Finanzgericht Köln, 13 K 2469/17
Der Änderungsbescheid für 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 21. Februar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2017 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
Die Revision wird zugelassen.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Beteiligten streiten über die Gewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes – GewStG –.
3Die Klägerin ist eine im Jahr 2005 unter dem Namen P GmbH & Co. KG zunächst in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft gegründete Objektgesellschaft – im Folgenden für die Zeit vor der Umwandlung: KG –. Ihre Gesellschafter waren die P GmbH als Komplementärin ohne Einlage und die E GmbH mit einer Kommanditeinlage von … €.
4Ihr Gesellschaftszweck war der Erwerb, die Errichtung und die Vermietung von Grundstücken, Baulichkeiten und Anlagen aller Art sowie zugehöriger Nebengeschäfte. Tatsächlich hatte sie im Jahr der Gründung Grundstücke in F erworben, Gebäude und Anlagen errichtet und zwecks des Betriebes eines …marktes an eine zum gleichen Konzern gehörende Gesellschaft vermietet.
5Ausweislich der vorliegenden Bilanzen für die Jahre bis 2010 erzielte die KG seither nur Mieterträge aus der Nutzung des entsprechenden Objektes (vgl. Bilanzakte 2005 bis 2010). Aus den vorgelegten Akten ergibt sich, dass hinsichtlich der Erhebungszeiträume 2008 bis 2010 Rechtsbehelfsverfahren wegen der Nichtgewährung der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geführt wurden. Hintergrund war eine in diesen Jahren bestehende Betriebsaufspaltung. Die Verfahren wurden im Konsens beendet (Einspruchsrücknahme am 4. März 2015).
6Mit dem in der Gesellschafterversammlung vom … 2011 gefassten Beschluss sowie dessen Eintragung in das Handelsregister am … 2011 wurde die KG nach §§ 190 ff. i.V.m. §§ 214 ff. des Umwandlungsgesetzes – UmwG – in die Klägerin, also eine GmbH, umgewandelt. Steuerlicher Übertragungsstichtag sollte der 31. Dezember 2010, 24 Uhr sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verträge und das Handelsregister Bezug genommen.
7Zwischen den Beteiligten besteht Einvernehmen hinsichtlich der Zurechnung aller Geschäftsvorfälle im Rückwirkungszeitraum zur Klägerin entsprechend den Regelungen in § 25 i.V.m. § 9 Satz 2 und 3 des Umwandlungssteuergesetzes – UmwStG –.
8Die KG hatte bereits vor dem Umwandlungsbeschluss mit Notarvertrag vom … 2011 das Objekt F an einen fremden Dritten veräußert. Der aus dem Verkauf resultierende Veräußerungsgewinn i.H.v. … €, der sich als Differenz zwischen dem Kaufpreis von … € und dem Buchwert der Immobilie ergab, ist zwischen den Beteiligten unstreitig und wurde in der Buchführung ordnungsgemäß erfasst. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten der Immobilie erfolgte mit der Kaufpreiszahlung am …März 2011.
9Mit Notarvertrag vom … 2011 hatte die KG außerdem von einer weiteren konzernangehörigen Gesellschaft Grundbesitz in S zu einem Kaufpreis von … € erworben. Der Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten wurde auf den …März 2011 vereinbart. Der zwischen der Grundstücksveräußerin und der ebenfalls konzernangehörigen Mieterin, der P1 GmbH (…), bestehende Mietvertrag wurde übernommen und fortgeführt.
10Der Jahresabschluss 2011 der Klägerin wies neben den laufenden Umsatzerlösen aus Vermietung unter anderem sonstige betriebliche Erträge in Höhe von … € aus. Wegen der Einzelheiten wird auf den Jahresabschluss verwiesen.
