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Inhaltsverzeichnis

Bußgeldverfahren - Verfahrensabschluss

§ 35 OWiG

§ 36 Abs. 1 Nr 1 OWiG

§ 46 OWiG

§ 47 OWiG

§ 65 OWiG

§ 66 OWiG

§ 409 AO

§ 170 Abs. 2 StPO

1. Allgemeines

Als möglicher Verfahrensabschluss eines eingeleiteten Bußgeldverfahrens zur eventuellen Ahndung von (Steuer-)Ordnungswidrigkeiten kommen in Betracht:

  • Einstellung des Bußgeldverfahrens nach § 46 Abs.1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO,
    wenn die Straf- und Bußgeldsachenstelle aufgrund der Ermittlungen eine Ordnungswidrigkeit nicht für erwiesen hält oder ein endgültiges Verfahrenshindernis besteht,

  • Einstellung des Bußgeldverfahrens nach § 47 Abs. 1 OWiG,
    wenn die Straf- und Bußgeldsachenstelle nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Einstellung für geboten hält.

  • Ahnung mit einer Geldbuße durch Erlass eines Bußgeldbescheides,
    wenn die Straf- und Bußgeldsachenstelle nach Aufklärung des Sachverhalts und eventueller Anhörung des Betroffenen nach § 55 OWiG zu dem Schluss kommt, dass eine (Steuer-)Ordnungswidrigkeit erwiesen ist, Verfolgungshindernisse im Sinne des § 46 Abs. 1 OWiG nicht gegeben sind und die Ahndung mit einer Geldbuße für ermessensgerecht gehalten wird.

Für das steuerliche Bußgeldverfahren sind gemäß § 410 AO neben den Vorschriften des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten auch die dort abschließend aufgezählten Vorschriften des Steuerstrafverfahrens unter Abwandlung in Bezug auf die Besonderheiten der Steuerordnungswidrigkeiten anzuwenden. Ferner bestimmt § 46 Abs. 1 OWiG das für das Bußgeldverfahren, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozessordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und des Jugendgerichtsgesetzes gelten. Nach § 46 Abs. 2 OWiG kommen der Verfolgungsbehörde, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten wie der Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten zu.

Hinweis:

Im Gegensatz zum Steuerstrafverfahren, in welchem sowohl in der Strafprozessordnung als auch in der Abgabenordnung eine Fülle von Vorschriften zur Verfahrenseinstellung zur Verfügung stehen, kennt das Bußgeldverfahren lediglich die Einstellung des Verfahrens nach § 46 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO oder nach § 47 OWiG.

Die Gründe für den Verfahrensabschluss ergeben sich aus dem bußgeldrechtlichen Abschlussvermerk.

2. Aufbau und Inhalt des Abschlussvermerks

Ähnlich wie in Steuerstrafverfahren hat die Straf- und Bußgeldsachenstelle als Verfolgungsbehörde auch in den Bußgeldverfahren zur Ahndung von (Steuer-)Ordnungswidrigkeiten das sogenannte Ermittlungsverfahren mit einem Abschlussvermerk zu beenden. Dies folgt aus den Bestimmungen des § 147 StPO, die das Akteneinsichtsrecht des Verteidigers regeln.

Gegenüber dem strafrechtlichen Abschlussvermerk ergeben sich hinsichtlich Aufbau und Inhalt bis auf die andersgearteten Bezeichnungen im Ordnungswidrigkeitenverfahren keine Besonderheiten. Zu beachten sind die folgenden Bezeichnungen (beispielhafte Aufzählung):

Steuerstrafverfahren

Bußgeldverfahren

Strafverfahren

Bußgeldverfahren

Beschuldigter

Betroffener

Straftat

Ordnungswidrigkeit

Vorsatz

Leichtfertigkeit (Ausnahme: §§ 379, 380 AO)

Steuerhinterziehung

leichtfertige Steuerverkürzung

strafschärfend

bußgelderhöhend

strafmildernd

bußgeldmindernd

In diesem bußgeldrechtlichen Abschlussvermerk ist der Gang des Verfahrens zusammenzufassend und die abschließende Entscheidung demnach wie folgt darzustellen:

  1. Tatvorwurf,

  2. Beschreibung des der Tat zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes,

  3. Einlassung des Betroffenen beziehungsweise Stellungnahme des Verteidigers,

  4. bußgeldrechtliche Bewertung des Ermittlungsergebnisses,

  5. Darstellung der verkürzten Steuerbeträge,

  6. abschließende Entscheidung mit Angaben zur Bemessung des Bußgeldes.

