Kosten für Prozess, in dem es nicht um die materielle Existenz geht, nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 25.11.2020



Prozesskosten sind nur dann als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn es in dem Prozess um die Existenzgrundlage geht. Darunter ist die materielle Lebensgrundlage zu verstehen, so dass Prozesskosten für einen Umgangsrechtsstreit oder wegen Schmerzensgelds nicht absetzbar sind. Dies gilt auch für Verfahren wegen Schadensersatz oder wegen Kindesunterhalts, wenn die materielle Existenzgrundlage nicht bedroht ist.

Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen, und zwar in einem größeren Umfang als der überwiegenden Anzahl der Steuerpflichtigen. Ein typisches Beispiel sind Krankheitskosten. Der Gesetzgeber hat den Abzug von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich ausgeschlossen, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können.

Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über zwei Verfahren entscheiden. In dem einen Verfahren machte der Kläger ca. 20.000 € Prozesskosten für einen Umgangsrechtsstreit als außergewöhnliche Belastungen geltend, nachdem seine frühere Ehefrau die gemeinsame Tochter nach Südamerika mitgenommen und nicht nach Deutschland zurückgebracht hatte. In dem anderen Verfahren machte die Klägerin Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers gerichtlich geltend und klagte wegen des Umgangsrechts und Kindesunterhalts; ihre Prozesskosten beliefen sich auf ca. 10.000 €. In beiden Fällen erkannte das Finanzamt die Prozesskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen an.

Entscheidung: Der BFH wies beide Klagen ab:

  • Die geltend gemachten Gerichts- und Anwaltskosten sind Prozesskosten, die nach dem Gesetz nur dann als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr laufen würde, seine Existenzgrundlage zu verlieren.

  • Der Gesetzgeber meint die materielle Existenzgrundlage. Es geht nicht um die immateriellen Werte des Steuerpflichtigen wie etwa die Summe seiner Überzeugungen und Wertvorstellungen.

  • Der Umgangsrechtsstreit beider Kläger betraf nicht die materielle Existenzgrundlage, weil es nicht um finanzielle Ansprüche, sondern um das Umgangsrecht mit dem Kind geht. Auch der Rechtsstreit der Klägerin bezüglich des Kindesunterhalts betraf nicht die materielle Existenzgrundlage, da die Klägerin lediglich einen höheren Unterhalt begehrte, angesichts ihrer Einkommensverhältnisse aber nicht Gefahr lief, ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Gleiches gilt für den Schadensersatzprozess gegen den behandelnden Arzt. Bei der Klage wegen Schmerzensgeld geht es ohnehin nicht um einen existenziell wichtigen Bereich, sondern um den Ersatz eines immateriellen Schadens (Schmerz).

Hinweis: Der BFH sieht in der Abzugsbeschränkung für Prozesskosten keinen Verfassungsverstoß. Denn Prozesskosten gehören grundsätzlich nicht zu dem einkommensteuerlich zu verschonenden Existenzminimum. Soweit Prozesskosten zur Existenzsicherung notwendig sein sollten, lässt der Gesetzgeber den Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausdrücklich zu.

Die Abzugsbeschränkung auf Prozesskosten, die die materielle Existenzgrundlage betreffen, wurde 2013 eingeführt. Vor der Gesetzesänderung waren auch Scheidungskosten sowie Prozesskosten, die den Kernbereich menschlichen Lebens betreffen (z.B. einen Familienrechtsstreit), absetzbar. Beides ist nun nicht mehr absetzbar.

BFH, Urteile vom 13.8.2020 - VI R 15/18 (Umgangsrechtsstreit) und VI R 27/18 (Arzthaftung, Umgangsrecht und Kindesunterhalt); NWB

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