Finanzgericht Köln, 2 Ko 2139/18
Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26.6.2018 wird dahingehend abgeändert, dass zu erstattende Kosten i. H. v. 1.534,15 € festgesetzt werden.
Im Übrigen wird die Erinnerung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
1
Gründe:
2I.
3Die Beteiligten streiten, ob der Erinnerungsführerin ein Erstattungsanspruch wegen einer Erledigungsgebühr und wegen im Zusammenhang mit der Verfahrensvertretung in Rechnung gestellter Umsatzsteuer zusteht.
4Die Erinnerungsführerin ist eine immobilienverwaltende GmbH. Im ursprünglichen Klageverfahren 5 K 1579/17 wandte sie sich gegen einen Grunderwerbsteuerbescheid. In diesem Verfahren legte sie eine dreiseitige Klagebegründung vom 26.07.2017 vor, mit welcher sie den Sachverhalt darstellte und die unter Punkt 6 rechtliche Ausführungen enthielt. In diesem Zusammenhang wies sie auf eine Entscheidung des BFH hin. Daraufhin half der Erinnerungsgegner der Klage ab und der Rechtsstreit wurde in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
5Mit Kostenfestsetzungsantrag begehrte die Erinnerungsführerin den Ansatz einer Erledigungsgebühr i.H.v. 1,0 sowie die Erstattung der Umsatzsteuer hinsichtlich der anwaltlich in Rechnung gestellten Leistungen.
6Der Erinnerungsgegner führte im Rahmen einer Stellungnahme aus, dass eine Erledigungsgebühr nicht entstanden sei. Der schlichte Hinweis auf eine Entscheidung des BFH stelle keine qualifizierte Mitwirkung an der Erledigung eines Rechtsstreits dar. Darüber hinaus sei die Erinnerungsführerin zum Vorsteuerabzug berechtigt, so dass Umsatzsteuer nicht berücksichtigt werden könne.
7Dem folgend erließ der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle am 26.06.2018 einen Kostenfestsetzungsbeschluss.
8Hiergegen wendet sich die Erinnerungsführerin mit ihrer Erinnerung vom 05.07.2018.
9Zur Begründung trägt sie vor, dass eine Erledigungsgebühr entstanden sei, da die Erinnerungsführerin auf eine Entscheidung des BFH hingewiesen habe, welche dem Erinnerungsgegner offenbar unbekannt gewesen sei und somit der Hinweis zum Einlenken geführt habe. Der Hinweis stelle eine qualifizierte Mitwirkung an der Erledigung der Hauptsache dar.
10Darüber hinaus sei die beantragte Umsatzsteuer anzusetzen. ...
11Im Kostenfestsetzungsantrag sei zugesichert worden, dass keine Vorsteuerabzugsberechtigung bestünde. Die Klägerin erziele fast ausschließlich Umsätze, die von der Umsatzsteuer befreit seien. Eine Aufteilung der Vorsteuerabzugsbeträge nach § 15 Abs. 4 UStG komme nicht in Betracht, da Gegenstand des Klageverfahrens Grunderwerbsteuer für einen umsatzsteuerfreien Umsatz gewesen sei.
12II.
13Die Erinnerung ist nur teilweise begründet.
141. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist rechtmäßig, soweit er keine Erledigungsgebühr berücksichtigt hat. Der Prozessbevollmächtigte hat keine über die schlichte Begründung seines Klagebegehrens hinausgehende Tätigkeit entfaltet, die zur Erledigung des Rechtsstreits geführt hat. Der schlichte Hinweis auf eine Fundstelle zur Rechtsprechung des BFH ist nicht ausreichend, um den Ansatz einer Erledigungsgebühr zu rechtfertigen.
