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Inhaltsverzeichnis

Kinder - Berufsausbildung

§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a

1. Kinder in Berufsausbildung zwischen 18 und 25 Jahren

Ein Kind, das das 18. aber noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird.(§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG) Als Berufsausbildung ist die Ausbildung für einen künftigen Beruf anzusehen, z.B. Ausbildung für einen handwerklichen, kaufmännischen, technischen oder wissenschaftlichen Beruf sowie die Ausbildung in der Hauswirtschaft auf Grund eines Berufsausbildungsvertrages oder an einer Hauhaltsschule oder Berufsfachschule. Zur Berufsausbildung gehört auch der Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen, von Fachschulen und Hochschulen sowie ein nach der maßgebenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebenes Praktikum (BFH, 10.02.1961 - VI 182/60 U, BStBl III 1961, 160). Die Berufsausbildung soll die für Ausübung eines Berufs notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn sie die Zeit und Arbeitskraft des Kindes dermaßen in Anspruch nimmt, dass ein greifbarer Bezug zu dem angestrebten Berufsziel hergestellt wird und Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit ausgeschlossen sind. Zur Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Teilnahme am Schulunterricht zur Erfüllung der Schulpflicht. Das gilt auch dann, wenn der Umfang des danach zu besuchenden Unterrichts zehn oder weniger Wochenstunden umfasst (BFH, 28.04.2010 - III R 93/08).

Ein Kind in Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG ist auch gegeben, wenn das Kind neben der Berufsausbildung einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht (BFH, 31.07.2008 - III B 64/07).

Der Besuch von Abend- oder Tageskursen von nur kurzer Dauer täglich kann nicht als Berufsausbildung angesehen werden. Unterbrechungszeiten wegen Erkrankung oder Mutterschaft zählen auch zur Berufsausbildung. Zeiten des Erziehungsurlaubs bzw. der Elternzeit zählen dagegen nicht zur Ausbildung, da die Kinderbetreuung im Vordergrund steht (BZSt, 16.07.2012 - St II 2 - S 2280-DA/12/00002, DA-FamEStG 63.3.2.8, BStBl I 2012, 774 sowie BFH, 15.07.2003 - VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848). In Berufsausbildung befindet sich, wer seine Berufsziele noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet (BFH, 09.06.1999 - VI R 50/98, BStBl II 1999, 706). Die Ferienzeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten gehört zur Berufsausbildung, nicht aber die Übergangszeit zwischen dem Abschluss der Berufsausbildung und dem Berufsantritt sowie die Probezeit bei erstmaligem Berufsantritt (BFH, 31.01.1964 - VI 5/63, BStBl II 1964, 300). Zur Berücksichtigung eines Kindes bei einem Auslandsaufenthalt in einem sog. "Au-pair-Verhältnis" vgl. Kinder - Au-pair-Tätigkeit.

2. Abschluss der Berufsausbildung

Die Berufsausbildung ist abgeschlossen, wenn das Kind einen Ausbildungsstand erreicht hat, der es zur Berufsausübung befähigt, oder wenn einem schwerbehinderten Kind eine seinen Fähigkeiten angemessene Beschäftigung möglich ist. In Handwerksberufen wird die Berufsausbildung mit bestandener Gesellenprüfung, in anderen Lehrberufen mit der Gehilfenprüfung abgeschlossen. In akademischen Berufen wird die Berufsausbildung mit der Ablegung des - ersten - Staatsexamens oder einer entsprechenden Abschlussprüfung abgeschlossen, es sei denn, dass sich ein ergänzendes Studium (BFH, 01.09.2000 - VI B 63/00, BFH/NV 2001, 310), ein Zweitstudium oder ein nach der maßgebenden Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgeschriebenes Dienstverhältnis oder Praktikum anschließt.

Mit Aufnahme einer Vollzeiterwerbstätigkeit ist die Ausbildung eines studierenden Kindes beendet, auch wenn das Prüfungsergebnis noch nicht bekannt gegeben worden ist. Die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ist das späteste Ende der Ausbildung (BFH, 24.05.2000 - VI R 143/99, BStBl II 2000, 473). Diese Auslegung ist immer dann günstiger, wenn die ab Aufnahme der Berufstätigkeit bis zur Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses erzielten Einkünfte zu einer Nichtberücksichtigung des Kindes wegen Überschreiten der Jahreseinkunftsgrenze führen würden.