11Im Rahmen ihrer im November 2012 abgegebenen Gewerbesteuererklärung deklarierte die Klägerin einen nach Maßgabe der Regelungen des Körperschaftsteuergesetzes – KStG – ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. … €, Entgelte für Schulden im Sinne des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.H.v. … € sowie einen Kürzungsbetrag für die erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen im Sinne des § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG i.H.v. … €. Auf dieser Basis wurde zunächst erklärungsgemäß der Gewerbesteuermessbetrag mit … € festgesetzt. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
12In den Jahren 2015 und 2016 fand bei der Klägerin als konzernangehöriger Gesellschaft eine Prüfung des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung H unter anderem wegen der Gewerbesteuer des Streitjahres statt. Im Rahmen dieser Außenprüfung vertrat das Prüfungsfinanzamt auf der Basis des unstreitigen Lebenssachverhalts die Auffassung, die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Sätze 2 und 3 GewStG stehe der Klägerin nicht zu. Dem stehe die Regelung in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG entgegen, wonach die Sätze 2 und 3 der Vorschrift nicht gelten, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus einem Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen.
13Das Grundstück in F sei im Rahmen der Umwandlung in das Betriebsvermögen der Klägerin überführt worden. Dies ergebe sich aus dem gemäß § 25 UmwStG sinngemäß anwendbaren § 20 UmwStG. Danach sei die steuerneutrale Übertragung des Grundbesitzes in F im Rahmen der Umwandlung in die Klägerin als Einbringung zu beurteilen.
14Die bis zum Übertragungsstichtag entstandenen stillen Reserven berechnete das Prüfungsfinanzamt mit … €. Bei der Berechnung wurde davon ausgegangen, dass zwischen dem Übertragungsstichtag, dem 31. Dezember 2010, und dem notariellen Rechtsgeschäft am 14. Januar 2011 keine Wertveränderungen eingetreten seien. Daher müssten von der beantragten Kürzung für Grundstücksunternehmen i.H.v. … € die bei der Übertragung vorhandenen stillen Reserven i.H.v. … € gekürzt werden. Es verbleibe lediglich bei einem Kürzungsbetrag i.H.v. … €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 29. September 2016 verwiesen.
15Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfungsfinanzamtes an und erließ unter dem 21. Februar 2017 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Gewerbesteuermessbescheid, mit dem der Messbetrag auf … € festgesetzt wurde.
16Dagegen wandte sich die Klägerin mit fristgerecht erhobenem Einspruch. Sie trug vor, es liege weder eine Überführung noch eine Übertragung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG vor. Beide Voraussetzungen lägen nicht vor, die Klägerin habe lediglich ihre Rechtsform gewechselt.
17Dem trat der Beklagte unter Hinweis auf den so genannten Umwandlungssteuererlass des Bundesfinanzministeriums – BMF – vom 11. November 2011 (BStBl I 2011, 1314) entgegen. Nach Rz. 00.02 des Erlasses stellten Umwandlungen und Einbringungen auf Ebene des übertragenden Rechtsträgers sowie des übernehmenden Rechtsträgers Veräußerungs- und Anschaffungsvorgänge hinsichtlich des übertragenen Vermögens dar. Abweichend von den zivilrechtlichen Wertungen des Umwandlungsgesetzes gelte dies für ertragsteuerliche Zwecke auch für den Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und umgekehrt. Der Formwechsel sei gemäß § 9 UmwStG steuerlich wie eine Vermögensübertragung zur Neugründung zu behandeln. Die verschiedenen Möglichkeiten der Bewertung des Betriebsvermögens im Rahmen des Formwechsels ließen den Rückschluss zu, der Wechsel von der Personen- zur Kapitalgesellschaft könne nicht identitätswahrend erfolgen. Auch gewerbesteuerlich seien die Rechtsträger nicht identisch. Die Steuerschuldnerschaft ergebe sich für Kapitalgesellschaften aus anderen Regelungen als für Personenhandelsgesellschaften. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 18. Mai 2017 verwiesen.
18Dem trat die Klägerin entgegen. Sie verwies einerseits auf die Funktion der in den §§ 9, 25 UmwStG vorgeschriebenen Fiktion als Form technischer Abbildung des Vermögensübergangs im Rahmen der unterschiedlichen Besteuerungskonzepte von Personen- und Kapitalgesellschaften. Demgegenüber stelle § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG auf eine tatsächlich stattgefundene Übertragung oder Überführung ab.
