Besteuerung von Versicherungsleistungen
Wie werden Erträge aus Versicherungen versteuert?
Inhaltsverzeichnis:
Besteuerung von Versicherungserträgen
Erträge aus Lebens- und Rentenversicherungen werden in Deutschland in der Regel als Einkünfte aus Kapitalvermögen besteuert (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG). Wie hoch die Steuerlast ist, hängt insbesondere ab von:
- der Art der Versicherung,
- dem Datum des Vertragsabschlusses,
- der Laufzeit und der Art der Auszahlung (Kapital oder Rente).
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1. Allgemeine Besteuerungsgrundsätze bei Lebensversicherungen
Bei kapitalbildenden Lebensversicherungen (z. B. Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht) ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag steuerpflichtig:
- Versicherungsleistung (Auszahlung)
- minus Summe der von Ihnen gezahlten Beiträge
Dieser Unterschiedsbetrag stellt den steuerpflichtigen Ertrag dar.
Beispiel:
Ein Versicherungsnehmer schließt eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht ab. Er zahlt in den ersten 10 Jahren des Vertragslaufs insgesamt 10.000 Euro an Beiträgen ein. Nach 10 Jahren beträgt der Rückkaufswert der Versicherung 15.000 Euro.
Der steuerpflichtige Ertrag beträgt daher 5.000 Euro (15.000 Euro - 10.000 Euro).
Die Besteuerung von Versicherungserträgen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG kann durch eine Reihe von Faktoren beeinflusst werden. Dazu gehören insbesondere:
- Der Alter des Versicherungsnehmers zum Zeitpunkt der Auszahlung der Versicherungsleistung;
- Die Art des Versicherungsvertrages;
- Die Höhe der eingezahlten Beiträge;
- Die Höhe des Rückkaufswerts der Versicherung.
Bei Fragen zur Besteuerung von Versicherungserträgen im Sinne des § 20 Absatz 1 Nummer 6 EStG sollte daher ein Steuerberater konsultiert werden.
Hälftige Besteuerung (50 %-Regel)
Unter bestimmten Voraussetzungen ist nur die Hälfte des Ertrags zu versteuern:
- Auszahlung nach mindestens 12 Jahren Vertragslaufzeit und
- Auszahlung nach Vollendung des 60. Lebensjahres (bei Verträgen ab 2012: 62. Lebensjahr).
Wird diese Begünstigung angewendet, unterliegt nur 50 % des Unterschiedsbetrags Ihrem persönlichen Steuersatz.
Altverträge vor dem 1.1.2005
Für Verträge, die vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, gelten häufig besonders günstige Steuerregeln. Je nach Vertragsgestaltung können die Erträge unter bestimmten Voraussetzungen teilweise oder vollständig steuerfrei bleiben.
2. Fondsgebundene Lebensversicherungen
Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen hängt die Leistung von der Entwicklung der zugrunde liegenden Investmentfonds ab.
Für bestimmte fondsgebundene Policen gilt:
- 15 % des Unterschiedsbetrags können steuerfrei bleiben,
- wenn die Erträge aus Investmentfonds stammen und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.
Die Regelung soll die bereits im Fondsbereich erfolgte Vorbelastung mit Steuern berücksichtigen.
3. Vermögensverwaltende Versicherungsverträge
Bei sogenannten vermögensverwaltenden Lebensversicherungen werden die Kapitalerträge (z. B. Zinsen, Dividenden, Veräußerungsgewinne) regelmäßig so behandelt, als hätten Sie diese direkt erzielt.
Folge: Die Erträge werden transparent Ihnen zugerechnet und nach den allgemeinen Regeln für Kapitaleinkünfte besteuert. Der Versicherungsmantel bietet hier regelmäßig keinen oder nur einen geringen Steuervorteil.
4. Veräußerung von Versicherungsansprüchen
Nicht nur die Auszahlung, sondern auch der Verkauf von Ansprüchen aus einer Lebensversicherung kann steuerpflichtig sein.
- Bei Verträgen, die nach dem 31.12.2004 abgeschlossen wurden, sind Gewinne aus der Veräußerung regelmäßig steuerpflichtig.
- Bei älteren Verträgen kommt es auf die konkrete Vertragsgestaltung und die jeweiligen Übergangsregelungen an.
5. Steuerabzug und Veranlagung
Versicherungsunternehmen sind in der Regel verpflichtet, auf den vollen steuerpflichtigen Ertrag Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer) einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen.
In der Einkommensteuererklärung können Sie:
- die hälftige Besteuerung (50 %-Regel) geltend machen, wenn die Voraussetzungen vorliegen,
- eine Günstigerprüfung beantragen, wenn Ihr persönlicher Steuersatz unter 25 % liegt.
6. Sonderregelungen
- Unfallversicherungen mit Beitragsrückgewähr: Erträge, die nicht auf das Unfallrisiko, sondern auf den Sparanteil entfallen, sind grundsätzlich steuerpflichtig.
- Schädliche Verwendung (z. B. Beleihung oder bestimmte Vertragsänderungen): kann dazu führen, dass ursprünglich begünstigte oder steuerfreie Verträge nachträglich steuerpflichtig werden.
Zusammenfassung
Die Besteuerung von Versicherungserträgen ist komplex und hängt vor allem ab von:
- Art der Versicherung (klassisch, fondsgebunden, vermögensverwaltend),
- Vertragsabschlussdatum (Altvertrag vs. Neuvertrag),
- Art der Auszahlung (Einmalbetrag oder laufende Rente),
- und eventuellen Vertragsänderungen.
Altverträge können oft steuerliche Vorteile bieten, während bei neueren Verträgen strengere Regeln gelten, dafür aber teilweise besondere Begünstigungen (z. B. 50 %-Regel oder 15 %-Freibetrag bei Fondsanteilen).
Da es im Detail schnell kompliziert wird, empfiehlt sich vor Kündigung, Verkauf oder Auszahlung Ihrer Lebens- oder Rentenversicherung eine individuelle steuerliche Beratung, um unnötige Steuern zu vermeiden und Gestaltungsmöglichkeiten optimal zu nutzen.
HinweisDas BMF hat ein BMF-Schreiben zur Besteuerung von Versicherungserträgen veröffentlicht. Die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Rückkaufswert der Versicherung und den eingezahlten Beiträgen. Bislang wurde für die Besteuerung von Versicherungserträgen, die nach Vollendung des 60. Lebensjahres des Steuerpflichtigen und nach Ablauf von 12 Jahren seit dem Vertragsabschluss ausgezahlt werden, nur die Hälfte des Unterschiedsbetrags als steuerpflichtiger Ertrag herangezogen. Mit dem neuen Schreiben wird dieser Verweis auf den halben Unterschiedsbetrag gestrichen. Ab dem 1. Januar 2018 ist daher der volle Unterschiedsbetrag als steuerpflichtiger Ertrag zu berücksichtigen.
Versicherung & Umsatzsteuer – kurz und verständlich
Versicherungsleistungen sind in Deutschland grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Grundlage hierfür ist § 4 Nr. 10 Buchstabe a UStG. Das bedeutet: Für die Auszahlung einer Versicherungsleistung fällt in der Regel keine Umsatzsteuer an.
Welche Versicherungsleistungen sind steuerfrei?
- Lebensversicherungen – z. B. Auszahlung bei Laufzeitende, Invalidität oder Tod,
- Krankenversicherungen – Kostenerstattung für Behandlungen, Medikamente, Klinikaufenthalte,
- Unfallversicherungen – Zahlungen bei Unfällen, Invalidität, Heilbehandlungskosten,
- Haftpflichtversicherungen – Erstattung von Schadenersatz,
- Schadenversicherungen – etwa bei Feuer, Einbruch oder Kfz-Schäden.
Versicherungen dienen der Risikotragung. Weil sie kein Entgelt für eine Gegenleistung darstellen, sondern einen Schaden oder Versicherungsfall ausgleichen, sind sie nicht umsatzsteuerpflichtig.
Wann gilt die Steuerbefreiung nicht?
Nicht alle Leistungen im Versicherungsbereich sind automatisch steuerfrei. Umsatzsteuer kann anfallen, wenn es nicht um die eigentliche Versicherungsleistung geht.
- Versicherungsvermittlung (z. B. Maklerprovisionen),
- Verwaltungs- oder Bearbeitungsgebühren ohne direkten Bezug zum Versicherungsfall,
- Übertragung oder Verkauf von Policen („Zweitmarkt für Lebensversicherungen“),
- Dienstleistungen rund um Versicherungsverträge, die nicht der Risikotragung dienen.
Wichtig: Der Versicherungsfall selbst bleibt steuerfrei – nur zusätzliche Dienstleistungen können steuerpflichtig sein.
Wer zahlt Umsatzsteuer, wenn sie doch anfällt?
Sollte ausnahmsweise Umsatzsteuer anfallen (z. B. bei Vermittlungs- oder Verwaltungsleistungen), ist in der Regel nicht der Versicherer, sondern der Leistungserbringer verpflichtet, diese abzuführen.
Praxistipp
Für klassische Versicherungsleistungen – Auszahlung im Todesfall, Rentenbeginn, Schadensregulierung – müssen Sie keine Umsatzsteuer einplanen.
Bei Dienstleistungen rund um Versicherungsverträge (Makler, Policenverkauf, Beratung etc.) kann jedoch eine Umsatzsteuerpflicht bestehen. Hier lohnt sich im Zweifel eine steuerliche Prüfung.
Ergebnis
Versicherungsleistungen bleiben grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Nur Zusatzleistungen ohne direkte Risikotragung können der Umsatzsteuer unterliegen. Im Zweifel empfiehlt sich eine kurze steuerliche Rücksprache – insbesondere bei komplexen Vertragsgestaltungen oder Übertragungen.
Top Besteuerung von Versicherungsleistungen
Lebensversicherung & Erbschaftsteuer – verständlich erklärt
Lebensversicherungen können im Erbfall zu steuerlichen Folgen führen – insbesondere dann, wenn eine Auszahlung nicht an den Versicherungsnehmer selbst, sondern an einen bezugsberechtigten Dritten erfolgt. In diesen Fällen kann Erbschaft- oder Schenkungsteuer anfallen.
1. Wann fällt Erbschaftsteuer an?
Wird die Versicherungssumme nach dem Tod des Versicherten an eine andere Person (z. B. Ehepartner, Kind, Lebensgefährte) ausgezahlt, unterliegt diese Auszahlung in der Regel der Erbschaftsteuer. Dies gilt unabhängig davon, ob die Leistung bereits zu Lebzeiten oder erst im Todesfall vereinbart wurde.
2. Versicherungen auf verbundene Leben (z. B. Ehegattenvertrag)
Bei Verträgen mit mehreren Versicherungsnehmern (z. B. beide Ehegatten gemeinsam) wird die Versicherung steuerlich als gemeinsames Vermögen betrachtet. Die Auszahlung ist dann nur insoweit steuerpflichtig, wie sie auf den Anteil des einzelnen Versicherungsnehmers entfällt.
Richtschnur: In der Praxis wird meist von einer 50:50-Aufteilung ausgegangen, wenn nichts anderes vereinbart wurde.
Beispiel
Auszahlung an überlebenden Ehegatten: 100.000 €
→ steuerpflichtig sind in der Regel nur 50.000 € (hälftiger Anteil).
3. Bezugsrecht: Wer erhält die Auszahlung – und ist das steuerfrei?
Bei Lebensversicherungen kann der Versicherungsnehmer eine Person benennen, die im Leistungsfall das Geld erhält (Bezugsberechtigter).
Grundsatz: Die Auszahlung an den Bezugsberechtigten gilt als Erwerb von Todes wegen und ist damit grundsätzlich erbschaftsteuerpflichtig.
Wann kann die Zahlung steuerfrei sein?
Steuerfreiheit kann bestehen, wenn der Begünstigte die Beiträge selbst gezahlt hat und damit wirtschaftlich wie der Versicherungsnehmer zu behandeln ist.
Das gilt insbesondere, wenn:
- der Begünstigte von Anfang an unwiderruflich als Bezugsberechtigter eingesetzt war,
- er sämtliche Beiträge selbst getragen hat,
- und die Versicherungsleistung ausschließlich ihm zustehen sollte.
