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Inhaltsverzeichnis

Spekulationsgeschäft - Immobilien

§ 23 EStG

1. Allgemeines

Der bei der Veräußerung von Immobilien anfallende sog. Spekulationsgewinn unterliegt der Besteuerung gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eine erhebliche Verschärfung der Spekulationsbesteuerung hatte sich durch das Steuerentlastungsgesetz 1999 für die Veräußerung von Immobilien ergeben. Durch die Ausdehnung der Spekulationsfrist von 2 Jahren auf 10 Jahre für die Veräußerung von Immobilien wie

  • Grundstücke

  • Gebäude

  • Eigentumswohnungen

  • Teileigentum

  • Erbbaurechte

  • Mineralgewinnungsrechte

wurde der Anwendungsbereich des § 23 EStG deutlich erweitert.

Zur Anwendung dieser Regelung vgl. Spekulationsgeschäft - Fristen. Das BMF hat mit Schreiben vom 20.12.2010 - IV C 1 - S 2256/07/10001:006 - zur praktischen Umsetzung des BVerfG-Beschlusses vom 07.07.2010 - 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05 - Stellung genommen und erläutert u. a., wie in den betroffenen Fällen aufgrund der seinerzeitigen Verlängerung der Fristen von zwei auf zehn Jahre der nach dem 31.03.1999 bis zur Veräußerung entstandene Wertzuwachs zu ermitteln ist.

2. Errichtung von Gebäuden im Laufe der Spekulationsfrist

Auch sog. Herstellungsfälle werden von der Besteuerung gem. § 23 EStG erfasst.

Beispiel:

A erwirbt am 01.09.2003 ein unbebautes Grundstück für 100.000 EUR. Er bebaut dies Grundstück mit einem Mehrfamilienhaus (Fertigstellung 01.10.2004). Die Herstellungskosten betragen 600.000 EUR.

Mit Vertrag vom 15.09.2007 veräußert A das nunmehr bebaute Grundstück für 1.000.000 EUR (Übergang von Gefahr, Nutzen und Lasten per 01.11.2007). Die Veräußerungskosten von 25.000 EUR trägt der Erwerber. A hatte die Abschreibung bisher mit 2 % vorgenommen. Ein im Rahmen der Verkaufsverhandlungen in Auftrag gegebenes Wertgutachten weist neben dem Gesamtwert von 1.000.000 EUR einen Grundstücksanteil von 150.000 EUR aus.

Lösung:

Da zwischen Veräußerung und Anschaffung weniger als 10 Jahre vergangen sind, fällt die Veräußerung unter § 23 EStG.

In die Ermittlung des Spekulationsüberschusses ist neben dem Grundstück auch das innerhalb der Spekulationsfrist errichtete Gebäude einzubeziehen. Der Überschuss ergibt sich wie folgt:

Spekulationseinkünfte
2007

337.000 EUR

Einnahmen:

1.000.000 EUR

Ausgaben:

Anschaffungskosten Grundstück

100.000 EUR

Herstellungskosten Gebäude

600.000 EUR

abzgl. Abschreibung 2 % v. 600.000 EUR=
12.000 EUR x 37/12 (01.10.04 - 31.10.07)

37.000 EUR

= Gebäuderestwert bei Verkauf

563.000 EUR

563.000 EUR

--------------

Anschaffungskosten / fortgeführte
Herstellungskosten

663.000 EUR

663.000 EUR

---------------

Durch die sehr lange Spekulationsfrist werden nur bei sehr langfristig angelegten Immobilieninvestitionen eventuelle Wertsteigerungen, die sich zum Teil bereits aus der gegenüber der tatsächlichen wirtschaftlichen Abnutzung höheren steuerlichen Abschreibung ergeben, vor der Besteuerung geschützt.

3. Ausnahmen für zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilien

Für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Immobilien sieht § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der Besteuerung eventueller Überschüsse bei Veräußerung innerhalb der Spekulationsfrist vor. Trotz Anschaffung und Veräußerung innerhalb von 10 Jahren liegen daher keine Spekulationseinkünfte vor, wenn ein Gebäude

  • zwischen Anschaffung/Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich für eigene Wohnzwecke des Steuerpflichtigen oder

  • im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken

genutzt worden ist.

Im ersten Fall ist der Zeitraum, während dessen der Steuerpflichtige Eigentümer der Immobilie gewesen ist, ohne Bedeutung. Auch für bereits kurzfristig nach dem Erwerb veräußerte Immobilien scheidet damit eine Besteuerung von Spekulationseinkünften aus, wenn der Steuerpflichtige die Immobilie zwischen Anschaffung und Verkauf durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Nach der Gesetzesbegründung soll diese Ausnahme eine ungerechtfertigte Besteuerung verhindern, wenn die Gewinne aus der Veräußerung infolge eines Wohnsitzwechsels (z.B. wegen Wechsel des Arbeitsplatzes) anfallen. Die Ausnahmeregelung wird sich aber nach dem Gesetzeswortlaut nicht nur auf mehr oder weniger zwangsläufige Wohnsitzwechsel beschränken lassen.