19Die Regelung ziele auf spezielle Umweggestaltungen, bei denen Kapitalgesellschaften Grundstücke unter dem Teilwert in Personengesellschaften eingebracht hätten, um diese dann gewerbesteuerfrei veräußern zu können. Der Beklagte nehme eine vom Gesetzgeber nicht gewollte Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift vor. Insoweit verwies die Klägerin auf einschlägige Äußerungen in der Fachliteratur sowie die Entscheidung des Finanzgerichts – FG – Berlin-Brandenburg vom 14. Februar 2017 (6 K 6283/15, EFG 2017, 744).
20Der Beklagte wies den Rechtsbehelf mit einer weitgehend auf das Erörterungsschreiben vom 18. Mai 2017 verweisenden Einspruchsentscheidung am 14. August 2017 als unbegründet zurück. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg könne nicht herangezogen werden. Es handle sich um eine Einzelfallentscheidung mit nicht vergleichbarem Sachverhalt.
21Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Klage. Ausgehend von dem unstreitigen Sachverhalt und in Übereinstimmung mit dem außergerichtlichen Vorbringen hält die Klägerin an ihrer Auffassung fest, es liege kein Fall des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG vor.
22Es fehle an einer Überführung oder Übertragung. Eine Überführung bezeichne den Wechsel der Betriebsvermögenszugehörigkeit eines Wirtschaftsgutes, ohne dass es zu einem Rechtsträgerwechsel komme. Das Grundstück sei im Streitfall aber nicht überführt worden, da es unverändert in ihrem einzigen Betriebsvermögen verblieben sei.
23Eine Übertragung bedeute den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums infolge eines Rechtsträgerwechsels. Auch eine solche habe mangels Rechtsträgerwechsels nicht stattgefunden. Vielmehr habe sie als weiterhin bestehende Rechtsträgerin nur ihre Rechtsform gewechselt.
24Auf die Regelungen der §§ 9, 25 UmwStG und die darin geregelte Fiktion komme es nicht an, da Tatbestandsmerkmal des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG eine tatsächlich stattgefundene Übertragung oder Überführung sei. Dies sei auch die überwiegende Auffassung in der Fachliteratur.
25Die Klägerin beantragt,
26den Änderungsbescheid vom 21. Februar 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. August 2017 aufzuheben.
27Der Beklagte beantragt,
28die Klage abzuweisen.
29Er hält daran fest, dass auch der Formwechsel eine Überführung oder Übertragung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG darstelle. Ertragsteuerlich sei auch der Formwechsel mit Fortführung der Buchwerte ein Veräußerungs- und ein Anschaffungsvorgang. Auch der Umwandlungssteuererlass enthalte in Rz. 25.01 die Aussage, der Formwechsel werde wie eine übertragende Umwandlung behandelt.
30Die Anwendung der Vorschrift entspreche auch der Gesetzesintention. Es handle sich um eine Missbrauchsverhinderungsregelung. Es solle ausgeschlossen werden, stille Reserven von einem Unternehmer, bei dem die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung nicht vorlägen, auf einen anderen Unternehmer, der die entsprechenden Voraussetzungen erfülle, zu überführen um diese bei einer zeitnahen Aufdeckung der Gewerbesteuer zu entziehen. Ein solcher Fall sei im Streitfall gegeben, da die unstreitig bis zur Umwandlung bestehende Betriebsaufspaltung die Anwendung der erweiterten Grundstückskürzung ausgeschlossen habe.
31Entscheidungsgründe
32Die Klage ist in vollem Umfang begründet. Der angefochtene Änderungsbescheid zum Gewerbesteuermessbetrag 2011 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
33Der Beklagte hat der Klägerin bei Ansatz ansonsten unstreitig zutreffend ermittelter Besteuerungsgrundlagen zu Unrecht die – allein streitbefangene – Anwendung der so genannten erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verweigert.
34Der nach § 7 GewStG i.V.m. den Vorschriften des Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn der Klägerin sowie die Hinzurechnungen nach § 8 GewStG sind nach Auffassung beider Verfahrensbeteiligten zutreffend ermittelt worden. Gründe von den ermittelten Werten abzuweichen, sind für den erkennenden Senat nicht ersichtlich.
35Entgegen der Auffassung des Beklagten steht der Klägerin aber auch die erweiterte Kürzung bei Grundstücksunternehmen nach § 9 Nr. 1 GewStG in der ebenfalls rechnerisch unstreitigen Höhe von … € zu.
