Finanzgericht Köln, 5 K 3132/14
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
1
Tatbestand
2Die Klägerin betreibt ihre Geschäfte (Produktion von Kunststofferzeugnissen sowie Maschinen und Anlagen für die Herstellung von Kunststoff) in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft (KG), deren Komplementär eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) ist. Zum Gesamthandsvermögen der Klägerin gehört umfangreicher inländischer Grundbesitz.
3Streitig ist, ob die Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft (KapGes) auf die Klägerin einen nach § 1 Abs. 2 a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) steuerbaren Vorgang auslöst und der Beklagte in dieser Folge zu Recht gemäß § 17 GrEStG einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer auf den ....12.2008 (Tag der Eintragung in das Handelsregister) erlassen hat.
4Beteiligte an der Klägerin waren zunächst die W-Verwaltungs-GmbH (Komplementärin) mit einem Anteil von null Prozent sowie die Q-W-Verwaltungs-GmbH (Kommanditistin) mit einem Anteil von 100 %. Anteilseigner der Q-W-Verwaltungs-GmbH waren die W K Holding GmbH mit einem Anteil von 94,8 % und die W International Holding S. L. – Rechtsform einer spanischen KapGes - mit einem Anteil zu 5,2 %. Die W International Holding S.L. hielt zudem mittelbar über weitere Kapitalgesellschaften sämtliche Anteile an der W K Holding GmbH. Die Klägerin gehört zu der W Unternehmensgruppe mit Hauptsitz in E, USA.
5Durch Umstrukturierungen im Jahr 2008 wurde die Gesellschaftsstruktur der W Unternehmensgruppe in Deutschland den operativen Notwendigkeiten angepasst. Unter anderem wurde die Q W Verwaltungs-GmbH mit Vertrag vom ....10.2008 (UR- Nr. x/2008) auf die Klägerin verschmolzen.
6Diese Verschmelzung zeigte die Klägerin nicht beim Beklagten an.
7Mit Verfügung vom 17.09.2011 beraumte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung Z (GK- BP Z) bei der Klägerin eine Betriebsprüfung (BP) für die Zeiträume 2008-2010 an, die es mit Verfügung vom 17.10.2011 um die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen laut § 17 GrEStG für 2008 erweiterte.
8Die Prüfung schloss das Finanzamt für GK-BP Z mit Bericht vom 08.10.2013 ab. Durch die Verschmelzung der Q W Verwaltungs GmbH auf die Klägerin entstehe Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2 a GrEStG, weil die Klägerin nach der Verschmelzung unmittelbar zivilrechtlich neue Gesellschafter habe. Vor der Verschmelzung sei an der Klägerin die Q W Verwaltungs-GmbH zu 100 % vermögensmäßig beteiligt gewesen. Nach der Verschmelzung hielten die W K Holding GmbH zu 94,8 % und die W International Holding S.L. zu 5,2% Vermögensanteile an der Klägerin und seien damit unmittelbar zivilrechtlich neue Gesellschafter. Es habe mithin ein Gesellschafterwechsel im Umfang von insgesamt 100 % stattgefunden. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Tz. 2.16 des Betriebsprüfungsberichts Bezug genommen.
9Gegen den aufgrund des Ergebnisses der Betriebsprüfung ergangenen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 29.11.2013 - geändert durch den Feststellungsbescheid vom 12.06.2014 - sowie gegen die Ablehnung des Antrages auf Billigkeitserlass vom 30.06.2014 wendet sich die Klägerin nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der vorliegenden Klage.
10Die Klage sei auch bezüglich der begehrten Billigkeitsmaßnahme zulässig. Ein Billigkeitsverfahren könne ohne weiteres neben dem Rechtsbehelfsverfahren gegen den Steuerverwaltungsakt, auf den sich die begehrte Billigkeitsmaßnahme beziehe, betrieben werden. Der Umstand, dass der Beklagte den Einspruch als unzulässig verworfen habe, stehe einer - zulässigen - Klage nicht entgegen.
11Bei der Planung und Durchführung der Verschmelzung sei die Klägerin davon ausgegangen, dass der Vorgang keine Grunderwerbsteuer auslösen würde. Sie sei damit der Einschätzung ihrer steuerlichen Berater, die diese Einschätzung ausdrücklich mit Verweis auf die seinerzeit geltenden gleichlautenden Ländererlasse vom 26.02.2003 begründeten, gefolgt. Vor diesem Hintergrund sei kein Antrag auf verbindliche Auskunft gestellt worden. Aus demselben Grund habe die Klägerin auch darauf verzichtet, die Verschmelzung nach § 19 GrEStG der zuständigen Finanzbehörde anzuzeigen.
