Einkommensteuer-Hinweise (EStH)
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EStH H 15.3 (Zu § 15 EStG)
Zu § 15 EStG
H 15.3
Abgrenzung der Gewinnerzielungsabsicht zur Liebhaberei
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bei einem Architekten > BFH vom 12.9.2002 (BStBl 2003 II S. 85),
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bei einem Bootshandel mit langjährigen Verlusten > BFH vom 21.7.2004 (BStBl II S. 1063),
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bei einem Erfinder > BFH vom 14.3.1985 (BStBl II S. 424),
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bei Vermietung einer Ferienwohnung > BFH vom 5.5.1988 (BStBl II S. 778),
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beim Betrieb eines Gästehauses > BFH vom 13.12.1984 (BStBl 1985 II S. 455),
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bei einem als sog. Generationenbetrieb geführten Unternehmen > BFH vom 24.8.2000 (BStBl II S. 674),
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bei einem unverändert fortgeführten regelmäßig Verluste bringenden Großhandelsunternehmen > BFH vom 19.11.1985 (BStBl 1986 II S. 289),
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bei einem Künstler > BFH vom 6.3.2003 (BStBl II S. 602),
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bei Vercharterung eines Motorbootes > BFH vom 28.8.1987 (BStBl 1988 II S. 10),
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bei einer Pferdezucht > BFH vom 27.1.2000 (BStBl II S. 227),
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bei einem hauptberuflich tätigen Rechtsanwalt > BFH vom 22.4.1998 (BStBl II S. 663) und vom 14.12.2004 (BStBl 2005 II S. 392),
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bei Betrieb einer Reitschule > BFH vom 15.11.1984 (BStBl 1985 II S. 205),
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bei einem Schriftsteller > BFH vom 23.5.1985 (BStBl II S. 515),
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bei einem Steuerberater > BFH vom 31.5.2001 (BStBl 2002 II S. 276),
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bei Betrieb eines Trabrennstalls > BFH vom 19.7.1990 (BStBl 1991 II S. 333).
Anlaufverluste
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Verluste der Anlaufzeit sind steuerlich nicht zu berücksichtigen, wenn die Tätigkeit von Anfang an erkennbar ungeeignet ist, auf Dauer einen Gewinn zu erbringen (> BFH vom 23.5.1985 - BStBl II S. 515 und vom 28.8.1987 – BStBl 1988 II S. 10).
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Bei der Totalgewinnprognose ist zu berücksichtigen, dass sich z. B. bei Künstlern und Schriftstellern positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen lassen (> BFH vom 23.5.1985 - BStBl II S. 515 und vom 6.3.2003 – BStBl II S. 602).
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Beruht die Entscheidung zur Neugründung eines Gewerbebetriebs im Wesentlichen auf den persönlichen Interessen und Neigungen des Stpfl., sind die entstehenden Verluste nur dann für die Dauer einer betriebsspezifischen Anlaufphase steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Stpfl. zu Beginn seiner Tätigkeit ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt hat, das ihn zu der Annahme veranlassen durfte, durch die gewerbliche Tätigkeit werde insgesamt ein positives Gesamtergebnis erzielt werden können. Besteht ein solches Betriebskonzept hingegen nicht und war der Betrieb bei objektiver Betrachtung nach seiner Art, nach der Gestaltung der Betriebsführung und nach den gegebenen Ertragsaussichten von vornherein zur Erzielung eines Totalgewinns nicht in der Lage, folgt daraus, dass der Stpfl. die verlustbringende Tätigkeit nur aus im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen oder Neigungen ausgeübt hat (> BFH vom 23.5.2007 - BStBl II S. 874).
