Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG
Gewerbesteueranrechnung: Wie Sie die gezahlte Gewerbesteuer auf Ihre Einkommensteuer anrechnen lassen können.
Steuerermäßigung bei gewerblichen Einkünften nach § 35 EStG
Inhaltsverzeichnis
- Rechner zur Gewerbesteueranrechnung
- Wer kann die Gewerbesteueranrechnung nutzen?
- Welche Steuer wird gemindert?
- Wie weit kann Gewerbesteuer angerechnet werden?
- Welche Einkünfte sind begünstigt?
- So wird der Ermäßigungshöchstbetrag berechnet
- Besonderheiten bei Personengesellschaften (Mitunternehmerschaften)
- Ab wann gelten die Regelungen?
- Weitere Infos + Aktuelles
Die Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG sorgt dafür, dass die Gewerbesteuer bei Einzelunternehmern und Personengesellschaften nicht doppelt belastet: Einmal durch die Gewerbesteuer selbst und ein zweites Mal durch die Einkommensteuer.
Seit 2020 beträgt die Steuerermäßigung das 4-fache des Gewerbesteuermessbetrags (bis 2019: 3,8-fach). Die Anrechnung ist jedoch immer auf die tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer begrenzt.
Wichtig: Ein Übertrag in andere Jahre ist nicht möglich. Nicht genutzte Anrechnungsbeträge verfallen, wenn sie im jeweiligen Jahr nicht voll ausgeschöpft werden.
Rechner: Effektive Gewerbesteuer nach Anrechnung
Mit diesem Gewerbesteueranrechnungs-Rechner können Sie bequem ermitteln, wie hoch Ihre effektive Gewerbesteuerbelastung nach Anrechnung auf die Einkommensteuer ist.
Gewerbesteueranrechnung & Rechner
Tipp: Berechnen Sie die Gewerbesteuer zunächst mit unserem Gewerbesteuerrechner und prüfen Sie anschließend hier die Anrechnung nach § 35 EStG.
Beispiele: Wann wird die Gewerbesteuer zur Mehrbelastung?
Die vollständige Anrechnung der Gewerbesteuer gelingt nur bis zu einem Hebesatz von 400 %. Bei höheren Hebesätzen bleibt ein Teil der Gewerbesteuer als zusätzliche Steuerbelastung übrig.
Beispiel 1 – Gewerbesteuer-Hebesatz 490 %
| Gewerbeertrag | 60.000 € |
| – Freibetrag | –24.500 € |
| Gewerbeertrag nach Freibetrag | 35.500 € |
| Steuermesszahl | 3,5 % |
| Gewerbesteuermessbetrag | 1.243 € |
| Gewerbesteuer (Hebesatz 490 %) | 6.088 € |
| Anrechnung Einkommensteuer (4-facher Messbetrag) | –4.972 € |
= nicht ausgleichbare Steuerbelastung |
1.116 € |
Beispiel 2 – Gewerbesteuer-Hebesatz 520 %
| Gewerbeertrag | 60.000 € |
| – Freibetrag | –24.500 € |
| Gewerbeertrag nach Freibetrag | 35.500 € |
| Steuermesszahl | 3,5 % |
| Gewerbesteuermessbetrag | 1.243 € |
| Gewerbesteuer (Hebesatz 520 %) | 6.464 € |
| Anrechnung Einkommensteuer (4-facher Messbetrag) | –4.972 € |
= nicht ausgleichbare Steuerbelastung |
1.492 € |
Hinweis: Hat Ihr Gewerbebetrieb Betriebsstätten in mehreren Gemeinden, muss der Gewerbesteuermessbetrag auf die Gemeinden aufgeteilt werden (sog. Zerlegung). Mehr dazu unter Gewerbesteuermessbetrag-Zerlegung .
Die Einkommensteuer ermäßigt sich bei den im zu versteuernden Einkommen enthaltenen gewerblichen Einkünften um das 4-fache des festgesetzten Gewerbesteuermessbetrags, höchstens jedoch um die tarifliche Einkommensteuer, die auf diese gewerblichen Einkünfte entfällt.