36Die Klägerin erfüllte im Erhebungszeitraum 2011 zunächst die Voraussetzungen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.
37Sie war bei Anwendung der einschlägigen Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes im Streitjahr 2011 ein Unternehmen, das ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwaltet und genutzt hat (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG).
38Die KG ist unstreitig auf der Basis des am … 2011 gefassten Umwandlungsbeschlusses mit der Eintragung ins Handelsregister am … 2011 in eine GmbH umgewandelt worden. Bereits im Umwandlungsbeschluss ist der steuerliche Übertragungsstichtag auf den … 2010, 24 Uhr bestimmt worden.
39Gemäß § 25 Satz 2 UmwStG i.V.m. § 9 Satz 3 UmwStG ist danach der Übertragungsstichtag in Übereinstimmung mit dem Gesetz auf einen Zeitpunkt innerhalb von acht Monaten vor der Anmeldung des Formwechsels zur Eintragung in das Handelsregister bestimmt worden. Nach § 25 Satz 1 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 5 UmwStG sind infolgedessen das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtag auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Dies gilt, wie sich aus § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG ergibt, mit Einschränkungen hinsichtlich der Entnahmen und Einlagen auch für die Ermittlung des Gewerbeertrags.
40Danach ist der Klägerin, obwohl sie erst im Verlauf des Erhebungszeitraumes 2011 entstanden ist, die Vermietung des Grundbesitzes in F durch die KG für die Zeit vom 1. Januar bis zum ... März 2011 und die Vermietung des Grundbesitzes in S durch die KG seit dem … März 2011 (jeweils Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten) zuzurechnen. Sie erfüllt aufgrund der nach § 25 Satz 1 UmwStG entsprechend geltenden Fiktion des § 20 Abs. 5 UmwStG, wie vom GewStG gefordert (vgl. dazu z.B. Bundesfinanzhof – BFH – Urteil vom 26. Februar 2014 I R 47/13, BFH/NV 2014, 1395; Urteil des erkennenden Senats vom 29. April 2015 13 K 2407/11, EFG 2015, 1552), gleichermaßen qualitativ, quantitativ und zeitlich die Voraussetzung der ausschließlichen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes.
41Es liegt im Erhebungszeitraum insbesondere keine Lücke bei der Grundbesitzvermietung vor. Entscheidend ist insoweit das wirtschaftliche Eigentum an den vermieteten Immobilien. Danach hat die Klägerin den streitbefangenen Grundbesitz in F bis zum ... März 2011 und den Grundbesitz in S seit dem ... März 2011 vermietet. Es ergibt sich keine Lücke, in der ggf. nur Kapitalvermögen verwaltet worden wäre.
42Entgegen der Auffassung des Beklagten wird die Gewährung der so genannten erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch nicht durch § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG ausgeschlossen.
43Nach § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG gilt Satz 2 nicht, soweit der Gewerbeertrag Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven aus Grundbesitz enthält, der innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist, und soweit diese Gewinne auf bis zur Überführung oder Übertragung entstandene stille Reserven entfallen.
44Zwar enthält der Gewerbeertrag der Klägerin im Streitzeitraum dem Grunde und der Höhe nach unstreitige Gewinne aus der Aufdeckung stiller Reserven. Im Rahmen der Umwandlung ist der Buchwert bezüglich des hier streitbefangenen Grundstücks nach § 25 UmwStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG fortgeführt worden. Dieser lag unter dem Teilwert. Die stillen Reserven sind unstreitig mit … € berechnet worden.
45Es fehlt aber die weitere Voraussetzung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG, der insoweit voraussetzt, dass der betreffende Grundbesitz innerhalb von drei Jahren vor der Aufdeckung der stillen Reserven zu einem unter dem Teilwert liegenden Wert in das Betriebsvermögen des aufdeckenden Gewerbebetriebs überführt oder übertragen worden ist.
46Ausgehend von der wohl herrschenden Meinung ist der Klage bereits stattzugeben, weil keine Überführung oder Übertragung im Sinne § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG vorliegt.
47Das FG Berlin-Brandenburg hat zu dem umgekehrten Fall der Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG in EFG 2017, 744 entschieden, eine identitätswahrende Umwandlung einer GmbH in eine GmbH & Co. KG sei nicht als eine Übertragung oder Überführung der Wirtschaftsgüter der GmbH auf die KG zu werten.
