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MOSS-Verfahren (Mini-One-Stop-Shop) als Sonderregelung für die Umsatzsteuer

Das MOSS-Verfahren (Mini-One-Stop-Shop) ist ein Verfahren zur vereinfachten Abwicklung der Umsatzsteuer für elektronische Dienstleistungen, die an Endkunden in anderen EU-Ländern erbracht werden. Wesentliches Merkmal der elektronischen Dienstleistungen ist, dass sie über das Internet oder andere elektronische Netze erbracht werden und weitestgehend automatisiert erfolgen. Sie erfordern nur minimale menschliche Beteiligung und wären ohne Informationstechnologie nicht möglich.

Dabei muss ein Unternehmen, das in einem EU-Land ansässig ist und elektronische Dienstleistungen an Endkunden in anderen EU-Ländern erbringt, in jedem EU-Land, in dem es Kunden hat, Umsatzsteuer registrieren und abführen. Das kann für Unternehmen sehr aufwendig und kompliziert sein, insbesondere für kleine Unternehmen, die nur gelegentlich Umsätze in anderen EU-Ländern erzielen. Das MOSS-Verfahren soll dieses Problem lösen, indem es Unternehmen ermöglicht, alle Umsatzsteuern für elektronische Dienstleistungen, die an Endkunden in anderen EU-Ländern erbracht werden, in dem EU-Land zu registrieren und abzuführen, in dem sie ansässig sind. Das bedeutet, dass ein Unternehmen, das in Deutschland ansässig ist und elektronische Dienstleistungen an Kunden in Frankreich, Spanien und Italien erbringt, seine Umsatzsteuer nur in Deutschland registrieren und abführen muss.

Das MOSS-Verfahren ist ein optionales Verfahren, das für Unternehmen zur Verfügung steht, die grenzüberschreitende Umsätze von elektronischen Dienstleistungen an Endkunden erzielen. Unternehmen müssen sich für das Verfahren registrieren, in dem EU-Land, in dem sie ansässig sind, und können dann über das Verfahren ihre Umsatzsteuer für alle anderen EU-Länder abwickeln.



1 Was sind elektronische Dienstleistungen?

Beispiele für elektronische Dienstleistungen sind:

  • Vertrieb elektronischer Produkte (z.B. von Software und Updates) zum Download über das Internet sowie automatisierte Online-Installationen
  • Bereitstellung und Hosting von Websites
  • elektronische Bereitstellung von Bildern, Texten bzw. Informationen (z.B. E-Books) und Musik (auch Klingeltöne)
  • Anbieten von elektronischen Datenbanken und Verzeichnissen sowie von Dienstleistungen, die mit diesen zusammenhängen (z.B. Google AdWords)
  • elektronische Bereitstellung von Filmen, Online- und Glücksspielen
  • Gewährung des Zugangs zu Online-Versteige­run­gen, Online-Marktplätzen und sonstigen Online- Vertriebs- oder Einkaufsplattformen
  • Erbringung von Fernunterrichtsleistungen (sogenannter virtueller Klassenraum)

Diese - nicht abschließende - Aufzählung zeigt, dass sehr viele Unternehmen elektronische Dienstleistungen anbieten (können), nicht etwa nur große IT- und Medienunternehmen.

Wichtig ist zu wissen, dass nicht alle Leistungen, die über das Internet angeboten werden, zugleich auch elektronische Dienstleistungen sind. Vielmehr müssen sie über das Internet erbracht werden.

Beispiel 1

Ein Unternehmer verkauft Computerspiele über seinen Online-Shop. Nach Bestelleingang werden die Spiele-DVDs per Post an die Kunden ausgeliefert. Der Bestellvorgang wird vollständig über das Internet abgewickelt, inklusive weitestgehend automatisiertem E-Mail-Support bei Fragen und Reklamationen. Selbst die Auslieferung erfolgt über ein ausgeklügeltes Lagersystem fast vollständig automatisiert.

