Bewertung des Betriebsvermögens
§§ 95 ff BewGR 114 ErbStR
Inhaltsübersicht
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1. Vorbemerkung
Nach dem am 31.01.2007 veröffentlichten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 07.11.2006 - 1 BvL 10/02) war die vormalige Ausgestaltung des § 19 ErbStG nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das Erbschaftsteuerrecht war nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts in seiner damaligen Form nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar, da ein einheitlicher Steuersatz auf unterschiedlich bewertete wirtschaftliche Einheiten oder Wirtschaftsgüter (Betriebsvermögen, Grundvermögen, Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und forstwirtschaftlichen Betrieben) angewendet wurde, vgl. auch Stichwort Erbschaftsteuer - Verfassungswidrigkeit.
Mit dem am 01.01.2009 in Kraft getreten Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts wurde das Bewertungsrecht umfassend geändert. Einzelheiten zur Neuregelung der Bewertung des Betriebsvermögens sind in dem Stichwort Erbschaftsteuerreform - Bewertung des Betriebsvermögens dargestellt.
2. Altregelung
Für vor dem 01.01.2009 erfolgte Erbfälle und Schenkungen gelten allerdings die nachfolgend dargestellten Altregelungen - mit gewissen Ausnahmen - weiter, vgl. Erbschaftsteuerreform - Inkrafttreten und rückwirkende Anwendung.
Alle Teile eines Gewerbebetriebes im Sinne des § 15 Abs. 1 und 2 EStG bzw. freiberuflichen Betriebes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind, gehören zum Betriebsvermögen. Für die Ermittlung des Wertes ist zum Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG) eine besondere Vermögensaufstellung zu fertigen (R 39 ErbStR). Diese kann allerdings aus der Bilanz, die auf den vorhergehenden Stichtag aufzustellen war, abgeleitet werden.
Zum Betriebsvermögen gehört all das, was dem gewerblichen oder freiberuflichen Betrieb dient. Das sind grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter und die sonstigen aktiven Ansätze sowie alle Schulden und sonstigen Abzüge, die in der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind (R 114 ErbStR).
2.1 Bilanzierende Gewerbetreibende und Freiberufler
Beim Betriebsvermögen sind grundsätzlich die Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen, die in der Steuerbilanz enthalten sind.
Das gilt nicht bzw. eingeschränkt für die nachfolgend aufgeführten Positionen:
Betriebsgrundstücke (§ 99 BewG), vgl. R 114 Abs. 2 S. 5 Nr. 2 ErbStR
Anschaffungskosten im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Erbbaurechts, vgl. R 114 Abs. 2 S. 5 Nr. 3 ErbStR
2.2 Nichtbilanzierende Gewerbetreibende und Freiberufler
In diesen Fällen gehören zum Betriebsvermögen alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden. Das sind alle Wirtschaftsgüter, die als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen sind (Nutzung für betriebliche Zwecke zu mehr als 50 % Betriebsvermögen). Gewillkürtes Betriebsvermögen kommt bei nichbilanzierenden Gewerbetreibenden bzw. Freiberuflern nicht in Betracht (vgl. R 13 Abs. 16 EStR). Darüber hinaus gehören noch Forderungen und Verbindlichkeiten sowie die Bestände an Bargeld und Bankguthaben, die mit der gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit in Zusammenhang stehen, zum Betriebsvermögen. Es sind daher zum Bewertungsstichtag die Forderungen (z.B. Kundenforderungen) und Verbindlichkeiten (z.B. Lieferantenverbindlichkeiten) zu ermitteln, obwohl diese für die Gewinnermittlung keine Bedeutung haben.
