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EStH H 32.9 (Zu § 32 EStG)

Zu § 32 EStG

H 32.9

Altersgrenze

Die Altersgrenze, innerhalb derer die Behinderung eingetreten sein muss, ist nicht auf Grund entsprechender Anwendung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG z. B. um den Zeitraum des vom Kind in früheren Jahren geleisteten Grundwehrdienstes zu verlängern (> BFH vom 2.6.2005 - BStBl II S. 756).

Außerstande sein, sich selbst zu unterhalten

  • >A 18.4 DA-KG 2015 :

    „(1) Bei behinderten Kindern ist grundsätzlich der notwendige Lebensbedarf den kindeseigenen Mitteln gegenüberzustellen (vgl. aber Abs. 3). Übersteigen die kindeseigenen Mittel nicht den notwendigen Lebensbedarf, ist das Kind außerstande, sich selbst zu unterhalten. Falls die kindeseigenen Mittel den notwendigen Lebensbedarf überschreiten und ungleichmäßig zufließen (z. B. durch eine Nachzahlung oder die erstmalige Zahlung einer Rente), ist zu prüfen, ab welchem vollen Monat das Kind in der Lage ist, sich selbst zu unterhalten. Führt eine Nachzahlung dazu, dass das Kind nicht länger außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, ist die Kindergeldfestsetzung erst ab dem Folgemonat des Zuflusses aufzuheben (vgl. BFH vom 11.4.2013, BStBl II S. 1037).

    (2) Der notwendige Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich aus dem allgemeinen Lebensbedarf und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen (vgl. BFH vom 15.10.1999 - BStBl 2000 II S. 75 und 79). Als allgemeiner Lebensbedarf ist der Grundfreibetrag nach § 32a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG i. H. v. 8.472 Euro ( für 2014: 8.354 Euro, für 2013: 8.130 Euro, für 2012: 8.004 Euro) anzusetzen; zum behinderungsbedingten Mehrbedarf vgl. Abs. 4 und 5. Die kindeseigenen Mittel setzen sich aus dem verfügbaren Nettoeinkommen nach A 18.5 und sämtlichen Leistungen Dritter nach A 18.6 zusammen; das Vermögen des Kindes gehört nicht zu den kindeseigenen Mitteln ( BFH vom 19.8.2002 - BStBl 2003 II S. 88 und 91). Einzelheiten insbesondere zu Sonderzuwendungen und einmaligen Nachzahlungen siehe BMF-Schreiben vom 22.11.2010 Abschnitt VI – BStBl I S. 1346.

    (3) Übersteigen die kindeseigenen Mittel nicht den allgemeinen Lebensbedarf, ist davon auszugehen, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Bei dieser vereinfachten Berechnung zählen zum verfügbaren Nettoeinkommen und den Leistungen Dritter keine Leistungen, die dem Kind wegen eines behinderungsbedingten Bedarfs zweckgebunden zufließen, insbesondere sind dies Pflegegeld bzw. -zulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung, nach § 35 BVG oder nach § 64 SGB XII, Ersatz der Mehrkosten für den Kleider- und Wäscheverschleiß (z. B. § 15 BVG), die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenzulage nach § 31 BVG und Leistungen der Pflegeversicherung (§ 3 Nr. 1a EStG) oder die Eingliederungshilfe bei voll- und teilstationärer Unterbringung. Wird nach dieser Berechnung der allgemeine Lebensbedarf überschritten, ist eine ausführliche Berechnung (vgl. Abs. 1 Satz 1 und Vordruck „Erklärung zum verfügbaren Nettoeinkommen“) vorzunehmen.

