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Inhaltsverzeichnis

Antragsveranlagung

§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG

1. Allgemeines

Die Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gibt dem Arbeitnehmer, der nicht schon aus anderen Gründen verpflichtet ist, eine Einkommensteuererklärung abzugeben, die Möglichkeit, dies freiwillig zu tun, um steuermindernde Aufwendungen auch außerhalb des Lohnsteuerverfahrens geltend zu machen.

Hat der Arbeitgeber zu wenig Lohnsteuer einbehalten, kann der Antrag auf Veranlagung zurück genommen werden. In diesem Fall ist aber das Betriebsstätten-Finanzamt des Arbeitgebers berechtigt, die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer beim Arbeitnehmer nachzuerheben.

Ein wirksamer Antrag setzt voraus, dass die Steuererklärung vom Steuerpflichtigen - bei Ehepaaren von beiden Ehegatten - eigenhändig unterschrieben wurde. Allerdings bleiben die Regelungen der §§ 80 ff AO zur Vertretung bzw. Vollmacht unberührt.

Eine Antragsveranlagung lohnt sich immer, wenn der Arbeitnehmer noch Aufwendungen geltend machen kann, die beim Lohnsteuerabzug noch nicht berücksichtigt wurden. In Betracht kommen in erster Linie folgende Fälle:

  • Werbungskosten über 1.000 EUR (bis 2010 = 920 EUR)

  • erhöhte Vorsorgeaufwendungen

  • Sonderausgaben (wie z.B. Kirchensteuern, Spenden, Ausbildungskosten), die über dem Sonderausgaben-Pauschbetrag von 36 EUR, 72 EUR (Ledige/Verheiratete) liegen

  • Kinderbetreuungskosten

  • außergewöhnliche Belastungen, wie Krankheitskosten, Unterstützung bedürftiger Angehöriger etc.

  • erstmalige Feststellung oder Änderung einer Körperbehinderung

  • Verluste aus anderen Einkunftsarten, z.B. Vermietung und Verpachtung, Gewerbebetrieb

  • Steuerermäßigung gem. § 35a EStG für z.B. haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen

  • Berücksichtigung nicht ausgeglichener Verluste aus den Vorjahren (Verlustabzug, § 10d EStG)

  • unregelmäßige Lohnzahlungen

  • Steuerklassenkombination IV/IV und unterschiedlich hoher Arbeitslohn der Ehegatten

  • Abzug von Kinderfreibeträgen statt Kindergeld.

2. Wegfall der Zweijahresfrist

§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG regelte, dass der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen ist. Durch das JStG 2008 ist diese Zweijahresfrist weggefallen. Nach § 52 Abs. 55 j Satz 2 EStG ist die Änderung erstmals ab dem VZ 2005 anzuwenden. Außerdem ist sie für VZ vor 2005 anzuwenden, wenn der Antrag auf Veranlagung bis zum 28.12.2007 (= Tag der Verkündung des JStG 2008 im BGBl) beim Finanzamt eingegangen ist und über den Antrag am 28.12.2007 noch nicht bestandskräftig entschieden war.

3. Festsetzungsverjährung

Nach Wegfall der Zweijahresfrist kann der Antrag auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt werden. Diese beträgt vier Jahre (§ 169 Abs. 2 AO) und beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, für das der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gestellt wird (§ 170 Abs. 1 AO). Der erstmalige Antrag auf Durchführung einer Veranlagung für den VZ 2008 kann somit noch bis zum 31.12.2012 gestellt werden.

Nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist in Fällen, in denen eine Einkommensteuererklärung abzugeben ist, abweichend von § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuererklärung eingereicht wird, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Diese Regelung betrifft ausschließlich Fälle, in denen der Steuerpflichtige aufgrund einer gesetzlichen Regelung zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung verpflichtet ist oder das Finanzamt ihn zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert hat. Die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gilt nach Verwaltungsauffassung nicht, wenn ohne Aufforderung durch das Finanzamt eine Steuererklärung eingereicht wird, durch die der Antrag auf Einkommensteuerveranlagung gestellt wird.

Eine Besonderheit gilt nach Verwaltungsmeinung nur für Anträge auf Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung für einen VZ vor 2005, wenn der Antrag bis zum 28.12.2007 beim Finanzamt eingegangen ist und über den Antrag am 28.12.2007 noch nicht bestandskräftig entschieden war. Mit Urteilen vom 15.01.2009 - VI R 23/08, BFH/NV 2009, 755 und VI R 63/06, BFH/NV 2009, 1105, hat der BFH entschieden, dass dem Antrag auf Veranlagung in diesen Fällen - unabhängig vom Ablauf der Festsetzungsfrist - zu entsprechen ist.

Der BFH hat entschieden, dass eine Anlaufhemmung gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in den Fällen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG i.d.F. des JStG 2008 (Antragsveranlagung) nicht in Betracht kommt (BFH, 14.04.2011 - VI R 53/10 sowie BFH, 14.04.2011 - VI R 86/10). Mit Urteil vom 06.10.2011 - VI R 17/11 - hat der BFH die Verwaltungsauffassung bestätigt, dass auch bei Antragsveranlagungen für VZ vor 2005 für Arbeitnehmer mit Nebeneinkünften, deren Summe den negativen Betrag von 410 EUR übersteigt, die Festsetzungsfrist zu beachten ist und die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO keine Anwendung findet. Der BFH hat in seinem Urteil vom 28.03.2012 - VI R 68/10 entschieden, dass die Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO im Fall einer Antragsveranlagung auch dann nicht greift, wenn die Voraussetzungen für eine Pflichtveranlagung erst nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist begründet werden. Dabei sei unerheblich, ob sich die Pflichtveranlagung aus einem nach Ablauf der regulären Festsetzungsfrist abgegebenen Antrag des Stpfl. oder einer zu späten behördlichen Aufforderung ergibt.

Hinweis:

Der BFH hat mit Beschluss vom 23.02.2012 - VI B 118/11 - die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des FG Köln vom 12.10.2011 - 10 K 1349/10, nach dem die Anlaufhemmung bei einer Antragsveranlagung keine Anwendung findet, zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss ist unter dem Az. 1 BvR 924/12 eine Verfassungsbeschwerde anhängig. Einsprüche, die sich auf die Verfassungsbeschwerde stützen, ruhen von Gesetzes wegen (§ 363 Abs. 2 AO).

4. Antragsveranlagung bei Kapitaleinkünften

Der Satz der sog. Abgeltungsteuer für Kapitaleinkünfte wurde ab 2009 auf 25 % festgesetzt. Dazu kommen Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer, sodass in der Summe 28 % einbehalten werden. Wer also zu den "Besser"- oder "Gut"-Verdienenden gehört, profitiert von der Abgeltungsteuer. Sobald der persönliche Steuersatz über 25 % (in der Spitze beträgt er 42 %, für "Reiche" sogar 45 %) liegt, ist die Abgeltungsteuer günstiger als die derzeitige Regelung. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen sind eigentlich mit der Abgeltungsteuer abgegolten.

Wessen persönlicher Steuersatz dagegen gerade bei oder sogar unter 25 % liegt, der würde zu den "Verlierern" der Reform gehören. Deshalb wurde ein Wahlrecht zur Veranlagung geschaffen (§ 32d Abs. 4 EStG). Wer ein so niedriges Einkommen hat, dass sein persönlicher Steuersatz die 25 %-Marke nicht übersteigt, der kann sich veranlagen lassen und erhält so die zu viel "an der Quelle" einbehaltene Abgeltungsteuer zurück. Der Werbungskostenabzug ist auch bei Veranlagung ausgeschlossen. Es bleibt bei dem Sparer-Pauschbetrag (801 EUR).

5. Arbeitnehmer-Sparzulage

Die Antragsfrist für die Festsetzung der Arbeitnehmer-Sparzulage ist mit dem Bürgerentlastungsgesetz Krankenversicherung ebenfalls verlängert worden. Die geänderte Regelung ist nach § 17 Absatz 10 des 5. VermBG erstmals für vermögenswirksame Leistungen anzuwenden, die nach dem 31.12.2006 angelegt worden sind und in Fällen, in denen bis zum 22.07.2009 über einen Antrag auf Arbeitnehmer-Sparzulage noch nicht bestandskräftig entschieden ist. Die frühere Zweijahresfrist ist entfallen.

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