
Gewerbesteuer Zerlegung
Welche Gemeinde darf die Gewerbesteuer erheben bzw. welcher Anteil an dem festgestellten Gewerbesteuermessbetrag der einzelnen Gemeinde zuzuordnen ist.
Unterhält ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden muss der Steuermessbetrag auf die einzelnen Gemeinden verteilt werden (§§ 28 ff. GewStG). Eine Zerlegung ist auch erforderlich, wenn eine Betriebsstätte unterjährig in eine andere Gemeinde verlegt wird. Über die Zerlegung erteilt das zuständige Finanzamt einen Zerlegungsbescheid.
Gewerbesteuermessbetrag Zerlegung
§§ 28 ff. GewStG
R 28.1 ff. GewStR 2009
Inhaltsübersicht
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1.
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2.
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3.
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4.Verfahren
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4.1
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4.2
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4.3
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4.4
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1. Allgemeines
Unterhält ein Gewerbebetrieb mehrere Betriebsstätten und liegen diese
in zwei oder mehreren Gemeinden, stellt sich die Frage, welche Gemeinde
die Gewerbesteuer erheben darf bzw. welcher Anteil an dem für den
Gesamtbetrieb festgestellten Gewerbesteuermessbetrag der einzelnen
Gemeinde zuzuordnen ist. Das gleiche Problem stellt sich bei einer
einzigen Betriebstätte, die im Laufe des Erhebungszeitraums in eine
andere Gemeinde verlagert wird. Außerdem ist die Frage
der Aufteilung zu klären bei Betriebstätten, die sich über mehrere Gemeindegebiete erstrecken sowie in
Organschaftsfällen aufgrund der Betriebsstättenfiktion des § 2 Abs. 2
GewStG.
Eine Aufteilung der Gewerbesteuerschuld muss ausscheiden, da die
Gemeinden unterschiedliche Hebesätze anwenden können. Daher muss eine
Aufteilung des Gewerbesteuermessbetrages auf die einzelnen Gemeinden
erfolgen. Das Gesetz (§ 28 Abs. 1 GewStG) nennt diesen Vorgang
"Zerlegung".
2. Beteiligte Gemeinden
Jede Gemeinde, in der sich eine Betriebsstätte eines
Gewerbebetriebes i.S.d. § 12 AO befindet, hat Anspruch auf einen
Zerlegungsanteil.
Dieses Recht wird durch § 28 Abs. 2 GewStG beschränkt, wenn wenigstens
einer Gemeinde der Steuermessbetrag oder ein Teil davon zuzuordnen ist.
Ansonsten ist der Gewerbesteuermessbetrag dann doch auf alle
betroffenen Gemeinden zu zerlegen (§ 28 Abs. 2 Satz 2 GewStG).
Beispiel:
Mobilfunkunternehmen
Bei Mobilfunkunternehmen stellt sich die Frage, ob
bei der Zerlegung des Gewerbesteuer-Messbetrags eines
Mobilfunkunternehmens auch die Gemeinden zu beteiligen sind, auf
deren Gebiet sich lediglich die sog. Basis-Stationen befinden. Die
Basis-Stationen bestehen aus einer Antennenanlage, der
Energieversorgung, Funkschrank und Klimagerät. Sie werden
elektronisch überwacht.
Lösung:
Allein das Vorhandensein einer Basis-Station berechtigt nicht zu
einer Beteiligung der jeweiligen Gemeinde an der Zerlegung.
Basis-Stationen sind keine Betriebsstätten i.S. der §§ 28 Abs. 1
Satz 1 GewStG, 12 AO. Damit scheidet die Zerlegung nach § 30 GewStG
aus (s.OFD Hannover, 14.04.1999, G 1450 - 14 - StO 232/G 1450 - 46
- StH 241).
Nicht berücksichtigt werden bei der Zerlegung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 GewStG weiter:
-
Gemeinden, in denen Verkehrsunternehmen lediglich Gleisanlagen unterhalten (Nr. 1),
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Gemeinden, in denn sich lediglich Anlagen befinden, die der Weiterleitung fester, flüssiger oder gasförmiger Stoffe oder elektrischer Energie dienen (Nr. 2). Dies gilt nur, wenn und soweit in der betreffenden Gemeinde keine Abgabe dieser Stoffe erfolgt.
