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Inhaltsverzeichnis

Kleinunternehmer

§ 19 UStG

Wenn ein Unternehmer mit seinem Unternehmen bestimmte Umsatzgrenzen im laufenden und im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschreitet, wird auf die Erhebung der Umsatzsteuer verzichtet. Die Regelung des § 19 Abs. 1 UStG soll dazu dienen, dass kleinere Unternehmen vom Verwaltungsaufwand, der mit der Umsatzsteuer verbunden ist, befreit werden. Die Kleinunternehmerregelung gilt seit dem 01.01.1993 nur noch für inländische oder in einem Zollfreigebiet ansässige Unternehmer, ausländische Unternehmer sind von der Regelung ausgeschlossen.

1. Nichterhebung der Steuer

Von der Nichterhebung der Steuer wird nur die Umsatzsteuer auf die Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 UStG erfasst. Das bedeutet, dass die Nichterhebung der Umsatzsteuer im Falle der Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG sich nicht bezieht auf:

  1. a)

    die Umsatzsteuer, die nach § 14 Abs. 3 UStG unberechtigt ausgewiesen wurde (Unberechtigter Steuerausweis)

  2. b)

    die Einfuhrumsatzsteuer auf Einfuhren von Gegenständen in das Zollgebiet (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UStG)

  3. c)

    die innergemeinschaftlichen Lieferungen neuer Fahrzeuge (§ 19 Abs. 4 UStG)

2. Nichtanwendung von Vorschriften

Für Unternehmer, die der Kleinunternehmerregelung des § 19 Abs. 1 UStG unterliegen, sind folgende Vorschriften nicht anwendbar:

  1. a)

    Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen nach § 4 Nr. 1b UStG und § 6a UStG

  2. b)

    Verzicht auf Steuerbefreiungen nach § 9 UStG

  3. c)

    gesonderter Steuerausweis in Rechnungen nach § 14 Abs. 1 UStG

  4. d)

    Angabe der USt-IdNr. in Rechnungen nach § 14a Abs. 2 UStG

  5. e)

    Vorsteuerabzug nach § 15 UStG

Diese Ausschlüsse haben grundsätzlich den Sinn, dass wegen der Nichterhebung der Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG der Kleinunternehmer wie ein Nichtunternehmer oder Endverbraucher gestellt werden soll.

Praxistipp:

Wer unter die Kleinunternehmerregelung fällt und auf deren Anwendung nicht verzichtet hat, muss unbedingt darauf achten, dass er in Rechnungen die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweisen darf. Wird dies dennoch gemacht, wird die ausgewiesene Umsatzsteuer nach § 14 Abs. 3 UStG geschuldet und die Rechnung kann nicht berichtigt werden.

3. Umsatzgrenzen

3.1 Allgemeines

Die Umsatzgrenzen sind auf den Gesamtumsatz zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer (= Bruttoentgelte) abzustellen. Für steuerfreie Umsätze ist daher keine Umsatzsteuer hinzuzurechnen. Die Berechnung für die Umsatzgrenzen des § 19 Abs. 1 UStG muss nach den in den maßgeblichen Kalenderjahren vereinnahmten Beträgen erfolgen, auch wenn der Unternehmer der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten (Sollversteuerung) unterliegt. Aus dem (Brutto-)Gesamtumsatz sind die darin enthaltenen Umsätze aus der Veräußerung oder der Entnahme von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens herauszunehmen. Das gilt auch für die Entnahme oder Veräußerung dieser Wirtschaftsgüter im Rahmen einer Geschäftsveräußerung. Dadurch wird eine Bereinigung um die nicht dem normalen Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Umsätze erreicht. Der Begriff Wirtschaftsgut des Anlagevermögens ist nach einkommensteuerrechtlichen Kriterien zu beurteilen.

Die Kleinunternehmerbesteuerung nach § 19 Abs. 1 UStG ist anzuwenden, wenn der maßgebende Umsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 EUR (bis 2002 16.620 EUR) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 EUR nicht übersteigen wird. Ist eine der beiden Grenzen überschritten, ist die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ausgeschlossen.

3.2 Unentgeltliche Wertabgaben

Die Privatverwendung eines teilunternehmerisch verwendeten Gegenstandes ist nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG steuerbar, wenn dieser Gegenstand dem Unternehmen vollständig zugeordnet worden ist und dessen unternehmerische Verwendung zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat. Das gilt nicht für Grundstücke im Sinne des § 15 Abs. 1b UStG.

Wenn der Unternehmer als Kleinunternehmer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, fehlt die Voraussetzung des vollen oder teilweisen Vorsteuerabzuges. In diesen Fällen findet § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG keine Anwendung, sodass deshalb bei der Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStG eine unentgeltliche Wertabgabe nicht hinzuzurechnen ist.

Hat der Kleinunternehmer einen teilunternehmerisch verwendeten Gegenstand in einem Besteuerungszeitraum erworben, in dem die Voraussetzungen für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung noch nicht vorlagen bzw. er auf die Anwendung dieser Regelung verzichtet und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat, liegt eine Änderung der Verhältnisse vor (§ 15a Abs. 7 UStG), die im Berichtigungszeitraum zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG führt. Auch in diesem Fall ist die unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG bei der Berechnung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStGnicht zu berücksichtigen.