48Die Begründung beruht im Kern auf der Überlegung, die Begriffe „überführt“ und „übertragen“ orientierten sich an dem einkommensteuerlichen Verständnis. Die Übertragung erfordere einen Rechtsträgerwechsel mit Übergang des wirtschaftlichen Eigentums (vgl. dazu z.B. Roser in Lenski/Steinberg, GewStG (Stand November 2017), § 9 Nr. 1 Rdnr. 217; Schnitter in Frotscher/Drüen, GewStG (Stand September 2017), § 9 Rdnr. 94; Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 9. Aufl., 2017, § 9 Nr. 1 Rdnr. 35). Die Überführung verlange einen Wechsel der steuerlichen Zuordnung zu einem Betriebsvermögen ohne Rechtsträgerwechsel (vgl. dazu z.B. Roser a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 217; Schnitter a.a.O. § 9 GewStG Rdnr. 94; Güroff a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 35).
49Das FG Berlin-Brandenburg begründet seine Entscheidung weiterhin damit, dass das Umwandlungsrecht von der zivilrechtlichen Identität der beiden Gesellschaften ausgehe, wie sich aus § 190 UmwG in Verbindung mit § 202 Abs. 1 Nr. 1 UmwG entnehmen lasse. Damit bedürfe es auch im Fall der sog. kreuzenden Umwandlung zivilrechtlich keines Vermögensübergangs. Der in § 9 UmwStG i.V.m. den §§ 3 ff. UmwStG fingierte Vermögensübergang führe auch nicht zu einer gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG schädlichen Übertragung oder Überführung der Wirtschaftsgüter der Kapital- auf die Personengesellschaft, weil diese Fiktion nur für Zwecke des Umwandlungssteuerrechts (Wechsel der Besteuerungskonzepte bei Personengesellschaft und Kapitalgesellschaft) Bedeutung entfalte. § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG setze demgegenüber eine tatsächliche Überführung oder Übertragung aus einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen voraus. Die Umwandlung führe mangels eines „Vermögenswechsels“ nicht zu einer Übertragung oder Überführung im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG (vgl. wegen der ausführlichen Begründung FG Berlin-Brandenburg, EFG 2017, 744 Rdnrn. 25 bis 32 m.w.N.).
50Der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg hat sich die überwiegende Literatur (vgl. z.B. Wagner in Wendt/Suchanek/Möllmann/Heinemann, GewStG, 2019, § 9 Nr. 1 Rdnr. 136; Schnitter a.a.O. § 9 GewStG Rdnr. 94; Gosch in Blümich, EStG/KStG/GewStG (Stand Februar 2019), § 9 GewStG Rdnr. 111b; Roser a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 217; a. A. Güroff a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 35) angeschlossen.
51Da § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG keine Beschränkung im Hinblick auf die Rechtsform der übernehmenden Gesellschaft enthält und daher nach der vom Senat geteilten überwiegenden Auffassung auch eine Übertragung auf eine Kapitalgesellschaft von der Norm erfasst wird (vgl. dazu z.B. Wagner a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 136; Güroff a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 35; Dötsch/Pung, DB 2005, 10, 14; Schnitter a.a.O. § 9 GewStG Rdnr. 94; zweifelnd Roser a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 219), sieht der Senat keine Veranlassung in dieser Frage von der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg abzuweichen.
52Allerdings erscheint es zweifelhaft, einerseits die Fiktionen des Umwandlungssteuerrechtes, hier also insbesondere die steuerliche Rückwirkung nach §§ 25, 20 Abs. 5 UmwStG, die aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 20 Abs. 5 Satz 2 UmwStG grundsätzlich auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen bei der Gewerbesteuer gelten, anzuwenden und andererseits die steuerrechtlich durch den (Rechtsgrund-)Verweis (vgl. dazu den das Senatsurteil vom 10. November 2010 13 K 2595/07 bestätigenden BFH-Beschluss vom 8. Juni 2011 I B 15/11, BFH/NV 2011, 1748) des § 25 UmwStG auf die §§ 20 bis 23 UmwStG ebenfalls fingierte Vermögensübertragung (vgl. dazu z.B. Rabback in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl. 2019, § 25 Rdnr. 1 m.w.N.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, UmwStG, 8. Aufl., 2018, § 25 Rdnr. 3) als für die Gewerbesteuer irrelevant zu qualifizieren.