Bei freiberuflich Tätigen sind Honoraransprüche als Forderung anzusetzen, wenn die zu erbringende Leistung vollendet war. Auf den Zeitpunkt der Abrechnung kommt es insoweit nicht an. Solche Forderungen sind entstanden und damit anzusetzen, wenn die Leistung vollendet war oder auf Honorar für Teilleistungen ein Anspruch nach einer Gebührenordnung oder aufgrund einer Sondervereinbarung besteht (R 114 Abs. 3 ErbStR)
Für den Abzug von Schulden gelten folgende Grundsätze:
ungewisse Verbindlichkeiten | können abgezogen werden, soweit sie im Besteuerungszeitpunkt eine wirtschaftliche Belastung darstellen |
Vermögenseinlage eines | Ansatz mit dem Nennwert der Vermögenseinlage des stillen Gesellschafters, vgl. R 112 ErbStR |
Sachleistungsverpflichtungen und Sachleistungsansprüche | sind ab dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses anzusetzen. Ihr Wert entspricht dem Wert des Gegenstandes, auf den die Leistung gerichtet ist. |
Steuerschulden | ein Abzug erfolgt nur dann, wenn |
Pensionsverpflichtungen | ein Abzug erfolgt nur dann, wenn |
2.3 Personengesellschaften
Bei Personengesellschaften (Offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft Gesellschaft bürgerlichen Rechts etc.) im Sinne des § 15 Abs. 3 EStG gehören zum Betriebsvermögen der Gesellschaft
die Wirtschaftsgüter, die sonstigen aktiven Ansätze, die Schulden und die sonstigen Abzüge (§ 98a S. 1 BewG) , soweit sie zum Gesamthandsvermögen gehören, vgl. R 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ErbStR,
die Bilanzansätze aus möglichen Ergänzungsbilanzen, vgl. R 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ErbStR, und
die Wirtschaftsgüter aus den Sonderbilanzen (Sonderbetriebsvermögen I und II), vgl. R 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 ErbStR.
(Bewertung des Betriebsvermögens - Personengesell.)
Dabei ist zu beachten, dass nach § 97 Abs. 1 Nr. 5 S. 2 BewG die Zurechnung zum Sonderbetriebsvermögen der Personengesellschaft der Zurechnung zum Betriebsvermögen des Gesellschafters vorgeht.
Forderungen und Schulden zwischen der Gesellschaft und einem Gesellschafter sind nur dann anzusetzen, wenn es sich um Forderungen und Schulden aus dem regelmäßigen Geschäftsverkehr zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter oder aus der nicht nur kurzfristigen (= weniger als ein Jahr) Überlassung von Geldbeträgen an die Gesellschaft oder einen Gesellschafter handelt.
Das einem Gesellschafter gehörende Grundstück, das zu mehr als 50 % seines Wertes den betrieblichen Zwecken der Personengesellschaft dient, gehört als Betriebsgrundstück zum Sonderbetriebsvermögen der Gesellschaft, § 99 Abs. 2 BewG und ist nicht Grundvermögen des Gesellschafters.
2.4 Betriebsgrundstücke
Ein Grundstück ist dann als Betriebsgrundstück einzuordnen, wenn die betriebliche Nutzung mehr als 50 % des Wertes des Grundstücks ausmacht. Es ist dann voll beim Betriebsvermögen zu erfassen (vgl. § 99 BewG und R 117 ErbStR). Die Feststellung, ob es sich um ein Betriebsgrundstück handelt oder nicht, wird im Einheitswertbescheid getroffen. Eine Aufteilung von Grundstücken in Betriebsvermögen und Privatvermögen, so wie das bei der Ertragsteuer möglich ist, kann hier nicht vorgenommen werden. Zu beachten ist außerdem, dass Betriebsvorrichtungen (z.B. Lastenaufzüge) nicht im Grundstückswert enthalten sind, und daher gesondert anzusetzen sind.
Gehört das Grundstück einer jur. Person oder einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 3 EStG , ist es stets Betriebsvermögen der Gesellschaft, § 99 Abs. 2 S. 3 BewG.
3. Bewertungsgrundsätze
Grundsätzlich werden gemäß § 109 BewG die Werte der Steuerbilanz übernommen.
Für folgende Positionen gelten andere Wertansätze:
Position | Wertansatz |
---|---|
Betriebsgrundstücke | mit dem Grundstückswert, |
Beteiligungen an | mit dem Anteil am Betriebsvermögen. Die Zurechnung erfolgt gem.§ 97 Abs. 1a BewG. |
notierte Wertpapiere | mit dem Kurswert |
notierte Zero-Bonds | mit dem Kurswert |
Invetstmentzertifikate | mit dem Rücknahmepreis |
Anteile an offenen | mit dem Rücknahmepreis |
nichtnotierte Anteile an | mit dem gemeinen Wert. Dieser ist |
ausländisches | mit dem gemeinen Wert. Die Steuerbilanzwerte können im Einzelfall übernommen werden, vgl. R 39 Abs. 1 S. 2 ErbStR. |
Einlagen von typisch stillen | mit dem Nennwert |
Ansprüche und Verpflichtungen | mit dem Kapitalwert |
Pensionsverpflichtungen | mit dem Vielfachen der |
Sachleistungsansprüche und | mit dem Teilwert |
ausländische | mit dem Umrechnungskurs |
Hinweis:
Für weitere Positionen und eine Unterteilung der Bewertungsgrundsätze bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen (§ 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG) und bei nichtbilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen siehe auch R 122 ErbStR und R 123 ErbStR.