Praxistipp:

Soweit dies möglich ist, sollte eine bereits mit kurzfristiger Verkaufsabsicht erworbene Immobilie - dies gilt vor allem für Eigenheime und Eigentumswohnungen - zwischen Erwerb und Verkauf selbst bewohnt werden. Der Veräußerungserlös der Immobilie bleibt in diesem Fall steuerfrei.

Beispiel:

A kauft und verkauft im Jahr drei Wohnungen.

Am 01.01. Wohnung 1 für 250.000 EUR;
Verkauf am 30.04. für 350.000 EUR

Am 01.05. Wohnung 2 für 300.000 EUR;
Verkauf am 30.09. für 400.000 EUR

Am 01.10. Wohnung 3 für 420.000 EUR
Verkauf am 30.12. für 550.000 EUR.

A hat jede der Wohnungen ab dem Erwerb bezogen und für eigene Wohnzwecke genutzt.

Lösung:

Die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG greift für alle drei Wohnungen. Bei keiner der drei Veräußerungen liegen somit Spekulationseinkünfte vor.

Die zweite Alternative stellt darauf ab, dass die veräußerte Immobilie im Jahr der Veräußerung und den beiden vorhergehenden Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt worden ist. Unabhängig von der vorherigen Nutzung ist im günstigsten Fall (Veräußerung am 01.01. eines Jahres) eine mindestens 2-jährige Nutzung durch den Steuerpflichtigen erforderlich. Diese Regelung lässt bei einer längerfristig angelegten Immobilienveräußerung einen gewissen Gestaltungsspielraum offen, um eine Immobilie durch vorherige Selbstnutzung aus der Steuerverstrickung des § 23 EStG zu lösen.

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken

§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 S. 3 EStG verwendet den Begriff "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken". Diese Bedingung dürfte unstreitig erfüllt sein, wenn der Steuerpflichtige selbst die betreffende Wohnung zu Wohnzwecken nutzt. Wegen der Begriffsgleichheit kann für die Auslegung, ob eine entsprechende Nutzung vorliegt, auf die Rechtsprechung und die Verwaltungsanweisungen zu § 10e EStG bzw. zur Eigenheimzulage zurückgegriffen werden. Danach liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auch dann vor, wenn der Steuerpflichtige eine Wohnung unentgeltlich an ein Kind überlässt, dass nach § 32 EStG bei ihm steuerlich zu berücksichtigen ist, Anspruch auf Kindergeld/Kinderfreibetrag.

Eine die Steuerpflicht als Spekulationseinkünfte ausschließende Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt danach z.B. nicht vor, wenn die Wohnung vom Steuerpflichtigen lediglich zu Wohnzwecken bereitgehalten wird. Dabei ist nicht entscheidend, ob die Wohnung möbliert ist oder leer steht. Ein nur sporadisch genutzter Zweitwohnsitz dürfte somit die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung nicht erfüllen.

Ebenso wenig dürfte eine Nutzungsüberlassung an den (ggf. geschiedenen oder getrennt lebenden Ehegatten) oder andere Angehörige ausreichen. Die insoweit weiter gehende Regelung des § 4 S. 2 EigZulG dürfte hier nicht übertragbar sein.

4. Grundstückstausch als Anschaffung

Überträgt der Eigentümer eines nicht parzellierten Grundstücks eine Teilfläche ohne Ansatz eines Kaufpreises an eine Gemeinde und erhält er dafür einen Rückübertragungsanspruch auf ein parzelliertes und beplantes Grundstück, so schafft er dieses im Wege des Tausches i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG an (BFH, 13.04.2010 - IX R 36/09).

5. Regelung ab 2009

Das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl. I 2007, 1912) hat u. a. den Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ab 2009 neu geregelt. Ab dem 01.01.2009 werden 25 % Steuer auf alle Kapitalerträge direkt an der Quelle, also z.B. direkt bei der Bank, Sparkasse, GmbH, AG einbehalten und an das Finanzamt abgeführt werden. Mit der Abgeltungsteuer ist die Steuerpflicht auf diese Einkunftsart abgegolten. Der Gesetzgeber realisiert hiermit eine einheitliche Besteuerung von Erträgen (Zinsen, Dividenden, Investmenterträgen Zertifikatserträgen u.s.w.) und auch bisher gem. § 23 EStG versteuerten Gewinnen aus der Veräußerung privater Kapitalanlagen mit einem einheitlichen Steuersatz. Für Spekulationsgewinne bei Immobilien bleibt es bei der bisherigen Zuordnung zu § 23 EStG.

Unter den Besteuerungstatbestand des § 23 EStG fallen ab 2009 nur noch die Veräußerungsgeschäfte

  1. mit Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (§ 23 Abs.1 Nr.1 EStG) bei Erwerb und Veräußerung innerhalb von 10 Jahren (s.o.) und

  2. mit anderen Wirtschaftsgütern, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt. Unter den Begriff "andere Wirtschaftsgüter" fallen alle Wirtschaftsgüter, soweit sie nicht zum täglichen Leben gehören (z.B. Gold, Briefmarken, Münzen).

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