Wenn das Kind nach Abschluss seiner kaufmännischen Ausbildung in die Aufgaben eines künftigen Betriebsinhabers im elterlichen Betrieb eingewiesen wird, ist eine Berücksichtigung des Kindes nicht mehr möglich (BFH, 02.08.1968 - VI R 207/66, BStBl II 1968 II, 777). Kein Kindergeldanspruch besteht für ein vom Studium beurlaubtes Kind (BFH, 13.07.2004 - VIII R 23/02, BStBl II 2004, 999).

3. Auslands(sprach)aufenthalte

Der BFH hat in mehreren Entscheidungen vom 09.06.1999 für Eltern weit gehende günstige Entscheidungen getroffen (BFH, 09.06.1999 - VI R 33/98, VI R 34/98 und VI R 143/98, BStBl II 1999, 961ff).
Der Vorbereitung auf ein Berufsziel und damit der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen geht, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind.

Bei der Auslegung von Sinn und Zweck des seit 01.01.1996 geltenden steuerrechtlichen Kindergelds ist zu berücksichtigen, dass das Existenzminimum eines Kindes von der Besteuerung auszunehmen ist, weil durch den kindbedingten Aufwand die steuerliche Leistungsfähigkeit der Eltern gemindert wird. Die technische und wirtschaftliche Entwicklung in praktisch allen Berufszweigen lässt es als geboten erscheinen, Fähigkeiten und Kenntnisse zu erwerben, die über das vorgeschriebene Maß hinausgehen.

Sprachaufenthalte im Ausland können dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden. Eine Ausbildung in diesem Sinne ist ohne weiteres dann anzunehmen, wenn der Sprachaufenthalt mit anerkannten Formen der Berufsausbildung verbunden wird, z.B. mit dem Besuch einer allgemein bildenden Schule, eines Colleges oder einer ausländischen Universität. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen können regelmäßig als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des Einzelfalles. Ist der Auslandsaufenthalt in einer Ausbildungs-/Studienordnung nicht vorgeschrieben oder empfohlen, kann ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich 10 Unterrichtsstunden grundsätzlich als ausreichend angesehen werden, da die Zeit der Vor- und Nachbereitung sowie die praktische Anwendung der Fremdsprache außerhalb des Unterrichts in die Gesamtbetrachtung miteinbezogen werden müssen. 10 Unterrichtsstunden je Woche können jedoch nur einen Anhaltspunkt für die Intensität der Sprachausbildung geben. So kann Einzelunterricht wegen der umfänglicheren Vor- und Nacharbeit möglicherweise auch dann als ausreichende Ausbildung angesehen werden, wenn er eine geringere Unterrichtsstundenzahl umfasst. Desgleichen kann die Teilnahme an einem Sprachkurs mit einer geringeren Unterrichtsstundenzahl anerkannt werden, wenn er der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt, oder wenn neben dem Sprachunterricht zusätzliche fremdsprachenfördernde Aktivitäten unternommen werden, z.B. die Teilnahme an Vorlesungen oder das Halten von Vorträgen in der Fremdsprache. Ein Geschichtskurs im Umfang von 2,5 Zeitstunden je Woche erfüllt die Anforderungen weder in zeitlicher noch in inhaltlicher Hinsicht (vgl. BFH, 19.02.2002 - VIII R 83/00, BStBl II 2002, 469).

Praxistipp:

Wesentlich ist die Auffassung des BFH, dass die Ausbildungsmaßnahme weder in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben noch dass diese Kenntnisse zwingend notwendig sein müssen. Denn den Eltern und dem Kind kommt bei der Gestaltung der Ausbildung von Verfassungswegen ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Dies gilt auch in Bezug auf eine Ausbildung im Ausland.

Die Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin im Ausland ist kein Teil der Berufsausbildung (BFH, 15.07.2003 - VIII R 79/99, BStBl II 2003, 843).

4. Volontärtätigkeit, Promotionsstudium, Praktikum

Der BFH hat in mehreren Entscheidungen vom 09.06.1999 für Eltern von Kindern in den o.g. Lebensabschnitten ebenfalls positive Entscheidungen getroffen (BFH, 09.06.1999 - VI R 50/98, BStBl II 1999, 706; BFH, 09.06.1999 - VI R 92/98, BStBl II 1999, 708 und BFH, 09.06.1999 - VI R 16/99, BStBl II 1999, 713).