12Eine Grunderwerbsteuerpflicht nach dem Grunderwerbsteuergesetz sei nicht gegeben. Die Verkürzung der Beteiligungskette bei Kapitalgesellschaften und hier insbesondere die Erstarkung der mittelbaren Beteiligung der W K Holding GmbH und der W International Holding SL zu einer unmittelbaren Beteiligung an der Klägerin sei nicht tatbestandsmäßig. Gehöre zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändere sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehe, gelte dies nach § 1 Abs. 2 a GrEStG als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Entscheidend sei somit, ob die erfolgte Verschmelzung zu einem Übergang von Anteilen auf neue Gesellschafter geführt habe. Die W K Holding GmbH und die W International Holding SL seien aber nicht als „neue Gesellschafter“ i.S.v. § 1 Abs. 2a GrEStG anzusehen. Das Gesetz gebe selbst keine Definition, welche Gesellschafter als „neu“ zu gelten haben. Eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes liege nach allgemeiner Meinung im Grundsatz immer dann vor, wenn ein Mitgliedschaftsrecht an der grundbesitzenden Personengesellschaft zivilrechtlich wirksam auf ein neues Mitglied der Personengesellschaft übergehe. Höchstrichterlich sei nicht geklärt, ob auch eine zivilrechtliche Änderung des Gesellschafterbestandes durch das Ausscheiden des unmittelbaren Gesellschafters (Verkürzung der Beteiligungskette) den Tatbestand des § 1 Abs. 2 a GrEStG erfülle. Schon unter Berücksichtigung des Wortlautes des § 1 Abs. 2 a GrEStG sei dessen Tatbestand bei einer hier vorliegenden Verkürzung der Beteiligungskette nicht erfüllt. Denn wenn der maßgebliche „Gesellschafterbestand“ gemessen an dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes unter Beachtung aller „unmittelbarer“ und „mittelbarer“ Beteiligungen zu bestimmen sei, sei ein bisher mittelbar beteiligter Gesellschafter „Altgesellschafter“ und kein „neuer“ Gesellschafter. Gemessen am Wortlaut der Bestimmung sei der über eine Kapital- oder Personengesellschaft beteiligte Gesellschafter also als „Altgesellschafter“ zu qualifizieren. Aber selbst wenn man den Begriff des „neuen“ Gesellschafters enger und hierunter auch bisher mittelbar Beteiligte verstehe, sei der Anwendungsbereich der Vorschrift nach den zu § 1 Abs. 3 GrEStG entwickelten Grundsätzen teleologisch zu reduzieren. Eine solche teleologische Reduktion sei geboten, wenn der Wortlaut des Gesetzes weiterreiche, als es der Zweck gebiete. Auch nach Auffassung der überwiegenden Literatur sei eine Verkürzung der Beteiligungskette im Rahmen des § 1 Abs. 2 a GrEStG selbst dann nicht tatbestandsmäßig, wenn diese zu einem unmittelbaren Gesellschafterwechsel führe. Im Ergebnis entspreche dies auch der Linie der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH), die auf Tatbestandsebene davon geprägt sei, Kapital- und Personengesellschaften grunderwerbsteuerlich weitgehend gleich zu behandeln. Bislang habe der BFH jedoch noch nicht entschieden, ob die Verkürzung der Beteiligungskette durch Verschmelzung eines Gesellschafters der grundbesitzenden Gesellschaft auf dieselbe als steuerbegründende Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne von § 1 Abs. 2 a GrEStG zu qualifizieren sei. Im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG vertrete der BFH ebenso wie die Finanzverwaltung die Auffassung, dass eine Verstärkung einer bestehenden mittelbaren Beteiligung trotz zivilrechtlich wirksamer Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft in einer Hand keinen grunderwerbsteuerlichen Vorgang auslöse. Grunderwerbsteuerlich könnten die Anteile der zu 100 % beherrschten Gesellschaft an der grundbesitzenden Gesellschaft dem Alleingesellschafter als ihm gehörend zugerechnet werden. Nach denselben Grundsätzen könne die Verkürzung der Beteiligungskette von Kapitalgesellschaften auch dann nicht der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG unterliegen, wenn hiervon die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft betroffen seien. Erwerbe etwa eine Muttergesellschaft von ihrer Tochtergesellschaft, an der sie zu 100% beteiligt sei, alle Anteile an der Grundbesitzer-Enkelgesellschaft, sei dies kein nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG der Steuer unterliegender Vorgang. Insofern sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG teleologisch zu reduzieren. Denn nach dem FG Münster sei es nicht gerechtfertigt, Grunderwerbsteuer gegenüber einer Person aufgrund eines Rechtsvorgangs festzusetzen, durch den die ohnehin schon bestehende grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung bei dieser Person lediglich in einem grunderwerbsteuerrechtlich unerheblichen Umfang verstärkt werde. Die Muttergesellschaft, die 100 % an der Tochtergesellschaft halte, die wiederum Alleingesellschafterin der