    (4) Zum behinderungsbedingten Mehrbedarf gehören alle mit einer Behinderung zusammenhängenden außergewöhnlichen Belastungen, z. B. Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf. Sofern kein Einzelnachweis erfolgt, bemisst sich der behinderungsbedingte Mehrbedarf grundsätzlich in Anlehnung an den Pauschbetrag für behinderte Menschen des § 33b Abs. 3 EStG. Als Einzelnachweis sind sämtliche Leistungen nach dem SGB XII, ggf. abzüglich des Taschengeldes und des Verpflegungsanteils (vgl. Abs. 6 Satz 4 und Abs. 7 Satz 2), sowie Pflegegeld aus der Pflegeversicherung ( BFH vom 24.8.2004 - BStBl 2010 II S. 1052) und Blindengeld ( BFH vom 31.8.2006 - BStBl 2010 II S. 1054) zu berücksichtigen. Die Sätze 1 bis 3 sind bei allen behinderten Kindern unabhängig von ihrer Wohn- oder Unterbringungssituation anzuwenden. Erhält das Kind Eingliederungshilfe, sind die Abs. 6 und 7 zu beachten.

    (5) Neben dem nach Abs. 4 ermittelten behinderungsbedingten Mehrbedarf (einschließlich Eingliederungshilfe) kann ein weiterer behinderungsbedingter Mehrbedarf angesetzt werden. Hierzu gehören alle übrigen durch die Behinderung bedingten Aufwendungen wie z. B. Operationskosten und Heilbehandlungen, Kuren, Arzt- und Arzneikosten; bestehen Zweifel darüber, ob die Aufwendungen durch die Behinderung bedingt sind, ist eine ärztliche Bescheinigung hierüber vorzulegen. Zum weiteren behinderungsbedingten Mehrbedarf zählen bei allen behinderten Kindern auch persönliche Betreuungsleistungen der Eltern, soweit sie über die durch das Pflegegeld abgedeckte Grundpflege und hauswirtschaftliche Verrichtungen hinausgehen und nach amtsärztlichem Gutachten oder ärztlicher Bescheinigung des Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung unbedingt erforderlich sind. Der hierfür anzusetzende Stundensatz beträgt 9 Euro. Fahrtkosten sind ebenfalls zu berücksichtigen (H 33.1 – 33.4 (Fahrtkosten behinderter Menschen) EStH 2013). Mehraufwendungen, die einem behinderten Kind anlässlich einer Urlaubsreise durch Kosten für Fahrten, Unterbringung und Verpflegung einer Begleitperson entstehen, können ebenfalls neben dem Pauschbetrag für behinderte Menschen (§ 33b Abs. 3 EStG) i. H. v. bis zu 767 Euro als behinderungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werden, sofern die Notwendigkeit ständiger Begleitung nachgewiesen ist. Der Nachweis ist vor Antritt der Reise durch ein amtsärztliches Gutachten, eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes einer Krankenversicherung oder die Feststellungen im Ausweis nach SGB IX (bis 30.6.2001: Schwerbehindertenausweis), z. B. durch den Vermerk „Die Notwendigkeit ständiger Begleitung ist nachgewiesen“, zu erbringen ( BFH vom 4.7.2002 - BStBl II S. 765). Wurden für nachgewiesenen bzw. glaubhaft gemachten behinderungsbedingten Mehrbedarf Leistungen durch einen Sozialleistungsträger erbracht, ist darauf zu achten, dass der Mehrbedarf nur einmal berücksichtigt wird. Die kindeseigenen Mittel, die an einen Sozialleistungsträger abgezweigt, übergeleitet oder diesem erstattet werden, mindern nicht den behinderungsbedingten Mehrbedarf des Kindes, sondern die Leistungen des Sozialleistungsträgers in entsprechender Höhe. Dies gilt auch für einen Kostenbeitrag der Eltern.