53Zwingend erscheint eine derartige „Rosinentheorie“ auch unter Berücksichtigung der vorrangigen Zielsetzung der Übertragungsfiktion zwecks Regelung des Wechsels des Besteuerungsregimes von der Personengesellschaft zur Kapitalgesellschaft (vgl. dazu Gosch a.a.O. § 9 GewStG Rdnr. 111b) aus Sicht des Senates nicht. Denn die abweichend von der handelsrechtlichen Bewertung des Formwechsels umwandlungssteuerrechtlich vorgegebene Fiktion eines veräußerungsgleichen Vorgangs berücksichtigt, dass Einbringungsgegenstand im Fall des § 20 UmwStG die jeweiligen Mitunternehmeranteile sind. Bei der fiktiven Einbringung ist daher Einbringender nicht die GmbH & Co. KG, sondern ihre Gesellschafter bringen ein. Daraus folgt, dass die ertragsteuerlichen Implikationen des Formwechsels prinzipiell gesellschafterbezogen zu betrachten sind. Der Grundsatz der Identitätswahrung gilt daher insoweit nicht im Steuerrecht (vgl. dazu ausführlich Kubik/Münch, Bilanzielle Herausforderungen beim Formwechsel einer GmbH & Co. KG in eine GmbH, BB 2019, 1194).
54Der Senat kann jedoch die Frage, ob der hier zur Entscheidung stehende Formwechsel von einer KG in eine GmbH entgegen der herrschenden Meinung doch als Vermögensübertragung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG zu qualifizieren ist, aber letztlich offen lassen. Denn selbst bei Annahme einer Vermögensübertragung wäre der Ausschlusstatbestand des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin hätte in diesem Fall das Grundstück außerhalb der Dreijahresfrist veräußert.
55Sie könnte sich wegen der Besitzzeit auf § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG berufen, der über die nach § 25 Satz 1 UmwStG entsprechend anwendbare Verweisung in § 23 Abs. 1 UmwStG im Streitfall – ebenso wie infolge einer anderen Verweisungskette in dem Fall des FG Berlin-Brandenburg (vgl. dort Rdnr. 35/36) – anwendbar wäre.
56Nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ist in den Fällen, in denen die Dauer der Zugehörigkeit eines Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen für die Besteuerung bedeutsam ist, der Zeitraum seiner Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen der übertragenden Körperschaft dem übernehmenden Rechtsträger anzurechnen. Es handelt sich dabei um eine so genannte Besitzzeitanrechnung, die auch für die Gewerbesteuer zu beachten ist (vgl. z.B. Patt in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Körperschaftsteuer (Stand Dezember 2014), § 23 UmwStG Rdnr. 87; Rabback a.a.O. § 23 UmwStG Rdnr. 84 ff.; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht (Stand Mai 2011), § 23 Rdnr. 43; Wochinger in Kraft/Edelmann/Bron, UmwStG, 2. Aufl. 2019, § 23 Rdnr. 25; Schmitt a.a.O. § 23 UmwStG Rdnr. 30/30a; Bilitewski in Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, 5. Auflage 2019 § 23 Rdnr. 28 ff.). Das Fehlen einer ausdrücklichen gewerbesteuerlichen Regelung, wie sie in den §§ 18 und 19 UmwStG für Umwandlungsvorgänge nach dem Zweiten bis Vierten Teil des Umwandlungssteuergesetzes existiert, schadet insoweit nicht (vgl. z.B. Patt a.a.O. § 23 UmwStG Rdnr. 86).
57Der BFH hat ebenfalls die grundsätzliche Anwendung des § 4 UmwStG für Zwecke der Gewerbesteuer nicht infrage gestellt, auch wenn seine Grundsatzentscheidung zum gewerbesteuerlichen Schachtelprivileg wegen der auf einen Zeitpunkt bezogenen Regelung zur Ablehnung der Anwendung führte (vgl. BFH-Urteil vom 16. April 2014 I R 44/13, BStBl II 2015, 303 m.w.N. auch zur Verwaltungsauffassung).