-
Gemeinden, in denen Bergbauunternehmen keine oberirdischen Anlagen für ihre gewerbliche Tätigkeit unterhalten (Nr. 3).
3. Zerlegungsmaßstab
Zerlegungsmaßstab ist das Verhältnis der in den einzelnen
Betriebsstätten gezahlten Arbeitslöhne zur Summe der an alle
beschäftigten Arbeitnehmer gezahlten Arbeitslöhne (§ 29 Abs. 1 GewStG).
Die im Erhebungszeitraum gezahlten Arbeitslöhne sind auf volle 1.000
EUR abzurunden (§ 29 Abs. 2 und 3 GewStG).
Zum Arbeitslohn für die Berechnung der Zerlegungsanteile zählen
grundsätzlich alle Vergütungen i. S. des § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG
einschließlich steuerfreier Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und
Nachtzuschläge. Gewinnabhängige einmalige Vergütungen und sonstige
Vergütungen, die 50.000 EUR übersteigen, sind nicht mit einzubeziehen
(s. § 31 Abs. 4 Satz 1 und 2 GewStG; s. auch R 31.1 Abs. 2 GewStR
2009). Gleiches gilt für Ausbildungsvergütungen (§ 31 Abs. 2 GewStG).
Die Tätigkeit von Einzelunternehmern bzw. Mitunternehmern soll aufgrund
der fehlenden Lohnzahlung nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Daher
sind für diese Personen jährlich 25.000 EUR zu berücksichtigen. Dieser
Unternehmerlohn ist bei der Betriebsstätte anzusetzen, in der der
Unternehmer geschäftsleitend tätig war. Hat er in mehreren
Betriebsstätten geschäftsleitend mitgearbeitet, ist der Betrag auf
diese Betriebsstätten nach dem Verhältnis der geschäftsleitenden
Mitarbeit zu verteilen.
Vergütungen, die an Personen gezahlt worden sind, die zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden, sind außer
Betracht zu lassen (§ 31 Abs. 2 GewStG).
Bei teilweise steuerbefreiten Unternehmen bleiben die Vergütungen an solche Unternehmer außer Ansatz, die nicht ausschließlich oder überwiegend im steuerpflichtigen Betrieb oder Teil des Betriebs tätig sind.
4. Verfahren
4.1 Steuererklärung
Zusätzlich zur Gewerbesteuererklärung (Vordruck GewSt 1 A) ist eine
"Erklärung für die Zerlegung" (Vordruck GewSt 1 D) beim Finanzamt
abzugeben.
Praxistipp:
Werden mehrere Betriebsstätten in einer Gemeinde unterhalten,
sind diese zusammenzufassen und im Formular "Erklärung für die
Zerlegung des Gewerbesteuer-Messbetrages" (Formular GewSt 1D)
zu machen. Das amtliche Formular erlaubt die Eintragung von bis
zu fünf hebeberechtigten Gemeinden. Bei einer größeren Zahl
sind die weiteren Angaben auf dem Vordruck "Ergänzungsblatt zur
Erklärung für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags"
(Formular GewSt 1 DE) zu machen.
Die Gemeinde der Geschäftsleitung ist als erste Gemeinde mit
der Nr. 00001 zu nennen. Wird der Ort der Geschäftsleitung im
Laufe des Erhebungszeitraums verlegt, ist maßgeblich, wo sich
am Ende des Erhebungszeitraums die Geschäftsleitung befindet.
4.2 Zerlegungsbescheid
Für die Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrages und die Zuteilung der Zerlegungsanteile an die einzelnen Gemeinden gelten die §§ 185 ff AO. Über die Zerlegung ist ein Zerlegungsbescheid vom Finanzamt zu erlassen, der bei einer Änderung des einheitlichen Messbetrags ebenfalls zu ändern ist.
4.3 Kleinbetragsregelung
§ 34 GewStG enthält eine besondere Kleinbetragsregelung für die Zuordnung von Gewerbesteuermessbeträgen bzw. Anteilen daran, die jeweils nicht den Betrag von 10 EUR übersteigen.
4.4 Rechtsbehelfe
Gegen einen Zerlegungsbescheid des Finanzamts und gegen einen Bescheid, durch den ein Antrag auf Zerlegung abgelehnt wird, können der Steuerpflichtige und die beteiligten Gemeinden Einspruch einlegen (R 28.1 Abs. 4 GewStR 2009).