    (6) Ein Kind ist vollstationär oder auf vergleichbare Weise untergebracht, wenn es nicht im Haushalt der Eltern lebt, sondern anderweitig auf Kosten eines Dritten (i. d. R. der Sozialleistungsträger) untergebracht ist. Dabei ist es unerheblich, ob es vollstationär versorgt wird, in einer eigenen Wohnung oder in sonstigen Wohneinrichtungen (z. B. betreutes Wohnen) lebt. Vollstationäre oder vergleichbare Unterbringung liegt auch dann vor, wenn sich das Kind zwar zeitweise (z. B. am Wochenende oder in den Ferien) im Haushalt der Eltern aufhält, der Platz im Heim, im Rahmen des betreuten Wohnens usw. aber durchgehend auch während dieser Zeit zur Verfügung steht. Die Ermittlung des behinderungsbedingten Mehrbedarfs erfolgt regelmäßig durch Einzelnachweis der Aufwendungen, indem die z. B. im Wege der Eingliederungshilfe übernommenen Kosten für die vollstationäre oder vergleichbare Unterbringung ggf. abzüglich des Taschengeldes und des nach der SvEV zu ermittelnden Wertes der Verpflegung angesetzt werden. Der Pauschbetrag für behinderte Menschen ist nicht neben den Kosten der Unterbringung zu berücksichtigen, da deren Ansatz einem Einzelnachweis entspricht. Liegt eine vollstationäre Heimunterbringung des behinderten Kindes vor, kann evtl. gezahltes Pflege- oder Blindengeld nicht neben der Eingliederungshilfe als behinderungsbedingter Mehrbedarf berücksichtigt werden. Der Berechtigte kann weiteren behinderungsbedingten Mehrbedarf glaubhaft machen (siehe Abs. 5).

    (7) Ein Kind ist teilstationär untergebracht, wenn es z. B. bei seinen Eltern lebt und zeitweise in einer Einrichtung (Werkstatt für behinderte Menschen) betreut wird. Die Leistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe abzüglich des nach SvEV zu bestimmenden Wertes der Verpflegung sind als behinderungsbedingter Mehrbedarf anzusetzen. Für die Pflege und Betreuung außerhalb der teilstationären Unterbringung ist neben dem behinderungsbedingten Mehrbedarf nach Satz 2 mindestens ein Betrag in Höhe des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 EStG als Bedarf des Kindes zu berücksichtigen. Der Berechtigte kann weiteren behinderungsbedingten Mehrbedarf glaubhaft machen (siehe Abs. 5).“

  • Beispiele:

    1. Im Haushalt eines Stpfl. lebt dessen 39-jähriger Sohn, der durch einen Unfall im Alter von 21 Jahren schwerbehindert wurde (Grad der Behinderung 100, gesundheitliche Merkzeichen „G“ und „H“). Er arbeitet tagsüber in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfB). Hierfür erhält er ein monatliches Arbeitsentgelt von 75 €. Die Kosten für die Beschäftigung in der WfB von monatlich 1.250 € und die Fahrtkosten für den arbeitstäglichen Transport zur WfB von monatlich 100 € trägt der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Der Sohn bezieht daneben eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung von monatlich 300 €, wovon nach Abzug eines Eigenanteiles zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner in Höhe von 29 € noch 271 € ausgezahlt werden. Außerdem erhält er eine private Rente von monatlich 270 €. Der Besteuerungs- bzw. der Ertragsanteil der Renten beträgt 50 % und 49 %. Der Stpfl. macht einen Aufwand für Fahrten (3.000 km im Jahr) glaubhaft, für die kein Kostenersatz geleistet wird. Der Sohn beansprucht freies Mittagessen in der Werkstatt. Er hat keinen Anspruch auf Pflegegeld.

      Ermittlung des gesamten notwendigen Lebensbedarfs für den VZ 2015:

       
      8.472  €
      Behinderungsbedingter Mehrbedarf:
       
       
      Kosten der Beschäftigung in der WfB (1.250 € × 12)
      15.000 €
       
      im Grundbedarf enthaltene Verpflegung, ermittelt
       
       
      nach SvEV (90 € × 12)
      – 1.080 €
       
      13.920 €
       
      Fahrtbedarf (WfB – Elternhaus), (100 € × 12)
      1.200 €
       
      darüber hinaus bestehender Fahrtbedarf (3.000 km × 0,30 €)
      900 €
       
      pauschaler behinderungsbedingter Mehrbedarf in Höhe des Pauschbetrags für behinderte Menschen (§ 33b Abs. 3 EStG)
      3.700 €
      19.720 €
      Gesamter notwendiger Lebensbedarf
       
      28.192 €

      Ermittlung der eigenen Mittel des Kindes:

      Einkünfte:

      Keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, da das Arbeitsentgelt (75 € × 12 = 900 €) nicht den Arbeitnehmer-Pauschbetrag nach § 9a EStG übersteigt.
       
