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Inhaltsverzeichnis

Fahrtenbuch

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG

§ 8 Abs. 2 EStG

1. Allgemeines

Den Vorteil, den ein Unternehmer bzw. Arbeitnehmer durch die private Nutzung eines Firmenwagens erlangt, muss er versteuern (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 bzw. § 8 Abs. 2 EStG). Dies kann mit einem pauschalen Nutzungswert erfolgen (sog. 1%-Regelung). Alternativ zugelassen ist der Einzelnachweis, in welchem Umfang Fahrten zur Arbeit bzw. Privatfahrten vorliegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG bzw. § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG). Der Wert kann danach mit dem auf diesen Anteil entfallenden Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werden, wenn die die durch das Fahrzeug insgesamt entstandenen Kosten durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten sowie der Fahrten zwischen Wohnung und Betrieb/Arbeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Hier soll also ein Fahrtenbuch die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen/beruflichen Sphäre auf der einen Seite und zur privaten Sphäre auf der anderen Seite ermöglichen. Die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuches steht immer wieder auf dem Prüfstand der Außenprüfung. Die Finanzverwaltung gibt hierzu kein offizielles Fahrtenbuch heraus. Es gibt jedoch zahlreiche Kriterien, an denen sich der Steuerpflichtige orientieren kann. Zu den Anforderungen an ein Fahrtenbuch vgl. a. BMF, 18.11.2009 - IV C 6 - S 2177/07/10004, DStR 2009, 2485.

2. Dienstliche Fahrten

Es sind laufend und zeitnah Aufzeichnungen in geschlossener Form zu führen. Ein anhand von Notizzetteln nachträglich erstelltes Fahrtenbuch genügt diesen Anforderungen nicht (BFH, 09.11.2005 - VI R 27/05, BStBl II 2006, 408).

Nach R 8.1 Abs. 9 Nr. 2 LStR sind bei dienstlichen Fahrten grundsätzlich folgende Angaben erforderlich:

  1. Datum und Kilometerstand zu Beginn und am Ende jeder einzelnen Auswärtstätigkeit;

  2. Reiseziel und bei Umwegen auch die Reiseroute;

  3. Reisezweck und aufgesuchte Geschäftspartner.

Diese vorgenannten Grundsätze hat der BFH bestätigt. Zusätzlich hat er ausgeführt, dass

  1. mehrere Teilabschnitte einer einheitlichen beruflichen Reise miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden können, wenn die einzelnen aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in zeitlicher Reihenfolge aufgeführt werden,

  2. der Übergang von der beruflichen Nutzung zur privaten Nutzung des Fahrzeugs im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Gesamtkilometerstands zu dokumentieren ist,

  3. die erforderlichen Angaben sich dem Fahrtenbuch selbst entnehmen lassen müssen. Ein Verweis auf ergänzende Unterlagen ist nur zulässig, wenn der geschlossene Charakter der Fahrtenbuchaufzeichnungen dadurch nicht beeinträchtigt wird.

3. Private Fahrten

Für Privatfahrten genügt die Angabe der jeweils gefahrenen km. Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genügt ein entsprechender Vermerk im Fahrtenbuch mit Angabe der jeweils gefahrenen km.

4. Zeitraum

Die Führung des Fahrtenbuchs kann nicht auf einen repräsentativen Zeitraum beschränkt werden, selbst wenn die Nutzungsverhältnisse keinen größeren Schwankungen unterliegen. Anstelle des Fahrtenbuchs kann ein Fahrtenschreiber eingesetzt werden, wenn sich daraus dieselben Erkenntnisse gewinnen lassen.

5. Anforderungen

Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG liegt nur vor, wenn es zeitnah und in geschlossener Form geführt worden ist und es die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergibt. Das Merkmal der Zeitnähe bezieht sich allein auf den zeitlichen Zusammenhang zwischen einer durchgeführten Fahrt und dem schriftlichen oder elektronischen Festhalten dieser Fahrt in einer Aufzeichnung, die die Anforderungen an ein Fahrtenbuch erfüllt (BFH, 21.04.2009 - VIII R 66/06, BFH/NV 2009, 1422). Es reicht nicht aus, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind und diese Angaben erst mit nachträglich erstellten Auflistungen präzisiert werden (BFH, 01.03.2012 - VI R 33/10).

