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Die gemäß § 128 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthafte Beschwerde des FA ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Das FG hat die beantragte Aufhebung der Vollziehung der streitigen Einkommensteuer- und Zinsfestsetzung zu Recht gewährt. Die Rechtmäßigkeit der Versagung des ermäßigten Steuersatzes gemäß § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 EStG durch das FA ist bei der gebotenen summarischen Prüfung auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG ernstlich zweifelhaft. Dies gilt ebenso für die Zinsfestsetzung zur Einkommensteuer 2011. |
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1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung soll erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Sätze 2 und 7 FGO). Ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes neben für seine Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der entscheidungserheblichen Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10.02.1967 – III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung). Die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung setzt nicht voraus, dass die für die Rechtswidrigkeit sprechenden Gründe überwiegen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 28.06.2011 – X B 37/11, BFH/NV 2011, 1833). |
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2. Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Rechtmäßigkeit der Versagung der Begünstigung des Veräußerungsgewinns gemäß § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 EStG im Rahmen der streitgegenständlichen Festsetzung der Einkommensteuer 2011 als ernstlich zweifelhaft. Der Antragsteller hat mit Wirkung zum 01.07.2011 die für die Ausübung seiner freiberuflichen Tätigkeit wesentlichen Betriebsgrundlagen entgeltlich auf die Erwerber übertragen. Dass es sich dabei nicht um eine begünstigte Praxisveräußerung handelt, lässt sich –entgegen der Auffassung des FA– nicht damit begründen, dass der Antragsteller seit dem 01.01.2014 erneut im bisherigen örtlichen Wirkungskreis in geringfügigem Umfang steuerberatend tätig ist, auch wenn er im Rahmen dieser Tätigkeit Neumandate betreut. |
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a) Gemäß § 18 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn aus der Veräußerung des Vermögens, das der selbständigen Arbeit dient (Praxisveräußerung). Für diesen Veräußerungsgewinn sieht § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG eine Tarifbegünstigung vor. Alternativ zu dieser ermäßigten Besteuerung des Veräußerungsgewinns sieht § 34 Abs. 3 EStG auf Antrag unter weiteren Voraussetzungen die Gewährung eines ermäßigten Steuersatzes vor. |
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aa) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die Veräußerung einer Praxis voraus, dass der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen Anderen überträgt. Hierzu gehören insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis wie Mandantenstamm bzw. Praxiswert (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.08.2018 – VIII R 2/15, BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64, m.w.N.). Darüber hinaus muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Dies beruht auf der Überlegung, dass bei fortdauernder Tätigkeit des Freiberuflers in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis eine weitere Nutzung der persönlichen Beziehungen zu den früheren Mandanten auf eigene Rechnung des „Veräußerers“ naheliegt und es dadurch nicht zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis auf den Erwerber kommt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64, m.w.N.). |
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Wann eine „definitive“ Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt jeweils von den Umständen des Einzelfalls ab, die das FG als Tatsacheninstanz zu würdigen hat. Neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit sind insbesondere die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, die Vergleichbarkeit der Betätigungen, die Art und Struktur der Mandate sowie die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64, m.w.N.). Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist auch –entgegen der Auffassung des FA– keine „Wartezeit“ von mindestens drei Jahren einzuhalten. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren ausreichend sein (vgl. hierzu z.B. Korn in Korn, § 18 EStG Rz 109; Güroff in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 18 Rz 615a; Brandt in Herrmann/Heuer/Raupach –HHR–, § 18 EStG Rz 321, 324; Busse, Betriebs-Berater 1989, 1951, 1954 f.). |
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Nimmt der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, kann dies auch dann schädlich sein, wenn die Wiederaufnahme zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis nicht geplant war. Maßgebend ist allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist. Maßnahmen des Veräußerers, die wegen einer von Anfang an geplanten Wiederaufnahme dazu dienen sollen, die spätere Zurückgewinnung der Mandanten zu erleichtern, können eine definitive Übertragung des Mandantenstammes von vornherein ausschließen bzw. die erforderliche Zeitspanne für die Einstellung der Tätigkeit verlängern (vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64, m.w.N.). |
