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Vermögensabschöpfung - Schätzung

§ 73b StGB

Die im Rahmen der Vermögensabschöpfung durchgeführte Rückgewinnungshilfe stellt in Steuerstrafverfahren die Sicherung der sich eventuell aus der Steuerfahndungsprüfung ergebenden Steuerforderungen in den Mittelpunkt. Das Vermögen des der Steuerstraftat Beschuldigten soll auch für die durch die Steuerstraftat verursachten Schäden zur Schadenswiedergutmachung genutzt werden. Und zwar soll dieser Zugriff auf das Tätervermögen so früh wie möglich erfolgen. Hiermit werden dem Straftäter neben seiner Bestrafung auch noch die wirtschaftlichen Vorteile aus der Straftat entzogen.

Die Rückgewinnungshilfe gem. § 111b Abs. 5 StPO ermöglicht eine vorläufige Sicherstellung des aus der Steuerstraftat erlangten Vermögens im Rahmen des § 111b Abs. 1 bis 4 StPO, soweit der Verfall nur deshalb nicht angeordnet werden konnte, weil gerade die Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB vorgelegen haben. In diesem Fall gelten dann weitgehend dieselben Vorschriften wie zur Sicherung des Verfalls gem. § 73 StGB bzw. des Verfalls von Wertersatz gem. § 73a StGB. Über den Umweg des § 111b Abs. 5 StPO gelangt man im Verfahren der Vermögensabschöpfung zu einer Umgehung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB und führt das Verfahren so durch, als lägen die Voraussetzungen des Verfalls bzw. insbesondere des Verfalls von Wertersatz fiktiv vor.

Zu den wesentlichsten Voraussetzungen des § 73 StGB gehört es, dass der Täter oder Teilnehmer einer Tat aus der Tat etwas Erlangt. Dieses aus der Tat Erlangte stellt wertmäßig die oberste Grenze für den Entzug der wirtschaftlichen Vorteile aus der Tat dar.

Gemäß § 73b StGB kann der Umfang des Erlangten und dessen Wert sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Erlangte entziehen würde, geschätzt werden.

Im Steuerstrafverfahren ist der Umfang des Erlangten mit der Höhe des verkürzten Steueranspruchs gleichzusetzen. Dieser verkürzte Steueranspruch ist der tatsächliche hinterzogene Betrag und nicht der strafrechtlich vorzuwerfende Betrag. Das bedeutet, dass auch i.S.d. §§ 78 ff. StGB strafrechtlich verjährte Steuerbeträge der Rückgewinnungshilfe unterliegen.

Der zu schätzende Steueranspruch wird zeitlich allein durch die steuerliche Festsetzungsfrist im Sinne des §§ 169 ff. AO begrenzt. Gem. § 169 Abs. 2 S. 2 AO ist bei hinterzogenen Steuerbeträgen die verlängerte Festsetzungsfrist von 10 Jahren zu beachten.

Bei der Schätzung des hinterzogenen Steueranspruches sind sowohl das sog. Bruttoprinzip der Schätzung, die Änderungsvorschriften der Abgabenordnung gem. §§ 173 bis 177 AO sowie des sogenannten Kompensationsverbotes im Sinne des § 370 Abs. 4 S. 3 AO zu berücksichtigen.

§ 73b StGB gibt die Möglichkeit, die Höhe der hinterzogenen Steuern als den Umfang und den Wert des aus der Tat Erlangten sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer das aus der Tat Erlangte entziehen würde, zu schätzen. Die Voraussetzungen, die im Besteuerungsverfahren durch die Finanzrechtsprechung zur Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gem.§ 162 AO herausgearbeitet wurden oder zur Sicherung der Vollstreckung von Geldforderungen mit dinglichen Arrest gem.§ 324 AO angewendet werden müssen, sind wesentlich höher als die Schätzungsvoraussetzungen des § 73b StGB.