Grundbesitzer-Enkelgesellschaft sei, sei der Grundbesitz der Enkelgesellschaft als ihr allein gehörend grunderwerbsteuerlich mittelbar zuzurechnen. Das gleiche gelte im Fall des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG bei Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft in Bezug auf den Grundbesitz der Enkelgesellschaft. Die zitierte Rechtsprechung spreche dafür, die Verkürzung der Beteiligungskette durch Verschmelzung auf einen Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft nicht als steuerbegründende Änderung des Gesellschafterbestandes im Sinne von § 1 Abs. 2 a GrEStG zu qualifizieren. Denn gerade in seiner jüngeren Rechtsprechung sei der BFH bemüht, die Auslegung des § 1 Abs. 2 a GrEStG mit dem zu § 1 Abs. 3 GrEStG entwickelten Grundsätzen in Einklang zu bringen. Die Nichtsteuerbarkeit einer Verkürzung der Beteiligungskette werde auch nicht dadurch infrage gestellt, weil die Verlängerung der Beteiligungskette sowohl nach § 1 Abs. 2 a GrEStG als auch nach § 1 Abs. 3 GrEStG einen steuerbaren Vorgang darstelle. Denn die grundsätzliche Unterscheidung zwischen der Verkürzung einer Beteiligungskette und deren Verlängerung sei gerechtfertigt. Bei der Verlängerung der Beteiligungskette trete ein Dritter als weiteres grunderwerbsteuerliches Zurechnungssubjekt in die Beteiligungskette ein. Dies rechtfertige es, diesen Vorgang als grunderwerbsteuerbar einzuordnen. Bei der Verkürzung einer Beteiligungskette sei dies jedoch anders. Hier werde eine bestehende mittelbare Beteiligung lediglich zu einer unmittelbaren Beteiligung verstärkt. Die hier vorgenommene Differenzierung entspreche auch dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2 a GrEStG. Der Grundgedanke der Vorschrift sei die Verhinderung einer gesamtplanmäßigen Gestaltung zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer durch einen vollständigen Gesellschafterwechsel. Die Vorschrift fingiere zu diesem Zweck eine „neue“ Personengesellschaft. § 1 Abs. 2 a GrEStG unterwerfe dazu die „fiktive“ Bewegung eines Grundstücks der Besteuerung. Dies mache auch insofern Sinn, als dass die Vorschrift unmittelbare und mittelbare Vorgänge auf horizontaler Ebene erfassen wolle (unmittelbare oder mittelbare Beteiligung eines bislang nicht beteiligten Rechtsträgers). Hierzu werde der Austausch des Rechtsträgers auf der Ebene der Personengesellschaft selbst besteuert. Die Besteuerung von Verkürzungen der Beteiligungskette, also vertikaler Vorgänge, wie die vorliegende Verschmelzung der Tochtergesellschaft auf die grundbesitzende Personengesellschaft, an der sie zu 100 % beteiligt sei, sei vom Sinn und Zweck der Vorschrift nicht mehr gedeckt. Schließlich würde es gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit (und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen, wenn nur der - hier vorliegende - Fall der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf ihre grundbesitzende 100-prozentige Tochterpersonengesellschaft einen grunderwerbsteuerlich relevanten Vorgang darstelle, während jede andere Verkürzung der Beteiligungskette unter unmittelbarer Beteiligung des grundbesitzenden Rechtsträgers keine Grunderwerbsteuer auslösen würde (die Klägerin hat hierzu auf den Seiten 17- 19 der Klageschrift mehrere Konstellationen von Verkürzungen der Beteiligungskette dargestellt, die keine Grunderwerbsteuer auslösen würden). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gebiete der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei habe der Gesetzgeber im Bereich des Steuerrechts bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und diese so als rechtlich gleich qualifiziere, werde hier vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt, und zwar durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands müsse die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürften eines besonderen sachlichen Grundes. Als besondere sachliche Gründe für derartige Ausnahmen habe das Bundesverfassungsgericht bisher außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt. Hieran sei - bis zur Grenze des Gesetzeswortlautes - auch die Rechtsprechung gebunden. Wollten - wie die Rechtsprechung des BFH annehme - sowohl § 1 Abs. 2 a GrEStG als auch § 1 Abs. 3 GrEStG Anteilsübertragungen an grundstücksbesitzenden Gesellschaften, die Grundstücksübertragungen gleichkommen, der Besteuerung unterwerfen und sei in beiden Fällen die zivilrechtliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögens maßgeblich, unabhängig von der wirtschaftlichen Verbundenheit der Anteilseigner, sei kein sachlicher Rechtfertigungsgrund dafür ersichtlich, den hier vorliegenden Fall der Verkürzung der Beteiligungskette grunderwerbsteuerlich anders zu beurteilen als die dargestellten Konstellationen. Das gleichheitsrechtliche Gebot der