser Personengruppe beschränkt einkommensteuerpflichtig mit ihren inländischen Einkünften (§§ 1 Abs. 4, 49 EStG). Für den Lohnsteuerabzug erhalten die Arbeitnehmer vom Betriebsstättenfinanzamt ihres Arbeitgebers eine besondere Bescheinigung (§ 39d Abs. 1 EStG), aus der sich die für den Lohnsteuerabzug maßgebenden Merkmale ergeben. Erzielen Arbeitnehmer, die zu dieser Personengruppe gehören, ihre Einkünfte ganz oder fast ausschließlich in der Bundesrepublik, können sie auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass ihre Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen und die restlichen, nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte, nicht mehr als 6.136 EUR betragen. Die Grenze von 6.136 EUR ist je nach Heimatstaat des Arbeitnehmers entsprechend der Ländergruppeneinteilung (§ 33a EStG) um 1/3 bzw. 2/3 auf 4.091 EUR bzw. 2.045 EUR zu kürzen. Die Ausübung des Wahlrechts setzt ferner voraus, dass die Höhe der nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird.

Praxistipp:

Für diese Bescheinigung werden entsprechende Vordrucke aufgelegt, die beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt des Arbeitgebers erhältlich sind. Soweit entsprechende Vordrucke nicht verfügbar sind, kann die Höhe der o.g. Einkünfte auch durch einen Einkommensteuerbescheid des Wohnsitzstaates nachgewiesen werden.

Für Zwecke des Lohnsteuerabzugs erhalten auch Arbeitnehmer, die auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden, keine Lohnsteuerkarte, sondern eine Bescheinigung des Betriebsstättenfinanzamtes (§ 39c Abs. 4 EStG), die dem Arbeitgeber zu Beginn des Dienstverhältnisses bzw. zu Beginn des Kalenderjahres vorgelegt werden muss.

Praxistipp:

Bei beschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmern, die nicht nach § 1 Abs. 3 EStG auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden können, empfiehlt es sich, für Werbungskosten und Sonderausgaben einen Freibetrag auf der Bescheinigung eintragen zu lassen, da eine spätere Geltendmachung der Aufwendungen nicht möglich ist. Entsprechende Freibeträge sind nur zu beachten, wenn sie in der Bescheinigung eingetragen sind. Die Anwendung des Splittingtarifs ist in diesen Fällen allerdings nicht möglich.

Ein Lohnsteuer-Jahresausgleich durch den Arbeitgeber oder eine Antragsveranlagung durch das Finanzamt ist nur für unbeschränkt Steuerpflichtige vorgesehen. Der Arbeitgeber kann für beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer weder nach Ablauf des Jahres einen Lohnsteuer-Jahresausgleich durchführen, noch kann er sie in den permanenten Lohnsteuerjahresausgleich einbeziehen.

3. Arbeitnehmer mit Staatsangehörigkeit eines Staates der EU/EWR und Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik

Wohnt der Ehegatte des unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Arbeitnehmers in einem Staat der EU /EWR gelten für die Besteuerung nach § 1a EStG im Wesentlichen dieselben Bestimmungen wie für unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einkünfte im Kalenderjahr zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen und die restlichen, nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte, nicht mehr als 12.272 EUR betragen (maßgebend sind bei nicht getrennt lebenden Ehegatten die gemeinsamen Einkünfte). Die Grenze von 12.272 EUR ist je nach Heimatstaat des Arbeitgebers entsprechend der Ländergruppeneinteilung (§ 33a EStG) um 1/3 bzw. 2/3 auf 8.182 EUR bzw. 4.091 EUR zu kürzen. Die Höhe der nicht der deutschen Steuer unterliegenden Einkünfte ist auch hier durch eine entsprechende Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörden nachzuweisen (Einzelheiten dazu s.o.).

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, ergeben sich folgende Rechtsfolgen:

  • Der Arbeitnehmer erhält zwar keine Lohnsteuerkarte, dafür aber eine Bescheinigung nach § 39c Abs. 4 EStG, auf der auf Antrag die Steuerklasse III, Kinderfreibeträge und ggfs. ein Freibetrag nach § 39 a EStG eingetragen werden können.

  • Sind die Ehegatten geschieden oder leben dauernd getrennt, können Unterhaltsleistungen auch dann als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG), wenn der Ehegatte nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (Realsplitting). Voraussetzung ist, dass die Besteuerung der Unterhaltsleistungen beim Unterhaltsempfänger durch eine Bescheinigung der ausländischen Steuerbehörden nachgewiesen wird.

  • Alleinstehende oder dauernd getrennt lebende Arbeitnehmer haben auch dann Anspruch auf einen Haushaltsfreibetrag und den Abzug von Kinderbetreuungskosten, wenn das Kind nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, aber im Haushalt des Arbeitnehmers in einem EU/EWR-Staat lebt. Bei Arbeitnehmern kann bei entsprechender Eintragung auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuer nach der Steuerklasse II einbehalten werden.

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