Rückwirkende Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf Verlustgesellschaft ist kein Gestaltungsmissbrauch

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Thema: Steuern: Gesellschafter/Geschäftsführer

vom: 01.07.2021



Erwirbt eine Verlustgesellschaft, die über Verlustvorträge verfügt, Anteile an einer Gewinngesellschaft, um diese anschließend rückwirkend auf sich zu verschmelzen, stellt die hierdurch herbeigeführte Verlustverrechnung keinen Gestaltungsmissbrauch dar, sondern ist steuerlich anzuerkennen. Die Nutzung eigener Verluste ist steuerlich nämlich zu akzeptieren.

Hintergrund: Ein Gestaltungmissbrauch wird steuerlich nicht anerkannt. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt nach dem Gesetz vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt, den es bei einer angemessenen Gestaltung nicht geben würde. Ein Gestaltungsmissbrauch liegt dagegen nicht vor, wenn der Steuerpflichtige außersteuerliche Gründe für die Gestaltung wählt, z.B. wirtschaftliche Gründe.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die über Verlustvorträge verfügte und sich im Jahr 2008 in finanziellen Schwierigkeiten befand. Die Klägerin erwarb von C am 23.2.2009 Anteile an der D-GmbH. Am 24.2.2009 wurde die D-GmbH auf die Klägerin rückwirkend zum 1.7.2008 verschmolzen, so dass es zu einem sog. Rückwirkungszeitraum vom 1.7.2008 bis zum 23.2.2009 kam. In diesem Rückwirkungszeitraum erzielte die D-GmbH positive Einkünfte aus der Auflösung von Rückstellungen; dieser Gewinn war am 17.2.2009 im Wege einer sog. Vorabausschüttung an C ausgeschüttet worden. Aufgrund der rückwirkenden Verschmelzung wurde der Verlustvortrag der Klägerin mit den positiven Einkünften der D-GmbH verrechnet. Das Finanzamt sah in der rückwirkenden Verschmelzung einen Gestaltungsmissbrauch.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Im Streitjahr 2008 gab es keine steuerlichen Regelungen, die die Verlustverrechnung verhinderten (s. aber Hinweis unten). Nach dem Gesetz konnte also der Verlustvortrag der Klägerin mit den positiven Einkünften der D-GmbH verrechnet werden.

  • Die rückwirkende Verschmelzung, die diese Verrechnung ermöglichte, war kein Gestaltungsmissbrauch. Denn es steht einem Steuerpflichtigen frei, einen von ihm selbst erwirtschafteten Verlust durch Verrechnung mit positiven Einkünften zu nutzen. Die Klägerin muss daher keinen wirtschaftlichen Grund für die Nutzung ihres Verlustvortrags nennen.

  • Unbeachtlich ist, dass es sich bei der D-GmbH um eine eher inaktive Gewinngesellschaft gehandelt hat. Denn zum einen verfügte die D-GmbH noch über eine gewisse wirtschaftliche Substanz, zum anderen kam es der Klägerin darauf an, den von ihr selbst erwirtschafteten Verlust zu nutzen. Zur zulässigen Verlustnutzung gehört es, wenn die Klägerin als Verlustgesellschaft die positiven Einkünfte, die sie zur Verlustnutzung benötigt, entgeltlich erwirbt.

Hinweise: Das Urteil betrifft das Streitjahr 2008. Der Gesetzgeber hat im Jahr 2013 reagiert und eine Verlustnutzung im Rückwirkungszeitraum einer Verschmelzung ausgeschlossen, wenn der eigene Verlust mit positiven Einkünften des verschmolzenen Rechtsträgers verrechnet werden soll.

Dennoch ist das aktuelle Urteil bedeutsam, weil es deutlich macht, dass die Nutzung eigener Verluste grundsätzlich nicht gestaltungsmissbräuchlich ist, auch wenn der Steuerpflichtige eine Gestaltung durchführt, um die Verlustnutzung zu ermöglichen. Der BFH betont zudem, dass jeder Steuerpflichtige seine Verhältnisse grundsätzlich so gestalten darf, dass keine oder möglichst wenige Steuern anfallen; dabei darf er zivilrechtliche Gestaltungen frei verwenden.

Gestaltungsmissbräuchlich kann es hingegen sein, wenn der Steuerpflichtige „Fremdverluste“ einkauft und diese zur Verrechnung mit eigenen Gewinnen einsetzen will.

BFH, Urteil vom 17.11.2020 – I R 2/18; NWB

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