Folgerichtigkeit gebiete daher, dass auch der vorliegende Fall keine Grunderwerbsteuer auslöse. Nach derzeitiger Rechtsprechung des BFH könne § 6 Abs. 3 GrEStG nicht in dem Sinne entsprechend angewendet werden, dass durch eine unmittelbar beteiligte Kapitalgesellschaft „durchgeschaut“ werden könne. Vor dem Hintergrund der vorstehend dargelegten teleologischen Erwägungen sei es allerdings zwingend, dass dann, wenn diese Überlegungen auf der Tatbestandsebene des § 1 Abs. 2 a GrEStG nicht durchgreifen sollten, auch gegen die derzeitige BFH-Rechtsprechung das systematisch und teleologisch gebotene Ergebnis über eine Auslegung von § 6 Abs. 3 GrEStG sicherzustellen sei. Die hiergegen vorgebrachten Argumente des Beklagten überzeugten nicht. Im Kern argumentiere der Beklagte dahingehend, dass der bei der Klägerin unstreitig zivilrechtlich vollzogene Gesellschafterwechsel auch zu einem Beitritt von Neugesellschaftern geführt habe, obwohl die zivilrechtlich neu beitretenden Gesellschafter schon bisher mittelbar (über eine Kapitalgesellschaft) an der Klägerin beteiligt gewesen seien. Nach der Verwaltungsauffassung könne in einer solchen Konstellation nur die Kapitalgesellschaft selbst Altgesellschafter sein, nicht jedoch deren Anteilseigner. Insoweit sei die Situation anders als bei der Beteiligung über eine Personengesellschaft, da die Gesellschafter einer Personengesellschaft als Gesamthänder sachenrechtlich am Gesamthandsvermögen mitberechtigt seien. Eine solche Rechtsstellung hätten die Gesellschafter von Kapitalgesellschaften nicht. Diesem Ansatz des Beklagten sei schon im Grundsatz zu widersprechen, weil nach der insoweit klaren Rechtsprechung des BFH - unabhängig von der zivilrechtlichen Dogmatik der Gesamthandsgesellschaften - Kapital- und Personengesellschaften auf der Tatbestandsebene des § 1 Abs. 2 a GrEStG gleich zu behandeln seien. Insoweit stelle sich im Sinne einer stringenten Auslegung allenfalls die Frage, ob der unmittelbare Gesellschafterwechsel im Falle der Verkürzung der Beteiligungskette in allen denkbaren Fallkonstellationen grunderwerbsteuerbar wäre oder nicht. Dies sei richtigerweise zu verneinen. Sollte es zu einer Grunderwerbsteuerbarkeit kommen, würde dies für die Verschmelzung einer Personengesellschaft auf ihre Tochtergesellschaft zu weiteren Wertungswidersprüchen führen, da dann die Zwischenschaltung einer Personengesellschaft (Verlängerung der Beteiligungskette) steuerbar, aber wegen § 6 Abs. 3 GrEStG steuerfrei wäre, in Bezug auf die Verkürzung der Beteiligungskette eine Anwendung von § 6 Abs. 3 GrEStG aber nicht offen stünde. Soweit der Beklagte auf den BFH-Beschluss vom 17.03.2006 hinweise, führe auch das nicht zu einem anderen Ergebnis, da auch hier ein weiterer Rechtsträger in die Beteiligungskette einbezogen worden sei.
13Zu dem Zeitpunkt, in dem die fragliche Verschmelzung durchgeführt worden sei, habe eine für die Klägerin günstige Erlasslage bestanden, auf die diese bei der Umstrukturierung vertraut habe. Die Erlasslage sei durch die herrschende Literaturauffassung bestätigt worden. Die Änderung des Erlasses betreffend die Anwendung des § 1 Abs. 2 a GrEStG ohne eine Übergangsregelung gebiete für den vorliegenden Sachverhalt einen Billigkeitserlass nach §§ 181 Abs. 1 i.V.m. 163 AO. Dem Erlass zur Anwendung von § 1 Abs. 2 a GrEStG vom 26.02.2003 sei die klare Auffassung der Finanzminister der Länder zu entnehmen gewesen, dass Altgesellschafter alle seien, die zu Beginn des Fünfjahreszeitraums des § 1 Abs. 2 a GrEStG unmittelbar oder mittelbar an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt gewesen seien. Ausdrücklich hervorgehoben worden sei in dem Erlass, dass keine Steuerbarkeit bei einer Verkürzung der Beteiligungskette eintrete. Werde die mittelbare Beteiligung zu einer unmittelbaren verstärkt, löse dies keine erneute Steuerpflicht aus. Ob diese mittelbare Beteiligung über eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft vermittelt werde, sei für den Erlass nicht maßgeblich gewesen. Danach stellte sich die Verstärkung einer mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung an der grundbesitzenden Personengesellschaft durch die Verkürzung einer Beteiligungskette nicht als Änderung der Beteiligung am Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft dar. Auch diesbezüglich sei nicht danach unterschieden worden, über welche Gesellschaftsform die mittelbare Beteiligung vermittelt worden sei. In der Literatur und auch bei Vertretern der Verwaltung habe daher auch keinerlei Zweifel daran bestanden, dass eine Altgesellschafter-Stellung durch eine mittelbare Beteiligung nicht nur über eine Personengesellschaft, sondern auch über eine Kapitalgesellschaft vermittelt werden konnte. Daher falle die Verkürzung der Beteiligungskette nicht unter § 1 Abs. 2 a GrEStG, auch wenn sie zu einem Wechsel der unmittelbaren Beteiligung an der grundbesitzenden Personengesellschaft geführt habe. Entsprechend vertrete Pahlke die Auffassung, dass ein Fall des § 1 Abs. 2 a GrEStG nur dann vorliege, wenn ein mittelbar zu mehr als 95 v.H. an einer Personengesellschaft beteiligter Rechtsträger auf einen anderen Rechtsträger verschmolzen werde. Daraus folge, dass dies nicht der Fall sei, wenn der Rechtsträger auf die Personengesellschaft selbst verschmolzen werde. Nicht richtig sei insoweit die Einlassung des Beklagten, der streitige Sachverhalt sei im Erlass vom 26.02.2003 auch nicht positiv im Sinne der Klägerin geregelt gewesen. Auch intern sei die Finanzverwaltung offensichtlich davon ausgegangen, dass nach alter Erlasslage keine Grunderwerbsteuer ausgelöst worden wäre. Dies ergebe sich auch aus einem Aktenvermerk des Beklagten. Durch den Verschmelzungsvertrag vom ....10.2008 habe die Klägerin auf der Grundlage der soeben dargestellten Rechtslage disponiert. Dabei habe sie auf den Inhalt des koordinierten Ländererlasses vertraut. Sie habe ihr Vertrauen in diese Rechtslage also bereits durch die Disposition dokumentiert. Die Einlassung des Beklagten, die Klägerin habe nicht disponiert, sei insoweit nicht nachvollziehbar. Das Vertrauen der Klägerin auf diesen Erlass sei auch schutzwürdig im Sinne der Rechtsprechung des BFH. Die Klägerin begehre nicht die Festhaltung der Finanzbehörde an einer früheren Verwaltungsauffassung im Hinblick auf eine künftige oder noch nicht abgeschlossene Disposition. Die Klägerin habe bereits im Jahr 2008 eine abschließende Disposition getroffen. Mit einer Änderung der Verwaltungsauffassung sei zu diesem Zeitpunkt nicht zu rechnen gewesen. Die Verwaltungsauffassung sei zu diesem Zeitpunkt auch weder verworren noch unklar gewesen. Vielmehr seien sowohl der Ländererlass als auch die Literaturauffassung so zu verstehen gewesen, dass es für die mittelbare Beteiligung nicht darauf ankommen solle, durch welche Gesellschaftsform die Altgesellschafterposition vermittelt werde. Zweifel an dieser Rechtslage seien nicht veranlasst gewesen. Abweichende Rechtsprechung habe zu diesem Zeitpunkt ebenfalls nicht bestanden. Das Argument des Beklagten, eine aufgehobene Verwaltungsanweisung könne nicht mehr zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen, sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr sei der Steuerbürger gerade dann auf Vertrauensschutz angewiesen, wenn die Verwaltung sich von ihrer einmal veröffentlichen Verwaltungsauffassung gelöst habe. Werde das schutzwürdige Vertrauen des Steuerpflichtigen in eine Verwaltungsvorschrift des BMF oder einer obersten Landesbehörde dadurch enttäuscht, dass der Normgeber die Verwaltungsvorschrift selbst aufhebe oder ändere, habe der Steuerpflichtige Anspruch auf eine entsprechende Billigkeitsmaßnahme. In diesen Fällen sei das Ermessen der Verwaltung auf Null reduziert. Die Klägerin habe daher vorliegend einen Anspruch auf die begehrte Billigkeitsmaßnahme. Wenn man eine Ermessensreduzierung auf Null verneine, sei die Ablehnung der beantragten Billigkeitsmaßnahme fehlerhaft erfolgt. Der Beklagte habe nämlich die Ablehnung im Ergebnis schlicht mit einem fehlenden Rechtsschutzinteresse der Klägerin begründet. In seinem Ablehnungsschreiben vom 30.06.2014 habe der Beklagte erklärt, dass es „keine Billigkeitsgründe persönlicher oder sachlicher Art geben könne“. In diesem Schreiben setze sich der Beklagte mit keinem Wort mit den vorgetragenen Billigkeitsaspekten auseinander. Auch in der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2014 werde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Einspruch - wohl mangels Rechtsschutzbedürfnisses - unzulässig sei. Dementsprechend habe der Beklagte den Einspruch als unzulässig verworfen. Ein Abwägen möglicher Billigkeitsgründe sei nicht erfolgt.
14Die Klägerin beantragt,
15den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die Grunderwerbsteuer vom 29.11.2013, zuletzt geändert durch den Feststellungsbescheid vom 12.06.2014, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.10.2014 ersatzlos aufzuheben,
16hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 30.06.2014 sowie der bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 13.10.2014 zu verpflichten, im Billigkeitswege den Gesellschafterwechsel bei der Klägerin unberücksichtigt zu lassen,
17hilfsweise, den Beklagten unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 30.06.2014 sowie der bestätigenden Einspruchsentscheidung vom 13.10.2014 zu verpflichten, den Antrag der Klägerin auf Billigkeitserlass unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden,
18hilfsweise, die Revision zuzulassen
19Der Beklagte beantragt,
20die Klage abzuweisen,
21hilfsweise, die Revision zuzulassen.