       
      Besteuerungsanteil der Rente wegen voller Erwerbsminderung (50 % von 3.252 € )
      1.626 €
       
      (Anmerkung: Sozialversicherungsbeiträge bleiben für die Berechnung der eigenen Mittel unberücksichtigt, >A 18.4 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. A 18.5 Satz 2 DA-KG 2015 )
       
       
      Ertragsanteil der privaten Rente (49 % von 3.240 €)
      1.587 €
       
      Werbungskosten-Pauschbetrag
      – 102 €
      3.111 €
      Steuerfreie Einnahmen/Leistungen Dritter:
       
       
      Rente wegen voller Erwerbsminderung, soweit Besteuerungsanteil übersteigend
      1.626 €
       
      Private Rente, soweit Ertragsanteil übersteigend
      1.653 €
       
      Eingliederungshilfe
      15.000 €
       
      Fahrtkostenübernahme durch Sozialhilfeträger
      1.200 €
       
      Kostenpauschale (R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 EStR)
      – 180 €
       
       
      19.299 €
      Summe der eigenen Mittel
      22.410 €

      Der Sohn verfügt nicht über die für die Bestreitung seines notwendigen Lebensbedarfs erforderlichen Mittel. Er ist außerstande, sich selbst zu unterhalten und deshalb steuerlich zu berücksichtigen.

    2. Die 25-jährige Tochter (Grad der Behinderung 100, gesundheitliches Merkzeichen „H“) eines Stpfl. ist vollstationär in einer Einrichtung für behinderte Menschen untergebracht. An Wochenenden und während ihres Urlaubs hält sie sich im Haushalt des Stpfl. auf. Die Kosten der Unterbringung in der Einrichtung (Eingliederungshilfe) von jährlich 30.000 € tragen der Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe in Höhe von 27.000 € und die Pflegeversicherung in Höhe von 3.000 €. Der Sozialhilfeträger zahlt der Tochter ferner ein monatliches Taschengeld von 100 € und eine monatliche Bekleidungspauschale von 50 € und wendet für die Fahrten zwischen Elternhaus und Einrichtung jährlich 600 € auf. Für die Zeit des Aufenthalts im elterlichen Haushalt erhält die Tochter ein monatliches Pflegegeld von 225 €. In diesen Zeiträumen erbringen die Eltern durchschnittlich monatlich 10 Stunden persönliche Betreuungsleistungen, die vom Pflegegeld nicht abgedeckt und nach amtsärztlicher Bescheinigung unbedingt erforderlich sind. Sie leisten einen monatlichen Kostenbeitrag an den Sozialhilfeträger von 31 € (§ 94 Abs. 2 SGB XII).

      Ermittlung des gesamten notwendigen Lebensbedarfs für den VZ 2015:

       
      8.472 €
      Behinderungsbedingter Mehrbedarf:
      Kosten des Platzes in der Einrichtung
      30.000 €
       
      Im Grundbedarf enthaltene Verpflegung, ermittelt nach der SvEV (229 € × 12)
      – 2.748 €
       
      27.252 €
       
      Fahrtbedarf (Einrichtung – Elternhaus)
      600 €
       
      Vom Pflegegeld abgedeckter Pflegebedarf (225 € × 12)
      2.700 €
       
      Betreuungsleistungen der Eltern (10 Stunden × 12 ×  9 € )
      1.080 €
      31.632 €
      Gesamter notwendiger Lebensbedarf
       
      40.104 €

      Ermittlung der eigenen Mittel des Kindes:

      Eingliederungshilfe (Kostenbeitrag in Höhe von 12 × 31 € ist abgezogen)
       
      26.628 €
      Leistung nach § 43a SGB XI (Abgeltung der Pflege in vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe)
       
      3.000 €
      Taschengeld (100 € × 12)
       
      1.200 €
      Bekleidungspauschale (50 € × 12)
       
      600 €
      Fahrtkostenübernahme durch Sozialhilfeträger
       
      600 €
      Pflegegeld (225 € × 12)
       
      2.700 €
      Kostenpauschale (R 33a.1 Abs. 3 Satz 5 EStR)
       
      – 180 €
      Summe der eigenen Mittel
       
      34.548 €

      Ein pauschaler behinderungsbedingter Mehraufwand in Höhe des Pauschbetrags für behinderte Menschen nach § 33b Abs. 3 EStG kann nicht zusätzlich angesetzt werden, weil der Ansatz der Kosten bei vollstationärer Unterbringung einem Einzelnachweis entspricht.

