Übertragung des Kinderfreibetrags bei nichtehelicher Lebensgemeinschaft

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Thema: Steuern: Alle Steuerzahler

vom: 25.04.2022



Leben Eltern in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen und haben sie gemeinsame minderjährige Kinder, kann der Kinderfreibetrag von einem Elternteil auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn jener Elternteil seiner Unterhaltspflicht im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist. Es genügt aber nicht, dass er weniger verdient und deshalb weniger Barunterhalt leistet, solange er seinen Betreuungsunterhalt erfüllt.

Hintergrund: Für Kinder wird jedem Elternteil nach aktueller Rechtslage ein Kinderfreibetrag von 2.730 € sowie ein Freibetrag von 1.464 € für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes gewährt. Auf Antrag eines Elternteils wird der dem anderen Elternteil zustehende Kinderfreibetrag und Betreuungsfreibetrag auf ihn übertragen, wenn die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vorliegen und der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nicht nachkommt oder mangels Leistungsfähigkeit nicht unterhaltspflichtig ist.

Sachverhalt: Die Klägerin war Mutter des im März 1998 geborenen Sohns M und der im April 2001 geborenen Tochter L. Mit dem Vater der beiden Kinder lebte sie in den Streitjahren 2015 bis 2017 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Das Einkommen des Vaters fiel in den Streitjahren niedrig aus. Die Klägerin beantragte die Übertragung des auf den Vater entfallenden Kinder- und Betreuungsfreibetrags. Das Finanzamt übertrug aber lediglich den sich für M ab März 2016, dem Monat der Volljährigkeit, ergebenden Kinder- und Betreuungsfreibetrag auf die Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Das Finanzamt hat zu Recht eine Übertragung des Kinder- und Betreuungsfreibetrags, der dem Vater für die Tochter L in den Streitjahren 2015 bis 2017 und für M noch bis Februar 2016 zustand, abgelehnt. Zwar waren beide Kinder in den genannten Zeiträumen minderjährig und galten damit als Kinder im steuerlichen Sinne. Auch lagen die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, da die Klägerin und der Vater der Kinder nicht miteinander verheiratet waren.

  • Jedoch ist der Vater seiner Unterhaltspflicht nachgekommen. Die Unterhaltspflicht umfasste zum einen den Bar- oder Naturalunterhalt und zum anderen den Betreuungsunterhalt.

    • Der Bar- oder Naturalunterhalt richtet sich nach den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Zwar verdiente der Vater der Kinder in den Streitjahren wenig, jedoch er war gleichwohl auch aus seinem niedrigen Einkommen zum Barunterhalt verpflichtet.

    • Auch den Betreuungsunterhalt hat der Vater der Kinder erfüllt, da er seiner Pflicht zur Pflege und Erziehung seiner Kinder in vollem Umfang nachgekommen ist.

    • Selbst wenn der Vater seinen Barunterhalt nicht geleistet haben sollte, weil er ein zu niedriges Einkommen gehabt haben sollte, hätte der Vater gleichwohl seinen Betreuungsunterhalt erfüllt. Dies genügt für die Erfüllung der Unterhaltspflicht.

Hinweise: Dem BFH zufolge ist bei einer funktionsfähigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen, dass die Verteilung der Unterhaltsaufgaben dem gemeinsamen Willen der Elternteile und der Bestimmung der beiden Sorgeberechtigten bzw. des alleinigen Sorgeberechtigten entspricht. Eine Nichterfüllung der Unterhaltspflicht ist daher erst dann anzunehmen, wenn z.B. eine Unterhaltsvereinbarung nicht eingehalten wird. Solange aber der andere Elternteil seinen Betreuungsunterhalt erfüllt, ist bei einer funktionierenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft von einer Erfüllung der Unterhaltspflicht auszugehen.

Offengelassen hat der BFH die Frage, ob das Finanzamt zu Recht den Kinder- und Betreuungsfreibetrag für M ab März 2016 auf die Klägerin übertragen hat. An dem aktuellen Verfahren war der Vater des Kindes prozessual nicht als Beigeladener beteiligt; der BFH hat die Frage einer Beiladung nicht erörtert, obwohl sich ein Klageerfolg auf den Kindesvater nachteilig ausgewirkt hätte.

BFH, Urteil v. 15.12.2021 - III R 24/20; NWB

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