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Als betriebsspezifische Anlaufzeit bis zum Erforderlichwerden größerer Korrektur- und Umstrukturierungsmaßnahmen wird ein Zeitraum von weniger als fünf Jahren nur im Ausnahmefall in Betracht kommen. Daneben ist die Dauer der Anlaufphase vor allem vom Gegenstand und von der Art des jeweiligen Betriebs abhängig, so dass sich der Zeitraum, innerhalb dessen das Unterbleiben einer Reaktion auf bereits eingetretene Verluste für sich betrachtet noch nicht als Beweisanzeichen für eine mangelnde Gewinnerzielungsabsicht herangezogen werden kann, nicht allgemeinverbindlich festlegen lässt (> BFH vom 23.5.2007 - BStBl II S. 874).
Betriebszweige
Wird sowohl eine Landwirtschaft als auch eine Forstwirtschaft betrieben, ist die Frage der Gewinnerzielungsabsicht getrennt nach Betriebszweigen zu beurteilen (> BFH vom 13.12.1990 - BStBl 1991 II S. 452).
Beweisanzeichen
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Betriebsführung
Beweisanzeichen für das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht ist eine Betriebsführung, bei der der Betrieb nach seiner Wesensart und der Art seiner Bewirtschaftung auf die Dauer gesehen dazu geeignet und bestimmt ist, mit Gewinn zu arbeiten. Dies erfordert eine in die Zukunft gerichtete langfristige Beurteilung, wofür die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums wichtige Anhaltspunkte bieten können (> BFH vom 5.5.1988 - BStBl II S. 778).
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Umstrukturierungsmaßnahmen
Geeignete Umstrukturierungsmaßnahmen können ein gewichtiges Indiz für das Vorhandensein einer Gewinnerzielungsabsicht darstellen, wenn nach dem damaligen Erkenntnishorizont aus der Sicht eines wirtschaftlich vernünftig denkenden Betriebsinhabers eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bestand, dass sie innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zum Erreichen der Gewinnzone führen würden (> BFH vom 21.7.2004 - BStBl II S. 1063).
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Verlustperioden
Bei längeren Verlustperioden muss für das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht aus weiteren Beweisanzeichen die Feststellung möglich sein, dass der Stpfl. die Tätigkeit nur aus den im Bereich seiner Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen ausübt (> BFH vom 19.11.1985 - BStBl 1986 II S. 289). Fehlende Reaktionen auf bereits eingetretene hohe Verluste und das unveränderte Beibehalten eines verlustbringenden Geschäftskonzepts sind ein gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht. An die Feststellung persönlicher Gründe und Motive, die den Stpfl. zur Weiterführung seines Unternehmens bewogen haben könnten, sind in diesen Fällen keine hohen Anforderungen zu stellen (> BFH vom 17.11.2004 - BStBl 2005 II S. 336).
Land- und Forstwirtschaft
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Betriebszweige: Wird sowohl eine Landwirtschaft als auch eine Forstwirtschaft betrieben, ist die Frage der Gewinnerzielungsabsicht getrennt nach Betriebszweigen zu beurteilen (> BFH vom 13.12.1990 - BStBl 1991 II S. 452).
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Pachtbetrieb: Der Beurteilungszeitraum für die Totalgewinnprognose bei einem landwirtschaftlichen Pachtbetrieb erstreckt sich nur auf die Dauer des Pachtverhältnisses. Dies gilt auch dann, wenn das Pachtverhältnis lediglich eine Vorstufe zu der später geplanten unentgeltlichen Hofübergabe ist (> BFH vom 11.10.2007 - BStBl 2008 II S. 465).
Personengesellschaft
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gewerblich geprägte Personengesellschaft >R 15.8 Abs. 6
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umfassend gewerbliche Personengesellschaft >H 15.8 (5) Gewinnerzielungsabsicht
Persönliche Gründe
Im Lebensführungsbereich liegende persönliche Gründe für die Fortführung einer verlustbringenden Tätigkeit
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können sich aus der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkommenssphäre ergeben (> BFH vom 19.11.1985 - BStBl 1986 II S. 289 und vom 31.5.2001 – BStBl 2002 II S. 276),
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liegen vor, wenn die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit den Abzug von Gehaltszahlungen an nahe Angehörige ermöglichen soll (> BFH vom 26.2.2004 - BStBl II S. 455),
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können wegen des mit dem ausgeübten Beruf verbundenen Sozialprestiges vorliegen (> BFH vom 14.12.2004 - BStBl 2005 II S. 392).
Selbstkostendeckung
Ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt, wer Einnahmen nur erzielt, um seine Selbstkosten zu decken (> BFH vom 22.8.1984 - BStBl 1985 II S. 61).
Totalgewinn
Gewinnerzielungsabsicht ist das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinns. Dabei ist unter dem Begriff „Totalgewinn“ bei neu eröffneten Betrieben das positive Gesamtergebnis des Betriebs von der Gründung bis zur Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation zu verstehen. Bei bereits bestehenden Betrieben sind für die Gewinnprognose die in der Vergangenheit erzielten Gewinne ohne Bedeutung. Am Ende einer Berufstätigkeit umfasst der anzustrebende Totalgewinn daher nur die verbleibenden Jahre (> BFH vom 26.2.2004 - BStBl II S. 455). Es kommt auf die Absicht der Gewinnerzielung an, nicht darauf, ob ein Gewinn tatsächlich erzielt worden ist (> BFH vom 25.6.1984 - BStBl II S. 751). Der Aufgabegewinn wird durch Gegenüberstellung des Aufgabe-Anfangsvermögens und des Aufgabe-Endvermögens ermittelt. Da Verbindlichkeiten im Anfangs- und Endvermögen jeweils – mangels stiller Reserven – mit denselben Werten enthalten sind, wirken sie sich auf die Höhe des Aufgabegewinns nicht aus (> BFH vom 17.6.1998 - BStBl II S. 727).
Treu und Glauben
Folgt das Finanzamt der Darstellung des Stpfl., wonach eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, kann dieser seine Darstellung nicht ohne triftigen Grund als von Anfang an falsch bezeichnen; ein solches Verhalten würde gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßen (> BFH vom 10.10.1985 - BStBl 1986 II S. 68).
Verlustzuweisungsgesellschaft
Bei einer Personengesellschaft, die nach Art ihrer Betriebsführung keinen Totalgewinn erreichen kann und deren Tätigkeit nach der Gestaltung des Gesellschaftsvertrags und seiner tatsächlichen Durchführung allein darauf angelegt ist, ihren Gesellschaftern Steuervorteile dergestalt zu vermitteln, dass durch Verlustzuweisungen andere Einkünfte nicht und die Verlustanteile letztlich nur in Form buchmäßiger Veräußerungsgewinne versteuert werden müssen, liegt der Grund für die Fortführung der verlustbringenden Tätigkeit allein im Lebensführungsbereich der Gesellschafter. Bei derartigen sog. Verlustzuweisungsgesellschaften ist zu vermuten, dass sie zunächst keine Gewinnerzielungsabsicht haben. Bei ihnen liegt in der Regel eine Gewinnerzielungsabsicht erst von dem Zeitpunkt an vor, in dem nach dem Urteil eines ordentlichen Kaufmanns ein Totalgewinn wahrscheinlich erzielt werden kann (> BFH vom 12.12.1995 - BStBl 1996 II S. 219).
Vorläufige Steuerfestsetzung
In Zweifelsfällen ist die Veranlagung gem. § 165 AO vorläufig durchzuführen (> BFH vom 25.10.1989 - BStBl 1990 II S. 278).
Wegfall des negativen Kapitalkontos
>H 15.8 (1) Nachversteuerung des negativen Kapitalkontos
Zeitliche Begrenzung der Beteiligung
Die zeitliche Begrenzung der Beteiligung kann eine fehlende Gewinnerwartung bedingen (> BFH vom 10.11.1977 - BStBl 1978 II S. 15).
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