15a. Nr. 1003 i.V.m. Nr. 1002 VV RVG sieht die Entstehung einer Erledigungsgebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Aufhebung oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsakts durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt. Das Gleiche gilt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch den Erlass eines bisher abgelehnten Verwaltungsakts erledigt. Ebenso wie § 24 BRAGO erfordert Nr. 1002 VV RVG dabei eine anwaltliche Mitwirkung bei der Erledigung, die über die überzeugende Begründung sowie die allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit hinausgeht und auf eine Erledigung der Rechtssache ohne förmliche Entscheidung gerichtet ist (vgl. BFH-Beschluss vom 12.02.2007 – III B 140/06, BFH/NV 2007, 1109). Die Erledigungsgebühr ist keine reine Erfolgsgebühr für eine allgemein auf Verfahrensförderung gerichtete Tätigkeit, sondern eine besondere Tätigkeitsgebühr, die anlässlich einer nichtstreitigen Erledigung verdient werden kann. Im Gesetz kommt dies in den Worten „durch die anwaltliche Mitwirkung erledigt“ zum Ausdruck. Die Erledigungsgebühr entsteht deshalb grundsätzlich weder, wenn sich die Sache bereits beispielsweise im Rahmen des Verwaltungsvorverfahrens erledigt, noch dann, wenn lediglich die Äußerungen des Berichterstatters im Rahmen eines Erörterungstermins die Finanzbehörde zur Rücknahme oder Änderung des Bescheides veranlasst haben. Ebenso wenig entsteht eine Erledigungsgebühr, wenn die Finanzbehörde unter dem Eindruck der Klagebegründung bzw. eines ergänzenden Schriftsatzes oder aufgrund eines Hinweises auf die Rechtslage/Rechtsprechung den Bescheid aufhebt bzw. ändert und damit einen Kläger in einem gerichtlichen Verfahren klaglos stellt (vgl. Stapperfend in: Gräber, FGO, 8. Aufl., § 139 Rz. 86; Hollatz, Kosten in Finanzrechtsstreit, NWB Fach 2, S. 8677/8717). Es versteht sich von selbst, dass der Prozessbevollmächtigte in möglichst überzeugender Weise die rechtlichen Argumente vorträgt, die dem Begehren seines Mandanten zum Erfolg verhelfen können (ständige Rechtsprechung, vgl. FG Köln, Beschluss vom 29. Mai 2018, 2 Ko 1654/17, juris).
16b. Soweit in der Vergangenheit der Hinweis eines Bevollmächtigten – außerhalb seiner Klagebegründung – auf ein einschlägiges Urteil des BFH im Falle einer Hauptsachenerledigung als hinreichende Mitwirkungshandlung im Sinne von § 24 BRAGO angesehen wurde (vgl. Finanzgericht des Saarlandes, Beschluss vom 02. September 1982, II 145/82, EFG 1983, 253), lässt sich diese Ansicht auf die heutige Situation nicht übertragen. Es gehört zu den selbstverständlichen Aufgaben eines Prozessbevollmächtigten, in seine Klagebegründung auch Hinweise zur Rechtslage und zur einschlägigen Rechtsprechung aufzunehmen. Diese Tätigkeit ist mit der Verfahrensgebühr abgegolten. Vor dem Hintergrund der in der Praxis verfügbaren digitalen Urteilsdatenbanken stellt die Recherche nach einschlägiger Rechtsprechung – anders als gegebenenfalls zu früheren Zeiten – auch keine ausnehmend komplexe, schwierige und von einem Berufsträger nicht ohne Weiteres erwartbare Tätigkeit dar.
17Daher ist der schlichte Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH, unabhängig davon, ob diese der Finanzverwaltung bekannt war, nicht geeignet, um eine Erledigungsgebühr zu verdienen.
182. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss ist jedoch rechtswidrig, soweit keine Umsatzsteuer berücksichtigt wurde.
19Gemäß Nr. 7008 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG ist insoweit grundsätzlich auch die Umsatzsteuer auf die Vergütung in Ansatz zu bringen.
20Aus § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO folgt, dass eine Erstattung von Umsatzsteuer dann nicht in Betracht kommt, wenn der zur Kostenerstattung Berechtigte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist. § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO schreibt hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit von Umsatzsteuer vor, dass es ausreicht, wenn erklärt wird, dass ein Recht zum Vorsteuerabzug nicht besteht. Eine solche Erklärung ist allerdings unbeachtlich, wenn sie offensichtlich unrichtig ist (vgl. BGH vom 11. Februar 2003 VIII ZB 92/02, NJW 2003, 1534; FG Köln, Beschluss vom 06. Mai 2010, 10 Ko 4314/08, EFG 2010, 1640).
21Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die von der Erinnerungsführerin in Rechnung gestellte Umsatzsteuer erstattungsfähig. Die Erinnerungsführerin hat erklärt, dass sie zum Vorsteuerabzug nicht berechtigt ist. Den entsprechenden Vortrag hat sie im Erinnerungsverfahren unter Hinweis auf ihren Unternehmensgegenstand plausibilisiert. Es ist nicht ersichtlich, dass dieser Vortrag der Erinnerungsführerin offensichtlich unrichtig wäre. Zweifel an der Richtigkeit ergeben sich erst Recht nicht aus der trotz ausführlicher Darlegungen der Erinnerungsführerin aufrechterhaltenen, völlig unsubstantiierten Behauptung des Erinnerungsgegners, dass ein Vorsteuerabzugsrecht bestünde.
22Daher steht der Erinnerungsführerin ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der Umsatzsteuer zu. Bei der Berechnung der zu erstattenden Kosten ist allerdings zu berücksichtigen, dass wegen des fehlenden Entstehens einer Erledigungsgebühr die Umsatzsteuer neu zu berechnen ist.
233. Die zu erstattenden Kosten werden wie folgt festgesetzt:
244. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Gerichtsgebühren entstehen nicht.