Zerlegung - Sonderfälle
§§ 28 ff. GewStG
Abschn. 75 ff. GewStR
Inhaltsübersicht
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1.
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2.
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3.
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4.
1. Mehrgemeindliche Betriebsstätte (§ 30 GewStG)
Erstreckt sich eine Betriebsstätte über mehrere Gemeinden (s. dazu R 30.1 GewStR 2009), hat das Finanzamt bei der Zerlegung ein weites Ermessen. § 29 GewStG ist in diesem Fall nicht anwendbar. Das Finanzamt hat daher unter Berücksichtigung der Lage der örtlichen Verhältnisse und der durch die Betriebstätte verursachten Gemeindelasten einen möglichst gerechten Aufteilungsschlüssel zu finden. Dies sollte im Benehmen mit den beteiligten Gemeinden und dem steuerpflichtigen Gewerbebetrieb wegen der unterschiedlichen Hebesätze geschehen.
2. Zerlegung in besonderen Fällen nach § 33 GewStG
2.1 Allgemeines
Auch unter Zugrundelegung des Maßstabes des § 29 GewStG (Zerlegung
nach den gezahlten Arbeitslöhnen) können sich unzutreffende
Ergebnisse ergeben. Sind diese "offenbar unbillig" hat das
Finanzamt einen Zerlegungsmaßstab anzuwenden, der "die
tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt". Darauf hat das
Finanzamt hinzuweisen. § 33 Abs. 2 GewStG sieht vor, dass bei einer
Einigung zwischen den Gemeinden und dem Steuerschuldner über die
Zerlegung der Steuermessbetrag nach dieser Einigung zu zerlegen
ist. Ein Rechtsbehelfsverzicht ist mit dieser Einigung allerdings
nicht verbunden (Abschn. 80 Abs. 2 GewStR).
Der gesetzliche Maßstab des § 29 GewStG ist nur dann von vornherein
ungeeignet, wenn die Zerlegung wegen des Fehlens jeglicher
Arbeitslöhne (in allen Betriebsstätten) nicht vorgenommen werden
kann (BFH, 07.12.1994, I K 1/93, BStBl II 1995, 175).
Beispiel:
Bei Betreibern von Windkraftanlagen erhalten bei einer Zerlegung nach Arbeitslöhnen die Standortgemeinden u.U. keinen Anteil am Gewerbesteuermessbetrag, wenn keine Arbeitnehmer am Ort der Windkraftanlage beschäftigt werden. Insbesondere Windparks werden in der Rechtsform von Organgesellschaften betrieben, während die Verwaltung und Organisation der Windkraftanlagen durch einen außerhalb der Standortgemeinde ansässigen Organträger stattfindet. Die Wartung und Reparatur der komplizierten elektrischen und mechanischen Windkraftanlagen wird in der Regel durch externe Fachfirmen durchgeführt, sodass in den Standortgemeinden keine Arbeitslöhne anfallen.
Lösung:
a) Mehrgemeindliche Betriebsstätte i.S.d.
§ 30 GewStG?
§ 30 GewStG dürfte ausscheiden. Für eine mehrgemeindliche
Betriebsstätte müssten die auf verschiedenen Gemeindegebieten
liegenden Anlagen eine geschlossene wirtschaftliche
Betriebliche Einheit bilden. Die Verbindung der einzelnen
Anlagen durch das Stromnetz begründet diesen Zusammenhang
nicht. Mit der Einspeisung in das Stromnetz ist die Aufgabe des
Elektrizitätserzeugers abgeschlossen (FG Niedersachsen,
16.02.2006 - 6 K 457/04).
b) Unbilligkeit i.S.d.
§ 33 GewStG?