22Zu Recht habe der Beklagte die Verschmelzung auf der Grundlage des Vertrages vom ....10.2008 rechtlich als einen nach § 1 Abs. 2 a GrEStG steuerbaren Vorgang gewertet. Der dort genannte Steuertatbestand finde auch Anwendung bei der hier vorliegenden Verkürzung der Beteiligungskette. Die nunmehr nach Verschmelzung unmittelbar an der Klägerin beteiligten Gesellschafter seien keine „Altgesellschafter“. Entgegen der Ansicht der Klägerin finde diese Auffassung ihre Stütze in der Rechtsprechung des BFH. Bereits der Entscheidung des BFH vom 24.04.2013 II R 17/10 sei zu entnehmen, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 2 a GrEStG bei dem hier gegebenen unmittelbaren Gesellschafterwechsel von 100 % der Gesellschaftsanteile durch Verschmelzung der Q W Verwaltungs-GmbH auf die Klägerin erfüllt sei. Denn unzweifelhaft seien die W K GmbH und die W International Holding SL zivilrechtlich neue Gesellschafter der Klägerin. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise finde hier laut BFH im Gegensatz zu einem mittelbaren Gesellschafterwechsel gerade nicht statt. Demnach seien die W K GmbH und W International Holding SL als neue Gesellschafter der Klägerin im Sinne des § 1 Abs. 2 a GrEStG anzusehen. Auch die Entscheidung des BFH vom 20.02.2012 II R 57/09 unterstütze ausdrücklich die Auslegung durch den Beklagten. Denn sofern die Übertragung von mindestens 95 % der Anteile an einer grundbesitzenden Personengesellschaft durch den BFH auch dann nach § 1 Abs. 2 Buchst. a GrEStG als steuerbar behandelt werde, wenn der (Alt-) Gesellschafter nach der Übertragung der Anteile weiter mittelbar in vollem Umfang an der grundbesitzenden Personengesellschaft beteiligt bleibe, müsse dies erst recht für die Steuerbarkeit des Erstarkens einer mittelbaren zu einer unmittelbaren Beteiligung gelten. Nur diese am Wortlaut des § 1 Abs. 2 a GrEStG orientierte Auslegung stehe auch im Einklang mit den zu § 1 Abs. 3 GrEStG entwickelten Grundsätzen. Schon nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 2 a GrEStG könne ein zuvor nur mittelbar beteiligter Gesellschafter nicht als Altgesellschafter angesehen werden, sondern sei vielmehr zwingend zivilrechtlich und grunderwerbsteuerrechtlich als neuer Gesellschafter zu behandeln. Dies gelte laut BFH in gleicher Weise für Personen- wie für Kapitalgesellschaften. Ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege bei dieser Sachlage gerade nicht vor. Auch eine teleologische Reduktion des Tatbestandes sei im Streitfall nicht geboten. Nach herrschender Meinung sei eine erneute Steuerbarkeit bei einer Verkürzung der Beteiligung nur dann zu verneinen, wenn dem unmittelbaren Übergang der Anteile auf diese Kapitalgesellschaft zuvor ein steuerbarer mittelbarer Übergang der Geschäftsanteile vorausgegangen sei. Dies sei im Streitfall gerade nicht der Fall. Entgegen der Ansicht der Klägerin scheide im Streitfall auch eine entsprechende Anwendung des § 6 Abs. 3 GrEStG aus. Diesbezüglich werde auf die ständige Rechtsprechung des BFH (z.B. BFH- Urteile vom 25.09.2013 II R 17/12 und vom 03.06.2014 II R 1/13) verwiesen. Die beiden Urteile mache sich der Beklagte sowohl hinsichtlich seiner Argumentation zu § 1 Abs. 2 a GrEStG als auch zu § 6 Abs. 3 GrEStG ausdrücklich zu Eigen.
23Weiterhin bleibe der Beklagte bei seiner Auffassung, dass der hilfsweise geltend gemachte Erlassantrag nach § 163 AO mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet sei. Entgegen der Darstellung der Klägerin habe der Beklagte in seinem Ablehnungsbescheid vom 30.06.2014 sowie in der Entscheidung vom 13.10.2014 durchaus eine Ermessensentscheidung getroffen. Angesichts der Unzulässigkeit und Unbegründetheit des Antrages habe die Entscheidung des Beklagten allerdings nur so ausfallen können, dass er den Erlassantrag ablehne. Weitere Ausführungen zum Ermessen bedurfte es von daher nicht mehr. Der Hilfsantrag nach § 163 AO sei deshalb unzulässig, weil im vorliegenden Fall mangels eingetretener Bestandskraft noch eine Änderung im Rahmen des vorrangigen Festsetzungsverfahrens möglich sei. Die von der Klägerin hervorgehobene „Zweigleisigkeit“ des Verfahrens stehe dem nicht entgegen. Der Hilfsantrag wegen des Billigkeitserlasses sei darüber hinaus unbegründet, da der vorliegende Fall der Verkürzung einer Beteiligungskette auch in dem aufgehobenen Erlass vom 26.02.2003 nicht positiv im Sinne der Klägerin geregelt gewesen sei. Die Rechtslage zur Frage der Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 2 a GrEStG sei im Besteuerungszeitpunkt zumindest verworren und unklar gewesen.