58Die KG hat das Grundstück bereits im Jahr 2005 erworben. Bei der Veräußerung im Streitjahr 2011 war daher die erforderliche Besitzzeit von drei Jahren überschritten.
59Die Regelung in § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG enthält wie für die Anwendung des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG erforderlich und insoweit anders als z.B. § 9 Nr. 2a GewStG keine zeitpunktbezogene Regelung („zu Beginn des Erhebungszeitraums“), sondern eine Regelung zu der für die begünstigte Besteuerung erforderlichen Dauer der Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen („stille Reserven aus Grundbesitz, der innerhalb von drei Jahren überführt oder übertragen worden ist“). Folgerichtig wird der maßgebliche Zeitraum als Behaltefrist (vgl. Gosch a.a.O. § 9 GewStG Rdnr. 110; Schnitter a.a.O. §§ 9 GewStG Rdnr. 93; Gesetzesbegründung in BT-Drs. 15/4050 Seite 59) oder Drei-Jahres-Frist (vgl. Roser a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 218) bezeichnet oder schlicht entsprechend dem Gesetzestext von der Aufdeckung stiller Reserven „innerhalb von drei Jahren“ gesprochen (vgl. Wagner a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 133; Güroff a.a.O. § 9 Nr. 1 GewStG Rdnr. 35).
60Der Senat verkennt nicht, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG damit in den Fällen der Umwandlung von Personengesellschaften in Kapitalgesellschaften (Streitfall) oder Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften (Fallkonstellation, über die das FG Berlin-Brandenburg entschieden hat) nach dem Umwandlungsgesetz und der Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes regelmäßig – bei Erfüllung der Vorbesitzzeiten – leerläuft.
61Dabei ist gleichgültig, ob dieses Ergebnis schon wegen der Ablehnung der Subsumtion einer fiktiven Übertragung unter die Begriffe „Übertragung oder Überführung“ oder erst infolge der Besitzzeitanrechnung nach § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG eintritt.
62Selbst wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass auch eine fiktionale Übertragung, wie sie sich aus dem Umwandlungssteuergesetz ergibt, als Übertragung im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG qualifiziert werden kann, was nach Überzeugung des Senats im Rahmen des Wortsinns des Gesetzes liegt, fehlte eine rechtliche Handhabe § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG nicht anzuwenden.
63§ 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG regelt – und dies dürfte zwischen den Beteiligten des Verfahrens unstreitig sein – nicht ausdrücklich die Nichtanwendung der §§ 25, 23 Abs. 1, 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG. Der Wortlaut enthält auch keine Anhaltspunkte für eine die bezeichneten Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes verdrängende Regelung.
64Selbst bei Auswertung der zugänglichen Informationen über das Gesetzgebungsverfahren kann nicht festgestellt werden, dass § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG als spezielleres Gesetz den Regelungen des Umwandlungssteuergesetzes vorgehen sollte.
65Ausweislich der Gesetzesbegründungen in BT-Drs. 15/3677 vom 6. September 2004, Seite 38 und Drs. 15/4050 vom 27. Oktober 2004, Seite 59 sollte zunächst nur § 9 Nr. 1 Satz 6 GewStG in das Gesetz eingefügt werden. Erst im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens ist § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG als speziellere Missbrauchsverhinderungsvorschrift eingefügt worden. Ziel des Gesetzes war, die Umgehung der Gewerbesteuerpflicht bei Kapitalgesellschaften zu verhindern, die Grundstücke vor der Veräußerung in grundstücksverwaltende Personengesellschaften eingebracht hatten.
66Dabei ist das Gesetz im Verlauf des Verfahrens genauer auf die bekämpften Umgestaltungen ausgerichtet worden. Insbesondere die in den Anhörungen vertretene Auffassung, der ursprünglich vorgesehene Gesetzestext (vgl. BT-Drs. 15/3677 Seite 13 und 38) erfasse nicht nur Steuergestaltungen, sondern versage die erweiterte Kürzung bei grundstücksverwaltenden Personengesellschaften auch für die Veräußerung von langjährigem Grundbesitz, führte zu der jetzt zu beurteilenden Gesetzesfassung, mit der die inkriminierten Gestaltungen punktgenauer erfasst werden sollten (vgl. BT-Drs. 15/4050, Seite 59).