Eine Volontärtätigkeit, die ausbildungswillige Kinder vor Annahme einer voll bezahlten Beschäftigung gegen geringe Entlohnung absolvieren, ist nach Auffassung des BFH grundsätzlich als Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a EStG anzuerkennen, wenn das Volontariat der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation dient und somit der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht. Die Verwaltung geht im Übrigen selbst davon aus, dass die Unterweisung in einem "Anlernverhältnis" jedenfalls dann als Berufsausbildung anzusehen ist, wenn ein Ausbildungsplan zu Grunde liegt, die Unterweisung auf qualifizierte Tätigkeiten ausgerichtet ist und nicht den Charakter einer Arbeitsleistung gegen Entgelt hat.

Zur Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG gehört auch die Vorbereitung auf eine Promotion, wenn diese im Anschluss an das Studium ernsthaft und nachhaltig durchgeführt wird (vgl.BZSt, 30.09.2009 - St II 2 - S 2280-170/09, DA-FamEStG 63.3.2.3 Abs. 4; BStBl I 2009, 1061). Auch die Promotionsvorbereitung gilt ggf. als Berufsausbildung (BFH, 10.12.2003 - VIII B 151/03, BFH/NV 2004, 929).

Auch das Anwaltspraktikum eines Jurastudenten ist Berufsausbildung in diesem Sinne, da es sich um eine Maßnahme zum Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind. Aus dem Gesetzeswortlaut kann nicht gefolgert werden, dass die Ausbildungsmaßnahme in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sein oder - mangels solcher Regelungen - jedenfalls dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen muss, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind (vgl. R 32.5 EStR).
Eltern haben für Kinder bis 25 Jahren, die ein Praktikum ableisten, in der Regel Anspruch auf Kindergeld. Mit Urteil vom 09.06. 2011 - III R 28/09 -hat der BFH entschieden, dass die Vergütung für ein Praktikum während des Studiums zu den für den Bezug des Kindergelds schädlichen Einnahmen zählt. Sie kann nicht um die Kosten für Miete und Verpflegungsmehraufwand gekürzt werden, wenn gleichzeitig der Wohnsitz am Studienort aufgegeben wird. Derartige Aufwendungen für die auswärtige Unterbringung des Kindes in Ausbildung seien durch den Jahresgrenzbetrag für eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes von derzeit 8.004 EUR abgegolten. Im Streitfall unterbrach das Kind, das seinen Lebensmittelpunkt unverändert im Haus der Eltern beibehalten hatte, sein Studium im Inland und gab seine Wohnung am Studienort auf, um in den USA ein berufsbezogenes Praktikum zu absolvieren. Der BFH verneinte den Anspruch auf Kindergeld. Da das Kind seine Wohnung am Studienort aufgegeben hatte, könnten die Miet- und Verpflegungsmehraufwendungen nicht unter dem Gesichtspunkt der doppelten Haushaltsführung bei der Ermittlung seiner Auslandseinkünfte abgezogen werden. Der Abzug dieser Aufwendungen nach Reisekostengrundsätzen bei der Ermittlung der übrigen Einkünfte und Bezüge scheitere daran, dass die (unterbrochene) Ausbildung an der regelmäßigen inländischen Ausbildungsstätte keiner Einkunftsart zuzurechnen sei. Zudem könnten die nach obigen Grundsätzen ermittelten Einkünfte und Bezüge nach ständiger Rechtsprechung auch nicht um den ausbildungsbedingten Mehraufwand gekürzt werden, da bei der Bemessung des Jahresgrenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG der erhöhte Lebensbedarf eines auswärts untergebrachten Kindes in Ausbildung bereits berücksichtigt sei.

Praxistipp:

Handelt es sich um ein Praktikum innerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses, können die Kosten für Unterkunft und Verpflegung berücksichtigt werden.

5. Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (§ 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG)

Zur Vermeidung von Härten in Fällen der Unterbrechung der Berufsausbildung wegen des Monatsprinzips kann ein Kind auch während einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten berücksichtigt werden. Der grds. bereits feststehende Beginn einer weiteren Berufsausbildung muss dabei innerhalb des Viermonatszeitraums liegen. Eine anzuerkennende Übergangszeit liegt dagegen nicht vor, wenn ein ausbildungswilliges Kind einen Ausbildungsabschnitt beendet und sich danach wegen Kindesbetreuung nicht um einen Anschluss-Ausbildungsplatz bemüht. Eine Fristüberschreitung wird dem Antragsteller angelastet, auch wenn sie von diesem nicht zu vertreten ist (FG Hessen, 25.06.1997 - K 626/97; EFG 1998, 104). Der Abbruch der Schulausbildung und die anschließende Wartezeit bis zum Beginn eines freiwilligen sozialen Jahres stellt keine Übergangszeit dar (BFH, 15.07.2003 - VIII R 78/99, BStBl II 2003, 841).

Die Vier-Monats-Frist ist nicht taggenau zu berechnen, sondern umfasst vier volle Kalendermonate (BFH, 15.07.2003 - VIII R 105/01, BStBl II 2003, 847). Dauert die Wartezeit länger als vier (volle) Monate, lässt der BFH allerdings keine Ausnahme zu (BFH, 15.07.2003 - VIII R 75/00, BFH/NV 2004, 171 sowie BFH, 15.07.2003 - VIII R 92/01, BFH/NV 2004, 173).

Beispiel:

Der Schüler S macht am 03.07. sein Abitur. Die sich anschließende Ausbildung beginnt erst am 5. Dezember. S ist als Kind zu berücksichtigen. Der nächste Ausbildungsabschnitt beginnt in dem Monat nach Ablauf des vierten vollen Monats, in dem sich das Kind nicht in Ausbildung befindet.

Hinweis:

Wie bei einem Kind ohne Ausbildungsplatz kann die Einbeziehung der Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungszeiten bis 2011 auch nachteilig sein, wenn der in diesem Zeitraum erzielte Lohn des Kindes zum Überschreiten der Jahreseinkunftsgrenze führt.

Für diese Übergangszeit ist auch ein Ausbildungsfreibetrag zu gewähren (R 33a.2 Abs. 2 EStR).

6. Zwangspause vor und nach Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes

Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird u.a. berücksichtigt, wenn es sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet. Übergangszeiten sind auch - bis zu viermonatige - Zwangspausen u.a. vor und nach Ableistung des gesetzlichen Wehr- bzw. Zivildienstes. Dies gilt auch für Zwangspausen nach Ableistung einer vom Wehr- bzw. Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b Zivildienstgesetz sowie vor und nach der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres und nach Zeiten einer Erkrankung, einer Behinderung oder eines Beschäftigungsverbotes nach dem Mutterschutzgesetz. Auch bei dieser Wartezeit gilt strikt die Vier-Monatsfrist (BFH, 13.02.2004 - VIII B 185/03, BFH/NV 2004, 788).

Beispiel:

Der Sohn wurde in 2010 nach bestandenem Abitur zum Grundwehrdienst einberufen und leistet in 2011 noch vom 01.01. bis 30.06. seinen Grundwehrdienst. Am 01.10.2011 nimmt er ein Studium auf.

Lösung:

Das Kind kann in 2011 vom 01.07. - 31.12.2011 bei seinen Eltern berücksichtigt werden.

Der BFH hat klargestellt, dass ein Kind auch in einer bis zu vier Monate währenden Übergangszeit zwischen Ausbildungsende und Antritt des gesetzlichen Wehrdienstes zu berücksichtigen ist. Dies gilt selbst dann, wenn das Kind nach Beendigung des Wehrdienstes keine weitere Ausbildung mehr anstrebt, sondern arbeiten will (BFH, 25.01.2007 - III R 23/06, BFH/NV 2007, 1229).

Beispiel:

Der 23-jährige Sohn S beendet am 21.06.2010 seine Ausbildung, ist zunächst arbeitslos und wird zum 01.10.2010 zum Grundwehrdienst eingezogen. In der Übergangszeit Juli bis September haben die Eltern Anspruch auf Kindergeld und die Kinderfreibeträge.

7. Traineeeinsatz

Unter einem Trainee ist ein Hochschulabsolvent zu verstehen, der in einem Unternehmen systematisch als vielfältig einsetzbare Nachwuchskraft aufgebaut wird. Das Traineeprogramm mit einer Laufzeit von 12 bis 24 Monaten besteht üblicherweise aus aufeinander abgestimmten Einsätzen in verschiedenen Abteilungen und der Teilnahme an Seminaren und Netzwerkveranstaltungen. Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf. Dies umfasst alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.