Trotz vollständiger Abwicklung über das Internet und weitestgehender Automatisierung des Prozesses liegt keine elektronische Dienstleistung vor, da die Kunden durch die DVDs immer noch einen körperlichen Gegenstand erhalten.

Beispiel 2

Der Unternehmer aus Beispiel 1 führt neben dem postalischen Vertrieb auch einen Vertrieb der Spiele über einen Download-Bereich ein.

Der Verkauf der Spiele per Download stellt eine elektronische Dienstleistung dar, da der Vertrieb ausschließlich über das Internet erfolgt und der Kunde nichts Körperliches mehr „in den Händen hält“.

Hinweis

Durch immer neue Innovationen im Bereich der Informationstechnologie entwickeln sich auch Vertriebsformen und Produkte ständig weiter (z.B. Cloud Computing). Daher sollten Sie bei jeder technischen Neuerung, die Sie in Ihrer Produktpalette oder Ihrem Vertrieb vornehmen, zugleich überprüfen, ob Sie dadurch den Katalog Ihrer elektronischen Dienstleistungen erweitern.


2 Bisherige Bestimmung des Leistungsorts

Der steuerliche Begriff „Ort der (sonstigen) Leistung“ legt fest, wo - insbesondere in welchem Staat - ein Umsatz zu versteuern ist. Dieser Ort ist eine reine Gesetzesfiktion und hat unter Umständen mit dem tatsächlichen Ort der Nutzung oder Erbringung der Dienstleistung nichts zu tun. Bisher lässt sich der umsatzsteuerliche Ort der elektronischen Dienstleistungen danach bestimmen, ob diese

  • an einen Unternehmer (Business-to-Business, B2B) oder
  • an einen Verbraucher erbracht werden (Business-to-Consumer, B2C).

Vorsicht

Der B2C-Bereich umfasst als Empfänger auch juristische Personen (z.B. Vereine und nichtunternehmerische Organisationen), denen keine Umsatzsteuer-Identifikations­nummer erteilt wurde. Nur wenn sie eine Umsatzsteuer-Identifikations­nummer verwenden, werden diese juristischen Personen nach B2B-Grundsätzen behandelt (siehe unten). Der B2C-Bereich umfasst außerdem auch solche Dienstleistungen, die Unternehmer für ihren privaten Bedarf beziehen.

B2B-Umsätze

Hier richtet sich der Ort der Leistung immer nach dem Bestimmungslandprinzip. Leistungsort ist also regelmäßig der Unternehmenssitz des Kunden, für den die Leistung bestimmt ist. Liegt dieser in Deutschland, gilt deutsches Umsatzsteuerrecht.

Beispiel 3, Inlandsfall B2B

Unternehmer A aus Frankfurt gewährt dem Unternehmer B aus Aachen kostenpflichtigen Zugang zu seinem Online-Archiv. Hier findet B Bauanleitungen zum Download, die er für Reparaturen an seiner Produktionsstätte in Deutschland benötigt.

Da die Leistung ausschließlich über das Internet erbracht wird, liegt eine elektronische Dienstleistung vor. Leistungsort ist Deutschland (Aachen), da B seinen Sitz dort hat. Als Leistungserbringer stellt A seine Rechnung an B mit deutscher Umsatzsteuer und schuldet diese auch. Leistungsempfänger B kann entsprechend Vorsteuer geltend machen.

Beispiel 4, EU- oder Drittlandsfall B2B

Unternehmer A aus Sevilla in Spanien (alternativ auch: USA) gewährt dem Unternehmer B aus Aachen kostenpflichtigen Zugang zu seinem Online-Archiv mit Bauanleitungen zum Download, die B für Reparaturen an seiner Produktionsstätte in Deutschland benötigt.

Auch hier liegt der Ort der Leistung im deutschen Inland (Bestimmungslandprinzip im B2B-Bereich). Leistungserbringer A stellt seine Rechnung an B allerdings ohne Umsatzsteuer aus. Denn B schuldet die Umsatzsteuer auf die Leistung des ausländischen Unternehmers und hat diese an das deutsche Finanzamt abzuführen. Die Steuer kann er - wie die Vorsteuer - in der Umsatzsteuervoranmeldung geltend machen.

Im B2B-Bereich spielt es insoweit keine Rolle, ob der Leistungserbringer im EU-Ausland oder in einem Drittland (Nicht-EU-Land) sitzt.

B2C-Umsätze

Erbringt ein Unternehmer eine Dienstleistung an einen Privatkunden, gilt grundsätzlich der Sitz des leistenden Unternehmers als Ort der Leistung (Ursprungslandprinzip). Für Umsätze von Unternehmern aus Drittstaaten an Privatkunden gelten abweichende Sonderregelungen und besondere Verfahrensweisen.

Beispiel 5, Inlandsfall B2C

Unternehmer A aus Berlin verkauft an die Privatperson P aus München einen kostenpflichtigen Zugang zu einem Online-Spiel.

Da A seinen Sitz im Inland hat, ist der Ort der elektronischen Dienstleistung im Inland. Als Leistungserbringer stellt A seine Rechnung an P mit Umsatzsteuer aus, die Letzterer als Privatperson nicht als Vorsteuer abziehen kann.

Beispiel 6, EU-Fall B2C

Unternehmer A aus Frankreich verkauft an die Privatperson P mit Wohnsitz in Essen einen kostenpflichtigen Zugang zu einem brandneuen Online-Spiel.

A hat seinen Sitz in der EU, somit gilt Frankreich als Leistungsort (Ursprungslandprinzip). A stellt P seine Dienstleistung mit Umsatzsteuer in Rechnung; P hat als Privatperson keinen Vorsteuerabzug.

Beispiel 7, Drittlandsfall B2C

Unternehmer A mit Firmensitz in New York, USA, gewährt der Privatperson P aus Hamburg Zugang zu einer Online-Videothek mit alten amerikanischen B-Movies.

Vorsicht Ausnahme: Bei elektronischen Dienst­leistungen von Drittlandsunternehmern an inländische Privatpersonen verlagert sich der Ort der Leistung ins Inland. Das bedeutet, dass der Unternehmer A sich in Deutschland registrieren und Umsatzsteuer an das deutsche Finanzamt abführen muss.

Erbringt ein Unternehmer in mehreren EU-Staaten elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen, hat er im Rahmen des sogenannten VoeS-Verfahrens (VAT on e-Services) die Möglichkeit (Wahlrecht!), sich lediglich in einem EU-Staat zu registrieren und dort zentral elektronische Umsatzsteuererklärungen für alle EU-Staaten abzugeben.

3 Änderungen bei elektronischen Dienstleistungen ab 2015

3.1 Bei EU-Fällen im B2C-Bereich: Bestimmungslandprinzip

Ab dem 01.01.2015 gilt bei elektronischen Dienstleistungen im Bereich B2C auch bei EU-Fällen das Bestimmungslandprinzip. Der Ort der Leistung liegt somit am Wohnsitz des privaten Kunden bzw. im entsprechenden Staat.

Beispiel 8, EU-Fall Outbound

Unternehmer A aus Berlin betreibt sehr erfolgreich eine

E-Learning-Plattform für verschiedene Sprachen im Internet (virtuelle Klassenräume). Da seine Trainer allesamt drei bis fünf Sprachen sprechen, bietet A seine Dienstleistung neben Deutschland in fünf weiteren EU-Staaten an. Die Leistungen werden größtenteils von Privatpersonen in Anspruch genommen.

Behandlung bis zum 31.12.2014: Für elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen gilt bisher das Ursprungslandprinzip. A stellt an seine privaten EU-Kunden also Rechnungen mit deutscher Umsatzsteuer.

Behandlung ab dem 01.01.2015: Künftig wird es für A komplizierter, da ab 2015 das Empfängerlandprinzip gilt. Der Ort seiner Leistung befindet sich dann an den jeweiligen Wohnsitzen seiner Kunden. Somit wird A in fünf EU-Staaten steuerpflichtig, muss sich in diesen registrieren und Umsatzsteuererklärungen nach den jeweiligen Vorschriften abgeben.

Zu den neuen Vereinfachungsmöglichkeiten erfahren Sie mehr ab Punkt 3.3.

Beispiel 9, EU-Fall Inbound

Unternehmer B betreibt von Luxemburg aus ein sehr erfolgreiches Online-Warenhaus, das in den 90er Jahren als Online-Bücherladen startete und das mittlerweile Kleidung, Musik, Spielzeug und Download-Dienste für Filme etc. an Privatpersonen anbietet - auch in Deutschland.

Behandlung bis zum 31.12.2014: Die Download-Dienste stellen elektronische Dienstleistungen dar. Aufgrund des Ursprungslandprinzips war B für seine elektronischen Dienstleistungen an Privatkunden bisher in Luxemburg steuerpflichtig. Wegen des dortigen, vergleichsweise niedrigen Umsatzsteuersatzes ergab sich für B in Deutschland ein Wettbewerbsvorteil gegenüber ähnlichen inländischen Unternehmen.

Behandlung ab dem 01.01.2015: Nun wird es auch für B komplizierter, da künftig das Empfängerlandprinzip gilt. Der Ort seiner Leistung liegt am Wohnsitz des Empfängers. Somit wird B in jedem einzelnen EU-Staat, in dem er seine Dienste anbietet, umsatzsteuerpflichtig. Er muss sich in allen Staaten registrieren und überall Umsatzsteuererklärungen nach den jeweiligen Vorschriften abgeben.

3.2 Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen im B2C-Bereich

Ab dem 01.01.2015 beschränken sich die Sonderfälle im B2C-Bereich hinsichtlich des Leistungsorts aber nicht auf die elektronischen Dienstleistungen. Auch für die Erbringung von Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehleistungen an Privatpersonen gilt dann das Bestimmungslandprinzip. Der Einfachheit halber sind im weiteren Text auch diese mit einbezogen, wenn von elektronischen Dienstleistungen die Rede ist.

3.3 Mini-One-Stop-Shop-Verfahren: Die Vereinfachungsmöglichkeit

Die „kleine einzige Anlaufstelle“

Durch die beschriebenen Neuregelungen ab 2015 werden Unternehmen, die elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Ländern erbringen, dort auch steuerpflichtig. So ergeben sich möglicherweise in einer Vielzahl von Ländern Registrierungspflichten und Pflichten zur Abgabe von Steuererklärungen (siehe Beispiel 8).

Das ebenfalls neu eingeführte Mini-One-Stop-Shop-Verfahren (MOSS- oder M1SS-Verfahren) ermöglicht es den betroffenen Unternehmen, diese Pflichten durch einmalige Registrierung in nur einem EU-Land potentiell auch für alle anderen Länder der EU zu erfüllen. Ebenso können sie über das Land, in dem sie sich registriert haben, auch sämtliche Steuererklärungspflichten erledigen und Abrechnungen vornehmen.

Diese zentrale Stelle wird im Deutschen auch als „kleine einzige Anlaufstelle“ (KEA) bezeichnet. Die Besteuerungsinformationen werden von der KEA aus in die entsprechenden Mitgliedstaaten der privaten Endverbraucher weitergeleitet. Die Unternehmen werden sich über ein Internetportal dort anmelden und ihre Daten bereitstellen können.

Hinweis

Die Europäische Kommission hat bereits am 23.10.2013 einen „Leitfaden zur kleinen einzigen Anlaufstelle für die Mehrwertsteuer“ veröffentlicht. Dieser soll zur grundlegenden Orientierung dienen und fasst die Detailregelungen zum MOSS-Verfahren zusammen. Er ist auf der Web­site der Europäischen Kommission „Steuern und Zollunion“ abrufbar.

Die KEA richtet sich nach dem sogenannten Mitgliedstaat der Identifizierung. Das ist derjenige EU-Staat, in dem sich der Unternehmer zentral für die Nutzung des MOSS-Verfahrens anmelden muss. Dabei kann es sich grundsätzlich nur um den Mitgliedstaat handeln, in dem sich der Hauptsitz seiner unternehmerischen Tätigkeit befindet.

Für Unternehmen, die ihren Hauptsitz nicht in der EU haben, aber über eine feste Niederlassung in der EU verfügen, gilt Folgendes:

  • Zunächst gilt derjenige Mitgliedstaat, in dem die feste Niederlassung liegt, als der Mitgliedstaat der Identifizierung.
  • Hat das Unternehmen mehrere feste Niederlassungen in der EU, kann es frei entscheiden, welcher Staat der Mitgliedstaat der Identifizierung sein soll.

Ein Unternehmen, das weder den Sitz seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch eine feste Niederlassung in der EU hat, kann den EU-Staat der Registrierung frei wählen.

Wie auch beim VoeS-Verfahren für die Besteuerung von Umsätzen in Drittstaaten ist die Teilnahme am MOSS-Verfahren freiwillig. Entscheidet sich ein Unternehmer für die Teilnahme, muss er jedoch für alle elektronischen Dienstleistungen innerhalb der EU einheitlich zum MOSS-Verfahren optieren - nach dem Prinzip „ganz oder gar nicht“.

Das Verfahren scheidet auch dann aus, wenn das leistende Unternehmen in dem EU-Staat, in dem es elektronische Dienstleistungen erbringt, bereits eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte oder eine feste Einrichtung hat. In diesen Fällen sind die entsprechenden Leistungen in die ohnehin schon abzugebende Umsatzsteuererklärung einzubeziehen.

Aber Achtung: Werden in einem Mitgliedstaat bereits andere umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht, ohne dass dort eine umsatzsteuerliche Betriebsstätte oder eine feste Einrichtung besteht, so kann das MOSS-Verfahren dennoch auch in diesem Staat angewendet werden.

3.4 Das MOSS-Verfahren für inländische Unternehmer

Mit der Einführung des MOSS-Verfahrens übernimmt eine Behörde aus dem einen EU-Land einen Teil der Steuerabwicklung eines anderen EU-Landes. In Deutschland ansässige Unternehmer, die elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Staaten erbringen, können das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) als Anlaufstelle für die Registrierung und die Erledigung der weiteren steuerlichen Pflichten nutzen.

In Deutschland ansässig ist ein Unternehmen dann, wenn es hier seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung hat. Hat es Sitz und Geschäftsleitung im Ausland, so ist eine Betriebsstätte in Deutschland für die Teilnahme am MOSS-Verfahren ausreichend.

Registrierung

Die Registrierung für das MOSS-Verfahren ist beim BZSt grundsätzlich auf elektronischem Weg vorzunehmen. Sie müssen sich vor Beginn des Besteuerungszeitraums anmelden, zu dem Sie die Vereinfachungsregelung erstmals in Anspruch nehmen wollen. Besteuerungszeitraum ist hierbei das Kalendervierteljahr.

Melden Sie sich zum Beispiel zum 01.02. eines Kalenderjahres an, können Sie das Verfahren ab dem 01.04. nutzen. Dafür stellt das BZSt seit dem 01.10.2014 eine Anmeldeplattform zur Verfügung. Registrieren Sie sich bis zum 31.12.2014, können Sie ab dem 01.01.2015 am MOSS-Verfahren teilnehmen.

Abgabe von Umsatzsteuererklärungen

Die Abgabe der Umsatzsteuererklärungen für die anderen EU-Staaten hat jeweils quartalsweise zu erfolgen. Für Quartale, in denen Sie keine entsprechenden Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten erbringen, müssen Sie eine „Nullmeldung“ abgeben. Die Erklärung müssen Sie innerhalb von 20 Tagen nach Ablauf des vierteljährlichen Besteuerungszeitraums einreichen.

Hinweis

Die Umsatzsteuererklärung für das erste Quartal 2015 müssen Sie also spätestens bis zum 20.04.2015 einreichen. Zuschläge für verspätete Erklärungsabgaben werden von deutscher Seite nicht erhoben.