Bei Ausdrucken von elektronischen Aufzeichnungsgeräten müssen nachträgliche Veränderungen der aufgezeichneten Angaben technisch ausgeschlossen, zumindest aber dokumentiert sein. Ein im Tabellenkalkulationsprogramm MS-Excel erstelltes Fahrtenbuch genügt den Anforderungen nicht. Kleinere Mängel eines Fahrtenbuches (z.B. Abweichungen zwischen Kilometerangaben im Fahrtenbuch und Werkstattrechnungen) führen nicht zwingend zur Verwerfung des Fahrtenbuches und danach zur Anwendung der 1 %-Regelung (BFH, 10.04.2008 - VI R 38/06, BStBl II 2008, 768). Im vorgenannten Urteilsfall stellte das Finanzamt anlässlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung bezüglich der Fahrtenbücher Folgendes fest: Im Jahr 00 war eine Fahrt nicht aufgezeichnet worden, obwohl für diesen Tag eine Tankrechnung vorlag. Im Jahr 02 stimmten die Angaben in zwei Werkstattrechnungen zum km-Stand nicht mit dem Fahrtenbuch überein. Außerdem ergab sich bei einer 800-km-Fahrt eine Abweichung gegenüber dem Routenplaner von 40 km. Im Jahr 03 waren an drei Tagen Fahrten nicht (Tankfahrt), nicht vollständig (Umwegfahrten fehlten) oder unzutreffend (z.B. beruflich statt privat) eingetragen worden. FG und BFH haben für 00 und 02 das Fahrtenbuch trotz der Mängel anerkannt. Für 03 wurden die Fahrtenbücher aufgrund der Vielzahl der Mängel verworfen.

Der BFH hat klargestellt, dass handschriftliche Aufzeichnungen lesbar sein müssen, da sie andernfalls ihren Zweck nicht erfüllen können. Dazu genügt es nicht, dass der Steuerpflichtige vorgibt, seine Aufzeichnungen selbst lesen zu können, denn sie dienen nicht dem Steuerpflichtigen als Erinnerungsstütze, sondern zum Nachweis gegenüber dem Finanzamt (BFH, 14.03.2012 - VIII B 120/11).

6. Elektronisches Fahrtenbuch

Eine mithilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei genügt den Anforderungen an ein Fahrtenbuch nur dann, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder zumindest in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offen gelegt werden (BFH, 16.11.2005 - VI R 64/04, BStBl II 2006, 410).

Diese Anforderungen sind dann nicht erfüllt, wenn zwar automatisch aufgezeichnete Daten zu Datum, Uhrzeit, Fahrdauer, Tachostand und gefahrenen Kilometern nicht mehr nachträglich änderbar sind, allerdings die Angaben zu Art, Zweck und Ziel der Fahrten sowie Bemerkungen nachträglich geändert werden können. Denn in diesem Fall besteht die Möglichkeit der jederzeitigen Änderung der für die Abgrenzung der privaten von der betrieblichen Veranlassung maßgeblichen Daten, ohne dass diese Änderungen sichtbar werden und nachverfolgt werden können. Hier unterscheidet sich das elektronische Fahrtenbuch deutlich von einem handschriftlich geführten Fahrtenbuch, in dem nachträgliche Änderungen durch Durchstreichungen, Überklebungen oder herausgerissene Seiten sichtbar bleiben (FG Münster, 04.02.2010 - 5 K 5046/07 E, U).

7. Webportal

Fraglich ist, ob ein elektronisches Fahrtenbuch, in dem alle Fahrten automatisch bei Beendigung jeder Fahrt mit Datum, Kilometerstand und Fahrtziel erfasst werden, zeitnah geführt ist, wenn der Fahrer den Fahrtanlass erst nachträglich in einem Webportal einträgt. Bei einem elektronischen Fahrtenbuch ist die nachträgliche Eintragung des Fahrtzwecks in einem Webportal zulässig. Dabei müssen die Person und der Zeitpunkt der nachträglichen Eintragung im Webportal dokumentiert sein. Für das Merkmal "zeitnahe Eintragung/zeitnahes Führen des Fahrtenbuches" wird keine Festlegung auf eine bestimmte Anzahl von Tagen getroffen. Es wird anhand der Umstände des Einzelfalls geprüft, ob das Merkmal "zeitnah" erfüllt ist. Als zeitnah anzusehen ist auf jeden Fall, wenn der Fahrer den dienstlichen Fahrtanlass innerhalb eines Zeitraums von bis zu 7 Kalendertagen nach Abschluss der jeweiligen Fahrt in einem Webportal einträgt.