24Ferner lägen keine Nachweise dafür vor, dass die Klägerin in schutzwürdiger Weise auf eine für sie günstige Verwaltungsauffassung vertraut habe. Sie habe die nach § 19 GrEStG gebotene Anzeige unterlassen. Aufgrund der unklaren Rechtslage habe eine besondere Veranlassung für eine derartige Anzeige bestanden. Entgegen der Behauptung der Klägerin könne der Verschmelzungsvertrag selbst nicht als eine derartige schutzwürdige Vermögensdisposition angesehen werden, zumal darin weder eine Berufung auf den Erlass vom 26.02.2003 erfolgt sei, noch irgendwelche Ausführungen zu der unklaren Rechtslage enthalten seien. Der Beklagte bleibe zudem bei seiner Auffassung, dass von untergesetzlichen, norminterpretierenden Verwaltungsanweisungen wie dem streitgegenständlichen Erlass vom 26.02.2003 kein Vertrauensschutz im Sinne des § 163 AO ausgehen könne.
25Die Klägerin hat einer Verfahrensruhe im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren II R 18/17 nicht zugestimmt.
26Entscheidungsgründe
27Die Klage ist unbegründet.
28Der Beklagte hat zu Recht die Besteuerungsgrundlagen für den aufgrund des Gesellschafterwechsels bei der Klägerin i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG verwirklichten Erwerbsvorgang festgestellt.
29Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG als ein auf die Übereignung dieses Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft. Die Änderung des Gesellschafterbestandes nach § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG kann in einem einzelnen Rechtsvorgang oder in Teilakten über einen Zeitraum von längstens fünf Jahren erfolgen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 16. Mai 2013 II R 3/11, BStBl II 2013, 963, vom 9. Juli 2014 II R 49/12, BFHE 246, 215, m.w.N., und vom 25. November 2015 II R 18/14, BStBl II 2018, 783).
30Im Streitfall ist mit der Verschmelzung zu 100% eine unmittelbare Änderung des Gesellschafterbestandes der Klägerin erfolgt (vgl. zum Übergang von Anteilen bei Verschmelzungsvorgängen beispielsweise BFH- Urteil vom 29. Januar 1997 II R 15/96, BFHE 181, 524, BStBl II 1997, 296; Meßbacher-Hönsch in Boruttau Grunderwerbsteuergesetz 19. Aufl, § 1 Rn. 808). Sämtliche Anteile am Gesellschaftsvermögen der Klägerin sind auf „neue Gesellschafter“ i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG übergegangen.
31Der Auffassung der Klägerin, dass die neuen unmittelbaren Gesellschafter der Klägerin, die W K Holding GmbH und die W International Holding S.L., aufgrund ihrer bisherigen Beteiligung an der Q W Verwaltungs GmbH nicht neue Gesellschafter der Klägerin i.S.d. § 1 Abs. 2 a GrEStG seien, kann nicht gefolgt werden.
32Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft, die ihrerseits Gesellschafterin einer grundbesitzenden Personengesellschaft ist, sind an letzterer nicht unmittelbar beteiligt. Sie sind zivilrechtlich aber auch nicht mittelbar an der Personengesellschaft beteiligt, da es eine mittelbare Beteiligung der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft an der Personengesellschaft nicht gibt. Daher kann nur die Kapitalgesellschaft selbst, nicht jedoch deren Anteilseigner Altgesellschafter der Personengesellschaft sein (vgl. Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz 17.Aufl. § 1 Rn. 837).
33Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass § 1 Abs. 2a GrEStG seit der Neuregelung durch das StEntlG 1999/2000/2002 auch mittelbare Änderungen des Gesellschafterbestandes erfasst.
34Nach der BFH Rechtsprechung ist beispielsweise der eintretende Gesellschafter Neugesellschafter, auch wenn der ausscheidende Gesellschafter an dem eintretenden Gesellschafter beteiligt ist (vgl. BFH- Urteil vom 29. Februar 2012 II R 57/09, BStBl II 2012, 917). Die Neuregelung sollte nach dem Willen des Gesetzgebers verhindern, dass Gesellschafter mittelbar Anteile an Personengesellschaften erwerben und dadurch die Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG umgehen (BRDrucks 910/98, S. 203). Durch die Aufnahme auch mittelbarer Bestandsänderungen wurde der Anwendungsbereich der Norm ausdrücklich erweitert und nicht eingeschränkt. § 1 Abs. 2a GrEStG kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass eine unmittelbare Übertragung von mindestens 95 % der Anteile nicht steuerbar ist, wenn mittelbar die Altgesellschafter weiterhin an der Gesellschaft beteiligt bleiben (BFH-Beschluss vom 17. März 2006 II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341; ebenso Fischer in Boruttau, Grunderwerbsteuergesetz 17.Aufl., § 1 Rz 862). Dann ist aber auch der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft als neuer Gesellschafter anzusehen, wenn er selbst Anteile an der Personengesellschaft erwirbt bzw. durch Verschmelzung Rechtsnachfolger wird.
35Hiergegen spricht auch nicht das Urteil des BFH vom 24. April 2013 II R 17/10, BStBl II 2013, 963, da dieses ausschließlich Änderungen im mittelbaren Gesellschafterbestand betrifft und nicht, wie im Streitfall, den Wechsel der Beteiligungen der Anteilseigner der Kapitalgesellschaft in unmittelbare Beteiligungen an der Personengesellschaft (vgl. auch FG Düsseldorf, Urteil vom 29. März 2017, 7 K 439/10 GE, EFG 2017, 852).
