Teilwert
§ 6 EStG
1. Allgemeines
Der Teilwert ist ein im Rahmen der Gewinneinkünfte häufig benötigter Wert. Mit dem Teilwert werden z.B. Einlagen und Entnahmen bewertet. Er ist aber auch Bewertungsmaßstab bei der Bilanzierung (§ 6 EStG).
Hinweis:
Bei Gebrauchtwagen lässt sich der Teilwert z.B. aus den einschlägigen Preislisten (ADAC, Schwacke-Liste, etc.) ermitteln.
Bei Waren und Vorratsvermögen entspricht der Teilwert in der Regel den Wiederbeschaffungskosten.
Wegen der Besonderheiten, dass der Teilwert niedriger ist als die (fortgeführten) Anschaffungskosten des Wirtschaftsgutes vgl. Teilwertabschreibung.
2. Begriff
Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde, wobei davon auszugehen ist, dass der Erwerber den Betrieb fortführt (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Anlagegegenstände bei der Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2, Nr. 2 Satz 2 EStG),
Umlaufgegenstände bei der Teilwertabschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG),
Verbindlichkeiten bei der Teilwertzuschreibung (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG),
Entnahmen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG),
Einlagen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG),
die einzelnen Wirtschaftsgüter bei der Eröffnung eines Betriebs (§ 6 Abs. 1 Nr. 6 EStG),
die einzelnen Wirtschaftsgüter bei entgeltlichem Erwerb eines Betriebs, aber höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
3. Betriebszugehörigkeit
Beim Teilwert werden die Wirtschaftsgüter unter Berücksichtigung ihrer Betriebszugehörigkeit bewertet. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass Wirtschaftsgüter in einem lebenden Betrieb wertmäßig von der Ertragskraft des Betriebs profitieren und deshalb ihr Wert im Zusammenhang mit einem rentablen Betrieb höher ist, als wenn sie aus dem Betriebszusammenhang losgelöst wären.
Im Gegensatz dazu stellt der gemeine Wert auf den Einzelveräußerungspreis ab.
Als betriebsbezogener Wert ist der Teilwert nur bei den Gewinneinkunftsarten von Bedeutung. Er ist Wertmaßstab in der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) und in der Einnahmenüberschussrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG).
4. Grenzwerte
Der Teilwert kann nur im Wege der Schätzung ermittelt werden, wobei die Rechtsprechung für die Wertermittlung bestimmte Grenzwerte aufgestellt hat:
Die Wiederbeschaffungskosten bilden den obersten Grenzwert.
Der Einzelveräußerungspreis ist in der Regel der unterste Grenzwert.
Ein Erwerber des Unternehmens würde für ein Wirtschaftsgut, das für den betreffenden Betrieb betriebsnotwendig ist, höchstens so viel zahlen, wie er an Kosten aufwenden müsste, um dieses Wirtschaftsgut, falls es fehlte, für den Betrieb wiederzubeschaffen.
Auf der anderen Seite wird aber der Veräußerer mindestens den Preis fordern, der zu erzielen wäre, wenn er das Wirtschaftsgut am Stichtag einzeln, ohne Rücksicht auf seine Betriebszugehörigkeit, veräußern würde. Das ist der gemeine Wert oder der Verkehrswert des Wirtschaftsgutes (ohne Umsatzsteuer). Im Einzelfall kann dieser Wert auch höher sein als die Wiederbeschaffungskosten.
Der Einzelveräußerungspreis ohne Rücksicht auf die Betriebszugehörigkeit kommt auf jeden Fall für diejenigen Wirtschaftsgüter als Teilwert in Betracht, die für den Betrieb entbehrlich oder jederzeit ersetzbar sind. Für sie wird daher der Teilwert in der Regel mit dem Verkehrswert gleichgesetzt.
5. Teilwertvermutung
Unter dem Gesichtspunkt der Betriebszugehörigkeit ist eine Teilwertabschreibung solange ausgeschlossen, wie das Wirtschaftsgut noch seine Aufgabe im Rahmen des Betriebes erfüllt. Deshalb besteht eine widerlegbare Vermutung dafür, dass der Teilwert entspricht
im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Fertigstellung eines Wirtschaftsguts den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH, 13.04.1988 - I R 104/86, BStBl II 1988, 892),
zu einem späteren Zeitpunkt den Wiederbeschaffungskosten (BFH, 20.05.1988 - III R 151/86, BStBl II 1989, 269; 08.09.1994 - IV R 16/94, BStBl II 1995, 309),
bei nicht abnutzbaren Anlagegegenständen auch zu späteren, dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nachfolgenden Bewertungsstichtagen den Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH, 21.07.1982 - I R 177/77, BStBl II 1982, 758),
bei abnutzbaren Anlagegegenständen zu späteren, dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nachfolgenden Bewertungsstichtagen den um die lineare AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten (BFH, 30.11.1988 - II R 237/83, BStBl II 1989, 183),
bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens grundsätzlich den Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag. Der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren hängt jedoch auch von deren voraussichtlichem Veräußerungserlös (Börsen- oder Marktpreis) ab (BFH, 27.10.1983 - IV R 143/80, BStBl II 1984, 35).
Diese Vermutungen gelten auch für eine Betriebseröffnung. In diesem Fall ist Teilwert der Preis, den ein fremder Dritter für die Beschaffung des Wirtschaftsguts aufgewendet hätte, wenn er den Betrieb eröffnet und fortgeführt hätte (BFH, 07.12.1978 - I R 142/76, BStBl II 1979,729; 19.01.1982 - VIII R 21/77, BStBl II 1982, 456).
6. Widerlegung der Teilwertvermutung
Die Teilwertvermutung wird widerlegt, indem Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die den ausgewiesenen Wert des Wirtschaftsguts unter Berücksichtigung seiner Funktion im Betrieb als zu hoch erscheinen lassen.
Die Teilwertvermutung ist widerlegt, wenn anhand konkreter Tatsachen und Umstände dargelegt und nachgewiesen wird, dass
die Anschaffung oder Herstellung eines bestimmten Wirtschaftsguts von Anfang an eine Fehlmaßnahme war oder
zwischen dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung und dem maßgeblichen Bilanzstichtag Umstände eingetreten sind, die die Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts nachträglich zur Fehlmaßnahme werden lassen oder
die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag niedriger als der vermutete Teilwert sind (R 6.7 Abs. 1 Satz 4 und 5 EStR).
Eine Fehlmaßnahme liegt vor, wenn kein vernünftiger Kaufmann unter den besonderen Umständen so gehandelt hätte. Das ist der Fall, wenn unabhängig von der Ertragslage des Betriebs der wirtschaftliche Nutzen der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts bei objektiver Betrachtung deutlich hinter dem für den Erwerb oder die Herstellung getätigten Aufwand zurückbleibt und demgemäß dieser Aufwand so unwirtschaftlich war, dass er von einem gedachten Erwerber des gesamten Betriebs im Kaufpreis nicht honoriert würde (BFH, 20.05.1988 - III R 151/86, BStBl II 1989, 269).