Auch im bußgeldrechtlichen Abschlussvermerk bieten sich folgende formelle Formulierungen an:

  • Im Falle einer Einstellung des Bußgeldverfahrens

    1. Die Ermittlungen sind abgeschlossen.

    2. Einstellungsvermerk:

  • Im Falle des Erlasses eines Bußgeldbescheides

    1. Die Ermittlungen sind abgeschlossen.

    2. Bußgeldrechtlicher Abschlussvermerk:

Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführung zum strafrechtlichen Abschlussvermerk verwiesen.

3. Verfahrenseinstellung gemäß § 46 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO

Hält die Straf- und Bußgeldsachenstelle als Verfolgungsbehörde aufgrund der Ermittlungen eine (Steuer-)Ordnungswidrigkeit nicht für erwiesen oder besteht ein endgültiges Verfahrenshindernis, so stellt sie das eingeleitete Bußgeldverfahren nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO ein. Wie bereits angeführt, enthält § 46 OWiG eine Verweisung auf die Anwendbarkeit der Vorschriften der Strafprozessordnung.

Der Verweis auf § 170 Abs. 2 StPO mit einer weiteren Begründung für die Einstellung des Bußgeldverfahrens ist notwendig, da § 46 OWiG keine eigenständige Einstellungsvorschrift darstellt.

Als tatsächliche Gründe, die dem Erlass eines Bußgeldbescheides entgegenstehen, kommen u.a. in Betracht:

  • der Betroffene ist unschuldig beziehungsweise ein Dritter hat die (Steuer-)Ordnungswidrigkeit begangen,

  • die Ermittlungen geben keinen genügenden Anlass zu einer bußgeldrechtlichen Ahnung beziehungsweise dem Betroffenen kann die Handlung nicht nachgewiesen werden,

  • der Verdacht hat sich als unbegründet erwiesen,

  • dem Betroffenen kann eine Leichtfertigkeit nicht angelastet werden.

Als rechtliche Gründe (Verfahrenshindernisse), die einer Ahndung mit einer Geldbuße entgegenstehen, kommen in Betracht:

  • die Verfolgungsverjährung nach den §§ 31 bis 33 OWiG (i.V.m. § 384 AO) im Bußgeldverfahren ist eingetreten,

  • es liegt eine wirksame strafbefreiende Selbstanzeige im Sinne des § 378 Abs. 3 i.V.m. § 371 AO vor,

  • es liegt ein Verbrauch der Ahndungsmöglichkeit vor (Art. 103 Abs. 3 GG),

  • dem Betroffenen steht ein Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund zu,

  • der Betroffene ist (endgültig) verhandlungsunfähig (§ 206a StPO),

  • der Betroffene ist verstorben (§ 206a StPO).

Bei Vorliegen einer dieser Voraussetzungen ist das eingeleitete bußgeldrechtliche Ermittlungsverfahren unverzüglich einzustellen. Die Einstellung ist aus Gründen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit für den Betroffenen nicht unnötig in der Schwebe zu halten. Für die Einstellung nach § 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO bedarf es weder der Zustimmung des Betroffenen noch der des Gerichts.

Wie beim Strafverfahren ist auch im Bußgeldverfahren der beabsichtigte Verfahrensabschluss hinreichend zu begründen (Nr. 80 Abs. 1 AStBV (St) 2011).

Ist dem Betroffenen die Einleitung des Bußgeldverfahrens eröffnet worden, so ist er zwingend von der Einstellung des bußgeldrechtlichen Ermittlungsverfahrens zu unterrichten. Hat sich herausgestellt, dass der Betroffene unschuldig ist oder dass gegen ihn kein begründeter Verdacht mehr besteht, so ist dies in der Mitteilung auszusprechen. Im Übrigen sind die Gründe für die Einstellung nur auf Antrag und dann auch nur insoweit bekannt zu geben, als kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht (Nr. 80 Abs. 2 AStBV (St) 2011).