Bei der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen im Steuerstrafverfahren zur Durchführung des Besteuerungsverfahrens ist ein im Einzelnen nachvollziehbares Zahlenwerk, welches auf der Grundlage von konkreten Beweismitteln nachvollziehbar sein muss, zugrundezulegen. Dieses Zahlenwerk basiert i.d.R. auf den Beweismitteln, die die Steuerfahndung entweder im Rahmen der allgemeinen Durchsuchungsmaßnahme sichergestellt (Sächsisches Finanzgericht Beschluss vom 11.08.1993 - 1 K 8/93) oder im laufenden Ermittlungsverfahren anderweitig ermittelt hat. Auf der anderen Seite dürfen aber auch im Besteuerungsverfahren keine überhöhten Anforderungen an die Ermittlungspflicht gestellt werden.

Bei der im Rahmen der Vermögensabschöpfung in Steuerstrafverfahren durchzuführenden Rückgewinnungshilfe werden an die Berechnung der hinterzogenen Steuern i.S.d. § 73b StGB für die Ermittlung des Umfangs des Erlangten und dessen Werts sowie die Höhe des Anspruchs, dessen Erfüllung dem Täter oder Teilnehmer der Tat das aus der Tat Erlangte entziehen würde, nicht übermäßige Anforderungen gestellt. Eine lediglich überschlägige Berechnung ist als eine lediglich geringeren Anforderungen unterliegende vermutliche Wertannahme im Sinne des § 73b StGB vollkommen ausreichend. Diese Berechnung dient als Grundlage eines dinglichen Arrestes gemäß § 111b StPO.

Hinweis:

Die geringeren Anforderungen an die Berechnung der hinterzogenen Steuern im Sinne des § 73b StGB sind vergleichbar mit denen für die Berechnung der Höhe des Arrestanspruches im Sinne des§ 916 ZPO. Dies folgt aus dem Umkehrschluss aus § 111b Abs. 2 und 3 StPO. Für diese Berechnung ist der "einfache Tatverdacht" ausreichend, denn es werden lediglich einfache Gründe für die Annahme gefordert, dass die Voraussetzungen des Verfalls von Wertersatz im Rahmen der Rückgewinnungshilfe vorliegen. Somit ist bereits der Anfangsverdacht für eine rechtswidrige Tat im Sinne des § 73 StGB, aus der der Täter etwas erlangt, ausreichend, obschon das Erlangte wegen seiner Beschaffenheit gem. § 73a StGB nicht dem Verfall unterliegt. Ein dringender Tatverdacht wird somit zur Anwendung der Vorschriften über die Vermögensabschöpfung nicht gefordert, kann jedoch in der Praxis der Steuerfahndung angenommen werden. Der Grundsatz "in dubio pro reo" bleibt zu beachten.

Weder vor noch nach einer Durchsuchungsmaßnahme der Steuerfahndung dürfte eine Schätzung nach § 73b StGB Probleme bereiten. Sind die Verdachtsmomente gegen den Beschuldigten bereits vor der Durchsuchungsmaßnahme so stark, dass die Verwirklichung eines Steueranspruchs im Sinne der §§ 37, 38 AO anzunehmen ist, wird die Vermögensabschöpfung zur Sicherung der evtl. im Rahmen der Durchsuchung aufzufindenden (Wert-)Gegenstände neuerdings regelmäßig vor der Fahndungsmaßnahme eingeleitet werden. Aber auch wenn sich die Verdachtsmomente im Rahmen der laufenden Durchsuchungsmaßnahme nach grober Sichtung und Bewertung eventueller bereits vorliegender oder erst sichergestellter Beweismittel erhärten, werden die Steuerfahndungsbeamten in geeigneten Fällen aufgrund der im Vergleich zur Abgabenordnung doch geringeren Anforderungsvoraussetzungen nunmehr eine Sicherung durch die anzuwendende Rückgewinnungshilfe vornehmen lassen. In beiden Fallgestaltungen ist eine detaillierte Beweismittelanalyse noch nicht möglich, aber - wie bereits dargestellt - auch nicht erforderlich. Es erfolgt vielmehr vollkommen gesetzeskonform eine "Ermittlung" der Höhe der hinterzogenen Steuern im Rahmen einer Schätzung im Sinne des § 73b StGB unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles.

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