Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen wegen Verfassungswidrigkeit?

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 20.12.2022



Zur Frage der Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen liegt eine weitere Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vor: Der VIII. Senat des BFH hält es für denkbar, dass der Säumniszuschlag in Höhe von 1 % pro Monat bzw. 12 % pro Jahr verfassungswidrig ist. Die Rechtsprechung des BFH bleibt damit in dieser Frage uneinheitlich, da die einzelnen Senate des BFH unterschiedlich über eine Aussetzung der Vollziehung entscheiden.

Hintergrund: Säumniszuschläge entstehen bei einer verspäteten Zahlung. Sie belaufen sich auf 1 % pro angefangenen Monat, d.h. auf 12 % pro Jahr. Nach allgemeinem Verständnis dienen Säumniszuschläge sowohl als Druckmittel als auch als Gegenleistung für die verspätete Zahlung; sie enthalten also einen Zinsanteil. Weiterhin sollen sie den Verwaltungsaufwand des Finanzamts bei der Verwaltung der fälligen Zahlung abdecken. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im letzten Jahr die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Damit stellt sich die Frage, ob der in den Säumniszuschlägen enthaltene Zinsanteil ebenfalls überhöht ist und zur Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge führt.

Sachverhalt: Die Antragsteller zahlten die Einkommensteuer 2019 sowie die Einkommensteuervorauszahlung für das I. Quartal 2021 verspätet und schuldeten daher Säumniszuschläge. Sie beantragten einen Abrechnungsbescheid, in dem die Säumniszuschläge in der gesetzlichen Höhe von 1 % monatlich ausgewiesen wurden, legten hiergegen Einspruch ein und beantragten die Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids.

Entscheidung: Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hielt eine Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids für gerechtfertigt:

  • Im Säumniszuschlag ist ein Zinsanteil enthalten. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ist der Zinssatz von 6 % bei Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume seit dem 1.1.2019 verfassungswidrig. Diese Begründung könnte auch für den in den Säumniszuschlägen enthaltenen Zinsanteil gelten. Es bleibt daher den Hauptsacheverfahren vorbehalten zu klären, ob der Säumniszuschlag aufgrund eines verfassungswidrig überhöhten Zinsanteils verfassungswidrig ist. Dabei wird auch zu klären sein, ob es relevant ist und für die Verfassungsmäßigkeit spricht, dass der Steuerpflichtige die Verwirkung von Säumniszuschlägen durch rechtzeitige Zahlung vermeiden kann.

  • Zwar wird in der Rechtsprechung häufig ein sog. besonderes Aussetzungsinteresse verlangt, wenn im vorläufigen Rechtsschutzverfahren die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung geltend gemacht wird. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen des Haushalts kommt, wenn die Aussetzung der Vollziehung flächendeckend ausgesprochen wird. Im Streitfall ist aber ein etwaiges besonderes Aussetzungsinteresse jedenfalls zu bejahen. Zum einen sind die Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Säumniszuschlags von hinreichendem Gewicht. Zum anderen hat das Finanzamt nicht dargelegt, dass das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung im Fall einer Aussetzung der Vollziehung von Säumniszuschlägen berührt sein könnte.

Hinweise: Ein weiterer Senat des BFH hat ebenfalls Aussetzung der Vollziehung gewährt, ein anderer Senat hat aber jüngst die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt. Die abschließende Entscheidung über eine mögliche Verfassungswidrigkeit obliegt dem BVerfG.

Bis dahin kann es ratsam sein, zumindest einen Abrechnungsbescheid zu beantragen, in dem die Säumniszuschläge ausgewiesen werden, und hiergegen Einspruch einzulegen. Auf diese Weise wird das Verfahren offengehalten, bis eines Tages das BVerfG über die mögliche Verfassungswidrigkeit entscheidet.

Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist nur dann erforderlich, wenn Sie die Säumniszuschläge vorläufig nicht bezahlen wollen. In dieser Frage ist die Rechtsprechung des BFH uneinheitlich, so dass im Zweifel der Rechtsweg erneut beschritten werden muss, falls das Finanzamt eine Aussetzung der Vollziehung ablehnt.

Quelle: BFH, Beschluss v. 11.11.2022 - VIII B 64/22; NWB

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