Auch im Bußgeldverfahren ist die Verfolgungsbehörde nicht befugt, dem Anzeigenerstatter über die Einstellung eine Mitteilung zu geben, weil § 171 StPO i.V.m. § 46 OWiG eine Offenbarung nicht zulässt (Nr. 80 Abs. 3 AStBV (St) 2011).

In den Fällen der Verfahrenseinstellung nach § 46 OWiG i.V.m. § 170 Abs. 2 StPO entscheidet die Straf- und Bußgeldsachenstelle auch über eine eventuelle Entschädigungspflicht nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (siehe im Einzelnen zu den Besonderheiten § 110 OWiG).

4. Verfahrenseinstellung gemäß § 47 OWiG

Die Verfolgung von (Steuer-)Ordnungswidrigkeiten liegt gemäß § 47 Abs. 1 OWiG im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde (Opportunitätsprinzip). Solange das Verfahren bei ihr anhängig ist, kann sie es einstellen. § 47 OWiG ist somit die einzige echte Einstellungsvorschrift des Ordnungswidrigkeitenverfahrens, soweit es Bußgeldverfahren in Steuersachen betrifft. Die Verfolgung der (Steuer-)Ordnungswidrigkeit ist damit in das pflichtgemäße Ermessen der Verfolgungsbehörde gestellt.

Das Opportunitätsprinzip schafft der Verfolgungsbehörde die Möglichkeit, von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit auch dann abzusehen, wenn die Verfolgungsvoraussetzungen an sich vorliegen. Sie kann daher bei Verdacht einer (Steuer-)Ordnungswidrigkeit

  1. ein Bußgeldverfahren erst gar nicht einleiten,

  2. die Verfolgung, ggf. auch erst im späteren Verlauf des Verfahrens, in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht begrenzen oder

  3. ganz von der Verfolgung absehen.

Hinweis:

Die Verfolgungsbegrenzung soll in den Akten vermerkt werden.

Die Ermessensentscheidung ist von der Verfolgungsbehörde gemäß Nr. 104 AStBV (St) 2011 unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach sachlichen Gesichtspunkten zu treffen. Zu beachten sind dabei

  1. der Gleichheitsgrundsatz,

  2. der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit,

  3. das Übermaßverbot,

  4. die Bedeutung der Tat,

  5. der Grad der Vorwerfbarkeit,

  6. und das öffentliche Interesse an der Verfolgung, das z.B. von der Häufigkeit derartiger Verstöße und der Wiederholungsgefahr abhängen kann.

Ist das Verfahren bei Gericht anhängig und hält dieses eine Ahndung nicht für geboten, so kann es gemäß § 47 Abs. 2 OWiG mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft in jeder Lage eingestellt werden. Die Zustimmung der Staatsanwaltschaft ist nicht erforderlich, wenn durch den Bußgeldbescheid eine Geldbuße bis einhundert Euro verhängt worden ist und die Staatsanwaltschaft erklärt hat, sie nehme an der Hauptverhandlung nicht teil. Der Beschluss des Gerichts ist nicht anfechtbar.

Die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens darf gemäß § 47 Abs. 3 OWiG nicht von der Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder sonstige Stelle abhängig gemacht oder damit in Zusammenhang gebracht werden.

Hinweis:

In der Praxis wird bereits von der Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit in der Regel abgesehen werden, wenn der verkürzte Betrag oder der gefährdete Betrag insgesamt weniger als 5.000 EUR betragen, sofern nicht ein besonders vorwerfbares Verhalten für die Durchführung eines Bußgeldverfahrens spricht. Das Gleiche gilt, wenn in diesen Fällen der insgesamt gefährdete Betrag unter 10.000 EUR liegt und der gefährdete Zeitraum 3 Monate nicht übersteigt (Nr. 104 AStBV (St) 2011).

