Keine Ausbuchung einer Verbindlichkeit bei Zahlungsunfähigkeit und Rangrücktrittsvereinbarung

aktuelles

Thema: Steuern: Gesellschafter/Geschäftsführer

vom: 18.12.2020



Eine Verbindlichkeit ist nicht gewinnerhöhend aufzulösen, wenn eine Rangrücktrittsvereinbarung geschlossen worden ist, die eine Tilgung aus freiem Vermögen vorsieht. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner sein operatives Geschäft eingestellt hat und nur noch sein Betriebsgrundstück vermietet und zudem überschuldet ist.

Hintergrund: Mit einem Rangrücktritt tritt ein Gläubiger gegenüber den anderen Gläubigern im Rang zurück. Ein Rangrücktritt führt grundsätzlich dazu, dass die Verbindlichkeit nicht in einer Überschuldungsbilanz ausgewiesen werden muss, so dass durch einen Rangrücktritt ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vermieden werden kann.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, deren Alleingesellschafter der B war. Die Klägerin stellte ihren operativen Geschäftsbetrieb im Jahr 2006 ein und vermietete nunmehr nur noch ihr Betriebsgelände. Im Jahr 2007 war die Klägerin überschuldet und vereinbarte mit B einen Rangrücktritt, nach dem B im Rang hinter die anderen Gläubiger zurücktreten sollte und eine Tilgung nur aus künftigen Jahresüberschüssen, aus einem Liquidationsüberschuss und aus freiem Vermögen verlangen konnte. Jeweils in den Jahren 2007 und 2008 verzichtete B noch auf einen Teilbetrag der Forderung, nicht aber auf die gesamte Forderung. Im Jahr 2017 nahm die Klägerin ihren operativen Betrieb wieder auf. Das Finanzamt löste die Verbindlichkeit zum 31.12.2008 gewinnerhöhend auf und begründete dies damit, dass die wirtschaftliche Belastung weggefallen sei, weil die Klägerin aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage die Verbindlichkeit nicht mehr erfüllen werde.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die Verbindlichkeit war in der Handelsbilanz nicht aufzulösen, so dass die Verbindlichkeit aufgrund des sog. Maßgeblichkeitsgrundsatzes in die Steuerbilanz zu übernehmen war; die Handelsbilanz ist nämlich grundsätzlich maßgeblich für die Steuerbilanz.

  • In der Handelsbilanz blieb die Verbindlichkeit deshalb stehen, weil die wirtschaftliche Belastung, die mit einer Verbindlichkeit einhergeht, trotz der Überschuldung der Klägerin und der Einstellung ihres operativen Geschäftes bestehen blieb. Handelsrechtlich genügt es für eine Ausbuchung der Verbindlichkeit nicht, dass der Schuldner überschuldet ist.

  • Auch der Rangrücktritt führte handelsrechtlich nicht zu einer Ausbuchung der Verbindlichkeit. Denn durch den Rangrücktritt hat sich für den B nur die Rangfolge geändert; der Rangrücktritt stellt aber keinen Forderungsverzicht dar. Der B hätte daher – im Rang nach den anderen Gläubigern – eine Tilgung von der Klägerin aus deren freien Vermögen verlangen können, d.h. aus dem Vermögen, das nach Abzug der Schulden verbleibt.

  • Damit war die Verbindlichkeit sowohl in der Handels- als auch in der Steuerbilanz zu passivieren. Steuerlich gibt es zwar noch die Besonderheit, dass eine Verbindlichkeit nicht passiviert werden darf, wenn sie nur aus künftigen Gewinnen oder Einnahmen zu bedienen ist. Bei Rangrücktritten greift diese Regelung aber nur, wenn eine Tilgung aus freiem Vermögen ausgeschlossen ist und die Tilgung nur aus künftigen Gewinnen und aus einem künftigen Liquidationsüberschuss zu erfolgen hat. Im Streitfall war die Tilgung aus freiem Vermögen jedoch nicht ausgeschlossen. Unbeachtlich ist, dass die Entstehung freien Vermögens eher unwahrscheinlich war.

Hinweise: Das Urteil ist für die Praxis enorm wichtig, weil der BFH deutlich macht, dass eine Rangrücktrittsvereinbarung in der Handelsbilanz nicht zur Auflösung der Verbindlichkeit führt; dies gilt über den Maßgeblichkeitsgrundsatz auch für die Steuerbilanz, so dass eine gewinnerhöhende Auflösung und damit eine Steuererhöhung vermieden werden kann. Diese Klarstellung des BFH war geboten, weil es handelsbilanziell in den letzten Jahren aufgrund einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs umstritten war, ob Rangrücktrittsverbindlichkeiten gewinnerhöhend aufzulösen sind.

Gerade für wirtschaftlich angeschlagene Unternehmen ist es zudem wichtig, dass der BFH allein die Überschuldung und wirtschaftlich schlechte Lage des Schuldners nicht für ausreichend hält, eine Verbindlichkeit gewinnerhöhend aufzulösen.

BFH, Urteil vom 13.9.2018 - XI R 32/18; NWB

zurück



Aktuelles Steuer- und Wirtschaftsrecht:


Steuer-Newsletter Newsletter + RSS-Feed Steuerrecht RSS Feed


Grundsteuererklärung: Frist: 31.10.2022

Steuerberater

Dipl.-Kfm. Michael Schröder, Steuerberater
Schmiljanstraße 7, 12161 Berlin
(Tempelhof-Schöneberg/ Friedenau)
E-Mail: Steuerberater@steuerschroeder.de
Termine nur nach vorheriger Vereinbarung. Anfragen bitte nur per E-Mail.

Wichtiger Hinweis: Zur Zeit nehme ich keine neuen Mandanten an. Nutzen Sie bitte statt dessen meine Steuerberatung online.









Steuerberatung und Steuererklärung vom Steuerberater in Berlin

Impressum, Haftungsausschluss & Datenschutz | © Dipl.-Kfm. Michael Schröder, Steuerberater Berlin