Entfernungspauschale bei Fahrten des Arbeitnehmers zu einem vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkt
Thema: Steuern
vom: 09.09.2021
Ein Arbeitnehmer, der dauerhaft und typischerweise täglich zu einem vom Arbeitgeber festgelegten Sammelpunkt fahren muss, kann nur die Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden Entfernungskilometer von der Wohnung zum Sammelpunkt als Werbungskosten geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn er vom Sammelpunkt auch zu mehrtägigen Einsätzen gefahren ist und es sich hierbei um nicht absehbare Ausnahmen handelte.
Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer geltend machen. Hat der Arbeitnehmer keine erste Tätigkeitsstätte, sondern muss er nach dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diesbezüglichen Absprachen und Weisungen zur Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort (Sammelpunkt) oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufsuchen, kann er ebenfalls nur die Entfernungspauschale geltend machen.
Sachverhalt: Der Kläger war ein Baumaschinenführer. Er war nach einer betriebsinternen Anweisung verpflichtet, einen Sammelpunkt aufzusuchen. Von dort fuhr er mit einem Sammelfahrzeug des Arbeitgebers zu seinen Einsatzorten. Teilweise handelte es sich um einwöchige Einsatztätigkeiten mit sechs Übernachtungen. Der Kläger machte die Fahrkosten für die Hin- und Rückfahrt geltend. Das Finanzamt erkannte nur die Entfernungspauschale und damit nur die Hälfte der geltend gemachten Kosten an.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:
Der Kläger, der keine erste Tätigkeitsstätte hatte, kann nur die Entfernungspauschale geltend machen, wenn er den Sammelpunkt nach den Anweisungen des Arbeitgebers dauerhaft und typischerweise arbeitstäglich aufsuchen musste.
Von der Dauerhaftigkeit ist auszugehen, wenn die Anordnung des Arbeitgebers zum Aufsuchen des Sammelpunkts unbefristet oder für die Dauer des Dienstverhältnisses oder über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus erfolgt ist. Diese Voraussetzung lag nach den Feststellungen des FG vor.
Ein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen ist anzunehmen, wenn der Sammelpunkt „in der Regel üblich“ bzw. „im Normalfall“ arbeitstäglich aufgesucht wurde. Dabei kommt es auf die Sichtweise im Voraus an. Ein typischerweise arbeitstägliches Aufsuchen ist also gegeben, wenn der Kläger im Normalfall an jedem Arbeitstag den Sammelpunkt aufsuchen sollte und nur ausnahmsweise nicht am Sammelpunkt erscheinen sollte, z.B. wegen eines unvorhergesehenen Einsatzes oder wegen einer Fortbildungsveranstaltung. In diesem Fall wäre nur die Entfernungspauschale zu gewähren.
Stand hingegen von vornherein fest, dass der Kläger auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt werden würde, handelte es sich nicht um ein üblicherweise arbeitstägliches Aufsuchen des Sammelpunkts; denn dann wäre klar gewesen, dass er den Sammelpunkt nicht an denjenigen Arbeitstagen aufsucht, an denen er auswärts übernachtet.
Hinweise: Das FG muss nun aufklären, ob der Einsatz auf den mehrtägigen Fernbaustellen eine nicht absehbare Ausnahme war, so dass nur die Entfernungspauschale gewährt werden kann, oder ob von vornherein feststand, dass der Kläger auch auf mehrtägigen Fernbaustellen eingesetzt werden würde, so dass ein Abzug der tatsächlichen Fahrtkosten möglich wäre.
Es kommt hingegen nicht darauf an, ob der Kläger im Nachhinein überwiegend den Sammelpunkt aufgesucht hat oder nicht. Unbeachtlich ist auch das Verhältnis der Fahrten zum Sammelpunkt zu den Gesamtarbeitstagen.
BFH, Urteil v. 19.4.2021 - VI R 6/19; NWB