362. Die auf Billigkeitsmaßnahmen gerichteten Hilfsanträge der Klägerin haben ebenfalls keinen Erfolg. Der Beklagte hat es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, von einer Feststellung der Besteuerungsgrundlagen der Anteilsübergänge für die Grunderwerbsteuer abzusehen.
37Nach § 163 Satz 1 AO können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne Besteuerungsgrundlagen, die die Steuern erhöhen, können bei der Festsetzung der Steuer unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Norm gilt über § 181 Abs. 1 AO auch für Feststellungsbescheide (Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 163 AO Rz. 3).
38Die abweichende Festsetzung von Steuern ist ebenso wie der Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen dazu bestimmt, ungewollten Überhängen des gesetzlichen Tatbestandes entgegenzuwirken (z.B. BFH-Urteile vom 24. September 1987 V R 76/78, BStBl II 1988, 561; vom 20. Februar 1991 II R 63/88, BStBl II 1991, 541; vom 9. September 1993 V R 45/91, BStBl II 1994, 131; vom 24. Februar 1994 V R 43/92, BFH/NV 1995, 358). Darüber hinaus kann die Festsetzung einer Steuer sachlich unbillig sein, wenn sie den Geboten der Gleichheit und des Vertrauensschutzes, den Grundsätzen von Treu und Glauben, dem Erfordernis der Zumutbarkeit oder dem der gesetzlichen Regelung zugrundeliegenden Zweck widerspricht (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BStBl II 1991, 610).
39Im Streitfall, in dem der erkennende Senat berechtigt ist, die Verwaltungsentscheidungen auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundsätzen der Billigkeit zu überprüfen, kann die Klägerin Billigkeit allenfalls unter dem Aspekt der Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben begehren (vgl. BFH-Urteil vom 10. Juni 1975 VIII R 50/72, BStBl II 1975, 789). Die Verdrängung gesetzten Rechts durch den Grundsatz von Treu und Glauben kann nur in besonderen Fällen in Betracht kommen, in denen das Vertrauen des Steuerpflichtigen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in einem so hohen Maße schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zurücktreten (BFH-Urteil vom 31. Oktober 1990 I R 3/86, BStBl II 1991, 610).
40Eine solche Vertrauenssituation kann grundsätzlich durch die Erteilung einer verbindlichen Zusage oder Auskunft geschaffen werden, nicht hingegen durch den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften (BFH-Urteile vom 11.Oktober 1988 VIII R 419/83, BStBl II 1989, 284 und vom 9.März 1988 I R 262/83, BStBl II 1988, 592).
41Eine verbindliche Zusage oder Auskunft wurde von der Klägerin nicht eingeholt.
42Ob der vorliegende Sachverhalt von dem koordinierten Ländererlaß vom 26.02.2003 zur Anwendung des § 1 Abs. 2a GrEStG erfasst wird, konnte der erkennende Senat dahinstehen lassen. Denn als im vorstehenden Sinn unbeachtliche Verwaltungsvorschriften sind insbesondere die norminterpretierenden Verwaltungsanweisungen (vgl. z.B. Drüen in Tipke/Kruse, AO/FGO Kommentar, § 4 AO Rn 84 m.w.N.) gemeint, die - wie der im Streitfall angeführte koordinierte Ländererlaß - die gleichmäßige Auslegung und Anwendung von Gesetzen durch die nachgeordneten Behörden sicherstellen sollen, die aber keine Bindung aller Rechtsanwender wie durch eine Rechtsverordnung erreichen können und bei unzutreffender Gesetzesauslegung das Gericht nicht binden (vgl. BFH-Urteile vom 18.März 1987 II R 135/84, BFH/NV 1988, 393; vom 28.Oktober 1980 VIII R 34/76, BStBl II 1981, 161; vom 10. Juni 1975 VIII R 50/72, BStBl II 1975, 789).
43Der zumindest konkludente Vorbehalt einer späteren anderen Auslegung durch die Rechtsprechung gilt vor allem auch dann, wenn - wie hier - die behandelte Frage bei Veröffentlichung der Verwaltungsanweisung zuvor höchstrichterlich noch nicht entschieden war (vgl. BFH-Beschluß vom 11.Juli 1989 VII B 93/89, BFH/NV 1990, 195).
44Anderenfalls würde zum einen das an bestimmte Voraussetzungen gebundene Verordnungsrecht der Verwaltungsbehörden (vgl. Art. 80 des Grundgesetzes --GG--) unkontrollierbar erweitert und damit in die Legislative eingegriffen und zum anderen würde das verfassungsmäßige Recht der Rechtsprechung auf Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung beeinträchtigt (vgl. Art. 20 GG; BFH-Urteil vom 18.März 1986 VII R 55/83, BFHE 146, 294, Betriebs- Berater 1986, 1074).
45Der erkennende Senat konnte daher auch dahinstehen lassen, ob sich die Klägerin überhaupt auf einen Vertrauenstatbestand hätte berufen können, da sie ihrerseits ihrer Verpflichtung zur Anzeige nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GrEStG nicht nachgekommen ist.
463. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
474. Die Revision wurde im Hinblick auf das beim BFH anhängige Revisionsverfahren II R 18/17 nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassen.