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H 30.1 GewStH Zerlegung bei mehrgemeindlichen Betriebsstätten

Zu § 30 GewStG

Allgemeines

  • Zum Begriff der mehrgemeindlichen Betriebsstätte

    > BFH vom 28. 10. 1964 - BStBl 1965 III S. 113, vom 25. 9. 1968 – BStBl II S. 827, vom 20.2.1974 – BStBl II S. 427, vom 10. 7. 1974 – BStBl 1975 II S. 42 und vom 12. 10. 1977 – BStBl 1978 II S. 160. Unter bestimmten Voraussetzungen kann der räumliche Zusammenhang gegenüber einer besonders engen wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen Verbindung in den Hintergrund treten, so etwa für Unternehmen der Elektrizitätsversorgung (> BFH vom 12. 10. 1977 - BStBl 1978 II S. 160, vom 16. 11. 1965 – BStBl 1966 II S. 40 und vom 18. 10. 1967 – BStBl 1968 II S. 40) und der Mineralölwirtschaft (> BFH vom 20. 2. 1974 – BStBl II S. 427 und vom 10.7.1974 – BStBl 1975 II S. 42).

  • Die Möglichkeit, dass die Anwendung des Zerlegungsmaßstabes nach § 29 GewStG zu einem unbilligen Ergebnis führen könnte, ist für sich nicht geeignet, die Voraussetzungen für eine mehrgemeindliche Betriebstätte zu begründen (> BFH vom 12. 10. 1977 - BStBl 1978 II S. 160).

  • Eine mehrgemeindliche Betriebstätte ist bei Kapitalgesellschaften auch dann gegeben, wenn sich in einer Gemeinde lediglich Grundstücke der Betriebstätte befinden, die zurzeit betrieblich nicht unmittelbar genutzt werden (> BFH vom 18. 4. 1951 - BStBl III S. 124).

  • Bei einer mehrgemeindlichen Betriebstätte nach § 30 GewStG sind Bauausführungen nur dann als Betriebstätte anzusehen, wenn sie im Gebiet der einzelnen Gemeinde länger als sechs Monate dauern (>§ 12 Satz 2 Nr. 8 AO). Witterungsbedingte oder bautechnisch bedingte Unterbrechungen von kürzerer Dauer berühren den Fortgang der Sechsmonatsfrist nicht (> BFH vom 8. 2. 1979 – BStBl II S. 479).

Elektrizitätsunternehmen

  • Ein Elektrizitätsunternehmen, dessen einzelne Elektrizitätswerke in verschiedenen Gemeinden liegen, bildet eine mehrgemeindliche Betriebsstätte (> BFH vom 16. 11. 1965 - BStBl 1966 III S. 40 und vom 18. 10. 1967 – BStBl 1968 II S. 40), wenn die Elektrizitätswerke durch Kabelleitungen untereinander verbunden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Leitungen dem Elektrizitätsunternehmen gehören oder nicht, vielmehr reicht die Inanspruchnahme des verbundwirtschaftlichen Stromnetzes aus.

  • Bei einem Elektrizitätswerk, das als Wasserkraftwerk betrieben wird, stellen Stau- und Wehranlagen, die nicht zum Betriebsvermögen des Unternehmens gehören, sondern öffentlich sind, keine ausreichende räumliche Verbindung her (> BFH vom 4. 12. 1962 - BStBl 1963 III S. 156).

  • Eine Kohlenzeche, die einem Elektrizitätsunternehmen gehört, bildet eine selbständige Betriebsstätte; die Verbindung der Zeche durch Kabelleitungen mit dem Versorgungsnetz des Elektrizitätsunternehmens reicht für einen räumlichen Zusammenhang zwischen Zeche und Elektrizitätsunternehmen nicht aus (> BFH vom 2. 11. 1960 - BStBl 1961 III S. 8).

Hauptzerlegung und Unterzerlegung

Unterhält ein Unternehmen mehrere selbständige Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden und ist darunter auch eine Betriebsstätte, die sich auf mehrere Gemeinden erstreckt (mehrgemeindliche Betriebsstätte), so ist in dem Zerlegungsbescheid eine Zerlegung in zwei Stufen durchzuführen: Zunächst ist der Gewerbesteuermessbetrag nach dem Maßstab des § 29 GewStG auf die Betriebstätten in den verschiedenen Gemeinden zu zerlegen (Hauptzerlegung). Anschließend ist der Zerlegungsanteil, der auf die mehrgemeindliche Betriebsstätte entfällt, nach § 30 GewStG auf diejenigen Gemeinden weiter zu zerlegen, auf die sich die mehrgemeindliche Betriebsstätte erstreckt (Unterzerlegung). Die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrages ist somit nicht in zwei getrennten Zerlegungsbescheiden vorzunehmen (> BFH vom 12. 10. 1977 - BStBl 1978 II S. 160).