Faustformel für die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags:
Ermäßigungshöchstbetrag = (Summe der positiven gewerblichen Einkünfte / Summe aller positiven Einkünfte) × geminderte tarifliche Einkommensteuer
Bei zusammenveranlagten Ehegatten werden die Anrechnungsbeträge grundsätzlich zusammengefasst. Voraussetzung ist, dass beide Ehegatten positive gewerbliche Einkünfte haben. Erzielt ein Ehegatte negative oder 0 € gewerbliche Einkünfte, bleiben seine Gewerbesteuermessbeträge bei der Anrechnung unberücksichtigt.
1. Wer kann die Gewerbesteueranrechnung nutzen?
Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist für natürliche Personen gedacht, die gewerbliche Einkünfte erzielen, insbesondere:
- Einzelunternehmer mit Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG)
- Mitunternehmer einer Personengesellschaft (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG)
- Persönlich haftende Gesellschafter einer KGaA mit gewerblichen Gewinnanteilen
Für Kapitalgesellschaften (z. B. GmbH, AG) gibt es keine Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG, da hier Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer nebeneinander stehen.
2. Welche Steuer wird gemindert?
Die Gewerbesteueranrechnung wirkt sich auf Ihre tarifliche Einkommensteuer aus. Ausgangspunkt ist die festgesetzte Einkommensteuer, vermindert um bestimmte Anrechnungen, zum Beispiel ausländische Steuern.
Erst danach werden weitere Steuerermäßigungen (z. B. nach § 35a EStG für haushaltsnahe Dienstleistungen) berücksichtigt.
3. Wie weit kann Gewerbesteuer angerechnet werden?
Die Steuerermäßigung ist durch zwei Grenzen begrenzt:
- 1. Ermäßigungshöchstbetrag – nur der Teil der Einkommensteuer kann gemindert werden, der auf die gewerblichen Einkünfte entfällt.
- 2. Tatsächlich gezahlte Gewerbesteuer – die Anrechnung darf die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer nicht überschreiten.
Das Anrechnungsvolumen beträgt grundsätzlich das 4-fache des Gewerbesteuermessbetrags.
Haben Sie mehrere Betriebe, wird für jeden Betrieb zunächst getrennt das Anrechnungsvolumen ermittelt; anschließend werden die Beträge addiert.
Wichtig: Nicht genutztes Anrechnungsvolumen kann nicht in andere Jahre vor- oder zurückgetragen werden.
4. Welche Einkünfte sind begünstigt?
Begünstigt sind die gewerblichen Einkünfte, die tatsächlich der Gewerbesteuer unterliegen. Dazu gehören insbesondere:
- Laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind.
- Bestimmte Veräußerungsgewinne, die nach Gewerbesteuerrecht als laufender Gewinn gelten (z. B. teilweise bei Mitunternehmeranteilen).
Nicht zu den begünstigten Einkünften gehören zum Beispiel:
- Gewinne, die der Tonnagebesteuerung nach § 5a EStG unterliegen,
- bestimmte Veräußerungs- oder Aufgabegewinne, die nicht der Gewerbesteuer unterlegen haben.
5. So wird der Ermäßigungshöchstbetrag berechnet
Die Steuerermäßigung nach § 35 EStG ist höchstens so hoch wie der Anteil der Einkommensteuer, der auf die gewerblichen Einkünfte entfällt.
Die Berechnungsformel lautet:
Ermäßigungshöchstbetrag =
(Summe der positiven gewerblichen Einkünfte /
Summe aller positiven Einkünfte)
× geminderte tarifliche Einkommensteuer
Dabei gilt:
- Innerhalb einer Einkunftsart (z. B. alle gewerblichen Einkünfte) werden Gewinne und Verluste zuerst miteinander verrechnet (horizontaler Verlustausgleich).
- Ein negativer Gesamtbetrag einer Einkunftsart kann nicht mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten ausgeglichen werden (kein vertikaler Ausgleich für diese Berechnung).