Zahlungsmodalitäten

Parallel zur Abgabe der Erklärung hat grundsätzlich auch die Zahlung zu erfolgen. Die genauen Modalitäten gibt das BZSt noch bekannt. Nach dem in Punkt 3.3 erwähnten EU-Leitfaden wird das BZSt eine Bezugsnummer vergeben, die dann im Rahmen der Zahlung anzugeben ist. Die Zahlung muss bis zum 20. Tag nach der Erklärung erfolgen. Hierbei ist zu beachten, dass sie erst als geleistet gilt, wenn die Gutschrift auf dem dafür vorgesehenen Konto des Mitgliedstaats der Identifizierung - in Deutschland also auf dem Konto des BZSt - erfolgt.

Bei Verspätung werden hierzulande keine Säumniszuschläge erhoben.

Hinweis

Es empfiehlt sich, die Umsatzsteuerzahlungen für die Leistungen in anderen EU-Mitgliedstaaten sehr rechtzeitig anzuweisen, um mögliche Sanktionen auszuschließen. Hierzu bietet sich ein Vorlauf von mindestens fünf Werktagen vor dem 20. des Monats an.

Abmeldung und Ausschluss von MOSS

Sie können Ihre Teilnahme am MOSS-Verfahren natürlich auch widerrufen. Dies müssen Sie dem BZSt vor dem Besteuerungszeitraum, für den der Widerruf gelten soll, auf elektronischem Weg mitteilen.

Im Fall der freiwilligen Abmeldung gilt eine Sperrfrist von zwei Quartalen für eine erneute Anmeldung.

Beispiel 10

Unternehmer U entscheidet sich im Februar 2015, nicht mehr am MOSS-Verfahren teilzunehmen, weil er die betroffenen Dienstleistungen eingestellt hat.

Der Widerruf ist erst ab dem nächsten Quartal - also dem mit April 2015 beginnenden Besteuerungszeitraum - wirksam. Für den März 2015 muss U spätestens am 20.04.2015 noch eine Anmeldung abgeben (gegebenenfalls eine Null­meldung).

Gibt ein Unternehmer wiederholt keine oder nur verspätet Umsatzsteuererklärungen ab oder entrichtet er Zahlungen nicht oder nicht rechtzeitig, so schließt ihn das BZSt von der Teilnahme am MOSS-Verfahren aus. Der Ausschluss beginnt dann ab dem Besteuerungszeitraum, der nach Bekanntgabe des Ausschlusses anfängt.

Es kann davon ausgegangen werden, dass der Ausschluss einen Unternehmer härter treffen wird als Verspätungs- oder Säumniszuschläge. Denn es gilt dann eine Sperrfrist von acht Quartalen. In dieser Zeit muss sich der abgestrafte Unternehmer in jedem einzelnen EU-Staat, in dem er seine elektronischen Dienstleistungen auch an private Kunden verkauft, gesondert registrieren und Umsatzsteuererklärungen abgeben.

Hinweis

Von einem relevanten, wiederholten Verstoß, welcher zum Ausschluss vom MOSS-Verfahren führt, geht die Finanzbehörde dann aus, wenn

  • für drei aufeinanderfolgende Quartale Steuererklärungen angemahnt worden sind, ohne dass der Unternehmer jeweils innerhalb von zehn Tagen nach der Mahnung die Erklärung vorgelegt hätte;
  • für drei aufeinanderfolgende Quartale Zahlungserinnerungen verschickt worden sind, ohne dass der Unternehmer den ausstehenden Betrag innerhalb von zehn Tagen nach der Mahnung beglichen hätte (es sei denn, die Schuld beträgt jeweils weniger als 100 €);
  • der Unternehmer es versäumt hat, seine Steuererklärung innerhalb eines Monats nach der Mahnung zu übermitteln.

Das BZSt stellt den Ausschluss per Verwaltungsakt fest. Dieser kann mit einem Einspruch oder (bei negativer Einspruchsentscheidung) mit einer Klage vor dem Finanzgericht angegriffen werden.