Fraglich ist, ob es als unbillig i.S.d. § 33 Abs. 1 Satz 1
GewStG erscheint, die Standortgemeinden der Windkraftanlagen
nicht am Gewerbeertrag zu beteiligen. Bei dem Begriff der
"Unbilligkeit" handelt es sich um einen unbestimmten
Rechtsbegriff. Ein unbilliges Ergebnis liegt vor, wenn es einem
oder mehreren Beteiligten bei objektiver Beurteilung nicht
zugemutet werden kann, das nach den §§ 28 ff. GewStG ermittelte
Ergebnis hinzunehmen (BFH, 24.07.1969 - IV B 125/64, BStBl II
1969, 688). Die Ungereimtheit muss ein erhebliches Gewicht
haben sowie eindeutig und auffällig sein (BFH, 26.08.1987 - I R
376/83, BStBl II 1988, 201). Infolge der Besonderheiten des
Einzelfalls muss ein deutliches Missverhältnis zwischen dem
Anteil der den einzelnen Gemeinden erwachsenden Lasten und dem
ihnen zugewiesenen Zerlegungsanteil bestehen (BFH, 09.10.1975 -
IV R 114/73, BStBl II 1976, 123). Dieses Missverhältnis muss
offenbar sein, also für jeden mit der Sache befassten Dritten
auf der Hand liegen und des Weiteren für die
Gewerbesteuerzerlegung atypisch sein (BFH, 26.08.1987 - I R
376/83, BStBl II 1988, 201).
Macht eine Gemeinde, auf deren Gebiet eine Windkraftanlage unterhalten wird, die von einem in einer anderen Gemeinde ansässigen Unternehmen betrieben wird, ohne dort Arbeitnehmer zu beschäftigen, im Verfahren der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags des Betreibers geltend, der allgemeine Zerlegungsmaßstab des § 29 GewStG sei nicht anzuwenden, da die mit der Errichtung und dem Betrieb der Anlage regelmäßig verbundenen Schwertransporte und dadurch ausgelösten Schäden am gemeindlichen Straßen- und Wegenetz zu einem offenbar unbilligen Ergebnis i.S. von § 33 Abs. 1 GewStG führten, obliegt ihr eine konkrete Darlegung des Umfangs und der Intensität der Schwertransporte und der daraus im Erhebungszeitraum resultierenden Schäden.
Die Finanzverwaltung bejahte bei Zugrundelegung des § 29 GewStG (Aufteilung nach Arbeitslöhnen) die Anwendung des § 33 GewStG, da regelmäßig an den Standorten der Windkraftanlagen keine Arbeitslöhne gezahlt werden (OFD Düsseldorf, 15.03.2004 - G 1450 A - St 142). Als Zerlegungsmaßstab sollten in diesen Fällen zu 50 % die Arbeitslöhne und zu 50 % das Anlagevermögen nach Steuerbilanzwerten zugrunde gelegt werden. Frühere Vereinbarungen mit abweichenden Zerlegungsmaßstäben könnten weiter geführt werden.
Negative Auswirkungen der Windkraftanlage auf das Orts- und
Landschaftsbild, auf den Wert von Wohngrundstücken und auf den
Tourismus in der Standortgemeinde begründen allerdings nach der BFH-Rechtsprechung keinen von § 29 GewStG
abweichenden Zerlegungsmaßstab (BFH, 04.04.2007 - I R 23/06,
BStBl II 2007, 836).
Nach der Veröffentlichung des Urteils im Bundessteuerblatt ist
das Urteil über den Einzelfall hinaus anzuwenden. Es muss daher
ggf. mit erheblichen gewerbesteuerlichen Mehrbelastungen
gerechnet werden, da der Gewerbesteuerhebesatz der
Geschäftsführungsgemeinde häufig erheblich über dem der
Standortgemeinde liegt.
Eine unterbliebene Zerlegung mangels angefallener Arbeitslöhne in den Betriebsstättengemeinden stellt keinen atypischen Fall i.S.d. § 33 GewStG dar (BFH, 05.10.1965, I B 387/62 U, BStBl III 1965, 668).
Beispiel:
Einrichtungen zur Messung von Lärmemissionen eines Verkehrsflughafens stellen zwar nach Auffassung des BFH eine Betriebsstätte i.S.d. § 12 AO dar. Sie "dienen" auch dem Unternehmen. Wegen des fehlenden räumlichen Zusammenhangs wurde aber eine mehrgemeindliche Betriebsstätte verneint, wenn eine Verbindung mit den Lärmmessstationen (Datenübertragung) nur über allgemeine Kommunikationsleitungen besteht. Ein Anteil an der GewSt der betroffenen Gemeinden wurde auch deshalb verneint, da in den Messstationen keine Arbeitnehmer beschäftigt wurden, nach deren Löhnen eine Zerlegung hätte erfolgen können. Auch für einen abweichenden Zerlegungsschlüssel infolge anderweit "offenbar unbilligen" Ergebnisses (§ 33 GewStG) erkannte der BFH keinen Grund (BFH, 16.12.2009 - I R 56/08, BStBl II 2010, 492, BFH/NV 2010, 753).