      Die Tochter ist außerstande, sich selbst zu unterhalten. Es kommen die Freibeträge gemäß § 32 Abs. 6 EStG zum Abzug.

Nachweis der Behinderung

>A 18.2 Abs. 1 DA-KG 2015 :

„Den Nachweis einer Behinderung kann der Berechtigte erbringen:

  1. bei einer Behinderung, deren Grad auf mindestens 50 festgestellt ist, durch einen Ausweis nach dem SGB IX oder durch einen Bescheid der nach § 69 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörde,

  2. bei einer Behinderung, deren Grad auf weniger als 50, aber mindestens 25 festgestellt ist,

    1. durch eine Bescheinigung der nach § 69 Abs. 1 SGB IX zuständigen Behörde auf Grund eines Feststellungsbescheids nach § 69 Abs. 1 des SGB IX, die eine Äußerung darüber enthält, ob die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat oder auf einer typischen Berufskrankheit beruht,

    2. wenn dem Kind wegen seiner Behinderung nach den gesetzlichen Vorschriften Renten oder andere laufende Bezüge zustehen, durch den Rentenbescheid oder einen entsprechenden Bescheid,

  3. bei einer Einstufung als schwerstpflegebedürftige Person in Pflegestufe III nach dem SGB XI oder diesem entsprechenden Bestimmungen durch den entsprechenden Bescheid.

Der Nachweis der Behinderung kann auch in Form einer Bescheinigung bzw. eines Zeugnisses des behandelnden Arztes oder eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden ( BFH vom 16.4.2002 - BStBl II S. 738). Aus der Bescheinigung bzw. dem Gutachten muss Folgendes hervorgehen:

  • Vorliegen der Behinderung,

  • Beginn der Behinderung, soweit das Kind das 25. Lebensjahr vollendet hat, und

  • Auswirkungen der Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit des Kindes.

Für ein Kind, das wegen seiner Behinderung bereits länger als ein Jahr in einer Kranken- oder Pflegeeinrichtung untergebracht ist, genügt eine Bestätigung des für diese Einrichtung zuständigen Arztes hierüber; die Bescheinigung ist nach spätestens fünf Jahren zu erneuern.“

Suchtkrankheiten

Suchtkrankheiten können Behinderungen darstellen (> BFH vom 16.4.2002 - BStBl II S. 738).

Ursächlichkeit der Behinderung

>A 18.3 DA-KG 2015 :

„(1) Die Behinderung muss ursächlich für die Unfähigkeit des Kindes sein, sich selbst zu unterhalten. Allein die Feststellung eines sehr hohen Grades der Behinderung rechtfertigt die Annahme der Ursächlichkeit jedoch nicht.

(2) Die Ursächlichkeit ist anzunehmen , wenn:

  • der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt (vgl. A 18.2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen erscheint. Als besondere Umstände gelten

    • die Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen,

    • der Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII oder

    • die Fortdauer einer Schul- oder Berufsausbildung eines Kindes aufgrund seiner Behinderung über das 25. Lebensjahr hinaus,

  • im Ausweis über die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch oder im Feststellungsbescheid das Merkmal „H“ (hilflos) eingetragen oder im Feststellungsbescheid festgestellt ist, dass die Voraussetzungen für das Merkmal „H“ (hilflos) vorliegen,

  • eine volle Erwerbsminderungsrente gegenüber dem Kind bewilligt ist oder eine dauerhafte volle Erwerbsminderung nach § 45 SGB XII festgestellt ist.

Dem Merkzeichen „H“ steht die Einstufung als schwerstpflegebedürftig in Pflegestufe III nach dem SGB XI oder diesem entsprechenden Bestimmungen gleich. Die Einstufung als schwerstpflegebedürftig ist durch Vorlage des entsprechenden Bescheides nachzuweisen.