67Es ging dabei eindeutig während des gesamten Gesetzgebungsverfahrens um die Verhinderung der Gewerbesteuerpflicht bei der Veräußerung von Einzelwirtschaftsgütern. Umwandlungen nach dem Umwandlungssteuergesetz waren nicht erkennbar Gegenstand der Beratungen im Gesetzgebungsverfahren. Anhaltspunkte für eine nur mangelhaft zum Ausdruck gekommene gesetzgeberische Entscheidung zur Verdrängung der Regelungen der §§ 25, 23 Abs. 1, 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG sind daher nicht feststellbar.
68Auch eine Begründung für eine teleologische Reduktion der in § 25 Satz 1 UmwStG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 23 UmwStG mit seiner Verweisung auf § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG lässt sich aus dem Wortlaut und der Gesetzesgeschichte des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG nicht ableiten.
69Wie in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert, würde die Annahme einer verdrängenden Wirkung des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 2 GewStG gegenüber der Regelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG ebenso wie eine teleologische Reduktion der nach dem Wortlaut einschlägigen §§ 25, 23 Abs. 1, 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG in Fällen der Umwandlung das vom Gesetzgeber u. a. gewünschte Ergebnis, Umgestaltungen bei grundstücksverwaltenden Gesellschaften nicht zu erschweren, konterkarieren.
70Es würden nämlich nicht nur Umgestaltungen von nicht nach § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG privilegierten Gesellschaften in solche, die die Voraussetzungen der Norm erfüllen, erfasst. Vielmehr würde bei einem derartigen Verständnis des Gesetzes auch die ohne Ansatz der Teilwerte erfolgte Umwandlung einer grundstücksverwaltenden Gesellschaft, die die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Anspruch nehmen konnte, bei Veräußerung von Grundbesitz vor Ablauf der Behaltefrist von drei Jahren zum teilweisen Verlust der erweiterten Kürzung führen.
71Ein derartiges Auslegungsergebnis stellte sich nach Überzeugung des Senats nicht mehr als verfassungsmäßige Anwendung freiheitsbeschränkender Steuergesetze, sondern als den Bereich der Rechtsanwendung (vgl. Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) überschreitende Rechtsfortbildung und damit als Verstoß gegen die Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung dar.
72Ein Verstoß eines Gerichts gegen den Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung bei der über den Wortlaut hinausgehenden Auslegung eines Steuergesetzes kommt nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. dazu BVerfG-Beschluss vom 31. Oktober 2016 1 BvR 871/13, HFR 2017, 172 m.w.N.) insbesondere dann in Betracht, wenn es einen gesetzlichen Steuertatbestand in verfassungswidriger Weise ausweitet oder Steuerbegünstigungsvorschriften in verfassungswidriger Weise einengend ausgelegt.
73Die vom Beklagten im Kern begehrte, über den Wortlaut des Gewerbesteuergesetzes hinausgehende oder das Umwandlungssteuergesetz gegen den Wortlaut reduzierende, Auslegung hält der Senat unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung im Streitfall, wie in anderen Fällen der Umwandlung nach dem UmwG und dem UmwStG, für die nicht einmal festgestellt werden kann, dass der Gesetzgeber das Problem auch nur erkannt hätte, geschweige denn regeln wollte, für nicht begründbar.
74Da nur die Verweigerung der zuvor gewährten erweiterten Kürzung Gegenstand des angegriffenen Änderungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung war, ist dem Klagebegehren durch Aufhebung des Änderungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung, wodurch der vorangegangene Gewerbesteuermessbescheid wieder in Kraft tritt, stattzugeben.
75Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
76Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Er hält eine höchstrichterliche Klärung der Fragen, ob die von der herrschenden Meinung vertretene Auffassung, die Steuerpflichtigen könnten sich bei der Gewerbesteuer auf die fiktionale Rückwirkung auf den steuerlichen Übertragungsstichtag berufen, ohne sich die fiktionale Übertragung bei der Umwandlung entgegenhalten lassen zu müssen, und ob eine Nichtanwendung des § 4 Abs. 2 Satz 3 UmwStG begründet werden kann, für geboten.
77Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. § 709 der Zivilprozessordnung.