Omnibuslinienbetrieb

Ein Omnibusbetrieb, dessen Linien mehrere Gemeinden verbinden, ist keine mehrgemeindliche Betriebsstätte, da die von den Omnibussen befahrenen öffentlichen Straßen (nicht betriebseigenen Verkehrswege) den notwendigen räumlichen Zusammenhang nicht herstellen (> BFH vom 25. 9. 1968 – BStBl II S. 827).

Unternehmen der Mineralölwirtschaft

  • Der für die Annahme einer mehrgemeindlichen Betriebsstätte nach § 30 GewStG unter anderem geforderte räumliche Zusammenhang zwischen mehreren Betriebsteilen kann bei einem Unternehmen der Mineralölwirtschaft auch dadurch begründet werden, dass eine Raffinerie mit einem Tanklager durch unterirdische Rohrleitungen verbunden ist (> BFH vom 20. 2. 1974 – BStBl II S. 427 und vom 10.7.1974 – BStBl 1975 II S. 42). Die Betriebstätte der Hauptverwaltung (Sitz des Vorstandes) einer Mineralöl-AG ist nicht in die mehrgemeindliche Betriebstätte der AG einzubeziehen, wenn zwar dem Vorstand die über den laufenden Betrieb hinausgehenden technischen Entscheidungen vorbehalten sind, nicht aber die zentrale Steuerung, die Wartung, die Überwachung und die Reparatur der Pipeline (> BFH vom 12. 10. 1977 - BStBl 1978 II S. 160).

  • Das bloße Durchführen von Rohrleitungen eines Unternehmens der Ölwirtschaft durch eine Gemeinde ist noch nicht als Ausübung des Betriebs eines stehenden Gewerbes anzusehen. Die Verteilung des Transportgutes, die in einer festen örtlichen Anlage vorgenommen wird, geht über das Durchführen einer Rohrleitung hinaus, wobei es unschädlich ist, wenn die vorgenommenen betrieblichen Handlungen nicht durch am Ort tätige Arbeitnehmer vorgenommen werden, sondern durch ferngesteuerte Maschinen (wirtschaftliche Betrachtungsweise > BFH vom 12. 10. 1977 - BStBl 1978 II S. 160).

Verkehrsunternehmen des Schienenverkehrs

Ein Straßenbahnbetrieb, der sich über mehrere Gemeinden erstreckt, stellt eine mehrgemeindliche Betriebsstätte dar, da die räumliche Verbindung zwischen den einzelnen Betriebsteilen durch die Gleisanlagen gegeben ist (> BFH vom 25. 9. 1968 – BStBl II S. 827).

Zu berücksichtigende Faktoren von Gemeindelasten

  • Eine Zerlegung nach § 30 GewStG setzt nicht voraus, dass der Gemeinde durch die mehrgemeindliche Betriebstätte feststellbare Lasten erwachsen. Durch die Betriebstätte erwachsende Gemeindelasten sind lediglich beim Maßstab der Zerlegung zu berücksichtigen. Eine Zerlegung nach § 30 GewStG muss stets dann erfolgen, wenn eine mehrgemeindliche Betriebstätte vorliegt. Davon unabhängig ist über den Zerlegungsmaßstab zu entscheiden (> BFH vom 28. 10. 1987 - BStBl 1988 II S. 292).

  • Wohnen in den Gemeinden einer mehrgemeindlichen Betriebstätte keine Arbeitnehmer dieser Betriebstätte, so entfällt der Faktor Arbeitnehmer bei der Zerlegung. Die Zerlegung für die mehrgemeindliche Betriebstätte ist dann nur nach den übrigen Faktoren (Betriebsanlagen evtl. Stromabgabe bzw. Elektrizitätsunternehmen) vorzunehmen. Der Anteil der Betriebstättengemeinde an der Unterzerlegung verringert sich entsprechend (> BFH vom 28. 10. 1987 - BStBl 1988 II S. 292).

  • Bei einer mehrgemeindlichen Betriebstätte ist der einheitliche Steuermessbetrag unter Berücksichtigung der gesamten Lasten zu zerlegen, die sich für die einzelnen Gemeinden aus der Betriebstätte ergeben, nicht lediglich unter Berücksichtigung der Lasten, die mit den Teilen der Betriebstätte verbunden sind, die sich in den einzelnen Gemeinden befinden (> BFH vom 18. 4. 1951 - BStBl III S. 124). Im Zerlegungsmaßstab bei mehrgemeindlichen Betriebstätten ist deshalb auch angemessen die Belastung zu berücksichtigen, die den beteiligten Gemeinden durch die im Gemeindegebiet wohnhaften Arbeitnehmer entsteht (> BFH vom 26. 11. 1957 - BStBl 1958 III S. 261).


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