Verlust aus Kapitalvermögen bei insolvenzbedingtem Untergang von Aktien

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Thema: Steuern

vom: 29.03.2021



Verliert der Steuerpflichtige seine Aktien infolge der insolvenzbedingten Löschung der AG, ist der Verlust steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen absetzbar. Dies gilt auch bei einer Ausbuchung der wertlos gewordenen Aktien aus seinem Depot. Der steuerliche Verlust entsteht jedoch nicht bereits dann, wenn der Steuerpflichtige mit einer Auskehrung von Vermögen objektiv nicht mehr rechnen kann oder wenn die Notierung der Aktien an der Börse eingestellt wird bzw. wenn die Börsenzulassung der AG widerrufen wird.

Hintergrund: Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Aktiengewinne und Aktienverluste. Der Gesetzgeber setzt grundsätzlich die Veräußerung der Aktien voraus.

Streitfall: Der Kläger erwarb 2009 10.000 Aktien der N-AG zum Preis von 0,94 € pro Aktie (Gesamtpreis 9.400 €). Im Jahr 2012 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der N-AG eröffnet. Am 31.12.2013 wurden die Aktien mit einem Wert von 0,029 € pro Aktie im Depot des Klägers ausgewiesen; die AG war also noch nicht im Handelsregister gelöscht. Der Kläger machte in einer Einkommensteuererklärung 2013 einen Verlust aus Kapitalvermögen in Höhe von 9.400 € geltend, den das Finanzamt nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

Ein steuerlicher Verlust eines Aktionärs setzt einen Realisationstatbestand voraus, also insbesondere eine Veräußerung der Aktien. Der Kläger hat die Aktien jedoch nicht veräußert.

  • Eine Veräußerung setzt eine Übertragung der Aktien auf einen Dritten gegen Entgelt oder zumindest gegen einen symbolischen Kaufpreis voraus; bei Wertlosigkeit der Aktien kann die Übertragung sogar ohne Kaufpreis erfolgen.

  • Zwar wird neben der Veräußerung auch die Einlösung als Realisationstatbestand angesehen; eine Einlösung, d.h. Erfüllung, gibt es aber nur bei sonstigen Kapitalforderungen wie z.B. Darlehensforderungen, nicht aber bei Aktien.

Im Wege der Analogie ist allerdings auch der insolvenzbedingte Untergang von Aktien als Realisationstatbestand anzusehen, so dass ein entsprechender Verlust steuerlich zu berücksichtigen ist. Das Gesetz enthält nämlich eine sog. planwidrige Regelungslücke. Beim insolvenzbedingten Untergang wird die Leistungsfähigkeit des Aktionärs genauso gemindert wie bei einem Verkauf der wertgeminderten Aktien. Der BFH widerspricht insoweit der Auffassung der Finanzverwaltung.

Diese Wertminderung tritt jedoch erst dann ein, wenn die AG insolvenzbedingt beendet und im Handelsregister gelöscht wird. Denn dann erlischt auch das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs.

Gleiches gilt, wenn die Aktien infolge der Insolvenz aus dem Depot des Aktionärs ausgebucht werden; denn der Aktionär verliert damit die Verfügungsmacht über die Aktien.

Im Streitfall ist die N-AG im Jahr 2013 noch nicht gelöscht worden, und die Aktien des Klägers sind auch nicht ausgebucht worden. Es kam lediglich zu einem Wertverlust, der endgültig erst in einem Folgejahr – bei Löschung der N-AG oder bei Ausbuchung der Aktien – eingetreten ist.

Auch eine etwaige Einstellung der Börsennotierung der N-AG oder ein Widerruf der Börsenzulassung der N-AG wären für die Berücksichtigung eines steuerlichen Verlustes nicht ausreichend, weil in beiden Fällen das Mitgliedschaftsrecht des Aktionärs bestehen bliebe.

Hinweise: Dem BFH genügt es nicht, dass im Jahr 2013 festgestanden hat, dass der Kläger keinen Anteil am Vermögen der N-AG mehr erhalten wird. Damit unterscheiden sich Wertverluste aus Aktiengeschäften von Darlehensausfällen. Der Verlust einer Darlehensforderung tritt nämlich dann ein, wenn endgültig feststeht, dass der Gläubiger mit seiner Forderung ausfällt; die Forderung muss also nicht zivilrechtlich erlöschen. Bei einem Aktionär genügt der Ausfall jedoch nicht für die Entstehung des steuerlichen Verlustes, weil entweder die AG gelöscht werden muss oder die Aktien aus dem Depot ausgebucht werden müssen.

Der Gesetzgeber hat ab dem Veranlagungszeitraum 2020 die steuerliche Berücksichtigung von Aktienverlusten und Darlehensausfällen eingeschränkt: Der Verlust aus einer Ausbuchung wertlos gewordener Aktien oder aus der Übertragung wertlos gewordener Aktien kann jährlich nur noch in Höhe von 20.000 € mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden. Dies gilt auch für Darlehensverluste und Verluste aus der Übertragung wertloser Darlehensforderungen.

BFH, Urteil vom 17.11.2020 - VIII R 20/18; NWB

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