Die unentgeltliche Wertabgabe ist in die Ermittlung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 1 Satz 2 UStGeinzubeziehen, wenn ein der Regelbesteuerung unterliegender Unternehmer seinen Gesamtumsatz des vorangegangenen Jahres im Hinblick auf die Grenze von 17.500 EUR ermittelt und die unentgeltliche Wertabgabe im vorangegangenen Kalenderjahr steuerbar war.

Vgl. auch BFH, 15.09.2011 -V R 12/11.

3.3 Neugründungen

Bei neu gegründeten Unternehmen kommt es darauf an, ob der maßgebende Umsatz des ersten Kalenderjahres voraussichtlich 17.500 EUR nicht übersteigt.

Praxistipp:

Da die maßgeblichen Umsatzgrenzen nach den Beträgen berechnet werden, die vereinnahmt wurden, kann u.U. die Anwendung oder die Nichtanwendung der Kleinunternehmerbesteuerung über eine gezielte Steuerung der Einnahmen beeinflusst werden.

Beispiel:

Der Unternehmer (Neugründer) hat bis zum 15.12.02 Bruttoeinnahmen in Höhe von 16.500 EUR und eine offene Forderung von 5.000 EUR. Um für 02 noch unter die Kleinunternehmerbesteuerung zu fallen, darf die offene Forderung vom Schuldner erst in 03 beglichen werden.

Im Jahr der Neugründung eines Unternehmens ist allein auf den vom Unternehmer prognostizierten voraussichtlichen Umsatz des Gründungsjahres im Zeitpunkt des Beginns der unternehmerischen Tätigkeit abzustellen. Hierbei ist entsprechend der Zweckbestimmung des § 19 Abs. 1 UStG die Grenze von 17.500 EUR maßgebend (vgl. Abschnitt 19.1 Abs. 4 UStAE ).

Wenn ein Unternehmen im Gründungsjahr keine steuerbaren Umsätze ausführt, ist nach FG München, 09.07.2003 - 3 K 4787/01 die Anwendung der Kleinunternehmerregelung in dem der Unternehmensgründung folgenden Kalenderjahr zulässig, wenn der Umsatz in diesem Jahr voraussichtlich 50.000 EUR nicht übersteigt.

Der für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung maßgebende Gesamtumsatz ist stets nach vereinnahmten Entgelten zu ermitteln. Auf den Zeitpunkt der Ausführung der Umsätze kommt es nicht an. Daher ist zu prüfen, ob für die im Gründungsjahr erhaltenen Anzahlungen die Kleinunternehmerregelung angewendet werden kann oder ob diese der Regelbesteuerung zu unterwerfen sind.

Dies hängt ebenfalls von der vom Unternehmer zu Beginn seiner unternehmerischen Tätigkeit vorzunehmenden Prognose ab.

Konnte der Unternehmer im Zeitpunkt der Unternehmensgründung nicht mit dem Erhalt von Anzahlungen rechnen oder hat er seinen Gesamtumsatz mit einem Betrag von maximal 17.500 EUR geschätzt, ist die Kleinunternehmerregelung auch für die Versteuerung der Anzahlungen anzuwenden. Das gilt selbst dann, wenn sich im Laufe des Jahres herausstellt, dass tatsächlich ein höherer Betrag vereinnahmt wurde.

In diesen Fällen sollte der Unternehmer jedoch glaubhaft nachweisen, warum und weshalb es zu seiner unrichtigen Prognose gekommen ist.

4. Verzicht (§ 19 Abs. 2 UStG)

Wenn der Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet, hat er wie alle anderen Unternehmer die Umsätze zu versteuern, kann aber auch den Vorsteuerabzug geltend machen. Die Nichtanwendung von Vorschriften kommt dann nicht zum Zuge.

Praxistipp:

Wenn zu Beginn des Unternehmens Investitionen getätigt werden, kann es unter Umständen günstiger sein, auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, da dann der Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann.

Der Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung wird durch eine an keine Form gebundene Erklärung gegenüber dem Finanzamt abgegeben. Ist diese Erklärung abgegeben, so ist der Verzicht für mindestens fünf Jahre bindend. Die Erklärung kann noch bis zur Unanfechtbarkeit der Umsatzsteuerfestsetzung für das betreffende Kalenderjahr zurückgenommen werden. Eine Verzichtserklärung im Sinne des § 19 Abs. 2 UStG kann durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden, z.B. dadurch, dass ein Kleinunternehmer dem Finanzamt auf einem für die Regelbesteuerung vorgesehenen Vordruck eine Umsatzsteuererklärung einreicht, in welcher er unter Mitwirkung eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe die Umsatzsteuer nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzes errechnet und den Vorsteuerabzug geltend gemacht hat.

5. Bindungsfrist

Der Wegfall des Steuerabzugsverfahrens nach § 19 Abs. 3 UStG zum 1. Januar 1990 hat keinen Einfluss auf die Dauer der Bindungswirkung eines von einem Kleinunternehmer erklärten Verzichts auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG (BFH, 20.10.1994 - V R 106/93, BStBl II 1995, 215).

Ein Kleinunternehmer, der unter Mitwirkung eines Steuerberaters für das zurückliegende Kalenderjahr eine Umsatzsteuer-Jahreserklärung mit steuerfreien Umsätzen (Vorsteuer: 0 EUR) abgibt, erklärt wirksam einen Verzicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG, obwohl die Option für das zurückliegende Kalenderjahr ohne steuerliche Auswirkung bleibt.

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