Beispiel: Lediger Unternehmer
Der Steuerpflichtige A erzielt folgende Einkünfte:
| § 15 EStG, Betrieb 1 | –50.000 € |
| § 15 EStG, Betrieb 2 | 120.000 € |
| § 17 EStG | –30.000 € |
| § 18 EStG | –100.000 € |
| § 21 EStG, Grundstück 1 | –100.000 € |
| § 21 EStG, Grundstück 2 | 200.000 € |
| Summe der Einkünfte | 40.000 € |
Lösung (verkürzt):
Die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte beträgt 70.000 €
(aus den beiden Betrieben). Die Summe aller positiven Einkünfte,
die in die Formel einfließen, beträgt 140.000 €.
Ermäßigungshöchstbetrag = 70.000 / 140.000 × geminderte tarifliche Einkommensteuer.
Beispiel: Zusammenveranlagte Ehegatten
Ein Ehepaar erzielt folgende Einkünfte:
| Einkünfte | Ehemann | Ehefrau |
| § 15 EStG | 50.000 € | –25.000 € |
| § 19 EStG | 10.000 € | |
| § 21 EStG, Grundstück 1 | –30.000 € | |
| § 21 EStG, Grundstück 2 | 25.000 € | |
| § 21 EStG, Grundstück 3 | –10.000 € | |
| Summe der Einkünfte | 20.000 € |
Lösung (vereinfacht):
Für den Ermäßigungshöchstbetrag werden nur die positiven
gewerblichen Einkünfte des Ehemanns (50.000 €) ins Verhältnis
zu den gesamten positiven Einkünften gesetzt (hier 75.000 € aus
Gewerbe, Lohn und Vermietung der Ehefrau).
Ermäßigungshöchstbetrag = 50.000 / 75.000 × geminderte tarifliche Einkommensteuer.
6. Besonderheiten bei Mitunternehmerschaften
Bei Personengesellschaften (z. B. OHG, KG, GmbH & Co. KG) wird die Gewerbesteuer zunächst auf Ebene der Gesellschaft festgesetzt. Für die Anrechnung nach § 35 EStG ist dann entscheidend:
- Der Gewerbesteuermessbetrag wird nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter verteilt.
- Sondervergütungen (z. B. Geschäftsführergehalt des Gesellschafters) spielen für die Verteilung des Messbetrags keine Rolle.
Mehrstöckige Personengesellschaften
Bei sogenannten mehrstöckigen Personengesellschaften (z. B. eine KG ist an einer anderen KG beteiligt) werden:
- die gewerblichen Einkünfte der Untergesellschaft in der Obergesellschaft erfasst,
- die anteiligen Gewerbesteuermessbeträge der Untergesellschaft der Obergesellschaft zugerechnet und anschließend auf die Gesellschafter der Obergesellschaft verteilt.
Für Sie als Mitunternehmer zählt am Ende der anteilige Messbetrag, der Ihnen im Feststellungsbescheid zugeordnet wird.
7. Ab wann gelten die Regelungen?
Die Regelungen zur Gewerbesteueranrechnung nach § 35 EStG gelten bereits seit vielen Jahren und wurden mehrfach angepasst (insbesondere im Rahmen der Unternehmensteuerreform und des Corona-Konjunkturpakets 2020 mit der Erhöhung auf das 4-fache des Gewerbesteuermessbetrags).
Für Sie in der Praxis wichtig ist vor allem:
- Der aktuell gültige Anrechnungsfaktor (4-fach),
- der gültige Gewerbesteuerhebesatz Ihrer Gemeinde,
- die korrekte Ermittlung Ihrer gewerblichen Einkünfte.
Mein Steuerberater-Kollege Prof. Dr. Christoph Juhn erklärt die Gewerbesteueranrechnung auf die Einkommensteuer (Corona-Konjunkturpaket 2020).
Weitere hilfreiche Steuerrechner
Weitere Informationen zur Gewerbesteueranrechnung
Vertiefende Informationen im Steuerlexikon:
- Gewerbesteueranrechnung
- Gewerbesteueranrechnung – Mitunternehmer
- Gewerbesteueranrechnung – Thesaurierungsbegünstigung
Weitere Informationen zur Gewerbesteuer:
- Gewerbeertrag
- Gewerbeertrag – Kapitalgesellschaften
- Gewerbeertrag – Mitunternehmerschaften
- Gewerbesteuer
- Gewerbesteuer – Grundlagen und Berechnung
- Gewerbesteuererklärung
- Formulare Gewerbesteuererklärung
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