(3)  Liegt kein Fall des Absatzes 2 vor , ist eine Stellungnahme der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit darüber einzuholen, ob die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung gem. § 76 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB IX erfüllt sind oder ob das Kind nach Art und Umfang seiner Behinderung in der Lage ist, eine arbeitslosenversicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben. Liegen die Voraussetzungen für eine Mehrfachanrechnung vor, ist das Kind zu berücksichtigen, auch wenn es eine Erwerbstätigkeit von mehr als 15 Stunden wöchentlich ausüben könnte. Ist das Kind nicht in der Lage eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes auszuüben, kann unterstellt werden, dass die Ursächlichkeit der Behinderung gegeben ist. Für die Anfrage steht der Vordruck „Kindergeld für ein behindertes Kind ; Beteiligung der Reha/SB-Stelle“ zur Verfügung . Der Feststellungsbescheid und ggf. vorhandene ärztliche Bescheinigungen sind beizufügen. Ist der Reha/SB-Stelle der Agentur für Arbeit mangels hinreichender Unterlagen eine Stellungnahme nicht möglich, teilt sie dies auf der Rückseite des Vordrucks „Kindergeld für ein behindertes Kind ; Beteiligung der Reha/SB-Stelle“ der Familienkasse mit. In diesem Fall ist der Antrag stellenden Person unter Verwendung des Vordrucks „Kindergeld für ein behindertes Kind ; Beteiligung des Ärztlichen Dienstes bzw. Berufspsychologischen Services der Bundesagentur für Arbeit“ vorzuschlagen, das Kind durch den Ärztlichen Dienst bzw. Berufspsychologischen Service der Bundesagentur für Arbeit begutachten zu lassen. Dabei ist er auf die Rechtsfolgen der Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen hinzuweisen. Sofern der Berechtigte innerhalb der gesetzten Frist nicht widerspricht, leitet die Familienkasse erneut eine Anfrage der Reha/SB-Stelle zu, die ihrerseits die Begutachtung durch den Ärztlichen Dienst und ggf. den Berufspsychologischen Service veranlasst. Das Gutachten ist an die Reha/SB-Stelle zu senden, damit diese die Anfrage der Familienkasse beantworten kann. Das Gutachten verbleibt bei der Reha/SB-Stelle. Erscheint das Kind ohne Angabe von Gründen nicht zur Begutachtung, gibt der Ärztliche Dienst/Berufspsychologische Service die Unterlagen an die Reha/SB-Stelle zurück, die ihrerseits die Familienkasse unterrichtet. Wird die Begutachtung verweigert, so ist der Antrag abzulehnen. Zur Überprüfung der Festsetzung vgl. A 18.1 Abs. 5 und 6.

(4) Die Behinderung muss nicht die einzige Ursache dafür sein, dass das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. Eine Mitursächlichkeit ist ausreichend, wenn ihr nach den Gesamtumständen des Einzelfalls erhebliche Bedeutung zukommt ( BFH vom 19.11.2008 - BStBl 2010 II S. 1057). Die Prüfung der Mitursächlichkeit kommt in den Fällen zum Tragen, in denen das Kind grundsätzlich in der Lage ist, eine Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben (d. h. eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung), die Behinderung der Vermittlung einer Arbeitsstelle jedoch entgegensteht. Eine allgemein ungünstige Situation auf dem Arbeitsmarkt oder andere Umstände (z. B. mangelnde Mitwirkung bei der Arbeitsvermittlung, Ablehnung von Stellenangeboten), die zur Arbeitslosigkeit des Kindes führen, begründen hingegen keine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Auch wenn das Kind erwerbstätig ist, kann die Behinderung mitursächlich sein. Ist das Kind trotz seiner Erwerbstätigkeit nicht in der Lage, seinen notwendigen Lebensbedarf zu bestreiten (vgl. A 18.4), ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Behinderung für die mangelnde Fähigkeit zum Selbstunterhalt mitursächlich ist ( BFH vom 15.3.2012 – BStBl II S. 892).

(5) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten, kann nicht angenommen werden, wenn es sich in Untersuchungs- oder Strafhaft befindet, auch dann nicht, wenn die Straftat durch die Behinderung gefördert wurde ( BFH vom 30.4.2014 – BStBl II S. 1014).“


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