In diesen Fällen wird die Auszahlung nicht als Schenkung oder Erbschaft gewertet, sondern als eigener Anspruch des Begünstigten – damit kann Erbschaftsteuer entfallen.
4. Unwiderrufliches Bezugsrecht
Wird das Bezugsrecht unwiderruflich eingeräumt, zählt nicht die Bezugsrechtseinräumung, sondern erst die spätere Auszahlung als steuerlicher Vorgang.
→ BFH, Urteil vom 30.06.1999, II R 70/97
5. Verträge zugunsten Dritter
Hierbei erhält der Begünstigte die Versicherungssumme direkt aus dem Versicherungsvertrag. Steuerlich wird geprüft, ob im Verhältnis zwischen Versicherten und Begünstigtem eine freigebige Zuwendung (Schenkung) vorliegt.
Praxis-Tipps
- Bezugsrecht klar und möglichst unwiderruflich regeln – idealerweise in einer notariellen Verfügung.
- Wenn der Begünstigte die Beiträge selbst zahlt, kann das Verfahren steuerlich günstiger sein.
- Nach dem Todesfall sollten Unterlagen (Police, Sterbeurkunde, Auszahlungsantrag) frühzeitig bei der Versicherung eingereicht werden.
6. Meldepflicht an das Finanzamt
Wird die Versicherungssumme nicht an alle Mitversicherungsnehmer gemeinsam ausgezahlt, muss das Versicherungsunternehmen den Vorgang nach § 33 Abs. 3 ErbStG anzeigen.
Ergebnis
Lebensversicherungen im Erbfall können steuerlich begünstigt sein – müssen es aber nicht. Ob Erbschaft- oder Schenkungsteuer anfällt, hängt ab von:
- Art des Bezugsrechts,
- Prämienzahlung (durch wen?),
- Vertragsgestaltung (ein- oder mehrere Versicherungsnehmer),
- und der Frage, ob der Begünstigte wirtschaftlich als Versicherungsnehmer anzusehen ist.
Eine sorgfältige steuerliche Prüfung lohnt sich, da durch richtige Gestaltung oft erhebliche Vorteile erreicht werden können – insbesondere innerhalb der Familie oder bei Lebensgefährten ohne Freibeträge.
Top Besteuerung von Versicherungsleistungen
Rechtsgrundlagen zum Thema: Lebensversicherung
EStGEStG § 3
EStG § 4b Direktversicherung
EStG § 20
EStG § 36a Beschränkung der Anrechenbarkeit der Kapitalertragsteuer
EStR
EStR R 4b. Direktversicherung
EStR R 4d. Zuwendungen an Unterstützungskassen
KStG 21
UStAE
UStAE 4.10.2. Verschaffung von Versicherungsschutz
UStAE 4.10.2. Verschaffung von Versicherungsschutz
GewStR
GewStR R 8.1 Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen
UStR
UStR 74. Verschaffung von Versicherungsschutz
KStR 5.4 6
KStDV 4
AEAO
AEAO Zu § 180 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen:
HGB
§ 341a HGB Anzuwendende Vorschriften
§ 341b HGB Bewertung von Vermögensgegenständen
§ 341d HGB Anlagestock der fondsgebundenen Lebensversicherung
§ 341f HGB Deckungsrückstellung
ErbStR 3.6 3.7 5.1
LStR
R 3.62 LStR Zukunftssicherungsleistungen
R 3.65 LStR Insolvenzsicherung
R 40b.1 LStR Pauschalierung der Lohnsteuer bei Beiträgen zu Direktversicherungen und Zuwendungen an Pensionskassen für Versorgungszusagen, die vor dem 1.1.2005 erteilt wurden
EStH 4.2.1 4.2.2 4.3.2.4 4.7 6a.23 10.5 10.6 15.7.1 18.2 20.2 21.2 22.8 33.1.33.4
GewStH 8.1.1 9.2.4
KStH 8.7
LStH 3.62 19.1 40b.1
ErbStH E.3.5 E.33
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