Umsatzsteuerliche Zuordnung eines Büroraums zum Unternehmen

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Thema: Steuern: Unternehmer

vom: 20.07.2022



Für die umsatzsteuerliche Zuordnung eines sowohl privat als auch unternehmerisch genutzten Gegenstands zum Unternehmen muss keine Frist eingehalten werden, bis zu deren Ablauf der Unternehmer die Zuordnung dem Finanzamt mitzuteilen hat. Allerdings stellt die Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt, eine Dokumentationsfrist dar, bis zu deren Ablauf diejenigen Anhaltspunkte, aus denen sich eine Zuordnung zum Unternehmen ergibt, dokumentiert sein müssen; diese Dokumentation bzw. die entsprechenden Anhaltspunkte können dem Finanzamt noch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.

Hintergrund: Verwendet der Unternehmer einen Gegenstand sowohl für sein Unternehmen als auch privat, hat er umsatzsteuerlich ein sog. Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand entweder vollständig oder nur anteilig oder aber gar nicht seinem Unternehmen zuordnen und dementsprechend die Vorsteuer vollständig, anteilig oder gar nicht abziehen. Allerdings muss er bei einer vollständigen Zuordnung die Privatnutzung des Gegenstands der Umsatzsteuer unterwerfen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) musste das Zuordnungswahlrecht bis zum Termin für die Abgabe der Umsatzsteuererklärung ausgeübt werden; dabei kam es für alle Unternehmer auf die Abgabefrist an, die für steuerlich nicht beratene Unternehmer gilt: Bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2017 war dies der 31.5. des Folgejahres; seit dem Veranlagungszeitraum 2018 gilt – vorbehaltlich coronabedingter Fristverlängerungen – grundsätzlich der 31.7. des Folgejahres.

Streitfall: Der Kläger war Einzelunternehmer und hatte seine Büroräume bislang immer im eigenen Haus unterhalten. Im Jahr 2014 plante er den Bau eines Einfamilienhauses. In den Bauplänen war ein ca. 17 qm großer Raum im Erdgeschoss als „Arbeiten“ bezeichnet. In seinen monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen machte der Kläger keine Vorsteuer aus den Herstellungskosten des Einfamilienhauses geltend. Erst in seiner im September 2016 abgegebenen Umsatzsteuer-Jahreserklärung für 2014 zog er die auf den 17 qm großen Raum entfallende Vorsteuer ab. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil der Kläger die Zuordnung zum Unternehmen nicht bis zum 31.5.2015 vorgenommen habe.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurückverwiesen, nachdem der BFH den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen hatte:

  • Es gibt keine Mitteilungsfrist, innerhalb derer der Unternehmer das Finanzamt über die erfolgte vollständige oder teilweise Zuordnung des gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen informieren muss.

  • Es gibt lediglich eine Dokumentationsfrist, innerhalb derer diejenigen Anhaltspunkte, die nach außen hin erkennbar sind und die für eine Zuordnung zum Unternehmen sprechen, zu dokumentieren sind. Wird diese Dokumentationsfrist, die im Streitjahr 2014 mit der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuererklärung bis zum 31.5.2015 identisch ist, eingehalten, können die Anhaltspunkte dem Finanzamt auch nach Ablauf der Frist mitgeteilt werden.

  • Im Streitfall könnte ein solcher Anhaltspunkt die Bezeichnung des Raums als „Arbeiten“ in den Bauplänen sein. Immerhin benötigte der Kläger ein Büro, und er hatte bereits vor 2014 kein externes Büro genutzt, sondern sein Büro in den Privaträumen untergebracht. Für eine Zuordnung zum Unternehmen könnte ferner sprechen, dass der Kläger den neuen Raum sogar schon bis zum Ablauf der Dokumentationsfrist (31.5.2015) für sein Unternehmen genutzt hat.

  • Für die Zuordnung ist es nicht entscheidend, dass der Kläger den Vorsteuerabzug nicht in seinen Umsatzsteuervoranmeldungen geltend gemacht hat.

Hinweise: Der BFH hat die Sache nun an das FG zurückverwiesen, damit dieses prüft, ob die genannten Anhaltspunkte oder andere Anhaltspunkte für eine umsatzsteuerliche Zuordnung zum Unternehmen bis zum 31.5.2015 vorgelegen haben und dokumentiert worden sind.

Der BFH hatte den EuGH zur Klärung der Frage angerufen, ob die bisher angenommene Zuordnungsfrist bis zum 31.5. des Folgejahres (für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 2017) mit dem Europarecht vereinbar ist. Der EuGH hat dies im Grundsatz bejaht. Dennoch weicht der BFH die Zuordnungsfrist nun auf und macht aus ihr eine bloße Dokumentationsfrist. Für Unternehmer dürfte dies eine Entlastung darstellen, da sie nicht mehr gezwungen sind, dem Finanzamt bis zum Abgabetermin für die Umsatzsteuererklärung (für steuerlich nicht beratene Steuerpflichtige) die erfolgte Zuordnung mitzuteilen.

Quelle: BFH, Urteil v. 4.5.2022 - XI R 28/21 (XI R 3/19); NWB

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