Praxistipp:

Hochschulen bieten in Kooperation mit Unternehmen studienbegleitende Traineeprogramme an. Es kann sich hierbei um eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG handeln (BFH, 26.08.2010 - III R 88/08).

8. Belegung weiterer Semester

Ein als Fortsetzung der Berufsausbildung anzusehendes ergänzendes Studium ist nicht nur ein Aufbaustudium mit eigenem Studiengang, sondern auch die Belegung weiterer Semester im geprüften Fach zur Vertiefung vorhandener und Aneignung weiterer berufsspezifischer Kenntnisse (BFH, 24.02.2010 - III R 80/08).

9. Wiederholungsprüfung

Die ernsthafte und nachhaltige Vorbereitung auf eine Wiederholungsprüfung gehört auch dann zur Berufsausbildung, wenn das Ausbildungsverhältnis mit dem Lehrbetrieb nach der nicht bestandenen Abschlussprüfung endet und das Kind keine Berufsschule besucht. Nimmt das Kind an der erstmaligen Wiederholungsprüfung teil und besteht diese, ist in der Regel zu unterstellen, dass sich das Kind ernsthaft und nachhaltig auf diese Prüfung vorbereitet hat (BFH, 02.04.2009 - III R 85/08, StED 2009, 500, DB 2009, 1801).

10. Abitur für Nichtschüler

Die Vorbereitung auf ein Abitur für Nichtschüler ist als Berufsausbildung anzusehen (BFH, 18.03.2009 - III R 26/06).

11. Fortbildung zur Handelsfachwirtin

Die Fortbildung zur Handelsfachwirtin zählt zur Berufsausbildung (BFH, 24.02.2010 - III R 3/08).

12. Zweitausbildung / Zweitstudium

Nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums wird ein Kind in den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 EStG ab 2012 nur berücksichtigt, wenn das Kind keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im Sinne der §§ 8 und 8a SGB IV sind unschädlich. Zu Einzelheiten vgl. BMF, 07.12.2011 - IV C 4 - S 2282/07/0001:01.

Beispiel:

A arbeitet nach dem Schulabschluss zunächst als Gerüstbauer im Rahmen einer Hilfsarbeitertätigkeit. Mit 23 Jahren holt er eine Ausbildung als Gerüstbauer nach. Dabei handelt es sich jetzt (noch immer) um eine erstmalige Berufsausbildung.

Beispiel:

B macht nach dem Abitur eine Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Parallel studiert er an der FernUni BWL. Mit Abschluss der Ausbildung handelt es sich bei dem Studium um ein Zweitstudium.

Der eigentliche Berücksichtigungstatbestand i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, nämlich für einen Beruf ausgebildet zu werden, wird nicht eingeengt. Der Besuch z.B. einer allgemein bildenden Schule führt regelmäßig zu einer Berücksichtigung als Kind in Ausbildung, aber nicht zum "Verbrauch" der erstmaligen Berufsausbildung nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Gleiches gilt für ein Volontariat oder ein freiwilliges Berufspraktikum. Werden die Grenzen für eine unschädliche geringfügige Beschäftigung während eines Monats überschritten, kann das Kind ab dem auf das Überschreiten der Grenze folgenden Monat nicht mehr berücksichtigt werden. Dies gilt, solange die Grenzen überschritten werden bzw. die entsprechende Beschäftigung ausgeübt wird.

Beispiel:

Ein Kind schließt nach dem Abitur zunächst eine Berufsausbildung mit der Gesellenprüfung ab und studiert ab dem Jahr 2010. Ab dem 20.07.2012 nimmt es unbefristet eine Teilzeitbeschäftigung mit 30 Stunden pro Woche auf.

Aufgrund des Studiums ist das Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG zu berücksichtigen. Das Studium wird jedoch nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung durchgeführt, sodass das Kind nach § 32 Absatz 4 Satz 2 EStG nur berücksichtigt werden kann, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Die Erwerbstätigkeit des Kindes ist gemäß § 32 Absatz 4 Satz 3 EStG daher zwar grundsätzlich als schädlich einzustufen. Das Kind kann aber für jeden Kalendermonat berücksichtigt werden, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen - hier "keiner Erwerbstätigkeit nachgeht" - vorgelegen haben, somit für die Monate Januar bis Juli 2012. Für die Monate August bis Dezember 2012 ist eine Berücksichtigung des Kindes nicht möglich.

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