Freiberufliche Tätigkeit einer Sozietät, an der weitere Personengesellschaften beteiligt sind

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Thema: Steuern: Gesellschafter/Geschäftsführer

vom: 04.12.2020



Eine im freiberuflichen Bereich tätige Sozietät, an der noch weitere Personengesellschaften als sog. Obergesellschaften beteiligt sind, erzielt nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn die mittelbar beteiligten Gesellschafter ebenfalls Freiberufler sind und in der Sozietät zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich als Freiberufler mitarbeiten. Es genügt nicht, dass sie nur kaufmännisch, kontrollierend oder geschäftsleitend Einfluss nehmen. Sind die Voraussetzungen für freiberufliche Einkünfte nicht erfüllt, erzielt die Sozietät gewerbliche Einkünfte und unterliegt damit der Gewerbesteuer.

Hintergrund: Der Gesetzgeber unterscheidet bei Unternehmern u.a. zwischen gewerblichen und freiberuflichen Einkünften. Einkommensteuerlich werden beide Einkünfte gleich besteuert, aber gewerbliche Einkünfte unterliegen der Gewerbesteuer.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine KG und in der Steuerberatung tätig, also einem freiberuflichen Bereich. An der Klägerin war die C-KG beteiligt, an der wiederum die E-OHG mit 51 %, die G+H KG mit 49 % und weitere Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte mit jeweils 0 % beteiligt waren. Diese Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte sowie die E-OHG waren die Komplementäre der C-KG. Die E-OHG und die G+H KG waren ebenfalls in der Steuerberatung tätig und gehörten zur Konzernspitze des S-Konzerns. Die an der E-OHG und G+H KG beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte waren bei der Klägerin nicht aktiv in die Mandatsbetreuung eingebunden, jedoch an wesentlichen Entscheidungen bezüglich der Finanzierung, der Personalstruktur und der Fortbildung im S-Konzern beteiligt. Das Finanzamt stellte die Einkünfte der Klägerin als gewerblich fest.

Entscheidung: Der BFH hielt die Einkünfte der Klägerin ebenfalls für gewerblich und wies die Klage ab:

  • Eine Personengesellschaft erzielt nur dann freiberufliche Einkünfte, wenn alle Gesellschafter die Merkmale eines freien Berufs erfüllen, also z.B. Steuerberater, Architekt oder Arzt sind, und in dieser Eigenschaft für die Personengesellschaft auch leitend und eigenverantwortlich tätig sind. Es genügt nicht, dass der Gesellschafter lediglich Kapital zur Verfügung stellt oder nur Aufträge beschafft, ohne sich selbst freiberuflich zu betätigen.

  • Diese Grundsätze sind auch dann zu beachten, wenn der Gesellschafter eine Personengesellschaft ist, d.h. wenn eine Obergesellschaft an einer Untergesellschaft beteiligt ist. In diesem Fall müssen die Gesellschafter der Obergesellschaft, die mittelbar an der Untergesellschaft beteiligt sind, die Merkmale eines freien Berufs erfüllen und nicht nur in der Obergesellschaft, sondern auch in der Untergesellschaft zumindest in geringfügigem Umfang leitend und eigenverantwortlich als Freiberufler mitarbeiten.

  • Im Streitfall waren die über die C-KG sowie E-OHG und G+H KG mittelbar an der Klägerin beteiligten Gesellschafter zwar selbst Freiberufler; sie waren bei der Klägerin aber nicht freiberuflich tätig, sondern beschränkten sich auf kaufmännische Tätigkeiten wie die Finanzierung, Personalstruktur und Fortbildung. Damit erzielte die Klägerin gewerbliche Einkünfte.

Hinweis: Der BFH ließ offen, ob die mittelbar beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte überhaupt Mitunternehmer der E-OHG und G+H KG waren; denn sie waren an deren Vermögen nicht beteiligt. Ohne Mitunternehmerschaft wären freiberufliche Einkünfte der Klägerin ohnehin zu verneinen gewesen.

Unbeachtlich war, dass die mittelbar beteiligten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte bei anderen Gesellschaften des S-Konzerns freiberuflich tätig geworden sind.

Das Urteil macht deutlich, dass bei sog. doppelstöckigen bzw. mehrstöckigen Personengesellschaften ein doppeltes Tätigkeitserfordernis des mittelbar beteiligten Gesellschafters bestehen muss, da er nicht nur in der Gesellschaft, an der er unmittelbar beteiligt ist, sondern auch in der Untergesellschaft freiberuflich tätig werden muss, zumindest in geringfügigem Umfang.

BFH, Urteil vom 4.8.2020 - VIII R 24/17; NWB

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Rechtsgrundlagen zum Thema: Freiberuf

EStG 
EStG § 18

EStR 
EStR R 4.3 Einlagen und Entnahmen

EStR R 18.3 Veräußerungsgewinn nach
§ 18 Abs. 3 EStG
AO 
AO § 19 Steuern vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen

AO § 138 Anzeigen über die Erwerbstätigkeit

AO § 180 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

AO § 193 Zulässigkeit einer Außenprüfung

AO § 19 Steuern vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen

AO § 138 Anzeigen über die Erwerbstätigkeit

AO § 180 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen

AO § 193 Zulässigkeit einer Außenprüfung

UStAE 
UStAE 4.14.1. Anwendungsbereich und Umfang der Steuerbefreiung

UStAE 23.2. Berufs- und Gewerbezweige

UStAE 4.14.1. Anwendungsbereich und Umfang der Steuerbefreiung

UStAE 23.2. Berufs- und Gewerbezweige

UStR 
UStR 91a. Umfang der Steuerbefreiung

UStR 119. Leistungen im Rahmen der Jugendhilfe

UStR 254. Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten

UStR 261. Berufs- und Gewerbezweige

AEAO 
AEAO Zu § 9 Gewöhnlicher Aufenthalt:

AEAO Zu § 12 Betriebstätte:

AEAO Zu § 19 Steuern vom Einkommen und Vermögen natürlicher Personen:

AEAO Zu § 122 Bekanntgabe des Verwaltungsakts:

AEAO Zu § 138 Anzeigen über die Erwerbstätigkeit:

AEAO Zu § 141 Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtiger:

AEAO Zu § 180 Gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen:

AEAO Zu § 197 Bekanntgabe der Prüfungsanordnung:

AEAO Zu § 251 Insolvenzverfahren:

ErbStR 13.3 13a.6 13b.13 13c
BewG 109 152
EStH 4.1 4.2.2 4.2.9 4.5.1 4a 5.2 15.6 15.7.4 15.8.5 18.1 18.2 18.3 24.2
GewStH 2.1.2 2.1.4 3.20
ErbStH E.12.2 B.152
StBerG 
§ 57 StBerG Allgemeine Berufspflichten


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