Eine Verfahrenseinstellung nach § 47 OWiG kommt demnach u.a. in folgenden Fällen in Betracht:

  • Vorliegen geringer Schuld,

  • Vorliegen nur geringer Verkürzung (regelmäßig anzunehmen bei Beträgen unter 5.000 EUR (Nr. 104 Abs. 3 AStBV (St) 2011),

  • keine Wiederholungsgefahr,

  • Arbeitslage in der Straf- und Bußgeldsachenstelle.

Hinweis:

Eine analoge Anwendung der Einstellungsvorschriften nach der Strafprozessordnung, wie z.B. §§ 153, 153a, 154, 154a StPO, ist nicht zulässig beziehungsweise im Falle der Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage wie bei § 153a StPO auch gemäß § 47 Abs. 3 OWiG gesetzlich ausgeschlossen.

5. Erlass eines Bußgeldbescheides; Aufbau und Inhalt

Kommt die Straf- und Bußgeldsachenstelle nach Aufklärung des Sachverhalts und eventueller Anhörung des Betroffenen nach § 55 OWiG zu dem Schluss,

  1. dass eine (Steuer-)Ordnungswidrigkeit erwiesen ist,

  2. Verfolgungshindernisse im Sinne des § 46 Abs. 1 OWiG nicht gegeben sind und

  3. die Ahnung mit einer Geldbuße ermessensgerecht ist,

vermerkt sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten (§ 61 OWiG) und erlässt einen Bußgeldbescheid (§§ 65, 66 OWiG). Die (Steuer-)Ordnungswidrigkeit wird gemäß § 65 OWiG durch Bußgeldbescheid geahndet.

Im Gegensatz zum Strafverfahren, wo die Straf- und Bußgeldsachenstelle nur eine Einstellung des Verfahrens, und dabei auch teilweise nur mit Zustimmung des Gerichts, eigenständig durchführen kann, kann sie im Bußgeldverfahren einen Bußgeldbescheid selbst erlassen.

Aufbau und Inhalt des Bußgeldbescheides entsprechen dabei analog dem Aufbau und Inhalt des Strafbefehls. Gemäß § 66 Abs. 1 OWiG enthält der Bußgeldbescheid

  1. die Angaben zur Person des Betroffenen und etwaiger Nebenbeteiligter,

  2. den Namen und die Anschrift des Verteidigers,

  3. die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften,

  4. die Beweismittel,

  5. die Geldbuße und die Nebenfolgen.

Der Bußgeldbescheid enthält gemäß § 66 Abs. 2 OWiG ferner

  1. den Hinweis, dass

    1. a)

      der Bußgeldbescheid rechtskräftig und vollstreckbar wird, wenn kein Einspruch nach § 67 OWiG eingelegt wird,

    2. b)

      bei einem Einspruch auch eine für den Betroffenen nachteiligere Entscheidung getroffen werden kann,

  2. die Aufforderung an den Betroffenen, spätestens zwei Wochen nach Rechtskraft oder einer etwa bestimmten späteren Fälligkeit (§ 18 OWiG)

    1. a)

      die Geldbuße oder die bestimmten Teilbeträge an die zuständige Kasse zu zahlen oder

    2. b)

      im Falle der Zahlungsunfähigkeit der Vollstreckungsbehörde (§ 92 OWiG) schriftlich oder zur Niederschrift darzutun, warum ihm die fristgemäße Zahlung nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht zuzumuten ist, und

  3. die Belehrung, dass Erzwingungshaft (§ 96 OWiG) angeordnet werden kann, wenn der Betroffene seiner Pflicht nach Nummer 2 nicht genügt.

Einer Begründung bedarf es nach § 66 Abs. 3 OWiG lediglich für die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird, Zeit und Ort ihrer Begehung, die gesetzlichen Merkmale der Ordnungswidrigkeit und die angewendeten Bußgeldvorschriften (§ 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG) sowie die Beweismittel (§ 66 Abs. 1 Nr. 4 OWiG).

Auch die Gebühr für den Bußgeldbescheid setzt die Straf- und Bußgeldsachenstelle gemäß § 107 Abs. 1 OWiG selbst fest und erhebt danach auch die Auslagen des Verfahrens (§ 107 Abs. 3 OWiG).

Als Gebühr werden bei der Festsetzung einer Geldbuße fünf vom Hundert des Betrages der festgesetzten Geldbuße erhoben, jedoch mindestens 20 EUR und höchstens 7.500 EUR (§ 107 Abs. 1 S. 3 OWiG).