3.5 Das MOSS-Verfahren für ausländische Unternehmer

Mit „ausländischem Unternehmer“ ist hier der EU- oder Drittlandsunternehmer gemeint, der elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen erbringt, die in Deutschland ansässig sind, und für den Deutschland als KEA ausscheidet.

Registrierung

Wie auch der inländische muss der ausländische Unternehmer zunächst seine KEA identifizieren und sich dann bei dieser registrieren (siehe Punkt 3.3). Die rechtlichen Erfordernisse und die Details der Registrierung legt grundsätzlich der Mitgliedstaat der Identifizierung fest, als Rahmen gelten die Regelungen des EU-Rechts. Für die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen in Deutschland ist deutsches Recht anzuwenden. Es gilt der vierteljährliche Besteuerungszeitraum, und die Abgabe hat jeweils zum 20. Tag nach Ablauf des Quartals zu erfolgen.

Zahlungsmodalitäten

Für die Regelung der Zahlungsmodalitäten ist die KEA im Mitgliedstaat der Identifizierung zuständig. Dabei muss sie sich an die EU-rechtlichen Regelungen halten (insbesondere keine Erhebung von Säumnis- und Verspätungszuschlägen).

Abmeldung und Ausschluss von MOSS

Auch hierfür ist der Mitgliedstaat der Identifizierung zuständig. Zu beachten ist, dass grundsätzlich jeder Mitgliedstaat, in dem ein Unternehmer am Markt aktiv ist, den Ausschluss anregen kann. Die letztendliche Entscheidung verbleibt jedoch beim Mitgliedstaat der Identifizierung.

4 Praxistipps

4.1 Leistungen und Empfänger identifizieren

Im ersten Schritt müssen Sie alle grenzüberschreitenden elektronischen Dienstleistungen identifizieren. Diese sind gegebenenfalls abzugrenzen von anderen Leistungen an Privatpersonen.

Zusätzlich ist nun aber auch - ob im Rahmen der selbständigen Registrierung im Verbrauchsstaat oder in dem des MOSS-Verfahrens - die Lokalisierung des Leistungsempfängers von entscheidender Bedeutung. Gerade im Online-Bereich werden Leistungen per Download gegebenenfalls innerhalb von wenigen Minuten abgewickelt, und anhand der Bezahldaten lässt sich nicht immer sicher auf den Standort des Leistungsempfängers schließen. Nach den EU-Vorgaben muss der Ort des Leistungsempfängers jedoch mindestens anhand von zwei Kriterien bestimmt werden. Hierbei kann es sich zum Beispiel um die Rechnungsanschrift, den Ländercode der SIM-Karte oder die Bankverbindung handeln. Mögliche Verfahren der Geolokalisierung über IP-Adressen werfen dagegen datenschutzrechtliche Probleme auf. Hier bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung noch Vereinfachungsregelungen für die Praxis einführt.

4.2 Spezifische Steuerinformationen sammeln

Sie müssen sich mit den umsatzsteuerlichen Regelungen im EU-Staat Ihrer privaten Endkunden vertraut machen. Dies gilt ebenso bei der Anwendung des MOSS-Verfahrens, denn auch dann müssen Sie die Steuer selbst berechnen. Insbesondere folgende Fragen zur Umsatzsteuer im Verbrauchsstaat sind von großer Wichtigkeit:

  • Wird die Dienstleistung im Bestimmungsland als steuerfrei oder steuerpflichtig angesehen? Welcher Steuersatz kommt zur Anwendung?
  • Gibt es einen ermäßigten Steuersatz?
  • Welche Rechnungsvorschriften und Aufbewahrungspflichten sind einzuhalten?

4.3 Änderungen in die IT-Systeme integrieren

Die Umstellung der IT sollten Sie bereits jetzt in Angriff nehmen, wenn die Systeme zum 01.01.2015 einsatzbereit sein sollen. Hierbei ist es notwendig, dass die Kundendaten, insbesondere das Land des Verbrauchs, in den Bestellprozessen berücksichtigt werden.

