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Vermögensabschöpfung - Vertreterklausel

§ 73 Abs. 3 StGB

Für Steuerhinterziehung wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe unter anderem derjenige bestraft,

  • der den Finanzbehörden oder anderen Behörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) oder

  • die Finanzbehörden pflichtwidrig über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO

und dadurch Steuern verkürzt oder für sich oder einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt. Daraus geht hervor, dass der Täter einer Steuerstraftat die Steuerverkürzung nicht allein für sich, sondern auch zum Vorteil eines anderen erwirken kann. In der Praxis der Steuerstrafverfahren ist dies immer dann der Fall, wenn ein Anderer als der Steuerpflichtige unrichtige Angaben in der Steuererklärung des Steuerpflichtigen macht, welche sodann dem Steuerpflichtigen in Form einer höheren Steuererstattung zugute kommen. Beispielhaft kann dies ein Bekannter sein, der die Steuererklärung für den Steuerpflichtigen erstellt. Dies kann aber auch der die Steuererklärung erstellende Steuerberater sein, aber auch der Geschäftsführer einer GmbH, welcher für die steuerlichen Angelegenheiten der Gesellschaft verantwortlich ist.

In diesen Fällen würde eine Anwendung der Vorschriften über den Verfall bzw. den Verfall von Wertersatz gem. §§ 73 Abs. 1, 73a StGB im Rahmen der Vermögensabschöpfung nicht in Betracht kommen, da der Täter oder Teilnehmer der Steuerstraftat nichts aus ihr erlangt. Die Steuerstraftat wurde durch den Täter für den Steuerpflichtigen begangen. Dabei ist es unerheblich, ob der Täter vom Steuerpflichtigen bei Eintritt des Erfolges oder auch zu einem späteren Zeitpunkt materiell etwas für seine Tat zugewendet bekommt.

Nach dem Grundgedanken der auch in Steuerstrafverfahren anzuwendenden Vermögensabschöpfung im Rahmen der sog. Rückgewinnungshilfe soll das Vermögen des der Steuerstraftat Beschuldigten auch für die durch die Steuerstraftat verursachten Schäden zur Schadenswiedergutmachung genutzt werden. Und zwar soll dieser Zugriff auf das Tätervermögen so früh wie möglich erfolgen. Dies hat neben der Bestrafung des Täters zum Ziel, diesem auch die (späteren) wirtschaftlichen Vorteile aus der Straftat zu entziehen.

Aus diesem Grunde sieht in den Fallgestaltungen, wo der Täter oder Teilnehmer für einen Anderen handelt und dadurch dieser Andere etwas erlangt, vor, dass sich die Anordnung des Verfalls nach den Absätzen 1 und 2 des § 73 StGB gegen ihn richten. Hierbei ist zu beachten, dass dies auch für den Verfall von Wertersatz gilt.

Es bestehen folgende Möglichkeiten für einen anderen im Sinne des § 73 Abs. 3 StGB zu handeln:

  • Handeln für natürliche Personen,

  • Handeln für juristische Personen,

  • Handeln für Personengesellschaften (GbR, OHG, KG), dabei muss sich jedoch das aus der Tat Erlangte im Gesamthandsvermögen befinden (§§ 736, 859 ZPO, §§ 124 Abs. 2, 162 Abs. 2 HGB).

Aus diesem Grunde wird die Vorschrift des § 73 Abs. 3 StGB auch Vertreterklausel genannt.

Als weitere Tatbestandsvoraussetzung des § 73 Abs. 3 StGB zur Anwendung der Vorschriften des StGB über die Vermögensabschöpfung im Rahmen der sogenannten Rückgewinnungshilfe in Steuerstrafverfahren muss der Andere etwas erlangen. In Steuerstrafverfahren erlangt der Andere immer dann etwas aus der vom Täter begangenen Steuerstraftat, wenn der Steuervorteil (z.B. Steuerverkürzung, höhrere Steuererstattung, erhöhter Betriebsausgabenabzug usw.) nicht beim Täter vorhanden ist. Laut BGH Beschluss vom 19.10.1999 - 5 StR 336/99 ist der Steuervorteil in folgenden Fällen nicht beim Täter vorhanden:

  1. Der Täter handelt faktisch im Interesse eines Dritten, jedoch ohne dessen Wissen. Häufigste Anwendungsbeispiele finden sich in der Praxis, wenn der Geschäftsführer einer GmbH für die Gesellschaft oder der Steuerberater für seinen Mandanten ohne dessen Wissen handelt. In diesem sogenannten Vertretungsfall ist eine Vermögensabschöpfung beim Dritten durchführbar.

  2. Der Täter überträgt illegal erlangtes Vermögen

    • unentgeltlich im Rahmen einer Schenkung auf Dritte oder

    • entgeltlich auf Dritte und dieser kennt die Herkunft aus der Steuerstraftat.

    In diesen sogenannten Verschiebungsfällen ist eine Vermögensabschöpfung beim Dritten ebenfalls durchführbar.

  3. Der Täter überträgt illegal erlangtes Vermögen auf Dritte zur Begleichung einer unbelasteten Forderung. In diesem sogenannten Erfüllungsfall ist eine Vermögensabschöpfung beim Dritten jedoch nicht durchführbar.

Hinweis:

Die Vertreterklausel des § 73 Abs. 3 StGB wird in Steuerstrafverfahren regelmäßig dann zur Anwendung kommen, wenn der Verdacht einer Körperschaftsteuerhinterziehung vorliegt, insbesondere wenn Steuersubjekt eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. In diesen Fällen ist der Täter regelmäßig eine Person aus dem Kreis der gesetzlichen Vertreter, Vermögensverwalter oder Verfügungsberechtigten der §§ 34, 35 AO.

Gegen das an der Tat nicht beteiligte Steuersubjekt richten sich bei Anwendung der Vertreterklausel des § 73 Abs. 3 StGB somit auch die Maßnahmen im Rahmen der Vermögensabschöpfung:

Allein das Steuersubjekt erlangt aus der Hinterziehungshandlung des Täters - unmittelbar - etwas.

Hinweis:

Ist das Steuersubjekt eine eine natürliche Person, darf diese zur Anwendung der Vertreterklausel nicht gleichzeitig Täter oder auch Mittäter sein. Sollte das der Fall sein, kommt bereits eine Vermögensabschöpfung nach § 73 Abs. 1 S. 1 oder S. 2 StGB bzw. § 73a StGB in Betracht.

Praxistipp:

Das Rechtsmittel eines tatunbeteiligten Dritten, dessen Sachen zur Sicherung des Verfalls von Wertersatz durch Vollziehung eines im Steuerstrafverfahren erlassenen Arrestes gepfändet worden sind, ist die Drittwiderspruchsklage gemäß § 771 ZPO. Eine Anrufung des Strafgerichts nach § 98 Abs. 2 StPO ist nicht möglich (OLG Hamburg - Beschluss vom 12.12.2002 - 1 W 63/02; BGH - Beschluss vom 16.10.2003 - IX ZR 55/02)

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