Schenkungsteuer: Abzug einer Vergleichszahlung durch den Beschenkten
Thema: Steuern: Alle Steuerzahler
vom: 27.10.2021
Ein Beschenkter kann eine Vergleichszahlung, die er zur Abwendung eines Herausgabeanspruchs des ihm geschenkten Grundstücks leistet, bei der Schenkungsteuer abziehen. Denn die Zahlung dient der Sicherung des geschenkten Grundstücks. Der Schenkungsteuerbescheid kann aufgrund der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs rückwirkend geändert werden.
Hintergrund: Das Erbschaftsteuergesetz gilt sowohl für Erbschaften als auch für Schenkungen. Nachlassverbindlichkeiten mindern bei einem Erbfall den Wert des erbschaftsteuerpflichtigen Nachlasses. Nachlasskosten sind u.a. die Kosten, die dem Erben unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erbes entstehen.
Sachverhalt: Der Kläger hatte zwei Brüder. 1997 starb der Vater des Klägers und seiner Brüder. Daraufhin wurde nach einer Auslegung des gemeinsamen Ehegattentestaments die Mutter des Klägers als Alleineigentümerin eines zum Nachlass des Vaters gehörenden Grundstücks eingetragen. Im Jahr 2003 schenkte die Mutter dem Kläger das Grundstück. Das Finanzamt setzte daraufhin im Jahr 2004 Schenkungsteuer gegen den Kläger fest. Im Jahr 2011 starb die Mutter. Es kam nun zu einem Rechtsstreit zwischen dem Kläger und seinen Brüdern. Einer der Brüder machte einen Herausgabeanspruch bezüglich des im Jahr 2003 geschenkten Grundstücks geltend. Der Kläger zahlte daraufhin im Rahmen eines Vergleichs 150.000 € im Jahr 2015 an den Bruder und machte diesen Betrag noch im Jahr 2015 schenkungsteuermindernd geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:
Die Regelung über die Abziehbarkeit von Nachlassverbindlichkeiten gilt nicht nur für Erbfälle, sondern sinngemäß auch für Schenkungen.
Die Vergleichszahlung ist mit einer Nachlassverbindlichkeit vergleichbar, und zwar mit Nachlassregelungskosten. Dies sind Kosten des Beschenkten bzw. Erben, die ihm unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen.
Diese Regelung gilt auch für Zahlungen des Beschenkten an einen Dritten, damit der Dritte die Schenkung nach Grund und/oder Umfang nicht mehr bestreitet.
Im Streitfall machte einer der Brüder des Klägers einen Herausgabeanspruch geltend und verlangte das Grundstück, das der Kläger im Jahr 2003 von der gemeinsamen Mutter erhalten hatte. Diesen Anspruch konnte der Bruder erst nach dem Tod der Mutter geltend machen, weil der Nachlass um das an den Kläger verschenkte Grundstück gemindert war. Die Vergleichszahlung des Klägers diente dazu, den Herausgabeanspruch des Bruders abzuwenden und das geschenkte Grundstück endgültig zu sichern. Damit war die Vergleichszahlung abziehbar und minderte den Wert des geschenkten Grundstücks und folglich auch die Schenkungsteuer.
Der Schenkungsteuerbescheid aus dem Jahr 2004 konnte auch noch zugunsten des Klägers geändert werden, da es sich bei der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs um ein rückwirkendes Ereignis handelt, das eine Änderung ermöglicht.
Hinweise: Die vierjährige Festsetzungsverjährung beginnt erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Bruder den Herausgabeanspruch geltend machte. Daher gab es kein Problem mit der Festsetzungsverjährung, da der Bruder den Herausgabeanspruch frühestens im Jahr 2011 geltend gemacht hatte und der Kläger die Änderung seines Bescheids im Jahr 2015 beantragt hat.
Der Bruder muss die Vergleichszahlung versteuern. Nach dem Gesetz muss nämlich der Vertragserbe, dem der durch ein Ehegattentestament begünstigte Erbe gleichgestellt ist, oder der Schlusserbe eines gemeinschaftlichen Testaments oder der Vermächtnisnehmer den Wert versteuern, den er wegen einer sog. beeinträchtigenden Schenkung des Erblassers von dem Beschenkten nach den Grundsätzen über die ungerechtfertigte Bereicherung erlangt. Die Steuer entsteht aber erst im Zeitpunkt der Geltendmachung des Herausgabeanspruchs.
Im Ergebnis behandelt der BFH den Fall wie einen Erbfall, in dem Pflichtteilsansprüche geltend gemacht werden. Der Anspruchsinhaber muss im Zeitpunkt der Geltendmachung den geltend gemachten Pflichtteil versteuern, während der Verpflichtete den geltend gemachten Pflichtteil von seiner Erbschaftsteuer rückwirkend abziehen kann.
BFH, Urteil v. 6.5.2021 - II R 24/19; NWB