Außerdem muss die Abgabe der ausländischen Umsatzsteuererklärungen systemseitig berücksichtigt werden. Dies kann dazu führen, dass bis zu 27 neue Umsatzsteuerkonten (gegebenenfalls mit Unterkonten für ermäßigte Steuersätze) angelegt werden müssen. Es hat aber durchaus Sinn, schon bei der ersten Implementierung mehr Länderkonten anzulegen, als aktuell benötigt werden.

Schließlich müssen Sie die Umsatzsteuersätze der Mitgliedstaaten dauernd im Blick behalten und bei Änderungen umgehend Anpassungen vornehmen. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass EU-Staaten ihre Steuersätze recht kurzfristig - und sogar mehrfach - erhöhen können.

4.4 Betriebswirtschaftliche Auswirkungen beachten

Die Neuregelung kann sich auch auf Ihre Preispolitik auswirken - insbesondere wenn die Endkunden bereits an feste Preise gewöhnt sind. Denn in Einzelfällen kann es zu recht hohen Aufschlägen kommen (z.B. bei Leistungen an ungarische Endkunden: von 19 % auf 27 %). Günstigere Mehrwertsteuersätze sind als Wettbewerbsvorteil kaum denkbar, denn zumindest beim Regelsteuersatz wird Deutschland nur noch von Malta (18 %) und Luxemburg (derzeit noch 15 %) unterboten.

Die notwendigen Änderungen in den Bereichen IT, Rechnungswesen und Faktura sind auch eine Anforderung an die Personalplanung. Gegebenenfalls sollten Sie darüber nachdenken, geeignetes Fachpersonal einzustellen oder externe Dienstleister zu beauftragen. Bei Anwendung des MOSS-Verfahrens dürfte es jedoch möglich sein, die Herausforderungen auch ohne die Einschaltung von Dienstleistern in anderen EU-Staaten zu meistern.

4.5 Checkliste

Die größten Schwierigkeiten resultieren nicht aus dem Verständnis der Neuregelungen, sondern aus deren Integration in die betrieblichen Abläufe. Deshalb sind hier die zentralen Punkte als Checkliste aufbereitet, um Ihnen die Kontrolle der relevanten Abläufe zu erleichtern:

  • Erbringt Ihr Unternehmen elektronische Dienstleistungen an Privatpersonen in anderen EU-Ländern? Dann ist eine Identifizierung der Leistungsempfänger inklusive der Leistungsorte erforderlich!
  • Nehmen Sie am MOSS-Verfahren teil? Dies ist insbesondere bei größeren Leistungsbeziehungen mit mehreren EU-Ländern sinnvoll.
  • Die MOSS-Teilnahme entfällt, wenn die Leistung von einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung im anderen EU-Staat erbracht wird!
  • Bedenken Sie bitte: Die Abwicklung nach MOSS kann nur einheitlich für alle Leistungen in allen Ländern erfolgen!
  • Registrieren Sie sich rechtzeitig! Die Plattform auf der Website des BZSt steht seit dem 01.10.2014 zur Verfügung.
  • Holen Sie Informationen über die Besteuerung in den anderen EU-Staaten ein (insbesondere die Steuersätze).
  • Nehmen Sie die Anpassung Ihrer IT-Struktur im Bereich Rechnungswesen und Faktura in Angriff.
  • Bedenken Sie die Auswirkungen der geänderten Steuersätze auf Ihre Preisgestaltung.
  • Nehmen Sie nicht am MOSS-Verfahren teil, müssen Sie sich rechtzeitig in allen Mitgliedstaaten registrieren, in denen Sie elektronische Dienstleistungen an private Endabnehmer erbringen!
  • In diesem Fall sind für die Abwicklung der Steuererklärungen im Ausland umfangreiche Informationen zum jeweiligen Steuerrecht erforderlich! Gegebenenfalls sollten Sie einen deutlichen Mehraufwand gegenüber dem MOSS-Verfahren einplanen.

Rechtsgrundlagen zum Thema: MOSS-Verfahren

AEAO 
AEAO Zu § 233a Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen:



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