Eine Abgabe des Bußgeldverfahrens an die Staatsanwaltschaft kommt lediglich in Betracht:

  • bei Zusammentreffen der Ordnungswidrigkeit mit einer Straftat (§ 21 OWiG) oder

  • bei Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid, wenn eine Zurücknahme dieses Bescheides nicht erfolgen soll (§ 69 Abs. 3 OWiG).

Gemäß § 69 Abs. 1 OWiG entscheidet die Straf- und Bußgeldsachenstelle in eigener Zuständigkeit über die Zulässigkeit des Einspruchs und auch über eine etwaige Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.

Ist der Einspruch nicht rechtzeitig, nicht in der vorgeschriebenen Form oder sonst nicht wirksam eingelegt, so verwirft ihn die Straf- und Bußgeldsachenstelle als unzulässig. Gegen den Bescheid ist innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG zulässig.

Ist der Einspruch zulässig, so prüft die Verwaltungsbehörde, ob sie den Bußgeldbescheid aufrechterhält oder zurücknimmt. Zu diesem Zweck kann sie auch weitere Ermittlungen anordnen oder selbst vornehmen oder von Behörden und sonstigen Stellen die Abgabe von Erklärungen über dienstliche Wahrnehmungen, Untersuchungen und Erkenntnisse (§ 77a Abs. 2 OWiG) verlangen.

Die Straf- und Bußgeldsachenstelle kann auch dem Betroffenen Gelegenheit geben, sich innerhalb einer zu bestimmenden Frist dazu zu äußern, ob und welche Tatsachen und Beweismittel er im weiteren Verfahren zu seiner Entlastung vorbringen will; dabei ist er darauf hinzuweisen, dass es ihm nach dem Gesetz freistehe, sich zu der Beschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.

6. Zumessung der Geldbuße

Grundlage für die Zumessung der Geldbuße gem. § 17 Abs. 3 OWiG sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht.

Die Geldbuße beträgt gemäß § 17 Abs. 1 OWiG mindestens fünf EUR und wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens 1000 EUR.

In der Praxis sind folgende Höchstbußen für (Steuer-)Ordnungswidrigkeiten zu beachten:

  1. § 378 Abs. 2 AO: 50.000 EUR bei leichtfertiger Steuerverkürzung;

  2. § 379 Abs. 4 AO: 5.000 EUR bei Steuergefährdung;

  3. § 380 Abs. 2 AO: 25.000 EUR bei Gefährdung von Abzugssteuern;

  4. § 383 Abs. 2 AO: 50.000 EUR bei unzulässigem Erwerb von Steuererstattungs- und Vergütungsansprüchen

  5. § 26a Abs. 1 Nr. 3 UStG: 500 EUR bei einem Verstoß gegen die in der Vorschrift genannten Aufbewahrungspflichten (§ 26a Abs. 2 UStG);

  6. § 26a Abs. 1 Nr. 1 - 2 und Nr. 4 bis 7 UStG: 5.000 EUR bei Verstoß gegen die nebenstehend genannten Bußgeldvorschriften (§ 26a Abs. 2 UStG) ;

  7. § 26b UStG: 50.000 EUR bei Schädigung des Umsatzsteueraufkommens.

Gemäß § 17 Abs. 2 OWiG darf im Falle einer Ordnungswidrigkeit, bei der vorsätzliches oder leichtfertiges Verhalten mit gleichem Höchstmaß an Geldbuße bedroht ist, bei fahrlässigem Handeln nur die Hälfte des angedrohten Höchstbetrages der Geldbuße in Ansatz gebracht werden.

Nach § 17 Abs. 4 OWiG soll die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil des Täters aus der Ordnungswidrigkeit unter Beachtung der oben genannten Höchstbußen übersteigen. Dabei ist als wirtschaftlicher Vorteil nicht der verkürzte Steuerbetrag, sondern vielmehr der Zinsvorteil im Verkürzungszeitraum anzusehen. Als Zinssatz ist mindestens von 0,5 vom Hundert pro vollen Monat auszugehen (Nr. 1114 AStBV (St) 2011).

