Elterngeld - Progressionsvorbehalt
§ 3 Nr. 67 EStG
§ 32b EStG
Das Elterngeld ist gem. § 3 Nr. 67 EStG steuer- und abgabenfrei. Es unterliegt allerdings - anders als das frühere Erziehungsgeld - nach Verwaltungsauffassung in voller Höhe dem sog. Progressionsvorbehalt gem. § 32b EStG (OFD Münster, Kurzinformation Nr. 20/2008 v. 08.05.2008, DStR 2008, 1286). Bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge eines volljährigen Kindes wird im Rahmen des Familienleistungsausgleichs dagegen nur der den Sockelbetrag von 300 EUR bzw. 150 EUR übersteigende Teil angerechnet (s.a. R 32.10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 EStR 2008).
Zur Anwendung des Progressionsvorbehalts auf das Elterngeld ist ein Musterverfahren vor dem BFH entschieden worden (BFH, 21.09.2006 - VI B 31/09; Vorverfahren FG Nürnberg 19.02.2009 - 6 K 1859/2008, DB 2009, 1679). Das Verfahren wurde vom NVL-Mitgliedsverein "Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V." getragen. Im betreffenden Fall war die Mutter wegen der beiden anderen Geschwisterkinder vor der Geburt des dritten Kindes nicht berufstätig und erhielt somit Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags von 300 EUR. Die Familie musste mit dem Einkommen des allein verdienenden Vaters auskommen. Das Elterngeld wurde bei der Steuererklärung mit Steuern belastet. Der BFH entschied, dass die Nichtzulassungsbeschwerde der Eltern keinen Erfolg habe, da die Anwendung des Progressionsvorbehalts auch auf den Sockelbetrag des Elterngeldes dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes entspreche. Gegen den Beschluss des BFH wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt (Az.: 2 BvR 2604/09). Die Verfassungsbeschwerde wurde jedoch vom BVerfG nicht zur Entscheidung angenommen (Beschluss vom 20.10.2010, StED 2010, 723). Für den Progressionsvorbehalt ist das bezogene Elterngeld dann um den Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu vermindern, wenn bzw. soweit er nicht als solcher bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abgezogen wird. Das trifft auch auf die Fälle zu, in denen höhere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen sind (FG Niedersachsen vom 14.02.2012 - 12 K 6/11, Revision: VI R 22/12).
Bei Progressionseinkünften über 410 EUR besteht im Übrigen eine Pflichtveranlagung gem. § 46 EStG. Eltern sind daher gut beraten, sich über die steuerlichen Auswirkungen und Mehrbelastungen des Elterngeldes zu informieren.
Praxistipp:
Bei einem monatlichen Elterngeld von 1.500 EUR sollten zumindest 1.900 EUR "zur Seite gelegt" werden, damit die (spätere) Mehrbelastung über den Progressionsvorbehalt im Rahmen der Steuererklärung ausgeglichen werden kann. Hinzu kommt noch die Mehrbelastung wegen Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag.