Finanzgericht hält Solidaritätszuschlag auch ab 2020 für verfassungsgemäß

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 08.10.2020



Das Finanzgericht Nürnberg (FG) hält den Solidaritätszuschlag auch für Zeiträume ab 2020 für verfassungsgemäß und lehnt daher einen Vorlagebeschluss an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ab. Das FG sieht sowohl die Abschmelzung des Solidaritätszuschlags ab 2020, die nur noch eine Minderheit der Steuerzahler mit dem Solidaritätszuschlag belastet, als auch das Auslaufen des sog. Solidarpakts II als verfassungsrechtlich unbedenklich an. Gegen die Entscheidung ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.

Hintergrund: Der Solidaritätszuschlag beträgt 5,5 % der Einkommensteuer. Ab 2021 wird der Solidaritätszuschlag nur noch bei höheren Einkommen erhoben, so dass ca. 90 % der Steuerzahler keinen Solidaritätszuschlag mehr zahlen werden. Die verbleibenden 10 % der Steuerzahler werden etwa 50 % des bisherigen Aufkommens aus dem Solidaritätszuschlag, nämlich ca. 11 Mrd. € von bislang 22 Mrd. €, entrichten. Die Grenze für die Entrichtung des Solidaritätszuschlags wird für Ledige bei einem zu versteuernden Einkommen von ca. 62.000 € beginnen. Außerdem müssen Kapitalanleger, die den Sparerfreibetrag ausgeschöpft haben, sowie Kapitalgesellschaften den Solidaritätszuschlag weiterhin bezahlen.

Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und sollten für 2020 einen vierteljährlichen Solidaritätszuschlag von ca. 450 € entrichten. Sie wandten sich gegen die Festsetzung der Vorauszahlung mit der Begründung, dass der sog. Solidarpakt II Ende 2019 ausgelaufen sei, so dass keine Aufbauhilfen mehr in die neuen Bundesländer geleistet werden dürften und deshalb auch der Solidaritätszuschlag seine Rechtfertigung verloren habe.

Entscheidung: Das FG wies die Klage im Grundsatz ab, weil es nicht von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags ab 2020 überzeugt war:

  • Der Solidaritätszuschlag ist in den Veranlagungszeiträumen 2020 und 2021 noch verfassungsgemäß. Es handelt sich nicht um eine Steuer, sondern um eine sog. Ergänzungsabgabe. Eine Ergänzungsabgabe dient dazu, dass Bedarfsspitzen im Bundeshaushalt gedeckt werden.

  • Eine Ergänzungsabgabe muss nicht befristet sein. Zwar ist noch nicht geklärt, ob und ab wann es einen verfassungsrechtlichen Zwang zur Aufhebung einer Ergänzungsabgabe gibt. Der Gesetzgeber hat aber einen sehr weiten Gestaltungsspielraum bei der Laufzeit.

  • Zwar ist der sog. Solidarpakt II im Jahr 2019 ausgelaufen. Damit verlor der Solidaritätszuschlag aber nicht seine Rechtfertigung. Denn es gibt keine rechtliche Verbindung dahingehend, dass allein der Solidarpakt II einen Mehrbedarf des Bundes zur Finanzierung der Folgen der Wiedervereinigung zu begründen vermag. Jedenfalls besteht keine Pflicht zu einer schlagartigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags, sondern es genügt die bereits beschlossene Abschmelzung des Solidaritätszuschlags.

Hinweise: Das FG hält es im Übrigen für denkbar, dass der Solidaritätszuschlag umgewidmet wird und künftig zur Deckung der Kosten der Corona-Krise verwendet wird, so dass er auch unter diesem Gesichtspunkt verfassungsrechtlich gerechtfertigt wäre.

Die Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags kann nur vom BVerfG festgestellt werden. Gegen das Urteil des FG ist Revision beim BFH eingelegt worden, so dass abzuwarten bleibt, ob der BFH einen Vorlagebeschluss an das BVerfG richtet. Für die Praxis scheint es ratsam zu sein, die Festsetzung des Solidaritätszuschlags im Steuerbescheid ab 2020 durch Einspruch anzufechten und die Festsetzung offenzuhalten, bis die Verfassungsmäßigkeit abschließend geklärt ist.

FG Nürnberg, Urteil vom 29.7.2020 - 3 K 1098/19, Rev. beim BFH: IX R 15/20; NWB

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