Bei einem manuell geführten Fahrtenbuch sind die Eintragungen unmittelbar nach Abschluss der jeweiligen Fahrt vorzunehmen.

8. Aufzeichnungserleichterungen

Ein Fahrtenbuch soll die Zuordnung von Fahrten zur betrieblichen bzw. beruflichen Sphäre ermöglichen. Bei beruflich veranlasster Auswärtstätigkeit müssen die über die Kilometer hinausgehenden Angaben hinsichtlich Reiseziel, Reiseroute, Reisezweck und aufgesuchtem Geschäftspartner die berufliche Veranlassung plausibel erscheinen lassen und ggf. eine stichprobenartige Nachprüfung ermöglichen. Auf einzelne dieser zusätzlichen Angaben kann verzichtet werden, soweit wegen der besonderen Umstände im Einzelfall die erforderliche Aussagekraft und Überprüfungsmöglichkeit nicht beeinträchtigt wird.

Bei Kundendienstmonteuren, Kurierdienstfahrern, Automatenaufstellern, Handelsvertretern etc. mit täglich wechselnden Auswärtstätigkeiten reicht es z.B. aus, wenn sie angeben, welche Kunden sie an welchem Ort aufsuchen. Angaben über die Reiseroute und zu den Entfernungen zwischen den Stationen einer Auswärtstätigkeit sind nur bei größerer Differenz zwischen direkter Entfernung und tatsächlicher Fahrtstrecke erforderlich. Bei sicherheitsgefährdeten Personen, deren Fahrtroute häufig von sicherheitsmäßigen Gesichtspunkten bestimmt wird, kann auf die Angabe der Reiseroute auch bei größeren Differenzen zwischen der direkten Entfernung und der tatsächlichen Fahrtstrecke verzichtet werden.

Bei Fahrten eines Taxifahrers im sog. Pflichtfahrgebiet ist es in Bezug auf die allgemeinen Voraussetzungen Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchtem Geschäftspartner ausreichend, täglich zu Beginn und Ende der Gesamtheit dieser Fahrten den Kilometerstand anzugeben mit der Angabe "Taxifahrten im Pflichtfahrgebiet" o. ä.. Wurden Fahrten durchgeführt, die über dieses Gebiet hinausgehen, kann auf die genaue Angabe des Reiseziels nicht verzichtet werden.

Für Fahrlehrer ist es ausreichend, in Bezug auf Reisezweck, Reiseziel und aufgesuchtem Geschäftspartner Lehrfahrten, Fahrschulfahrten o. ä. anzugeben.

Werden regelmäßig dieselben Kunden aufgesucht (wie z. B. beim Lieferverkehr) und werden die Kunden mit Name und (Liefer-)Adresse in einem Kundenverzeichnis unter einer Nummer geführt, unter der sie später identifiziert werden können, bestehen keine Bedenken, als Erleichterung für die Führung eines Fahrtenbuches zu Reiseziel, Reisezweck und aufgesuchtem Geschäftspartner jeweils zu Beginn und Ende der Lieferfahrten Datum und Kilometerstand sowie die Nummern der aufgesuchten Geschäftspartner aufzuzeichnen. Das Kundenverzeichnis ist dem Fahrtenbuch beizufügen.

9. Methodenwechsel

Das FG Münster hat entschieden, dass ein Fahrtenbuch nicht mehr ordnungsgemäß ist, wenn mit seiner Führung - nach vorheriger Anwendung der Pauschalmethode - erst innerhalb eines Jahres begonnen wird (FG Münster, 27.04.2012 - 4 K 3589/09 E).

Praxistipp:

Das Finanzgericht hatte die Revision zugelassen. Diese ist nun beim Bundesfinanzhof anhängig: VI R 35/12.

10. Deckelungsregelung

Wird im Rahmen der Außenprüfung der Finanzverwaltung das Fahrtenbuch nicht anerkannt, so ist zwar grundsätzlich der gesetzliche Pauschalwert zu besteuern, die Pauschalwerte sind der Höhe nach aber auf die tatsächlichen Gesamtkosten eines Fahrzeugs während des Überlassenszeitraums bzw. des Kalenderjahres begrenzt. Der BFH hat mit Urteil vom 14.03.2007 - XI R 59/04, BFH/NV 2007 S. 1839, diese sog. Kostendeckelungsmethode als Billigkeitsregelung gemäß § 163 AO für zulässig erachtet.

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