2.2 Besonderer Aufteilungsmaßstab für Windenergieanlagenbetreiber ab 2009
Aufgrund der dargestellten Schwierigkeiten wurde durch das JStG 2009 in § 29 Abs. 1 Nr. 2 GewStG speziell für Betreiber von Anlagen zur Erzeugung von Windenergie ein besonderer Zerlegungsmaßstab eingeführt. Die Zerlegung des Gewerbesteuer-Messbetrags erfolgt danach zu 70 % nach dem Sachanlagevermögen und zu 30 % nach den Arbeitslöhnen. Der Gesetzgeber reagierte damit auf das Urteil des BFH vom 04.04.2007 - I R 23/06, BStBl II 2007, 836, in welchem für eine Zerlegung ausschließlich auf die Arbeitslöhne abgestellt wurde. Ab 2009 können nun auch die Gemeinden, in denen die Windräder stehen, aber oft kaum Arbeitslöhne anfallen, einen Teil der anfallenden Gewerbesteuer vereinnahmen (§ 29 Abs. 1 GewStG). Der Vorteil der Neuregelung besteht für die Unternehmen in der ausreichenden Planungs- und Rechtssicherheit.
Hinweis:
Eine Besonderheit ist bei Windparks zu beachten, die in der Rechtsform der GmbH & Co KG betrieben werden und bei denen weder die Kommanditgesellschaft noch der Komplementär eigene Mitarbeiter haben. Nach § 31 Abs. 5 GewStG ist bei Unternehmen, die nicht von einer juristischen Person betrieben werden, für die im Betrieb tätigen Unternehmer (Mitunternehmer) ein Betrag von insgesamt 25.000 EUR anzusetzen. Die Komplementär-GmbH gilt insoweit auch als Mitunternehmerin, für die bei der Zerlegung nach Arbeitslöhnen 25.000 EUR zu berücksichtigen sind. Dies gilt unabhängig davon, dass es sich um eine juristische Person handelt und diese selbst keine Mitarbeiter beschäftigt. Im Ergebnis würde damit der Gewerbesteuermessbetrag zu 70 % auf die Standortgemeinde und zu 30 % auf die Geschäftsführungsgemeinde entfallen. Damit besteht in Zukunft weiterhin das Risiko, dass ein Teil des Gewerbesteuermessbetrages auf die ggf. höher besteuernde Geschäftsführungsgemeinde entfällt. Dies gilt nach § 7 Satz 2 GewStG ggf. auch für einen gewerbesteuerpflichtigen Veräußerungsgewinn bei Verkauf der Anteile an einen Investor.
Praxistipp:
Besondere Aufmerksamkeit ist den Altfällen zu widmen, insbesondere, wenn Anteile an einer Betreibergesellschaft, die meistens in der Form der GmbH & Co KG geführt wird, erworben werden sollen. Wurde keine Vereinbarung mit den Gemeinden nach § 33 Abs. 2 GewStG geschlossen, die auch 2009 oder später weiter gilt, muss damit gerechnet werden, dass bis 2008 die volle Besteuerung durch die Geschäftsführungsgemeinde greift.
Im Rahmen von Kaufverträgen über Anteile an der Betreibergesellschaft sollte dies nach vorheriger genauer Untersuchung ggf. durch Steuerklauseln abgedeckt werden.
Soweit steuerliches Abschreibungspotential vorhanden ist (z.B. Abschreibungsmöglichkeiten nach § 7g EStG) sollte dieses genutzt werden, um dem Risiko einer höheren Gewerbebesteuerung aufgrund einer nachteiligen Gewerbesteuerzerlegung zu entgehen.
3. Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG
Aufgrund des ungeklärten Aufteilungsmaßstabs ist die Einigung nach § 33 Abs. 2 GewStG, an der die erhebungsberechtigten Gemeinden und der Steuerpflichtige beteiligt sein müssen, vorzuziehen. Sie dürfte auch noch rückwirkend bis zur Bestandskraft des Zerlegungsbescheids möglich sein. Sie ist bindend für das Finanzamt.
Die Bindungswirkung ist "unbedingt", d.h. die Gewerbesteuerzerlegung ist auch dann nach Maßgabe der Einigung vorzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 30 bzw. § 33 GewStG nicht erfüllt sind. Entgegen Abschn. 80 Abs. 2 GewStR muss die Einigung auch für den Steuerpflichtigen Bindungswirkung haben, es sei denn, er trägt mit seinem Einspruch vor, dass der daraufhin ergangene Bescheid nicht der Einigung entspricht.
4. Zerlegung bei Gebietsänderungen
Kommt es z.B. zu einem Zusammenschluss von zwei Gemeinden, galten bisher oft unterschiedliche Hebesätze in den früher selbstständigen Kommunen. Deshalb kann die jeweilige Landesregierung für eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen (§ 16 Abs. 4 Satz 3 GewStG). Die Fortgeltung des gemeindlichen Hebesatzrechtes würde ins Leere laufen, wenn nicht auch die Zerlegungsregelungen (§§ 28 ff. GewStG) für diesen Fall weiter gelten würden. Dies wird jetzt zur Schließung der Regelungslücke auch auf die Zerlegungsregelungen der §§ 28 ff. GewStG klarstellend erweitert (§ 16 Abs. 4 Satz 4 GewStG).
Die Vorschrift gilt für alle noch offenen Fälle.
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- Gewerbebetrieb - Selbstständige Tätigkeit
- Gewerbebetrieb - Vorrang der §§ 13 und 18 EStG
- Gewerblicher Grundstückshandel
Rechtsgrundlagen zum Thema: Zerlegung
GewStGGewStG § 14a Steuererklärungspflicht
GewStG § 28 Allgemeines
GewStG § 29 Zerlegungsmaßstab
GewStG § 30 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten
GewStG § 31 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung
GewStG § 32
GewStG § 33 Zerlegung in besonderen Fällen
GewStG § 34 Kleinbeträge
GewStG § 35
GewStG § 35c Ermächtigung
AO
AO § 22 Realsteuern
AO § 149 Abgabe der Steuererklärungen
AO § 152 Verspätungszuschlag
AO § 185 Geltung der allgemeinen Vorschriften
AO § 186 Beteiligte
AO § 187 Akteneinsicht
AO § 188 Zerlegungsbescheid
AO § 189 Änderung der Zerlegung
AO § 190 Zuteilungsverfahren
AO § 353 Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers
AO § 22 Realsteuern
AO § 149 Abgabe der Steuererklärungen
AO § 152 Verspätungszuschlag
AO § 185 Geltung der allgemeinen Vorschriften
AO § 186 Beteiligte
AO § 187 Akteneinsicht
AO § 188 Zerlegungsbescheid
AO § 189 Änderung der Zerlegung
AO § 190 Zuteilungsverfahren
AO § 353 Einspruchsbefugnis des Rechtsnachfolgers
GewStR
GewStR R 1.2 Verwaltung der Gewerbesteuer
GewStR R 1.3 Örtliche Zuständigkeit für die Festsetzung und Zerlegung des Steuermessbetrags
GewStR R 2.9 Betriebsstätte
GewStR R 4.1 Hebeberechtigung
GewStR R 19.2 Anpassung und erstmalige Festsetzung der Vorauszahlungen
GewStR R 29.1 Zerlegungsmaßstab
GewStR R 30.1 Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten
GewStR R 31.1 Begriff der Arbeitslöhne für die Zerlegung
GewStR R 33.1 Zerlegung in besonderen Fällen
GewStR R 34.1 Negativer Zerlegungsanteil bei Änderung oder Berichtigung des Zerlegungsbescheids
GewStDV 29 35
AEAO
AEAO Zu § 78 Beteiligte:
AEAO Zu § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts:
AEAO Zu § 184 Festsetzung von Steuermessbeträgen:
AEAO Zu § 188 Zerlegungsbescheid:
AEAO Zu § 251 Insolvenzverfahren:
StbVV
§ 24 StBVV Steuererklärungen
GewStH 1.7 9.4 16.1 19.2 28.1 29.1 30.1 31.1 33.1
GrStG
§ 22 GrStG Zerlegung des Steuermessbetrags
§ 23 GrStG Zerlegungsstichtag
§ 24 GrStG Ersatz der Zerlegung durch Steuerausgleich
§ 25 GrStG Festsetzung des Hebesatzes
GrStR 2 3 4 34