Kein Kindergeld für volljährige Kinder, die krankheitsbedingt ihre Ausbildung beenden
Thema: Steuern: Alle Steuerzahler
vom: 15.02.2022
Hat ein Kind seine Ausbildung wegen einer Erkrankung nicht nur unterbrochen, sondern beendet, besteht kein Anspruch auf Kindergeld. Handelt es sich um eine nur vorübergehende Erkrankung und ist das Kind nachweislich weiter ausbildungswillig, kann es als ausbildungsplatzsuchendes Kind berücksichtigt werden. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem kürzlich veröffentlichten Urteil klargestellt.
Hintergrund: Für volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, kommt ein Kindergeldanspruch u.a. dann in Betracht, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden, sich vergeblich um einen Ausbildungsplatz bemühen oder sich wegen einer Behinderung nicht selbst unterhalten können.
Sachverhalt: Die Klägerin ist die Mutter einer im Februar 1994 geborenen Tochter, die im Februar 2016 eine zweijährige schulische Ausbildung begann. Die Familienkasse gewährte daher zunächst Kindergeld. Im Herbst 2017 erfuhr die Familienkasse, dass die Tochter bereits im März 2017 von der Schule abgegangen war und ab September eine Vollzeitbeschäftigung aufgenommen hatte. Die Familienkasse hob die Kindergeldfestsetzung daher ab April 2017 auf.
Die Klägerin legte verschiedene Atteste vor, mit denen sie nachzuweisen versuchte, dass ihre Tochter nur aufgrund einer Erkrankung die Schule nicht mehr weiter habe besuchen können. Der Familienkasse genügte dies nicht. Sie forderte eine alle sechs Monate zu erneuernde ärztliche Bescheinigung, aus der sich die Erkrankung und deren voraussichtliches Ende ergeben. Außerdem ging sie davon aus, dass die Tochter schon im April 2017 gegenüber der Familienkasse hätte erklären müssen, dass sie sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Berufs- oder Schulausbildung bewerben werde. Das Finanzgericht gab der dagegen gerichteten Klage für die Monate April bis September 2017 statt und ging dabei davon aus, dass sich die Tochter weiter in Ausbildung befunden habe.
Entscheidung: Dagegen hielt der BFH die Revision der Familienkasse für begründet:
Eine Berücksichtigung eines in Ausbildung befindlichen Kindes beim Kindergeld setzt voraus, dass das Ausbildungsverhältnis weiter besteht. Hieran fehlt es, wenn das Kind, wie im Streitfall, während der Ausbildung erkrankt und das Ausbildungsverhältnis durch Abmeldung von der Schule, Kündigung oder Aufhebungsvertrag beendet wird.
In einem solchen Fall kommt eine Berücksichtigung als ausbildungsplatzsuchendes Kind in Betracht. Das setzt allerdings voraus, dass es sich um eine vorübergehende, d.h. ihrer Art nach voraussichtlich nicht länger als sechs Monate dauernde Krankheit handelt. Außerdem muss nachgewiesen werden, dass das Kind trotz vorübergehender Ausbildungsunfähigkeit weiterhin ausbildungswillig ist.
Bei einer voraussichtlich länger als sechs Monate andauernden Erkrankung kommt eine Berücksichtigung als behindertes Kind in Betracht. Daher muss das Finanzgericht der ersten Instanz nun nähere Feststellungen dazu zu treffen, ob die Tochter als ausbildungsplatzsuchendes oder behindertes Kind berücksichtigt werden kann.
BFH, Pressemitteilung vom 10.2.2022 zum Urteil vom 21.8.2021 - III R 41/19; NWB