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bb) Grundsätzlich unschädlich ist es, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird, denn der Erwerber ist trotzdem zivilrechtlich und wirtschaftlich in der Lage, die Beziehungen zu den früheren Mandanten des Veräußerers zu verwerten (vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64, m.w.N.). Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 262, 380, BStBl II 2019, 64; BFH-Beschluss vom 20.01.2009 – VIII B 58/08, BFH/NV 2009, 756; BFH-Urteile vom 07.11.1991 – IV R 14/90, BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; vom 29.10.1992 – IV R 16/91, BFHE 169, 352, BStBl II 1993, 182; BFH-Beschlüsse vom 28.06.2000 – IV B 35/00, BFH/NV 2001, 33; vom 06.08.2001 – XI B 5/00, BFH/NV 2001, 1561). Eine solche geringfügige Tätigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die auf sie entfallenden Umsätze in den letzten drei Jahren vor der Veräußerung weniger als 10 % der gesamten Einnahmen ausmachten (vgl. BFH-Urteile in BFHE 166, 527, BStBl II 1992, 457; in BFHE 169, 352, BStBl II 1993, 182; BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2001, 33; in BFH/NV 2001, 1561; vgl. auch Schmidt/Wacker, EStG, 38. Aufl., § 18 Rz 223; Güroff in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 18 Rz 606, 616; HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 324; Blümich/Hutter, § 18 EStG Rz 296; Korn in Korn, § 18 EStG Rz 110; Levedag in BeckOK EStG, § 18 Rz 811; Richter, Deutsches Steuerrecht –DStR– 1993, 561; Korn, DStR 1995, 961, 965 f.). |
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b) Ausgehend von den derzeitigen Feststellungen des FG hat der Antragsteller zum 01.07.2011 die für die Ausübung seiner selbständigen Tätigkeit wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen –insbesondere Mandantenstamm und Praxiswert– entgeltlich auf die Erwerber übertragen. Seine steuerberatende Tätigkeit in der bis dahin ausgeübten Einzelpraxis hat der Antragsteller zunächst eingestellt. |
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Der Annahme einer damit verbundenen definitiven Übertragung der wesentlichen Grundlagen der freiberuflichen Tätigkeit des Antragstellers steht –wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist– die sich an die Praxisübertragung anschließende Tätigkeit des Antragstellers im Auftrag und für Rechnung der Partnerschaftsgesellschaft im Rahmen der sog. überleitenden Mitarbeit bzw. nachfolgend als deren freier Mitarbeiter nicht entgegen. Insoweit ebenfalls unschädlich ist, dass der Antragsteller Gesellschafter der Partnerschaftsgesellschaft und als solcher –unter Anrechnung seiner unterjährigen Entgelte für Beratungsleistungen– zu 1 % an deren Gewinn beteiligt war. Denn die übernommene Praxis war –soweit derzeit ersichtlich– ausschließlich dem Sonderbetriebsvermögen der Mitgesellschafter des Antragstellers zugeordnet. |
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Aber auch die Wiederaufnahme einer steuerberatenden Tätigkeit des Antragstellers ab dem 01.01.2014 im gleichen örtlichen Wirkungskreis kann bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung keine Versagung der Begünstigung des Veräußerungsgewinns begründen. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit ist unschädlich, da der Umsatz –ausgehend von den derzeitigen Feststellungen des FG– unstreitig unter der sog. Geringfügigkeitsgrenze liegt. Dass der Antragsteller im Rahmen dieser geringfügigen Tätigkeit auch neue Mandate betreut, schließt –entgegen der Auffassung des FA (vgl. zur Schädlichkeit neuer Mandanten auch ohne Überschreiten der 10 %-Grenze: BMF-Schreiben in DB 2003, 2522; Kurzinformation der OFD Koblenz in DB 2007, 314; vgl. auch HHR/Brandt, § 18 EStG Rz 324)– das Vorliegen einer begünstigten Praxisveräußerung nicht automatisch aus (vgl. z.B. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 18 Rz 223; vgl. auch Korn in Korn, § 18 EStG Rz 110; Schoor, Deutsche Steuer-Zeitung –DStZ– 2007, 445, 446; Paus, DStZ 1988, 434). Die Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung hängt maßgeblich davon ab, ob es zu einer endgültigen Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen der Praxis auf den Erwerber kommt. Zweifelhaft ist dies, wenn der Veräußerer weiterhin die persönliche Beziehung zu früheren Mandanten auf eigene Rechnung nutzt. Dies kann er tun, indem er (einzelne) Mandanten auf eigene Rechnung weiter betreut, aber auch dadurch, dass er die Beziehung zu früheren Mandanten nutzt, um neue Mandate zu gewinnen. In beiden Fällen nutzen sowohl Veräußerer als auch Erwerber das (bisherige) durch Mandanten und Praxisnamen bedingte Wirkungsfeld für ihre freiberufliche Tätigkeit, zu der neben der Mandantenbetreuung auch die Gewinnung neuer Mandate zählt. Eine solche fortdauernde bzw. neuerliche Nutzung ehemaliger Mandantenbeziehungen steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung allerdings nur dann entgegen, wenn sie die Geringfügigkeitsgrenze überschreitet. Eine geringfügige Tätigkeit des Veräußerers im bisherigen örtlichen Wirkungskreis schließt die Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung hingegen nicht aus, auch wenn sie –wie im Streitfall– die Betreuung neuer Mandate umfasst. |
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c) Danach erweist sich die Rechtmäßigkeit der mit der Wiederaufnahme der steuerberatenden Tätigkeit des Antragstellers am 01.01.2014 begründeten Versagung der Begünstigung des Veräußerungsgewinns gemäß § 18 Abs. 3, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 34 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 EStG als ernstlich zweifelhaft. |
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3. Auch die Rechtmäßigkeit der Zinsfestsetzung unterliegt –wie das FG zutreffend erkannt hat– ernstlichen Zweifeln. Diese folgen nicht nur aus der gebotenen Aufhebung der Vollziehung der Einkommensteuerfestsetzung 2011 (vgl. zur Aussetzung von Annexforderungen z.B. BFH-Beschluss vom 23.05.2012 – III B 129/11, BFH/NV 2012, 1452, m.w.N.), sondern darüber hinaus auch aus den hinsichtlich der in § 238 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung geregelten Höhe der Nachzahlungszinsen jedenfalls ab dem Verzinsungszeitraum 2012 bestehenden schwerwiegenden verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BFH-Beschlüsse vom 25.04.2018 – IX B 21/18, BFHE 260, 431, BStBl II 2018, 415, und vom 03.09.2018 – VIII B 15/18, BFH/NV 2018, 1279; vom 04.07.2019 – VIII B 128/18, BFH/NV 2019, 1060, jeweils zu Aussetzungszinsen). |
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO. |
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