In der Praxis orientiert sich die Bebußung der Höhe nach an dem Strafrahmen wie er bei den Steuerstraftaten angewandt wird. Siehe hierzu Steuerstrafverfahren - Strafzumessung. Jedoch wird dieser Strafrahmen mit etwa der Hälfte des Strafmaßes, welches sich im Falle einer Vorsatztat ergeben würde, in Ansatz gebracht. Diese Vorgehensweise wird zur Sicherstellung einer gleichmäßigen Bebußung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Leistungsfähigkeit des Betroffenen angewandt.

Hinweis:

Im Falle einer leichtfertigen Steuergefährdung nach § 379 AO und einer leichtfertigen Gefährdung von Abzugsteuern nach § 380 AO wäre dann unter Beachtung des § 17 Abs. 2 OWiG der sich ergebende Betrag nochmals um die Hälfte zu kürzen.

Wie im (Steuer-)Strafverfahren auch gibt es in (Steuer-)Ordnungswidrigkeitenverfahren tateinheitlich (§ 19 OWiG) und auch tatmehrheitlich (§ 20 OWiG) begangene Taten.

Unter Tateinheit fällt die vorsätzliche Gefährdung von Abzugsteuern für mehrere Monate hintereinander. Es ist daher nur eine Geldbuße festzusetzen. Ansonsten ist grundsätzlich von Tatmehrheit auszugehen.

Eine Gesamtgeldbußenbildung sieht das OWiG nicht vor. Bei Tatmehrheit wird für jede Tat eine gesonderte Geldbuße festgesetzt und anschließend ohne Minderung die Gesamtsumme in Worten ausgewiesen.

Hinweis:

Geldbußen unter 50 EUR sollten nicht festgesetzt werden.

7. Verkürzungsberechnung bei Steuerordnungswidrigkeiten

Bei Berechnung der verkürzten Steuern im Rahmen der Ahndung von leichtfertigen Steuerverkürzungen i.S.d. § 378 AO werden dieselben Grundsätze angewandt wie bei der Verkürzungsberechnung in Steuerstrafverfahren. Insofern siehe Steuerstrafverfahren - Verkürzungsberechnung.

8. Überleitung in das Strafverfahren

Kommt die Straf- und Bußgeldsachenstelle nach Durchführung aller Ermittlungen zu dem Ergebnis, dass dem Betroffenen im eingeleiteten Bußgeldverfahren nicht Leichtfertigkeit, sondern vielmehr eine Vorsatztat vorzuwerfen ist, ist eine Überleitung des Bußgeldverfahrens in ein Strafverfahren in Betracht zu ziehen. Die Überleitung ist aktenkundig zu vermerken.

Hierbei wird aus dem Betroffenen nunmehr ein Beschuldigter mit Folge, dass er sich in einem anderen Verfahren befindet und damit Anspruch hat, dass ihm erneut rechtliches Gehör bzw. Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt wird.

Sollte während einer Vernehmung/Anhörung des Betroffenen nur der geringste Verdacht einer Steuerstraftat aufkommen, so hat der jeweilige Verhandlungsleiter sehr sorgfältig zu prüfen, ob nunmehr tatsächlich Anhaltspunkte im Sinne des § 152 StPO gegeben sind, die geeignet sind, den Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Steuerstraftat zu bejahen. Kommt der Verhandlungsleiter zu dem Schluss, dass dieser Anfangsverdacht gegeben ist, so hat die Überleitung des Bußgeldverfahrens in ein Strafverfahren noch während der Vernehmung zu erfolgen. Ansonsten können sich später erhebliche Probleme bei der Verwertung der Aussage ergeben, da gegebenenfalls dann von einer wissentlichen Täuschung des Betroffenen über seine Rechtslage auszugehen ist und ein Verwertungsverbot gemäß § 136a StPO vorliegt. Nach herrschender Meinung ist zwar eine Heilung durch eine Wiederholung der Vernehmung möglich, diese Situation sollte jedoch nach Möglichkeit vermieden werden.

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Alle Informationen und Angaben haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr auf Vollständigkeit, Richtigkeit oder Aktualität. Diese Informationen können daher eine individuelle Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.


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